Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Aufl.) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 59
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing
Bei der Konzeptionierung des Relationship Marketing sind einige grundlegende Ansätze zu berücksichtigen, die die Basis zur Gestaltung des Relationship Marketing bilden. Zu diesen Ansätzen zählen:
• das „Konzept des Lebenszyklus“, durch das die Kundenbeziehung im Zeitablauf
betrachtet wird (Abschnitt 3.1),
• das „Konzept der Erfolgskette“, das das Relationship Marketing als Ursache vielfältiger Wirkungen auf Kunden- und Unternehmensebene identifiziert und auf diese
Weise sowohl die Kunden- als auch die Unternehmenssicht integriert (Abschnitt
3.2),
• das „Konzept des Managementprozesses“, das als Bezugsrahmen für das Management des Relationship Marketing gewählt wird und der Strukturierung des vorliegenden Buches dient (Abschnitt 3.3).
3.1 Konzept des Lebenszyklus
3.1.1 Grundlagen des Lebenszykluskonzeptes
Kundenbeziehungen weisen einen dynamischen Charakter auf, der sich in unterschiedlichen Phasen einer Kundenbeziehung widerspiegelt. Zur differenzierten
Darstellung und Analyse dieser Phasen bietet sich das Lebenszykluskonzept an, auf
dessen Basis verschiedene, für das Relationship Marketing relevante Lebenszyklen
modelliert werden können. Das Lebenszykluskonzept entstammt der Adoptions- und
Diffusionsforschung (Rogers 2003), die sich ursprünglich mit der Durchsetzung von
Innovationen bei der Zielgruppe auseinandersetzt. Dieses Konzept wurde bereits auf
zahlreiche Untersuchungsgegenstände der Betriebswirtschaftslehre angewandt. Die
Grundüberlegung des Konzeptes besteht darin, dass das jeweilige Untersuchungsobjekt – vergleichbar mit Lebewesen – eine begrenzte Lebensdauer aufweist. Während
dieser Dauer durchläuft das Objekt verschiedene idealtypische Phasen – vergleichbar
mit den Phasen Kindheit, Jugend usw. im Leben eines Menschen. Die einzelnen Phasen sind durch spezifische Merkmale gekennzeichnet, die Schlussfolgerungen für das
Management des jeweiligen Untersuchungsobjektes zulassen.
Im Rahmen des Marketing hat das Lebenszykluskonzept vor allem in Form des Produkt-, Markt- und Markentypenlebenszyklus Anwendung gefunden (Bruhn 1994;
2010b). Herausragende Bedeutung besitzt dabei der Produktlebenszyklus (Bruhn/Hadwich 2006; Bruhn 2010b), bei dem die zeitliche Entwicklung eines Produkts im Markt
anhand von ökonomischen Größen (z.B. Umsatz, Marktanteil) dargestellt wird. In der
Regel werden fünf idealtypische Entwicklungsphasen unterschieden: Einführung,
Wachstum und Reife bei steigenden beziehungsweise konstanten Umsatzzahlen sowie
Sättigung und Verfall bei sinkenden Umsatzzahlen. Für die jeweiligen Phasen lassen
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing
3.1 Konzept des Lebenszyklus
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing60
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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sich dann produktspezifische strategische und operative Handlungsempfehlungen
für das Marketing ableiten.
Durch den Übergang von einem eher produktorientierten hin zu einem stärker kundenorientierten Marketing ist es folgerichtig, das Konzept des Lebenszyklus auf die
Entwicklung von Kundenbeziehungen zu übertragen (Stauss 2000b). Hierbei lassen sich
drei Lebenszyklen differenzieren:
• Kundenlebenszeitzyklus: Die Bedürfnisse, die ein Kunde zu einem bestimmten
Zeitpunkt hat, hängen von seiner Lebensphase (Kundenlebensphasenzyklus) und/
oder seinem biologischen Alter (Kundenalterszyklus) ab.
• Kundenepisodenzyklus: Innerhalb der Inanspruchnahme von Leistungen durch
Kunden treten sich wiederholende Ereignisse ein, die es dem Unternehmen ermöglichen, eine Kundenbeziehung in einzelne Episoden zu unterteilen und mit dem
Kunden in Kontakt zu treten.
• Kundenbeziehungszyklus: Während einer Kundenbeziehung durchlaufen Kunde
und Anbieter unterschiedliche Stadien in Abhängigkeit von der Stärke der Kundenbeziehung. Aus einer kundenorientierten Perspektive sind die Bedürfnisse des
Kunden in der Phasen einer Kundenbeziehung entscheidend für den Verlauf des
Kundenbeziehungszyklus.
3.1.2 Kundenlebenszeitzyklus
Ein Kunde hat zu verschiedenen Zeitpunkten seines Lebens unterschiedliche Bedürfnisse, was im Kundenlebenszeitzyklus zum Ausdruck kommt. Hierbei strukturiert
der Kundenalterszyklus die Lebenszeit anhand des biologischen Alters, der Kundenle
bensphasenzyklus anhand der Lebensphasen eines Individuums.
Bezogen auf den jeweils betrachteten Markt haben Kunden verschiedenen Alters unterschiedliche Bedürfnisse, wodurch der Alterszyklus vielfältige Ansatzpunkte bietet,
die Marketingmaßnahmen und Produkte am altersbedingten Käufer- und Konsumverhalten auszurichten.
Beispiel:
Schaubild 3-1 zeigt beispielhaft den Kundenalterszyklus bezogen auf die Marke Nivea. Je
nach Alter des Kunden bestehen unterschiedliche Anforderungen an die Rezeptur sowie die
Einsatzmöglichkeiten der Hautpflegeprodukte, da sich sowohl die Haut als auch das Nutzungsverhalten der Leistungen mit dem Alter verändern. Während die Haut im Babyalter
besonders sanfte Pflege erfordert und spezielle Produkte wie reinigende Feuchttücher einen
besonderen Kundennutzen versprechen, werden Teenager eher durch trendige Produkte mit
z.B. besonderem Nutzen bei der Aknebekämpfung angesprochen. Mit zunehmendem Alter
verändert sich das Bedürfnis dann in Richtung Verlangsamung der Hautalterung und hin
zu besonderen Qualitätsansprüchen an die Zusammensetzung der Produkte. Durch eine am
Kundenalterszyklus ausgerichtete, altersgerechte Gestaltung der Leistungen ist es möglich,
einen altersbedingten Anbieterwechsel zu verhindern.
Über das biologische Alter des Kunden hinaus lassen sich in der Kundenlebenszeit
auch verschiedene Phasen (Koschate 2008; Twardawa/Wildner 2008; vgl. auch Schaubild 3-2) – wie beispielsweise die Phasen „Junge Familien“, „Ältere Familien“ und
„Empty-Nest-Familien“ – identifizieren, die sich im Kundenlebensphasenzyklus widerspiegeln. Der Wechsel von einer Lebensphase in eine andere ist verbunden mit
deutlichen Veränderungen im Konsumverhalten (Mathur/Moschis/Lee 2003; Mathur/
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Schaubild 3-1: Kundenalterszyklus am Beispiel der Marke Nivea (Quelle: Bruhn/Hadwich 2006, S. 74)
Bis ca. 5 Jahre Bis 20/25 Jahre Bis 35 Jahre Bis 45/50 Jahre Ab 50 Jahre
U
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Alter
Baby und Kleinkinder
NIVEA Baby
Milde
Pflegeprodukte
Klinisch &
dermatologisch
bestätigt
Sanft zu Augen
Spaß beim Pflegen
Sonnenprodukte
Hautallergien
Produkte werden
von den Eltern
gekauft
Geringe
Preisunterschiede
zwischen den
Anbietern
Preissensibilität bei
Feuchttüchern
Junge Mütter sind
informationsgierig
Großes zukünftiges
Potenzial
Teens und Twens
NIVEA Young
NIVEA for Men
Gegen Akne und
Unreinheiten
Gut aussehen
Trendig sein
Kosmetikprodukte
Preis spielt eine
Rolle
Männer brauchen
wenig bis gar keine
Pflegeprodukte
Internet, Games
usw.
Große Nutzung
der Medien
Großer Einfluss der
Medien auf
Jugendliche
Kleines / kein
Einkommen
Große Potenziale
Junge Erwachsene
NIVEA Visage
NIVEA Body
Frauen kaufen
vermehrt
Kosmetikprodukte
Männern ist die
Pflege mit
zunehmendem
Alter wichtiger
Männer sind keine
Einkaufsmuffel
Junge Familien
sind sensibel auf
Werbung
Haushaltsgröße /
soziale Schicht
Familie steht im
Mittelpunkt
Preis spielt bei jungen
Familien eine Rolle
Schönheit
Wellness
Freizeit
Lifestyle
Offen für Neues
Mode
Kleines Einkommen
Zukünftige Potenziale
Erwachsene
div. NIVEA
Submarken
natürliche Pflege
Pflege zum
Wohlbefinden
Hautstraffende
Produkte
Anti-Aging
Produkte für Frauen
und Männer
Wollen jung bleiben
Männer bleiben
oftmals beim
bewährten Produkt
und wechseln nicht
Verwendung vieler
Pflegeprodukte
Zunehmendes
Einkommen
Umsatzstarke
Zielgruppe
Senioren
NIVEA Vital
Pflege für reife Haut
Andere Bedürfnisse
stehen mit zunehmendem Alter im
Vordergrund
(Genießen, Reisen,
Gesellschaft usw.)
Das Interesse an
Mode kann wieder
ansteigen
Weniger Ausgaben
Konsumansprüche
werden geringer
Entwicklung eines
Direct Mailings zum
50. Geburtstag durch
NIVEA
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing62
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 62
Lee/Moschis 2006). Dabei weist der Kundenlebensphasenzyklus wesentliche Unterschiede zum Alterszyklus auf: Auch wenn zur Identifikation der Lebensphasen das
Alter als eine Einflussgröße verwendet wird (vgl. beispielsweise Wells/Gubar 1966),
hängen diese Phasen nur bedingt vom biologischen Alter des Kunden ab. In die Phase
„Junge Familie“ kann ein Kunde bereits im Alter von 20, bei entsprechend anderer Lebensplanung aber auch deutlich später eintreten. Dennoch hat die Phase unabhängig
vom Alter einen maßgeblichen Einfluss auf den Bedarf an bestimmten, für diese Phase
typischen Leistungen. In der Literatur werden entsprechend neben dem Alter weitere Kriterien zur Unterscheidung der Phasen sowie zur Erklärung des Lebensweges
durch die identifizierten Phasen („Life Path“) herangezogen (Du/Kamakura 2006). Diese
situativen Faktoren können sowohl positiv als auch negativ sein (beruflicher Erfolg
vs. Verlust eines Familienmitglieds) und entweder erwartet oder unerwartet eintreten,
somit entsprechend unterschiedlich planbar sein (Ende des Studiums vs. unerwarteter
Verlust des Jobs) (vgl. auch Mathur/Lee/Moschis 2006; Koschate 2008).
Beispiel:
Die angesprochenen Veränderungen im Konsumentenverhalten zeigen sich in Studien auf
Basis des Haushaltspanels ConsumerScan der GfK. Schaubild 3-3 verdeutlicht am Beispiel
Babynahrung, wie der Wechsel der Lebensphase sich auf die Ausgaben des Haushalts der
Produktkategorie auswirkt. Hier ergibt sich als Implikation für das Marketing, dass nicht nur
der Übergang in die Phase „Junge Familien“, sondern auch der zwischen „Empty Nest“ und
„Rentner-Familien“ von Relevanz für die Zielgruppenansprache ist.
Auch ist, wie in Schaubild 3-4 dargestellt, ein Einfluss der Lebensphase auf die Marken- und
Einkaufsstättenwahl zu beobachten. Mit dem Wechsel der Lebensphase geht im Beispiel ein
Markenwechsel von IKEA zu den Produkten von Rolf Benz oder ein Wechsel der Einkaufsstätte von Lidl zu Edeka einher.
Der Kundenlebenszeitzyklus hat in seinen beiden Ausprägungen (Kundenalterszyklus
und Kundenlebensphasenzyklus) zwei zentrale Funktionen innerhalb des Relationship Marketing. Zunächst kommt ihm eine gegenwartsorientierte Steuerungsfunktion
Schaubild 3-2: Exemplarischer Kundenlebensphasenzyklus
(Quelle: in Anlehnung an Koschate 2008, S. 15 ff.; Twardawa/Wildner 2008, S. 38)
Orientierungsphase
Rushhour
des Lebens
Zweite
Lebenshälfte
Silver
Generation
Studierende,
Auszubildende
(eigener Haushalt)
Aufsteiger,
Singles, DINKS
Junge
Familien
Ältere
Familien
Empty-Nest-
Familien
Rentner-
Familien
Alleinstehende
Ältere
Berufstätige
Alleinstehende
Arbeitslose,
Working Poor
Ausbildung Berufsleben Ruhestand
633.1 Konzept des Lebenszyklus
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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zu, in deren Rahmen die aktuelle Ausnutzung der Kundenpotenziale zu überprüfen
ist. Dabei gilt es beispielsweise, Cross Selling-Potenziale eines Kunden zu realisieren
oder eine Produktdifferenzierung nach dem spezifischen Bedarf des Kunden vorzunehmen. Weiterhin kommt dem Kundenlebenszeitzyklus eine zukunftsorientierte
Steuerungsfunktion zu. Aus den Bedürfnissen des Kunden in den verschiedenen Lebensphasen lässt sich das mittel- bis langfristige Erfolgspotenzial eines Kunden für
Schaubild 3-3: Veränderung der Ausgaben für Babynahrung in Abhängigkeit
der Lebensphase
(Quelle: in Anlehnung an Koschate 2008, S. 15 ff.; Twardawa/Wildner 2008, S. 64)
Aufsteiger,
Singles,
DINKS
Junge
Familien
Ältere
Familien
Empty-
Nest-
Familien
Rentner-
Familien
-39
-23
+3
-26
+279
-34
-24
+431
=
= Entwicklung der Ausgaben
innerhalb der Lebensphase
Veränderung
der Ausgaben
Zeit
Veränderung der Ausgaben
bei Wechsel der Lebensphase
Schaubild 3-4: Markenwechselverhalten in Abhängigkeit der Lebensphase
(Quelle: in Anlehnung an Koschate 2008, S. 15 ff.; Twardawa/Wildner 2008, S. 38)
Studierende,
Auszubildende
(eigener Haushalt)
Aufsteiger,
Singles, DINKS
Junge
Familien
Ältere
Familien
Empty-Nest-
Familien
Rentner-
Familien
Alleinstehende
Ältere
Berufstätige
Alleinstehende
Arbeitslose,
Working Poor
Ausbildung Berufsleben Ruhestand
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing64
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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das Unternehmen ablesen. Befindet sich der Kunde in einer Phase, in der er zukünftig
starke Bedürfnisse in dem jeweiligen Markt hat (z.B. ein Student, der beabsichtigt, eine
Managementkarriere einzuschlagen und eine Familie zu gründen), ist er für das jeweilige Unternehmen mittel- bis langfristig attraktiver als in anderen Phasen (z.B. ein
Rentner, der das für die Nutzung des Leistungsangebots überwiegend relevante Alter
überschritten beziehungsweise die relevanten Lebensphasen bereits durchlaufen hat).
Auf dieser Basis lassen sich eine frühzeitige Kundengewinnung (Lock-in-Effekt) sowie
eine Produktdifferenzierung nach dem spezifischen Kundenbedarf verwirklichen.
An den genannten Beispielen zeigt sich, dass die Lebenszyklusphase alleine gesehen
für eine Prognose zukünftiger Erträge des Kunden nicht ausreichend ist. Vielmehr
muss hierbei die Phase kombiniert mit anderen Kundenmerkmalen, z.B. sozioökonomischen oder demografischen Merkmalen, betrachtet werden. Dennoch gibt der Kundenlebenszeitzyklus in seinen beiden Varianten idealtypisch die Erfolgspotenziale
eines bestimmten Kunden an.
3.1.3 Kundenepisodenzyklus
Die Idee des Kundenepisodenzyklus basiert auf der Tatsache, dass bei der – im Idealfall regelmäßigen – Leistungsinanspruchnahme bestimmte Ereignisse wiederholt
und/oder zu bereits im Vorfeld bekannten Zeitpunkten auftreten (z.B. immer wiederkehrender Bedarf nach bestimmten Leistungen). Die Ursache dieser Ereignisse ist
produktbedingt (oder bei Dienstleistungen durch den Nachfrager als externen Faktor
selbst bedingt, beispielsweise bei regelmäßigen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen)
oder saisonal bedingt. Auch ist denkbar, dass gesetzliche Regelungen Grund für eine
wiederkehrende Nachfrage nach einer Leistung sind (z.B. Steuerberatung im Rahmen
der jährlichen Steuererklärung). Aus der Kenntnis der Auslöser und der entsprechenden Episoden der Kundenbeziehung lassen sich Implikationen für das Relationship
Marketing ableiten, insbesondere für die gezielte Steuerung der Beziehung durch den
Einsatz von Marketinginstrumenten.
Beispiele:
Die Beziehung zwischen einem Automobilhersteller und seinen Kunden wird innerhalb der
Produktlebensdauer des erworbenen Autos anhand verschiedener Kriterien in Episoden unterteilt.
• Produktbezogen: Der Alterungsprozess des Autos macht in regelmäßigen Abständen
einen Kundendienst erforderlich. Zu den entsprechenden Zeitpunkten wird der Kunde
den Hersteller oder dessen Vertragshändler beziehungsweise -werkstatt kontaktieren. Die
Kenntnis des Bedarfszeitpunkts ermöglicht es dem Unternehmen beispielsweise, den Kunden zeitlich gezielt anzusprechen. Auch lässt sich auf Basis des Bedarfs über alle Kunden
die erforderliche Kapazität bestimmen, um Engpässe zu vermeiden, die zu Unzufriedenheit der Kunden führen.
• Saisonal bedingt: Beispiele für saisonal wiederkehrende Kundenkontakte bei Automobilen sind der zweimal jährlich anfallende Reifenwechsel zwischen Sommer und Winter,
oder gegebenenfalls ein Wintercheck (Öl, Scheibenwischanlage usw.).
• Gesetzliche Regelungen: Gesetzlich geregelt sind bei PKW beispielsweise die Haupt- und
Abgasuntersuchungen (HU/AU). Die Hauptuntersuchung ist bei Neuwagen erstmals nach
36 Monaten, danach jeweils nach 24 Monaten durchzuführen. Hier hat der Vertragshändler
oder die Werkstatt die Möglichkeit, dem Kunden einen zeitlich auf den Untersuchungstermin abgestimmten Kundenservice anzubieten und auch die HU/AU für den Kunden
durchführen zu lassen, wodurch diesem Wartezeiten bei der Prüfstelle erspart bleiben.
653.1 Konzept des Lebenszyklus
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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Schaubild 3-5 verdeutlicht die Existenz verschiedener Episoden im Produktlebenszyklus (z.B. eine technische Anlage, in deren Lebensdauer zu bestimmten Zeitpunkten
Wartungen erforderlich sind) sowie im von den Lebensphasen oder dem Alter abhängigen Lebenszeitzyklus (z.B. Zoobesuche, die als Kind, dann später wieder als eigene
Eltern oder Großeltern von gesteigertem Interesse sind).
3.1.4 Kundenbeziehungszyklus
Der in Abschnitt 3.1.2 dargestellte Kundenlebenszeitzyklus hat unabhängig von durch
den Kunden genutzten Anbietern Gültigkeit. In Abschnitt 3.1.3 wurde der Episodenzyklus beschrieben, bei dem bereits die Produkt- beziehungsweise Anbieterperspektive
eingenommen wird, wobei allerdings wiederkehrende Episoden im Laufe der Zeit im
Fokus stehen, ohne explizit die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen in ihrer Gesamtheit und mit den zwischen den Episoden bestehenden Zusammenhängen
zu betrachten. Diese beiden Sichtweisen bilden gemeinsam den Rahmen, innerhalb
dessen eine Analyse der Kundenbeziehungsentwicklung vorgenommen wird. Die
Entwicklung der aus verschiedenen Kundenepisoden bestehenden Kundenbeziehung
spiegelt sich im Kundenbeziehungszyklus (Klee 2000; Stauss 2000b; Bruhn 2011a) wider. Der Kundenbeziehungszyklus beschreibt idealtypische Gesetzmäßigkeiten im
zeitlichen Verlauf einer Kundenbeziehung, die auf Basis der Beziehungsintensität die
Unterscheidung einzelner Phasen einer Kundenbeziehung ermöglichen und Schlussfolgerungen für das Relationship Marketing zulassen.
Bei der grafischen Darstellung des Kundenbeziehungszyklus repräsentiert die Abszisse die Dauer der Geschäftsbeziehung, während die Ordinate die Beziehungsintensität
wiedergibt. Die verschiedenen Zyklusphasen unterscheiden sich demnach grundlegend hinsichtlich der Stärke der betrachteten Beziehung.
Für die Phasen des Kundenbeziehungszyklus existieren verschiedene Einteilungen
und Bezeichnungen (vgl. z.B. Dubinsky/Ingram 1984; Dwyer/Schurr/Oh 1987; Hentschel
Schaubild 3-5: Episodenzyklen im Produktlebens- und Kundenlebenszeitzyklus
(Quelle: in Anlehnung an Siems 2006, S. 41)
Umsatz
Zeit
Wartungen im Produktlebenszyklus
Nachfrage
Kundenlebenszeit
(Alter oder Phasen)
Zoobesuche im Lebenszeitzyklus
Wartungstermine
Kind
Eltern Senioren/
Großeltern
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing66
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 66
1991; Homburg/Daum 1997a; Stauss 2000b). Insgesamt lassen sich die verschiedenen Stadien in drei Kernphasen einteilen (Stauss 2000b; Bruhn 2011a; vgl. Schaubild 3-6):
(a) Kundenakquisition,
(b) Kundenbindung,
(c) Kundenrückgewinnung.
Folgt der Kundenbeziehungszyklus dem idealtypischen Verlauf, ist die Intensität in
der Phase der Kundenakquisition zunächst gering und nimmt während der Kundenbindungsphase stetig zu. Die Phase der Kundenrückgewinnung ist im Gegensatz zu
Akquisition und Bindung durch eine stagnierende oder sogar sinkende Beziehungsintensität gekennzeichnet.
Bei der Ableitung des Kundenbeziehungszyklus besteht eine zentrale Schwierigkeit in
der Bestimmung der Intensität einer Kundenbeziehung, da diese anhand verschiedener Konstrukte wiedergegeben werden kann. Bezogen auf den Kunden lassen sich drei
Arten von Indikatoren zur Kennzeichnung der Beziehungsintensität unterscheiden, die
entweder isoliert oder auch kombiniert zur Bestimmung der Höhe der Beziehungsintensität herangezogen werden (vgl. Schaubild 3-7):
(a) Als psychologische Indikatoren der Beziehungsintensität können beispielsweise
das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis, die Beziehungsqualität aus Kundensicht, die Kundenzufriedenheit oder das Commitment des Kunden zum Anbieter eingesetzt werden (vgl. zur Erklärung dieser Konstrukte Abschnitt 3.2.2.2).
(b) Zu den verhaltensbezogenen Indikatoren zählen die Kundenbindung (anhand der
Dimensionen Gebundenheit und Verbundenheit), das Informationsverhalten (z.B.
Grad der Suche nach Informationen über Konkurrenzleistungen), das Integrationsverhalten (z.B. Offenlegung von für die Leistungserstellung relevanten Kundenmerkmalen und Informationen) und das Kommunikationsverhalten des Kunden
(z.B. Mund-zu-Mund-Kommunikation über den Anbieter) (vgl. hierzu auch Abschnitt 3.2.2.3).
(c) Als ökonomische Indikatoren der Beziehungsintensität sind in statischer Hinsicht
der Kundendeckungsbeitrag und in dynamischer Hinsicht der Kundenwert (Cus-
Schaubild 3-6: Phasen des Kundenbeziehungszyklus
(Quelle: in Anlehnung an Stauss 2000b, S. 16; Bruhn 2011a, S. 10)
Dauer der
Kundenbeziehung
Stärke/Intensität der
Kundenbeziehung
Kundenakquisition Kundenbindung
Wachstumsphase
Reifephase
Anbahnungsphase
Sozialisationsphase
Kundenrückgewinnung
Gefährdungsphase(n)
Auflösungsphase
Abstinenzphase
673.1 Konzept des Lebenszyklus
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 67
tomer Lifetime Value) anzusehen. In Abhängigkeit von der Konzeptionalisierung
des Kundenwertes (vgl. auch Kapitel 8) sind in diesem auch psychologische und
verhaltensbezogene Indikatoren enthalten.
Zur näheren Beschreibung der Phasen des Kundenbeziehungszyklus werden weitere
Merkmale herangezogen, die die Anbieter-Nachfrager-Beziehung betreffen und in
kunden- beziehungsweise unternehmensbezogene Merkmale eingeteilt werden (vgl.
Schaubild 3-8).
Die kundenbezogenen Merkmale dienen einer Konkretisierung kundenbezogener Aspekte in den jeweiligen Phasen. Hierbei kommen Variablen zum Tragen, die auch bei
der Operationalisierung der Ordinate des Lebenszyklusdiagramms Anwendung finden können (z.B. die Beziehungsqualität). Zu den kundenbezogenen Merkmalen zählen die Ziele des Kunden hinsichtlich der Beziehung zum Anbieter, psychologische
Merkmale, Verhaltensmerkmale und ökonomische Merkmale.
Die unternehmensbezogenen Merkmale betreffen die Ableitung von strategischen und
operativen Handlungsempfehlungen für das Marketing. Hierbei sind die Oberziele,
Aufgaben, Zielgruppen, der Marketingschwerpunkt, die Kundenbearbeitung und das
Ausmaß der Wettbewerbsberücksichtigung von Relevanz.
Die Kundenakquisitionsphase beschreibt die Initiierung der Beziehung zwischen
Anbieter und Nachfrager. Bei einer differenzierteren Betrachtung lassen sich hier
die Anbahnungsphase und die Sozialisationsphase unterscheiden (Stauss 2000b). In
der Anbahnungsphase hat noch keine güteraustauschbezogene Transaktion stattgefunden. Der Kunde holt Informationen über den Anbieter ein, während der Anbieter
Maßnahmen zur Akquisition potenzieller Kunden (z.B. Kommunikationsmaßnahmen
zur Gewinnung von Aufmerksamkeit und zur Vermittlung von Qualität) ergreift.
Die Anbahnungsphase schließt mit einem ersten Güteraustausch, der die Sozialisa
tionsphase einläutet, in der sich Anbieter und Nachfrager aneinander gewöhnen. Der
Stärke der Kundenbeziehung
Psychologische
Indikatoren
Verhaltensbezogene
Indikatoren
Ökonomische
Indikatoren
? Wahrgenommene
Leistungsqualität und
wahrgenommener Wert
? Beziehungsqualität:
Vertrauen und Vertrautheit
? Kundenzufriedenheit
? Commitment
? Wahrgenommene
Wechselkosten
? Kundendeckungsbeitrag
? Customer Lifetime Value
? Umsatz, Absatz
? Marktanteil
? Share of Wallet
? Kaufverhalten:
Kundenbindung durch
Gebundenheit und
Verbundenheit
? Kommunikationsverhalten: Mund-zu-Mund-
Kommunikation
? Integrationsverhalten
? Informationsverhalten
Schaubild 3-7: Indikatoren für die Stärke einer Kundenbeziehung
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing68
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Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 68
Kunde sammelt erste Erfahrungen mit den Leistungen des Anbieters und beginnt, die
Qualität der Leistungen und das Verhalten des Unternehmens zu beurteilen. Der Anbieter gewinnt Informationen über den Neukunden, um gegebenenfalls eine spätere
individualisierte Leistungserstellung vorzubereiten. Insgesamt ist die Kundenakquisitionsphase für das Unternehmen in ökonomischer Hinsicht negativ, da sowohl die
Kundengewinnung als auch die Eingewöhnung mit Startkosten verbunden ist.
In der Kundenbindungsphase kommt es – bei positiver Beziehungsentwicklung – zu
einer Ausweitung der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager. In dieser Phase
können die Wachstums- und die Reifephase unterschieden werden (Stauss 2000b). Die
Wachstumsphase ist aus Unternehmensperspektive durch die Ausschöpfung der Kundenpotenziale gekennzeichnet, indem eine Ausweitung der Beziehung in Form einer
Steigerung der Leistungsnutzung durch den Kunden (z.B. in Form von Cross Buying)
Schaubild 3-8: Merkmale des Kundenbeziehungszyklus
Phasen Anbahnung Sozialisation Wachstum Reife Gefährdung Auflösung Abstinenz
Kundenbezogene Merkmale
Ziele des
Kunden
Information
bezüglich
Problemlösungen
Nutzung/Eingewöhnung/
Abbau kogn.
Dissonanzen
All-in-One-
Problemlösungen
Nutzung/
Bequemlichkeit
Variety
Seeking/
bessere Problemlösungen
bessere
Problemlösungen
vgl. Sozialisation,
Wachstum,
Reife
Psychologische Merkmale
Interesse, Aufmerksamkeit,
Qualitätsimage
Qualitätswahrnehmung
Zufriedenheit Zufriedenheit Unzufriedenheit
„Loslösung“/
Indifferenz
vgl. Sozialisation, Wachstum, Reife
Verhalten
des
Kunden
Informationssuche, Erstkauf
Beurteilung,
Wiederkauf
Wiederkauf,
Cross Buying
Wiederkauf,
Mund-zu-
Mund-Komm.
Beurteilung,
Alternativensuche
Erstkauf
anderer
Anbieter
Wiederkauf
anderer
Anbieter
Ökonomische
Merkmale
Kosten Kosten,
erste Gewinne
steigende
Gewinne
Gewinne auf
hohem
Niveau
abnehmende
Gewinne
Kosten evtl. Kosten
Unternehmensbezogene Merkmale
Oberziele Kundengewinnung
Kundeneingewöhnung
Kundenbindung
Kundenbindung
(psychologische) Kundenrückgewinnung
faktische Kundenrückgewinnung
faktische
Kundenrückgewinnung
Aufgaben Information,
Überzeugung,
Stimulierung
Information,
Informationsgenerierung
Cross Selling,
Individualisierung
Wechselbarrieren, Standardisierung
Fehlerverbesserung
Stimulierung,
Überzeugung
Stimulierung,
Überzeugung
Zielgruppe potenzielle
Kunden
Neukunden Stammkunden Stammkunden Gefährdungskunden
Gefährdungskunden
abgewanderte
Kunden
Kundenbearbeitung
- Markt Einzelkunde Kundengruppe Kundengruppe Einzelkunde Einzelkunde Einzelkunde/
Markt
Berücksichtigung des
Wettbewerbs
stark eher schwach schwach schwach wieder stärker stark stark
Stärke/Intensität der
Kundenbeziehung
Dauer der
Kundenbeziehung
693.1 Konzept des Lebenszyklus
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 69
angestrebt wird. Dem kundenseitigen Bedürfnis nach Problemlösungen „aus einer
Hand“ kann der Anbieter (insofern das Angebotsspektrum dies ermöglicht) durch
entsprechende Cross Selling- und Individualisierungsangebote entgegenkommen. In
der Reifephase sind die Potenziale des betreffenden Kunden weitgehend ausgeschöpft.
Nun geht es darum, die Erlöse mit dem Kunden auf dem erreichten Niveau zu halten,
indem die weitere Nutzung der angebotenen Leistungen dem Kunden auf einfache
und bequeme Weise ermöglicht wird, um dessen Zufriedenheit zu erhalten. Nach den
Kosten der Kundenakquisition und zunächst niedrigen Gewinnen in der Sozialisationsphase nimmt in der Wachstums- und Reifephase auch die ökonomische Vorteilhaftigkeit der Kundenbeziehung für das Unternehmen zu.
Beispiel:
Eine im Zusammenhang mit dem zunächst ansteigenden Verlauf der ökonomischen Beziehungsintensität häufig zitierte Studie ist die von Reichheld/Sasser (1991). In Schaubild 3-9 sind
exemplarisch die Verläufe des Gewinns pro Kunde in Abhängigkeit von der Beziehungsdauer
für Kreditkartenorganisationen, Wäschereien, den Großhandel und den Autokundendienst
angegeben.
Schaubild 3-9: Empirische Ergebnisse bezüglich der Entwicklung des Gewinns pro Kunde in
unterschiedlichen Branchen
(Quelle: Reichheld/Sasser 1991, S. 113)
-51
55
4944
42
30
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-20
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Großhandel Autokundendienst
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Kreditkartenorganisation Wäschereibetrieb
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing70
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Schließlich betrifft die Kundenrückgewinnungsphase die Beendigung von Kundenbeziehungen durch den Kunden und umfasst die Gefährdungsphase, die Auflösungssowie die Abstinenzphase (Stauss 2000b). In den Gefährdungsphasen spielt der Kunde
mit dem Gedanken, die Leistungen des Anbieters zukünftig nicht mehr in Anspruch
zu nehmen. Als Ursachen kommen beispielsweise der Wunsch nach Abwechslung
(Variety-Seeking-Motive) oder Konkurrenzangebote in Frage, die dem Kunden eine
bessere Problemlösung bieten. Auch Unzufriedenheit infolge von Fehlverhalten des
Anbieters kann die Beziehung zum Kunden beeinträchtigen. In der Auflösungsphase
trifft der Kunde die letztendliche Entscheidung, den Anbieter nicht mehr zu nutzen
und „kündigt“ offen – vor allem bei mitgliedschaftsähnlichen Beziehungen – oder
„geheim“ die Beziehung auf. Als Folge tritt die Abstinenzphase ein, in der der Kunde keine Leistungen des betreffenden Anbieters nutzt. Aus Unternehmenssicht ist die
psychologische (bei Gefährdungskunden) beziehungsweise die faktische (bei abwandernden oder ehemaligen Kunden) Kundenrückgewinnung durch Fehlerverbesserung und Überzeugungsarbeit das Ziel dieser Phase des Beziehungszyklus. Entweder
aufgrund von kundenseitigen Argumenten oder durch Rückgewinnungsmaßnahmen
des Anbieters kann es zu einer Wiederaufnahme der Beziehung kommen. Nach den
ökonomisch besonders vorteilhaften Phasen des Wachstums und der Reife ist diese
letzte Phase insbesondere durch Kosten der Rückgewinnung gekennzeichnet.
Die Kundenabwanderung in der Rückgewinnungsphase kann sich in unterschiedlicher Art und Weise vollziehen. In Abhängigkeit von der Länge des Abwanderungsprozesses und der Stärke der Reaktion lassen sich vier Typen von Abwanderungsprozessen
unterscheiden (vgl. Schaubild 3-10). Beispielsweise erfolgt bei einer Radikalabwanderung eine schnelle Abwanderung mit starker Reaktion (z.B. zusätzliche negative
Mund-zu-Mund-Kommunikation).
Der Kundenbeziehungszyklus ist als idealtypisch anzusehen und kann in Abhängig
keit vom Leistungstyp, der in der entsprechenden Branche relevant ist, bezüglich folgender Merkmale variieren:
Schaubild 3-10: Typen von Abwanderungsprozessen
(Quelle: in Anlehnung an Roos/Strandvik 1997, S. 626)
Länge des Abwanderungsprozesses
Stärke
der Reaktion
Kurz Lang
Stark
Schwach
Kurzschlussabwanderung
Radikalabwanderung
Zweifelabwanderung
Planabwanderung
713.2 Konzept der Erfolgskette
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• Existenz der Phasen und
• Dauer der Phasen.
Im Hinblick auf die Existenz der Phasen muss ein Kunde nicht sämtliche Phasen durchlaufen. So ist die Existenz einer Anbahnungsphase eher bei Individualleistungen (z.B.
Steuerberatung) gegeben, bei denen das Risiko und Involvement des Kunden für längere Kaufentscheidungsprozesse sorgen. Darüber hinaus kann die Wachstumsphase
übersprungen werden, wenn der Kunde nur Bedarf an einer Leistung des Anbieters
hat beziehungsweise dieser wenige Leistungen anbietet und daher ein Cross Selling
lediglich begrenzt möglich ist. Außerdem können sowohl die Wachstums- als auch die
Reifephase übersprungen werden, wenn bereits früh – also in der Sozialisationsphase
– Leistungserstellungsfehler auftreten und eine Gefährdungsphase einläuten.
Daneben ist die Dauer der Phasen nicht eindeutig festlegbar. So können die Sozialisations- und die Wachstumsphase bei Standardleistungen, wie z.B. Konsumgütern
des täglichen Gebrauchs, sehr kurz ausfallen, während sie bei Individualleistungen,
wie z.B. Investitionsgütern, aufgrund der Heterogenität und Komplexität verlängert
werden. Auch mögliche Gefährdungsphasen sind bei Standardleistungen tendenziell
kürzer. Aufgrund der geringen Wechselbarrieren wird ein Kunde bei hoher Unzufriedenheit schneller den Anbieter wechseln. Ist beispielsweise ein Kunde mit einem
Restaurantbesuch sehr unzufrieden, wird er das Restaurant nicht mehr besuchen. Dahingegen kann es länger dauern, bis man seinen Arzt wechselt.
Der Kundenbeziehungszyklus ist ein Erklärungsmodell, das eine Kundenbeziehung
idealtypisch und deskriptiv erfasst. Der Kundenbeziehungszyklus kann – wie aus der
Beschreibung der einzelnen Phasen ersichtlich wird – sowohl aus der Anbieter- als
auch aus der Nachfragerperspektive betrachtet werden. Diese „Doppelseitigkeit“ der
Betrachtung einer Kundenbeziehung ist ein grundlegendes Prinzip, das durch ein Unternehmen bei sämtlichen Analyse-, Planungs-, Umsetzungs- und Kontrollaktivitäten
zu berücksichtigen ist.
3.2 Konzept der Erfolgskette
3.2.1 Grundprinzip der Erfolgskette
Eine Strukturierung der aus Nachfrager- und Anbietersicht relevanten Aspekte von Kundenbeziehungen kann in Form von Erfolgsketten vorgenommen werden (Grönroos 1994;
Heskett/Sasser/Schlesinger 1997; Anderson/Mittal 2000; Bruhn 2011a), die als gedankliche
Basis für die Planung, Steuerung und Kontrolle des Relationship Marketing fungieren.
Die dahinter stehende Grundüberlegung ist die inhaltliche Verknüpfung von Variablen, die miteinander in Zusammenhang stehen. Innerhalb der Kette werden die
Wirkungen zwischen den Variablen dargestellt, um eine strukturierte Analyse und
Maßnahmenableitung zu ermöglichen. Mit Hilfe dieser Erfolgsketten kann eine gedankliche Verknüpfung von nachfrager- und anbieterbezogenen Aspekten von Kundenbeziehungen vorgenommen werden. Die Grundstruktur einer Erfolgskette besteht
aus vier Gliedern (vgl. Schaubild 3-11):
(1) Unternehmensaktivitäten als Input des Unternehmens,
(2) Psychologische Wirkungen beim Kunden infolge der Unternehmensaktivitäten,
3.2 Konzept der Erfolgskette
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing72
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Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 72
(3) Verhaltenswirkungen beim Kunden,
(4) Ökonomischer Erfolg als Output des Unternehmens.
Wesentlich bei der Betrachtung einer Erfolgskette ist die Verbindung zwischen unter
nehmensbezogenen und kundenbezogenen Größen. Auf der einen Seite ist zu untersuchen, mit welchen unternehmerischen Maßnahmen (Input) welche Wirkungen beim
Kunden in welchem Ausmaß erzielt werden können. Auf der anderen Seite ist zu eruieren, welche Wirkungen beim Kunden zu welchen ökonomischen Erfolgswirkungen
(Output) führen.
Bei den Zusammenhängen innerhalb einer Erfolgskette handelt es sich allerdings nicht
um eindeutige Zusammenhänge. Zum einen beeinflusst eine unabhängige Größe eine
abhängige nicht zu 100 Prozent. Zum anderen können die Zusammenhänge je nach
Branche, Kunde u.ä. unterschiedlich ausfallen. Dies ist auf so genannte moderierende
Faktoren zurückzuführen (vgl. z.B. Bruhn 1998c; Homburg 2000), die die Kettenglieder
sowie die Zusammenhänge zwischen den Kettengliedern beeinflussen (vgl. Schaubild 3-12).
Beispiel:
In einer vereinfachten Form der Erfolgskette mit der Kundenzufriedenheit als eine mögliche
psychologische und der Kundenbindung als Verhaltenswirkung beim Kunden stellt unter
anderem die Heterogenität der Kundenerwartungen einen moderierenden Faktor zwischen
Relationship Marketing und Kundenzufriedenheit dar. Je heterogener die Kundenerwartungen sind, desto schwieriger ist es, mit bestimmten Marketingmaßnahmen eine generelle
Erhöhung der Kundenzufriedenheit zu erreichen. Das Variety-Seeking-Verhalten der Kunden beeinflusst den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.
Je eher Kunden Abwechslung im Hinblick auf eine bestimmte Leistungskategorie suchen,
desto unwahrscheinlicher ist eine Beeinflussung der Kundenbindung durch die Kundenzufriedenheit. Schließlich stellt das Leistungsbedürfnis des Kunden einen moderierenden Faktor für den Zusammenhang zwischen Kundenbindung und ökonomischem Erfolg dar. Wenn
ein Kunde alle Leistungen, die er von einem Unternehmen benötigt, bereits nutzt, können
beispielsweise auch bei einer Steigerung der Kundenbindung keine Cross Selling-Potenziale
ausgeschöpft werden. Die Kundenbindungssteigerung führt somit über diesen Weg nicht zu
zusätzlichen Erlösen.
Um auf Basis der Erfolgskette Maßnahmen für die Steuerung von Kundenbeziehungen
ableiten zu können, sind zunächst die Wirkungen beim Kunden näher zu betrachten.
Die Analyse dieser Effekte innerhalb einer Erfolgskette unter Berücksichtigung der
Schaubild 3-11: Grundstruktur einer Erfolgskette
Input des
Unternehmens
Verhaltenswirkungen beim
Kunden
Output für
das Unternehmen
Psychologische
Wirkungen beim
Kunden
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
Unternehmensinterne moderierende Faktoren
733.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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entsprechenden moderierenden Faktoren ermöglicht ein spezifisches Management
von Kundenbeziehungen, bei dem sowohl die Nachfrager- als auch die Anbieterperspektive Berücksichtigung finden.
3.2.2 Kundenbeziehungen aus Nachfragersicht
Zur näheren Betrachtung von Kundenbeziehungen aus Nachfragersicht sind die Kettenglieder „psychologische Wirkungen“ und „Verhaltenswirkungen“ zu untersuchen
(vgl. Schaubild 3-13). Im Rahmen dieser Kettenglieder werden in der Forschung zum
Relationship Marketing einige verhaltenswissenschaftliche Konstrukte intensiv diskutiert. In Schaubild 3-14 sind diese Konstrukte und ihre Zusammenhänge dargestellt.
Wie Schaubild 3-14 exemplarisch verdeutlicht, sind die Beziehungen zwischen den
einzelnen Wirkungen beim Kunden komplex. Die wahrgenommene Leistungsqualität beispielsweise kann sowohl direkt auf die Beziehungsqualität als auch indirekt
über den wahrgenommenen Wert und die Zufriedenheit auf die Beziehungsqualität
einwirken; ebenso hat die Kundenzufriedenheit neben einem direkten Effekt auf die
Verhaltenswirkungen auch einen indirekten Effekt über das Commitment. Die verschiedenen Konstrukte und ihre Rolle in der Erfolgskette des Relationship Marketing
werden im Folgenden detailliert bezüglich Begriff und Dimensionen vorgestellt (auf
die Messung der Konstrukte wird im Kapitel 8 zur Kontrolle des Relationship Marketing ausführlich eingegangen).
Bevor eine detaillierte Darstellung der Dimensionen erfolgt, wird im Folgenden das
grundlegende Vorgehen im Rahmen der Konstruktforschung dargestellt, um eine
Grundlage für die folgenden Ausführungen zu schaffen.
Schaubild 3-12: Exemplarische Darstellung moderierender Faktoren der Erfolgskette im
Relationship Marketing
Relationship
Marketing
Kundenzufriedenheit
Kundenbindung
Ökonomischer
Erfolg
Variety-Seeking-Motive
Image
Alternativenzahl
Bequemlichkeit der Kunden
Ertragspotenzial der Kunden
Leistungsbedürfnis der
Kunden
Preisbereitschaft
Kundenfluktuation
Individualität der
Dienstleistung
Heterogenität des
Leistungsspektrums
Leistungskomplexität
Wechselbarrieren
Möglichkeit vertraglicher
Bindungen
Funktionaler Verbund der
angebotenen Leistungen
Heterogenität der
Kundenerwartungen
Marktbezogene Dynamik
Marktbezogene Komplexität
Ausgestaltung des Kundeninformationssystems
Mitarbeiterfluktuation
Restriktionen bei der
Preisfestlegung
Breite des
Leistungsangebots
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
Unternehmensinterne moderierende Faktoren
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing74
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3.2.2.1 Vorgehen bei der Konstruktforschung
Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften beschäftigen sich häufig mit Forschungsfragen, in denen Konstrukte nicht unmittelbar beobachtet und gemessen werden können und daher als latente Konstrukte bezeichnet werden (Christophersen/Grape 2007).
Latente Konstrukte können zum einen mittels reflektiver und zum anderen mittels
formativer Messungen erfasst werden (Diamantopoulos/Winklhofer 2001). Im Rahmen einer reflektiven Messung erfolgt die Modellierung des Konstrukts als eine Funktion der
beobachtbaren Indikatoren. Daher liegt bei einem reflektiven Konstrukt die Annahme
zugrunde, dass das latente Konstrukt die Ursache seiner beobachtbaren Indikatoren
darstellt. Hierauf begründet sich die Annahme hoher Korrelationen zwischen den
einzelnen Indikatoren eines Konstrukts sowie die grundsätzlich Austauschbarkeit
Schaubild 3-13: Kundenbeziehungen aus Nachfragersicht
Output für das
Unternehmen
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
Unternehmensinterne moderierende Faktoren
Input des
Unternehmens
Psychologische
Wirkungen
Leistungsqualität
Wahrgenommener Wert
Beziehungsqualität
Kundenzufriedenheit
Commitment
Verhaltens-
Wirkungen
Wiederkauf
Cross Buying
Weiterempfehlung
Integrationsverhalten
Informationsverhalten
Schaubild 3-14: Wirkungsbeziehungen zwischen den relevanten theoretischen
Konstrukten von Kundenbeziehungen aus Nachfragersicht (exemplarisch)
Kundenbindung
Weiterempfehlung
Psychologische Wirkungen Verhaltenswirkungen
Wahrgenommene
Leistungsqualität
Wahrgenommener
Wert
Transaktionsbezogen Beziehungsbezogen
Beziehungsqualität
Kundenzufriedenheit
Commitment
753.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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der einzelnen Indikatoren, was eine Elimination einzelner Indikatoren im Gegensatz
zu formativen Messmodellen ermöglicht. Häufig liegen psychologischen Konstrukten
reflektive Messmodelle zugrunde (Christophersen/Grape 2007). Im Gegensatz hierzu
wird bei formativen Messmodellen von einem entgegengesetzten Zusammenhang
zwischen dem Konstrukt und seinen Indikatoren ausgegangen, denn im Rahmen formativer Messmodelle werden die Indikatoren als Ursache für das latente Konstrukt
angesehen. Formative Messmodelle stellen daher eine gewichtete Zusammensetzung
ihrer Indikatoren dar. Hierauf begründet sich die Annahme, dass eine Veränderung
einer oder mehrerer Indikatoren zu einer Veränderung des latenten Konstrukts führt.
Somit ist es nicht notwendig, dass eine hohe Korrelation zwischen den Indikatoren besteht, wobei diese grundsätzlich möglich ist (Diamantopoulos 1999; Christophersen/Grape
2007). Typische Beispiele für formative Messmodelle stellen Erfolgsfaktoren, sozioökonomischer Status oder Zufriedenheit dar (Jahn 2007).
Im Rahmen der Modellierung von Konstrukten ist darüber hinaus festzulegen, ob
ein ein oder mehrfaktorielles Konstrukt vorliegt. Ein mehrfaktorielles Konstrukt
impliziert, dass das Konstrukt nicht direkt durch manifeste Variablen erfasst wird,
sondern aus mehreren latenten Variablen abgeleitet wird (Homburg/Giering 1996). Das
Konstrukt stellt daher einen Faktor höherer Aggregationsstufe dar (Jarvis/MacKenzie/
Podsakoff 2003; Huber et al. 2007a). Die Modellierung von Konstrukten höherer Ordnung
kann grundsätzlich bis auf die n-te Ebene fortgesetzt werden, wobei in der Praxis in
der Regel selten mehr als zwei Ebenen modelliert werden (Huber et al. 2007a). Die Wahl
der Modellierung eines mehrfaktoriellen Konstrukts hängt dabei von dem Grad der
Abstraktheit und Komplexität der untersuchten Realphänomene ab (Christophersen/
Grape 2007). Hierbei werden die so genannten vorgelagerten Teil-Messmodelle durch
latente Konstrukte dargestellt, die durch Indikatoren gemessen werden. Die Komponenten ihrerseits dienen der Messung eines nachgelagerten latenten Konstrukts im
Rahmen des nachgelagerten Teil-Messmodells (Jarvis/MacKenzie/Podsakoff 2003). Im
Folgenden wird ein Vorgehen zur Entwicklung und Beurteilung von Messmodellen
für Konstrukte dargestellt. Hierbei soll der Entwicklungsprozess sowohl für formative
als auch reflektive Konstrukte dargestellt werden.
Definition des Konstrukts
Zunächst gilt es, sowohl bei der Entwicklung reflektiver als auch formativer Skalen,
das latente Konstrukt präzise zu definieren. Im ersten Schritt erfolgt die Definition
des Konstrukts, wobei es festzulegen gilt, (a) auf welchen Bewertungsgegenstand Bezug genommen wird (Objekt), (b) welche Qualität beziehungsweise Eigenschaft des
Gegenstands zu beurteilen ist (Attribut) sowie (c) von wem die Beurteilung vorgenommen wird (Rater) (Christophersen/Grape 2007).
Beispiel:
In einer Untersuchung der Servicequalität von IBM aus Kundensicht stellt IBM das Objekt, die
Servicequalität das Attribut und die Kunden den Beurteiler dar.
Zunächst gilt es, eine möglichst breite und gleichzeitige möglichst präzise Defini tion
des Konstrukts vorzunehmen, d.h. die Sicherstellung der Identifikation aller relevanten Facetten des betrachteten Konstrukts. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. So können qualitative Voruntersuchungen in
Form von Fallstudien, Interviews sowie Befragungen von Experten oder Ratern (z.B.
im Rahmen von Fokusgruppen) eingesetzt werden. Darüber hinaus ist eine intensive
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing76
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Aufarbeitung bisheriger Literatur der betrachteten Thematik unerlässlich. Weiterhin
ist es hilfreich, die Definition in ihrer ganzen Komplexität schriftlich festzuhalten, um
hierdurch unklare Aspekte besser festzustellen. Im Folgenden sollen die relevanten
Aspekte der Konstruktdefinition (Klassifizierung des Objekts, Klassifizierung der Attribute sowie die Identifikation des Beurteilers in Anlehnung an Rossiter (2002) dargestellt werden.
(1) Klassifizierung des Objekts
In einem ersten Schritt gilt es, das Objekt eines Konstrukts in eine von drei Kategorien zu klassifizieren. Hierbei liegen Objekte des Typs „concrete singular“ vor, wenn
(nahezu) alle Beurteiler das Objekt kennen, es ähnlich oder identisch be schreiben und
es als einzeln ansehen. Unterschiedliche Wahrnehmungen hingegen ergeben sich bei
Objekten des Typs „abstract collective“, da hier die Objekte aus Sicht der Beurteiler
als heterogen wahrgenommen werden und somit verschiedene Bestandteile („constituents“) haben. Objekte des Typs „abstract formed“ sind in den Augen des Beurteilers
ebenfalls heterogen und haben zudem verschiedene Komponenten („components“).
(2) Klassifizierung der Attribute
Im Rahmen der Klassifizierung der Attribute wird erneut zwischen drei verschiedenen Typen differenziert. Ein Attribut vom Typ „concrete“ wird von (nahezu) allen Beurteilern ähnlich beschrieben und als einzeln angesehen. Somit reicht ein Item aus,
um es zu messen, z.B. Kaufbereitschaft. Das Attribut vom Typ „formed“ wird von
mehreren Komponenten gebildet, womit zur Messung mehrere Items nötig sind. Dabei
dürfen keine der Items, die die verschiedenen Komponenten abbilden, ausge tauscht
oder weggelassen werden, z.B. die Jobzufriedenheit bildet die Summe der Zufriedenheit mit den Mitarbeitern, dem Vorgesetzten usw. ab. Beim Typ „eliciting“ stellt das
Attribut letztendlich ein Persönlichkeitsmerkmal („trait“) oder eine Gemütsstimmung
(„state“) dar. Dabei werden die Items durch das Attribut bedingt („caused“). Hier können die Items ausgetauscht werden, da sie indikativ und nicht definierend sind, z.B.
führt Innovationsfreudigkeit dazu, „als Erster die neuen Produkte auszuprobieren“
oder „Chancen zu nutzen“. Die Klassifizierung des Attributs sollte anhand von Experteninterviews verifiziert werden, da sie sehr komplex ist und zugleich bestimmt,
ob das Konstrukt formativ oder reflektiv gemessen wird. Dabei entsprechen Attribute
vom Typ formed einer formativen, Attribute vom Typ eliciting wiederum einer reflektiven Operationalisierung (vgl. Rossiter 2002). Die Beantwortung der Frage, inwiefern
ein Konstrukt ein formatives oder ein reflektives Messmodell erfordert, muss primär
aus der Theorie erfolgen. Schaubild 3-15 gibt einen Überblick über Fragen, die die Entscheidung für ein reflektives oder formatives Messmodell vereinfachen können (Jarvis/
MacKenzie/Podsakoff 2003; Eberl 2004). Hierbei kann entweder der Forscher selbst die
Fragen beantworten oder aber ein externer Experte kann zur Beantwortung der Fragen
hinzugezogen werden. Auch Experimente können zur Identifikation der Kausalrichtung zwischen Indikatoren und dem latenten Konstrukt dienen (Edwards/Bagozzi 2000).
(3) Identifikation des Beurteilers
Da Konstrukte – je nachdem, von wem sie beurteilt werden – variieren und auch die
Beurteilung von Objekt und Attribut jeweils von den Betrachtern abhängt, ist eine
genaue Definition dieser notwendig. Dabei wird zwischen Beurteilern als (1) einzelne Individuen, (2) Experten oder (3) einer Gruppe von Personen unterschieden. Beispiele für Konstrukte, für die der Beurteiler das einzelne Individuum darstellt, sind
773.2 Konzept der Erfolgskette
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Involvement, Einstellung oder Meinungsführerschaft. Als Beispiele für die zweite
Gruppe – die Experten – können Industrieexperten im Rahmen der Untersuchung
der Marktorientierung von Unternehmen angeführt werden. Wird die Zufriedenheit
unter US-Konsumenten bezüglich der Servicequalität von McDonald’s-Restaurants untersucht, so stellen die Beurteiler die dritte mögliche Einheit dar – eine Gruppe von
Personen.
Skalenbildung und bereinigung
Zunächst werden hierbei die verschiedenen Items für Objekte und Attribute kombiniert, z.B. die Servicequalität von IBM könnte zum einen durch IBM als „singular
concrete object“ und der Servicequalität als „formed attribute“, bestehend aus acht
Schaubild 3-15: Fragen zur Beurteilung von reflektiven versus formativen Konstrukten
(Quelle: Christophersen/Grape 2007, S. 110)
Kausalität zwischen latenter Variable (LV) und Indikatoren
? Stellen die Indikatoren die Ursache der LV dar? ? ja: formativ
? Ergeben sich die Indikatoren als Folge (Konsequenz) aus der LV? ? ja: reflektiv
? Bestimmen die Indikatoren in ihrer Kombination den Inhalt der LV? ? ja: formativ
? Sind die Indikatoren als Manifestationen der LV anzusehen? ? ja: reflektiv
? Stehen die Indikatoren zeitlich gesehen vor der LV? ? ja: formativ
? Steht die LV zeitlich gesehen vor den Indikatoren? ? ja: reflektiv
Elimination und Austauschbarkeit der Indikatoren
? Verändert sich bei Elimination eines Indikators die inhaltliche Aussage der, die
hinter der LV steht? ? ja: formativ
? Lassen sich einzelne Indikatoren durch andere Indikatoren ersetzen? Sind die
Indikatoren also austauschbar? ? ja: reflektiv
? Besitzen die Indikatoren inhaltlich denselben Kern, messen also gewissermaßen
dasselbe? ? ja: reflektiv
Kovariation von Indikatoren und LV
? Sind Konstellationen denkbar, bei denen die Indikatoren untereinander nicht hoch
korrelieren? ? ja: formativ
? Sind in allen möglichen Untersuchungszusammenhängen hohe Korrelationen der
Indikatoren untereinander zu erwarten? ? Keine Aussage möglich!
? Angenommen einer von mehreren (gleich kodierten) Indikatoren ändert plötzlich
seine Ausprägung in eine bestimmte Richtung. Verändern sich alle übrigen
Indikatoren notwendigerweise in gleicher Weise? ? ja: reflektiv
? Geht die Veränderung der LV notwendigerweise mit einer Veränderung aller
Faktoren einher? ? ja: reflektiv
? Geht die Veränderung eines Indikators notwendigerweise mit einer Veränderung
der LV einher? ? ja: formativ
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing78
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Komponenten (Öffnungszeiten, Antwortzeit usw.) bestehen und würde somit über
acht Items gemessen. Stellt IBM hingegen ein „abstract collective object“, bestehend
aus drei Büros, dar, dann erfolgt die Messung über 24 Items. Anschließend werden die
Skalenitems anhand eines Pretests bezüglich ihrer Verständlichkeit geprüft.
Im Rahmen von formativen Messmodellen ist es von zentraler Bedeutung, dass jeder
mögliche formative Indikator integriert wird, da aufgrund des kausalen Zusammenhangs bei formativen Konstrukten eine Nichtberücksichtigung eines Indikators eine
unvollständige inhaltliche Abbildung des Konstrukts und damit eine invalide Messung zur Folge hätte. Bei reflektiven Messmodellen ist die Validität durch die Nichtberücksichtigung eines Indikators nicht gefährdet, da hier das latente Konstrukt die
Ursache der Indikatoren darstellt. An die Identifikation der Indikatoren schließt sich
eine Überprüfung ihrer Qualität an. Bei formativen Messmodellen ist eine Elimination
von Indikatoren nicht möglich, da – wie oben beschrieben – hierdurch die inhaltliche
Abbildung des Konstrukts ihre Vollständigkeit verlieren würde. Daher ist bei formativen Messmodellen umso mehr der Fokus im Vorfeld der Erhebung auf die Qualität
der Indikatoren zu legen.
Ein häufiges Problem, das im Vorfeld eliminiert werde sollte, ist die verständliche Formulierung des Indikators. Hierbei können persönliche Gespräche mit repräsentativen
Teilnehmern der Befragung im Vorfeld der Erhebung die Verständlichkeit gewährleisten. Auch eine empirische Vorerhebung ist denkbar, im Rahmen derer unverständliche
Items aufgrund der Betrachtung des Missing-Value-Anteils identifiziert werden können. Weiterhin kann eine Befragung von Experten oder repräsentativen Mitgliedern
der Stichprobe, welchen Konstrukten (hierbei wird die Gesamtheit der Konstrukte betrachtet) sie die einzelnen Indikatoren zuordnen, bei der Identifikation missverständlicher Items helfen (Anderson/Gerbing 1991; Christophersen/Grape 2007).
Bei reflektiven Messmodellen gilt es darüber hinaus, die Indikatoren anhand zur Verfügung stehender Kriterien zu überprüfen. Hierzu gehören sowohl die so genannten
lokalen Gütekriterien der ersten als auch der zweiten Generation. Häufig angewendete
Kriterien der ersten Generation sind Cronbach’s Alpha, die erklärte Varianz sowie die
Faktorladungen der Indikatoren. Die Kriterien der zweiten Generation, die im Vergleich zur ersten Generation auf der konfirmatorischen Faktorenanalyse basieren, werden in der Literatur häufig als leistungsstärker bezeichnet (Stock-Homburg 2009). Hierzu gehören die durchschnittlich erfasste Varianz, die Indikatorreliabilität sowie die
Faktorreliabilität. Sämtliche Indikatoren, die die geforderten Anspruchsniveaus nicht
erfüllen, sollten eliminiert werden (für eine detaillierte Darstellung sei auf Homburg/
Giering (1996) verwiesen). Im Anschluss an die Überprüfung der Indikatoren folgt die
Festlegung der Fragemethode, bei der einige Anforderungen zu beachten sind. So gilt
es unter anderem, einen psychologischen Nullpunkt, ein gültiges Minimum und Maximum sowie gleiche Intervalle über die gesamte Skala zu gewährleisten. Ferner darf
die Intensität der Antwort nicht durch das Item vorweggenommen oder beeinflusst
werden und zu bewertende Aussagen wie z.B. „Ich gehe nie ins Schwimmbad“ gilt
es zu vermeiden, da diese mittels der klassischen Likert-Skala nur ungenau und undifferenziert bewertet werden können. Abschließend wird eine zufällige Anordnung
der Items im Fragebogen empfohlen, um Positionseffekte zu vermeiden (Rossiter 2002).
Behandlung von Multikollinearität
Bei formativen Messmodellen gilt es, die Multikollinearität zwischen formativen Indikatoren zu überprüfen, da formative Messmodelle auf Basis der multiplen Regressi-
793.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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onsanalyse berechnet werden und das Vorliegen von Multikollinearität somit ein Problem für die weitere Analyse darstellt. Da bei reflektiven Messmodellen der Messung
der latenten Variablen stets eine einfache Regression zugrunde liegt, stellt Multikollinearität für reflektive Messmodelle kein Problem dar. Multikollinearität bezeichnet
den Grad der linearen Abhängigkeit zwischen den Indikatoren. Mit steigender Multikollinearität steigt die Ungenauigkeit der Schätzung der Gewichte der Indikatoren, die
durch eine hohe Multikollinearität gekennzeichnet sind. Die Überprüfung der Multikollinearität kann durch eine Betrachtung der Indikator-Interkorrelationen sowie die
Bestimmung der Toleranz beziehungsweise des Variance Inflation Factors ermittelt
werden. Besteht eine hohe Multikollinearität zwischen zwei Indikatoren, so besteht
die Möglichkeit, die untereinander multikollinearen Indikatoren zu einem Index zusammenzufassen (Albers/Hildebrandt 2006; Christophersen/Grape 2007).
Schätzung des Messmodells
Um im Rahmen formativer Messmodelle eine Schätzung vornehmen zu können, muss
die Variable in ein größeres Modell eingebunden werden, da ansonsten das Modell
unteridentifiziert ist. Dies gilt nicht für reflektive Messmodelle. Sie können für sich
alleine geschätzt werden. Bei formativen Messmodellen gilt es zunächst, die Indikatorgewichte auf Signifikanz zu prüfen. Bei einem t-Wert > 2 kann der Einfluss des jeweiligen Indikators als signifikant angenommen werden (? = .05). Sollte der t-Wert dieses
Anspruchsniveau nicht erreichen, kann eine Elimination des nicht-signifikanten Indikators aus dem Messmodell in Betracht gezogen werden mit der Begründung, dass
sein Erklärungsgehalt für das Konstrukt zu gering ausfällt (Christophersen/Grape 2007).
Bei reflektiven Messmodellen gilt es, die globalen Gütemaße zu bestimmen, um so auf
die Güte des zu untersuchenden Messmodells zu schließen. Häufig verwendete Kriterien sind hierbei ?2/df, RMSEA (Root Mean Square Error of Approximation), SRMR
(Standardized Root Mean Square Residual), CFI (Confirmatory Fit Index), TLI (Tucker-
Lewis Index), AGFI (Adjusted Goodness-of-Fit Index), GFI (Goodness-of-Fit Index) (für
eine detailliertere Erläuterung der Gütemaße sowie für Ausführungen bezüglich der
geforderten Anspruchsniveaus sei auf Homburg/Giering (1996) verwiesen).
In einem letzten Schritt der Konstruktentwicklung erfolgt dann die Aggregation zu
einem Gesamtwert für das betrachtete Konstrukt. Unter Verwendung von Indizes,
Durchschnitts- oder Einzelwerten wird ein Gesamtwert für die einzelnen Skalenitems
ermittelt. Welches Verfahren verwendet wird, hängt von der Art der Objekte und/oder
Attribute ab.
Während der letzten Jahre wird in der Wissenschaft eine kontroverse Debatte bezüglich einer statistisch unterstützten Modellierung von Konstrukten geführt. Auf der
einen Seite plädieren Wissenschaftler wie Rossiter dafür, den gesamten Operationalisierungsprozess durch Expertengespräche, die Klassifizierung von Indikatoren als
formativ beziehungsweise reflektiv sowie ihre Selektion im Zuge des Skalenbereinigungsprozesses nur auf die Evaluation des Untersuchenden zu basieren und somit
die Skalenentwicklung vollständig auf der Inhaltsvalidität zu begründen (Diamantopoulos 2005; Kirstein 2009). Kritiker bemängeln hierbei eine mangelnde Objektivität
und intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Operationalisierung. Besonders in Bezug
auf die Bereinigung der Skalen stellt die Vorgehensweise gemäß Rossiter einen radikalen Bruch mit der kennziffernorientierten Operationalisierungsprozedur im Sinne
Churchills dar.
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing80
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3.2.2.2 Psychologische Wirkungen beim Kunden
Die psychologischen Wirkungen beim Kunden bestehen zum einen in Aspekten der
Beurteilung einzelner Transaktionen durch den Kunden (transaktionsbezogene psychologische Wirkungen). Hierzu zählen die wahrgenommene Leistungsqualität (Abschnitt 3.2.2.2.1) und der wahrgenommene Wert (Abschnitt 3.2.2.2.2). Zum anderen
werden als Aspekte der Beziehungsbeurteilung (beziehungsbezogene psychologische
Wirkungen) die Kundenzufriedenheit, das Vertrauen, das Commitment und die Beziehungsqualität unterschieden (Abschnitte 3.2.2.2.3 bis 3.2.2.2.6).
3.2.2.2.1 Leistungsqualität
Das Konstrukt der Leistungsqualität stellt den Ausgangspunkt der psychologischen
Wirkungen dar, da die Wahrnehmung der Leistung im Rahmen einzelner Transaktionen die logische Grundvoraussetzung für andere psychologische und Verhaltenswirkungen ist. Die Leistungsqualität ist definiert als die Fähigkeit eines Unternehmens,
mit seinen Leistungen die Kundenerwartungen zu erfüllen (Meffert/Bruhn 2009). Im
Rahmen dieser Definition werden zwei zentrale Ansätze des Qualitätsverständnisses
(Garvin 1988) verbunden:
• Produktbezogener Qualitätsbegriff: Qualität ist die Summe beziehungsweise das
Niveau der vorhandenen Eigenschaften von Produkten beziehungsweise Dienstleistungen. Ziel ist es, eine Messung der Qualität nach objektiven Kriterien vorzunehmen.
• Kundenbezogener Qualitätsbegriff: Qualität ist definiert durch die Wahrnehmung
der Produkteigenschaften beziehungsweise Leistungen durch den Kunden. Eine
Messung der Qualität erfolgt demnach anhand von subjektiven Kriterien.
Die Koexistenz verschiedener begrifflicher Auffassungen der Leistungsqualität erfordert eine Festlegung der relevanten Dimensionen der Leistungsqualität. In diesem Zusammenhang wird als Qualitätsdimension die Wahrnehmung unterschiedlicher Qualitätseigenschaften durch unternehmensinterne und -externe Zielgruppen verstanden
(Bruhn 2011b).
Im Mittelpunkt der Ausführungen in der Marketingliteratur steht hier die Unterscheidung in eine Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension (Donabedian 1980). Die
Potenzialdimension beinhaltet die sachlichen, organisatorischen und persönlichen
Leistungsvoraussetzungen des Anbieters. Die Prozessdimension bezieht sich auf alle
Prozesse während der Leistungserstellung. In der Ergebnisdimension erfolgt die Beurteilung der erbrachten Leistung. Aufbauend auf dieser relativ groben Unterscheidung werden je nach Untersuchungsgegenstand – also für verschiedene Branchen,
Unternehmen oder Situationen – spezifische Qualitätsaspekte betrachtet. So werden
beispielsweise die Potenzialqualität bei Dienstleistungsanbietern (Steffen 2006), die
Kommunikationsqualität (Frommeyer 2005) oder die Teilqualitäten einzelner Kontaktpunkte im Dienstleistungserstellungsprozess (Meldau 2007) thematisiert.
Eine Unterscheidung der Qualitätsdimensionen ist auch in Bezug auf den Umfang und
die Art der erstellten Leistung möglich. Die technische Dimension beinhaltet den Umfang der Leistungserbringung und fragt nach dem „Was“ einer Leistung. Die funk
tionale Dimension fragt dagegen nach dem „Wie“ einer Leistungserstellung, d.h., nach
Art und Ausmaß des individuell wahrgenommenen Erstellungsprozesses (Grönroos
2000).
813.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 81
Eine weitere Unterteilung der Qualitätsdimensionen bezieht sich auf die Erwartungshaltung der Kunden im Hinblick auf das Leistungsprogramm (Berry 1986): Zu der so
genannten Routinekomponente gehören alle Eigenschaften, die normalerweise zu einer Leistung zählen. Für eine Negativabweichung kann es vom Kunden „Strafpunkte“
geben. Die Ausnahmekomponente beinhaltet dagegen Zusatzleistungen des Anbieters,
die vom Kunden nicht erwartet und von ihm mit „Bonuspunkten“ honoriert werden.
Eine ähnliche Differenzierung wird im KanoModell vorgenommen. Bei diesem Modell werden drei Arten von Leistungsmerkmalen unterschieden (Kano 1984; Schütze
1992; Berger et al. 1993; Matzler/Hinterhuber 1998; Tan/Pawitra 2001):
(1) Basismerkmale werden vom Kunden erwartet. Sie stellen MussAnforderungen dar,
die vom Kunden nicht positiv bewertet werden, d.h., keine großen Auswirkungen
auf Folgegrößen, wie z.B. Kundenbindung, haben.
(2) Leistungsmerkmale sollten vorhanden sein und werden daher als SollAnforderun
gen bezeichnet. Diese Merkmale können sich bei Vorhandensein positiv und bei
Fehlen negativ auf Folgegrößen auswirken.
(3) Begeisterungsmerkmale werden vom Kunden nicht unbedingt erwartet und stellen
KannAnforderungen dar. Ihr Vorhandensein hat positive Konsequenzen, während
ein Fehlen dem Kunden nicht auffällt.
Beispiel:
Schaubild 3-16 zeigt das Kano-Modell am Beispiel der Ausstattung eines Neuwagens.
Während ein beheizter Außenspiegel als Serienausstattung zu überdurchschnittlicher
Zufriedenheit führt, wird das Fehlen von Basismerkmalen wie Airbag oder Autoradio
überdurchschnittlich stark zu Unzufriedenheit führen. Die Höhe des Kraftstoffverbrauchs wird als Soll-Anforderung bei niedrigem Verbrauch in entsprechend hoher, bei
hohem Verbrauch in entsprechend geringer Zufriedenheit resultieren.
Kunde zufrieden
Kunde unzufrieden
Anforderung
erfüllt
Anforderung
nicht erfüllt
Basisanforderungen
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- selbstverständlich
- nicht artikuliert
- offensichtlich
Leistungsanforderungen
- artikuliert
- spezifisch
- messbar
Begeisterungsanforderungen
- nicht artikuliert
- begeisternd
Indifferenzzone
Autoradio
Servolenkung
Airbag
Geringer
Kraftstoffverbrauch
Elektrische
Fensterheber
Klimaanlage
ESP
Champagnerbei Kauf
CD-Wechsler
Beheizbarer
Außenspiegel
Schaubild 3-16: Kano-Modell am Beispiel der Serienausstattung eines Neuwagens
(Quelle: Bruhn/Hadwich 2006, S. 283)
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing82
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 82
Eine Unterscheidung von Qualitätsdimensionen in Anlehnung an die Unterteilung einer Leistung in Such-, Erfahrungs- und Vertrauenskomponenten (vgl. Kapitel 2) gibt
Antwort auf die Frage, welche Nähe des Kunden zur Leistung bei der Qualitätsbeurteilung gegeben ist (Zeithaml 1981, S. 186 ff.). Im Rahmen der Suchkomponente („Search
Qualities“) verfügt der Kunde noch nicht über Erfahrung mit dem Anbieter und sucht
im Vorfeld Indikatoren zur Beurteilung der Leistung. Dagegen ist der Kunde in bezug auf die Erfahrungskomponente („Experience Qualities“) in der Lage, eine Beurteilung aufgrund von Erfahrungen während des Leistungsprozesses oder am Ende der
Leistungserstellung vorzunehmen. Die Glaubenskomponente („Credence Qualities“)
umfasst alle Merkmale einer Leistung, die sich einer genauen Beurteilung entziehen
beziehungsweise erst später eingeschätzt werden können.
Beispiel:
Die Bedeutung von Such- und Erfahrungskomponenten für die wahrgenommene Leistungsqualität verändert sich im Verlauf einer Kundenbeziehung. Diese Dynamik zeigt eine Studie
zum Beitrag verschiedener Dienstleistungsbestandteile zur Dienstleistungsqualität (Dagger/
Sweeney 2007). Die tangiblen Elemente, die durch Sucheigenschaften gekennzeichnet sind,
haben bei Neukunden einen signifikanten Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung. Bei langfristigen Kunden spielen dagegen Erfahrungseigenschaften wie die Interaktion, die Atmosphäre, die Expertise und die Pünktlichkeit eine größere Rolle.
Schließlich werden in der Literatur fünf Qualitätsdimensionen dargestellt, die zum
einen alle aufgeführten Unterteilungen beinhalten und zum anderen das Ergebnis
nicht nur konzeptioneller Überlegungen, sondern auch empirischer Prüfungen sind
(Parasuraman/Zeithaml/Berry 1985, Parasuraman/Zeithaml/Berry 1988; Zeithaml/Parasuraman/Berry 1992):
• Die Annehmlichkeit des tangiblen Umfelds („Tangibles“) beinhaltet das äußere Erscheinungsbild des Anbieters, insbesondere die Ausstattung der Räume und das
Erscheinungsbild des Personals.
• Als Zuverlässigkeit („Reliability“) wird die Fähigkeit des Anbieters bezeichnet, die
versprochenen Leistungen auch auf dem avisierten Niveau zu erfüllen.
• Die Reaktionsfähigkeit („Responsiveness“) stellt die Frage, ob das Unternehmen in
der Lage ist, auf spezifische Wünsche der Kunden einzugehen und sie zu erfüllen.
Dabei spielen sowohl die Reaktionsbereitschaft als auch die Schnelligkeit der Reaktion eine Rolle.
• Die Leistungskompetenz („Assurance“) bezieht sich auf die Fähigkeiten des Anbieters zur Erbringung der Leistung, insbesondere in Bezug auf das Wissen, die
Höflichkeit und die Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter.
• Das Einfühlungsvermögen („Empathy“) kennzeichnet sowohl die Bereitschaft als
auch die Fähigkeit des Anbieters, auf individuelle Wünsche der Kunden einzugehen.
Die Zahl der kaufentscheidungsrelevanten Qualitätsdimensionen variiert stark mit
dem jeweiligen Leistungstyp. Bei Individualleistungen wird aufgrund der schwierigeren Beurteilbarkeit die Zahl der Merkmale, die ein Kunde zur Leistungsbeurteilung
heranzieht, höher sein als bei Standardleistungen (z.B. Erfahrung, Schnelligkeit, Renommee bei einer Unternehmensberatung vs. Preis als Hauptkaufentscheidungskriterium beim Kauf von Rohstoffen).
Bei der Bildung eines Qualitätsurteils orientiert sich der Kunde an seinen Erwartungen im Hinblick auf die beanspruchte Leistung, sodass auch die Kundenerwartungen
833.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 83
durch ein Relationship Marketing systematisch zu analysieren und zu steuern sind
(Bruhn 2000a). Die Erwartung eines Individuums stellt einen psychologischen Zustand
dar, der sich auf zukünftige Verhaltenskonsequenzen für das Individuum bezieht (van
Raaij 1991; Richter 2005; Bruhn/Richter/Georgi 2006).
Im Bereich des Marketing sind in der Literatur eine Vielzahl von Interpretationen des
Begriffs der Kundenerwartungen anzutreffen (vgl. Schaubild 3-17), die sich grundsätzlich in prädiktive und normative Erwartungen einteilen lassen (Liljander 1994; Ngobo
1997). Prädiktive Erwartungen haben antizipierenden Charakter, indem der Kunde
durch sie zum Ausdruck bringt, welches Leistungsniveau er vor Inanspruchnahme
der Leistung vorhersieht beziehungsweise für wahrscheinlich hält (Oliver 1980; Cadotte/Woodruff/Jenkins 1987; Tse/Wilton 1988). Dahingegen stellen normative Erwartun
gen eine Forderung des Kunden an den Dienstleister dar und bezeichnen das Leistungsniveau, das der Kunde vom Unternehmen verlangt (Parasuraman/Zeithaml/Berry
1988; Teas 1993).
Diese beiden Erwartungstypen unterscheiden sich im Hinblick auf die Art der Einordnung auf einer Skala von Leistungsniveaus und im Hinblick auf das Bezugsobjekt (vgl.
Schaubild 3-17) (Bruhn/Georgi 2000). Das Kriterium der Art der Einordnung auf einer
Leistungsskala betrifft die Repräsentation eines konkreten, objektiv nachvollziehbaren Leistungslevels durch den Erwartungstyp. Bei den normativen Erwartungen ist
diese Einordnung gegeben. So betrifft die Idealerwartung beispielsweise immer ein
relativ hohes Leistungsniveau, während das minimal tolerierbare Niveau ein relativ
geringes Niveau zum Ausdruck bringt. Dahingegen sind prädiktive Erwartungen
nicht an ein bestimmtes Leistungsniveau gebunden (Oliver 2009, S. 71 f.). Kunden halten im Hinblick auf das Angebot eines Unternehmens entweder ein relativ hohes oder
ein relativ geringes Leistungsniveau für wahrscheinlich. Dieser Tatbestand wird bei
Betrachtung der unterschiedlichen Bezugsobjekte der Erwartungstypen ersichtlich.
Normative Erwartungen betreffen nicht einen bestimmten Anbieter, während sich
prädiktive Erwartungen immer auf einen konkreten Anbieter beziehen.
Neben den verschiedenen Arten ist aber auch die Dynamik von Kundenerwartungen
zu berücksichtigen. Je nach Höhe und Richtung der Differenz zwischen erwarteter
Qualität und gelieferter Qualität werden die Erwartungshaltungen korrigiert. Wird die
vor dem Kauf bestehende prädiktive Erwartung deutlich übertroffen, wird der Kunde
seine Erwartungshaltung nach oben anpassen. Dabei tritt eine Anpassung prädiktiver
Erwartungen tendenziell eher und in stärkerem Ausmaß ein als dies bei normativen
Erwartungen der Fall ist (Bruhn/Richter/Georgi 2006). Für eine Operationalisierung des
Konstrukts der Leistungsqualität sei auf Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 verwiesen.
3.2.2.2.2 Wahrgenommener Wert
Während die wahrgenommene Leistungsqualität eine Beurteilungsgröße nach Effektivitätsgesichtspunkten darstellt, werden beim vom Kunden wahrgenommenen Wert
Effizienzgesichtspunkte zugrunde gelegt. Dem wahrgenommenen Wert als Konstrukt
der Beurteilung von einzelnen Transaktionen und der Beziehung zum Anbieter aus
Kundensicht kommt im Relationship Marketing vor allem die Bedeutung einer Einflussgröße der Kundenzufriedenheit und eines Stellhebels zum Aufbau von Wechselbarrieren für den Kunden zu (Ravald/Grönroos 1996; Yang/Peterson 2004). Aber auch
als Treiber der Beziehungsqualität wird dem wahrgenommenen Wert eine Bedeutung
zugesprochen (Sánchez-Garcia et al. 2007).
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing84
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 84
Im Hinblick auf die Interpretation des wahrgenommenen Wertes aus Kundensicht
lassen sich vier Formen des wahrgenommenen Wertes differenzieren (Zeithaml 1988,
S. 13 ff.):
Schaubild 3-17: Überblick über Erwartungstypen
(Quelle: Bruhn/Georgi 2000, S. 37; Richter 2005, S. 48)
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853.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 85
(1) Zunächst können Kunden – unter Vernachlässigung des Nutzens – den wahrgenommenen Wert als Preis, d.h., lediglich ausgehend von den wahrgenommenen
Opfern und hierbei nur bei einer Betrachtung des Preises in Form von Günstigkeit,
interpretieren.
(2) Eine andere Interpretationsform basiert auf der Überbewertung der Nutzenkomponente, indem der wahrgenommene Wert als Nutzen aus der Leistungsinanspruchnahme definiert wird.
(3) Darüber hinaus kann der wahrgenommene Wert als Nutzen bei gegebenem Preis
angesehen werden.
(4) Schließlich ist der wahrgenommene Wert als PreisLeistungsVerhältnis interpretierbar.
Ausgehend von diesen Interpretationsformen stellen die dritte und vierte Form die
Basis für eine häufig anzutreffende Definition des wahrgenommenen Wertes dar. Der
wahrgenommene Wert ist nach dieser klassischen Sicht definiert als das Verhältnis
aus dem vom Kunden wahrgenommenen Nutzen und dem wahrgenommenen Aufwand (Zeithaml 1988; Monroe 2002; Sirdeshmukh/Singh/Sabol 2002). Dem wahrgenomme
nen Nutzen des Kunden wird häufig vor allem die von ihm wahrgenommene Leistungsqualität zugeschrieben. Vor dem Hintergrund des Relationship Marketing sind
hier allerdings auch beziehungsrelevante Nutzenelemente zu berücksichtigen (Ravald/
Grönroos 1996). Der wahrgenommene Aufwand umfasst sämtliche Kosten, die mit dem
Kauf einer Leistung verbunden sind. Neben Such-, Akquisitions-, Transport-, Installations-, Wartungs-, Fehlerrisiko- und Qualitätsfehlerkosten steht hierbei vor allem der
Preis für die genutzten Leistungen im Vordergrund (Ravald/Grönroos 1996).
In den letzten Jahren wurden weitere Ansätze entwickelt, deren Verständnis des wahrgenommenen Werts über die überwiegend rationale, auf den ökonomischen Nutzen
ausgerichtete Sicht des klassischen Ansatzes hinausgeht und die Subjektivität des
wahrgenommenen Werts stärker betont. Nach diesen neuen Ansätzen umfasst der
wahrgenommene Wert neben der kognitiven Beurteilung vor dem Kauf auch eine
emotionale Komponente, der zusätzlich auch eine Bewertung nach dem Konsum zugrunde liegt (Sánchez-Garcia et al. 2007). Noch einen Schritt weiter gehen andere Studien, die in ihr Begriffsverständnis des Werts auch intrinsische und extrinsische Nutzenkomponenten aus der Kundenbeziehung selbst einbeziehen (Sirdeshmukh/Singh/
Sabol 2002). Auch wird betont, dass die Wertvorstellung des Kunden durch persönliche
Faktoren wie Alter, Einkommen, berufliche Stellung und weitere soziodemografische
Größen beeinflusst wird, weshalb bei der Ermittlung des wahrgenommenen Werts
auch individuelle Größen zu berücksichtigen sind (Wachter 2006).
Im Unterschied zur Leistungsqualität ist der wahrgenommene Wert in der Kundenwahrnehmung auf einer höheren Abstraktionsebene angesiedelt. Hierbei differieren
Leistungsqualität und Wert in zweierlei Hinsicht. Erstens ist der Wert ein individualistischeres und persönlicheres Konstrukt als die wahrgenommene Qualität. Zweitens
enthält der wahrgenommene Wert bei einer erweiterten Fassung neben einer Nutzenauch eine Aufwandskomponente.
Damit wird durch eine Analyse des wahrgenommenen Wertes im Rahmen des Relationship Marketing gewährleistet, dass eine rein leistungsbezogene Analyse und
Steuerung vermieden wird. Auch wenn die Leistung einen zentralen Nutzenaspekt
für den Kunden darstellt, wird durch die erweiterte Definition des Kundennutzens
innerhalb des Konstrukts wahrgenommener Wert, insbesondere bei einer über den
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing86
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 86
rein funktionalen Wert hinausgehenden Berücksichtigung emotionaler und sozialer
Wertbestandteile eine Integration von Beziehungsaspekten gewährleistet. Insbesondere in dynamischer Perspektive übernimmt die Größe „wahrgenommener Wert“ eine
wichtige Funktion, indem sie das Abwägen des Kunden im Hinblick auf Nutzenkomponenten auf der einen Seite und Komponenten eines empfundenen Aufwands auf
der anderen Seite zu modellieren hilft. So ist es beispielsweise möglich, dass Kunden
einen Anbieter zunächst aufgrund eines günstigen Preises auswählen, anschließend
jedoch zur Kundenbindung vor allem der Kundennutzen relevant ist. Durch eine differenzierte Analyse des wahrgenommenen Wertes können Schlussfolgerungen dieser
Art gewonnen werden. Eine Operationalisierung des Konstrukts wird in Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 dargestellt.
3.2.2.2.3 Kundenzufriedenheit
Die Kundenzufriedenheit nimmt aufgrund der Annahme, dass zufriedene Kunden
einem Unternehmen treu sind, sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch
in der Unternehmenspraxis eine wichtige Rolle ein (Homburg/Becker/Hentschel 2010;
zur Praxisrelevanz der Kundenzufriedenheit als Ziel vgl. beispielsweise Stauss/Dornach/Coenenberg 2006). Die Kundenzufriedenheit ist ein Konstrukt, das eng mit der
Leistungsqualität in Zusammenhang steht. Kundenzufriedenheit ist definiert als das
Ergebnis eines Vergleichsprozesses zwischen der Erfahrung beim Gebrauch einer
Leistung – der Ist-Leistung – und einem Vergleichsstandard als Soll-Leistung (Oliver
2009; Homburg/Fürst 2010). Die Soll-Leistung tritt in Form von Wünschen beziehungsweise Idealvorstellungen oder als Erfahrungsnorm auf. Somit bezieht sich auch die
Kundenzufriedenheit auf die Kundenerwartungen. Während bei der Beurteilung der
Leistungsqualität die Kundenerwartungen im Hinblick auf einzelne Leistungsmerkmale eine Rolle spielen, betrifft die Kundenzufriedenheit den vom Kunden empfundenen Grad der Erfüllung der Kundenerwartungen. Durch diese enge Verbindung mit
Leistungsqualität und wahrgenommenem Wert und aufgrund ihrer Rolle als zentrale
Determinante der Verhaltenskonsequenzen (vor allem der Kundenbindung) innerhalb
der Erfolgskette des Relationship Marketing ist die Kundenzufriedenheit ein in Zusammenhang mit Kundenbeziehungen häufig hervorgehobenes Konstrukt.
Beispiel:
Um Implikation für das Relationship Marketing von Energieversorgern zu erlangen, wurden
in einer Studie Kunden eines Stadtwerks in Deutschland befragt. Aus den Daten ergaben sich
zunächst vier Determinanten der Kundenzufriedenheit: die Kundenorientierung, die Verantwortung des Unternehmens, die Leistungsfähigkeit und die Preiswürdigkeit. Mittels Regressionsanalyse wurde daraufhin die Bedeutung dieser Faktoren für die Kundenzufriedenheit
gemessen. Den größten Einfluss auf die Zufriedenheit hat dabei die Kundenorientierung, die
u.a. zum Ausdruck bringt, dass „die Mitarbeiter des Unternehmens gewillt sind, Kundenwünsche zu erfüllen.“ Den zweitgrößten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat der Faktor
Leistungsfähigkeit, der auch die in der Studie abgefragten Items zur Leistungsqualität und
zum Preis-Leistungs-Verhältnis umfasst (vgl. Niermann/Walsh 2005).
In den vergangenen Jahren wurden viele Versuche unternommen, eine Modellierung
der Kundenzufriedenheit vorzunehmen. In diesem Zusammenhang wird zur Erklärung der Entstehung von Kundenzufriedenheit häufig das (Dis)ConfirmationPara
digma herangezogen (Oliver 2009, S. 98 ff.). Nach diesem Paradigma liegt Kundenzufriedenheit genau dann vor, wenn die Kundenerwartungen durch die gelieferte Leistung
erfüllt werden. Daneben bestehen auch Ansätze, die im Falle einer Übererfüllung der
873.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 87
Kundenerwartungen nicht von Unzufriedenheit, sondern von Begeisterung oder „Delight“ sprechen (vgl. z.B. Oliver 2009). Das (Dis-)Confirmation-Paradigma weist den
Vorteil auf, dass es zum einen leicht nachvollziehbar und zum anderen praktikabel im
Hinblick auf eine Messung der Kundenzufriedenheit ist.
Die Konzeptionalisierung der Kundenzufriedenheit anhand des (Dis-)Confirmation-
Paradigmas ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass es sich um einen statischen
Ansatz handelt, der zudem der Komplexität des Konstrukts Kundenzufriedenheit
durch die einfache Unterscheidung von Zufriedenheit und Unzufriedenheit mit einer
einzelnen Leistung nicht gerecht wird. Weiterentwicklungen des Ansatzes gehen
daher in Richtung einer dynamische Perspektive, die die Kundenzufriedenheit als
Beziehungszufriedenheit definiert, die sich im Zeitablauf kumulativ aus den Erfahrungen mir mehreren Einzeltransaktionen bildet (Palmatier et al. 2006; Stauss 2010).
Dieses dynamische Verständnis umfasst wie auch die neueren Ansätze zum wahrgenommenen Wert eine affektive Komponente, der eine Beurteilung nach der eigentlichen Leistungsinanspruchnahme zugrunde liegt (Post Purchase Evaluation Process;
vgl. Musa/Pallister/Robson 2005). In diesem Zusammenhang wird anstelle des Begriffs
(Dis-)Confirmation auch der Begriff (Dis-)Pleasure verwendet, der die Freude oder das
Vergnügen aus einer Bedürfnisbefriedigung umschreibt (Sánchez-Garcia et al. 2007).
Darüber hinaus wird zudem die Ansicht vertreten, dass nicht nur direkte Leistungsbestandteile eines Produkts oder einer Dienstleistung für die Bildung von Zufriedenheit
ausschlaggebend sind, sondern auch weitere wahrgenommene Aspekte eines Unternehmens (z.B. Aspekte der Interaktion, die Zufriedenheit mit dem Absatzkanal oder
Absatzmittlern u.a.m.; Yang/Peterson 2004; Musa/Pallister/Robson 2005). Eine logische
Konsequenz hieraus ist darin zu sehen, dass in Abhängigkeit der Branche und der
Ausgestaltung des Marketing eine Vielzahl verschiedener Aspekte, die nur indirekt
im Zusammenhang mit der eigentlichen Leistung stehen, für die Kundenzufriedenheit ausschlaggebend sein können.
Ebenso vielfältig wie die Ursachen sind auch die Auswirkungen der Kundenzufriedenheit, die auf einer abstrakten Ebene im so genannten qualitativen Zufriedenheits
modell (Stauss/Neuhaus 1995) berücksichtigt werden, das unterschiedliche „Qualitäten“ von Kunden(un)zufriedenheit differenziert. Demnach können fünf Typen von
Kunden(un)zufriedenheit unterschieden werden:
(1) Der „Fordernd Zufriedene“ ist durch eine hohe Zufriedenheit gekennzeichnet; aufgrund der ständig wachsenden Kundenanforderungen müssen diese jedoch stets
aufs Neue erfüllt werden.
(2) Anders als der erste Typ weist der „Stabil Zufriedene“ ein passives Anspruchsverhalten auf.
(3) Der „Resignativ Zufriedene“ weist eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Beziehung zum Anbieter auf.
(4) Ähnlich wie der „Stabil Zufriedene“ weist auch der „Stabil Unzufriedene“ ein
schwaches Aktivitätsniveau auf, er ist jedoch unzufrieden mit der Leistung.
(5) Der „Fordernd Unzufriedene“ bringt dahingegen seine Unzufriedenheit dem Unternehmen gegenüber zum Ausdruck und würde sich nicht wieder für denselben
Anbieter entscheiden.
Im Unterschied zum (Dis-)Confirmation-Paradigma lässt das qualitative Zufriedenheitsmodell über eine erste Verbindung mit möglichen Verhaltensweisen beim Kunden (positive vs. negative Reaktion in Verbindung mit aktiver vs. passiver Reaktion)
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing88
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 88
eine differenzierte Betrachtung der Auswirkungen von Kunden(un)zufriedenheit zu,
die im Zusammenhang mit der Analyse von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen
der Kundenzufriedenheit von Bedeutung sind.
Auch wenn verschiedene empirische Studien den häufig postulierten Zusammenhang
zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung bestätigen (Yang/Peterson 2004;
Musa/Pallister/Robson 2005; zu einem ausführlichen Überblick über Studien vgl. Homburg/Becker/Hentschel 2010), resultiert die Kundenzufriedenheit nicht zwingend in einer
Bindung des Kunden (vgl. z.B. Reichheld 1996, S. 236: Trotz einer 90 Prozent-Quote von
zufriedenen und sehr zufriedenen Kunden beträgt die Wiederkaufrate in der Automobilbranche lediglich 30–40 Prozent). Dagegen bedeutet aber starke Unzufriedenheit
fast immer das Ende einer Beziehung (Mittal/Lassar 1998; Oliver 1999). Entsprechend
ist die Zufriedenheit von Kunden als eine zentrale Voraussetzung für deren Bindung
zu sehen (Homburg/Becker/Hentschel 2010), wobei eine Reihe moderierender Variablen
besteht, die den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und -bindung beeinflussen. Hierzu zählen u.a. das Wettbewerbsumfeld, Wechselkosten, das Bedürfnis
nach Abwechslung und die Anbieteraktivitäten (Yang/Peterson 2004; Homburg/Schäfer/
Schneider 2008).
Darüber hinaus hängt die Bindungswirkung der Kundenzufriedenheit auch von der
Intensität der Zufriedenheit ab. Bei „sehr zufriedenen“ und „überzeugten“ Kunden
ist die Wiederkaufabsicht deutlich stärker ausgeprägt als bei zufriedenen oder sogar
enttäuschten Kunden (Heskett/Sasser/Schlesinger 1997; Meyer/Dornach 1999; vgl. auch
Schaubild 3-18). Eine mögliche Ursache hierfür kann in der unterschiedlich starken
Aktivierung des Kunden durch verschiedene Emotionen gesehen werden: Während
Zufriedenheit durch einen Zustand der Ruhe charakterisiert ist und lediglich eine relativ geringe Erregung hervorruft, wird dem Zustand der Begeisterung eine deutlich
stärker aktivierende Wirkung zugesprochen (vgl. Schaubild 3-19). In diesem Kontext
untersuchen Seiders et al. (2005) Moderatoren des Zusammenhangs der Kundenzufrie-
30%27% 6%
27%
67%
11%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Überzeugte Kunden Zufriedene Kunden Enttäuschte Kunden
bestimmt
wahrscheinlich ja
Wiederkauf beabsichtigt:
Schaubild 3-18: Intensität der Kundenzufriedenheit und Wiederkaufabsicht
(Quelle: Meyer/Dornach 1999, S. 89)
893.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 89
denheit und der Wiederkaufabsicht und zeigen dass u.a. das Involovement der Konsumenten den positiven Zusammenhang von Zufriedenheit und Wiederkaufabsicht
verstärkt. Für eine Operationalisierung des Konstrukts der Kundenzufriedenheit sei
auf Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 verwiesen.
3.2.2.2.4 Vertrauen
In der wissenschaftlichen Diskussion besteht neben der Kundenzufriedenheit auch
bezüglich der Bedeutung des Konstrukts Vertrauen für die Beziehungsstärke Einigkeit
(Swan/Trawick/Silva 1985; Dwyer/Schurr/Oh 1987; Frommeyer 2005). In der Literatur zählt
Vertrauen zu den am häufigsten besprochenen Faktoren erfolgreicher Austauschbeziehungen (Hunt/Arnett/Madhavaram 2006).
Das Konstrukt des Vertrauens ist definiert als die Bereitschaft des Kunden, sich auf das
Unternehmen im Hinblick auf dessen zukünftiges Verhalten ohne weitere Prüfung zu
verlassen (in Anlehnung an Morgan/Hunt 1994). Zentrale Funktion des Vertrauens ist
die Komplexitätsreduktion in Beziehungen (Deutsch 1958; Rotter 1967; Loose/Sydow 1994;
Gierl 1999; Luhmann 2000; Noll/Winkler 2004). Es wird dabei als transaktionsübergreifendes Konstrukt verstanden, das durch die Komplexitätsreduktion die Interaktionseffizienz steigert (Frommeyer 2005). Vertrauen entwickelt sich langfristig aus den Erfahrungen bei wiederholter persönlicher Interaktion oder aus einer über einen längeren
Zeitraum konstanten Leistungsqualität und Kundenzufriedenheit (Kenning 2002; Markert 2008). In diesem Zusammenhang wird auch von Beziehungsvertrauen gesprochen,
das sich aus Teilurteilen des Kunden über einzelne Transaktionen (Transaktionsvertrauen) und Episoden der Beziehung (Episodenvertrauen) ergibt (Huber et al. 2007b).
Über die Konzeptionalisierung des Konstrukts Vertrauen herrscht in der Literatur Uneinigkeit (Porter/Donthu 2008). Folgende Unterscheidungen werden getroffen:
Schaubild 3-19: Gefühlszustände und deren emotionale Bewertung
(Quelle: Rost 1990, S. 40)
Erregung
Geringe Erregung
Unangenehm Angenehm
Panik
Angst
Wut
Zorn
Entsetzen
Hass
Verzweiflung
Eifersucht
Unruhe
Aggressionslust
Ekel
Furcht Gereiztheit
Frustration Abscheu Ungeduld
WiderwilleScham
Verlegenheit Groll Sorge
Trotz
Leidenschaft
Hochstimmung
Übermut Lust
BegeisterungVerlangen
Begehren
Freude
LiebeTriumphgefühl Fröhlichkeit
Zärtlichkeit
Sehnsucht
Heiterkeit
Zuneigung
Abneigung
VerachtungNeid
ReueUnlustKummer
Trauer
Traurigkeit
Schadenfreude
Niedergeschlagenheit Mitleid
Verstimmung
Heimweh
Glück
Erleichterung
Rührung
Mitgefühl
Verehrung
Dankbarkeit
Wohlwollen
Zufriedenheit
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing90
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 90
• Bezüglich des Verhaltensbezugs wird Vertrauen zum einen als Glaubensintention
diskutiert, die ein Gefühl oder eine Erwartung über die Vertrauenswürdigkeit und
Zuverlässigkeit des Geschäftspartners zum Ausdruck bringt. Zum anderen wird
das Konstrukt aber auch als Verhaltensintention interpretiert, in der sich ein Verlassen auf den Partner widerspiegelt (Frommeyer 2005).
• Als Arten des Vertrauens werden generalisiertes, spezifisches und Systemvertrauen
unterschieden. Generalisiertes Vertrauen ist die grundsätzliche Vertrauensbereitschaft in die Glaubwürdigkeit eines Partners, spezifisches Vertrauen fokussiert auf
eine spezifische Situation und Systemvertrauen beschreibt das auf Erfahrung oder
Reputation basierende Vertrauen in ein System, also z.B. in ein Unternehmen (Ripperger 2003; Huber et al. 2007).
• Als Determinanten des Vertrauens gelten Kompetenz, Wohlwollen und Problemlösungsorientierung des Anbieters sowie die Integrität beziehungsweise Rechtschaffenheit, die wahrgenommene Fairness und das Wohlbefinden im Umgang mit dem
Anbieter. Auch die Verletzbarkeit wird als Voraussetzung von Vertrauensbildung
angesehen, d.h., die Konsequenzen aus einer Entscheidung müssen unsicher und
wichtig für den Vertrauenden sein (Moorman/Zaltman/Deshpandé 1992; Doney/Cannon 1997; Sirdeshmukh/Singh/Sabol 2002; Lacey 2007).
• In Hinblick auf das Bezugsobjekt des Vertrauens wird in Kundenbeziehungen zwischen dem Vertrauen gegenüber dem Verhalten des Kundenkontaktpersonals und
dem Vertrauen gegenüber Grundsätzen und Methoden des Managements unterschieden (Sirdeshmukh/Singh/Sabol 2002).
Insbesondere wenn es sich bei Wiederkäufen nicht um so genannte unmodifizierte
Wiederkäufe („Straight Rebuys“), sondern um modifizierte Wiederkäufe („Modified
Rebuys“) handelt, kommt dem Vertrauen eine tragende Rolle zu. Dies ist vor allem bei
Individualleistungen (z.B. modifizierte Wiederkäufe bei komplexen Maschinen vs. unmodifizierte Wiederkäufe bei Erfrischungsgetränken) der Fall. Die Veränderung der
Kaufgegenstände von Transaktion zu Transaktion erhöht den Grad der Unsicherheit
und des empfundenen Risikos bei der Kaufentscheidung (Johnston/Lewin 1996). Eine
Operationalisierung des Konstrukts Vertrauen wird in Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 dargestellt.
3.2.2.2.5 Commitment
Das Vertrauen wird in der Literatur häufig als Determinante des Commitments des
Kunden zum Anbieter als weitere wesentliche psychologische Größe bezeichnet.
Auch das Commitment gilt als einer der zentralen Faktoren erfolgreicher Beziehungen (Hunt/Arnett/Madhavaram 2006). Unter Commitment wird der starke Glaube eines
Kunden verstanden, die Beziehung zum Unternehmen sei derart wichtig für ihn, dass
er alle Anstrengungen unternehmen wird, die Beziehung aufrechtzuerhalten (Morgan/
Hunt 1994).
Das Commitment eines Kunden bezieht sich stets auf den Anbieter (beziehungsweise
die Beziehung mit dem Anbieter), nicht jedoch auf einzelne Leistungen des Anbieters.
Somit stellt das Commitment ein zentrales beziehungsrelevantes Konstrukt dar. Je besser ein Kunde die Beziehung zu einem Unternehmen beurteilt, desto höher wird sein
Commitment gegenüber dem Unternehmen sein. Je höher wiederum das Commitment
ist, desto eher wird ein Kunde an das Unternehmen gebunden sein. Ein hohes Commitment kann somit eine wesentliche (emotionale) Wechselbarriere darstellen.
913.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 91
Generell lassen sich drei Dimensionen des Commitments differenzieren (Allen/Meyer
1990; Morgan/Hunt 1994; Kumar/Scheer/Steenkamp 1995):
• Affektives Commitment bezeichnet den Grad der emotionalen Verbundenheit des
Kunden zum Anbieter.
• Fortsetzungscommitment bezeichnet den Willen des Kunden, die Beziehung zum
Anbieter fortzusetzen.
• Verpflichtungscommitment bezeichnet eine Art erzwungenes Commitment.
Insbesondere das Fortsetzungscommitment stellt eine Stellgröße des Relationship
Marketing dar, da es die Basis für die Aufrechterhaltung der Beziehung durch den
Kunden bildet. Somit steht das Commitment in enger Verbindung zu den Verhaltenskonsequenzen auf Kundenseite. Schaubild 3-20 zeigt in diesem Zusammenhang beziehungsrelevante Größen, die einen Einfluss auf das Commitment ausüben und als
Stellhebel des Relationship Marketing dienen können. Die Treiber des Commitment
werden dabei unterschieden in ökonomische, soziale und ressourcenbezogene Grö-
ßen. Eine empirische Untersuchung dieser Treiber kam zu folgenden Ergebnissen (vgl.
Lacey 2007):
• Ein ausgeprägter Einfluss auf das Vertrauen und darüber auch auf das Commitment geht von der Markenreputation aus.
• Die Vermittlung gemeinsamer Werte sowie eines Beziehungsnutzens haben ebenfalls einen substanziellen Einfluss auf das Commitment.
Wahrgenommener
ökonomischer Wert
Wechselkosten
Vertrautheit mit
dem Kunden
Gemeinsame Werte
Beziehungsnutzen
(Entlastung, Risikoreduktion u.a.m.)
Bevorzugte
Behandlung
Reputation
der Marke
Commitment
Vertrauen
Gesteigerte
Kaufabsicht
Gesteigerter
Share-of-Customer
Ö
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b
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Schaubild 3-20: Treiber und Wirkungen des Commitment
(Quelle: in Anlehnung an Lacey 2007, S. 318)
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing92
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 92
• Im Vergleich dazu fallen die Auswirkungen des ökonomischen Werts, der Wechselkosten, der Vertrautheit mit dem Kunden sowie der bevorzugten Behandlung des
Kunden eher niedrig aus.
• Für eine Operationalisierung des Konstrukts Commitment sei auf Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 verwiesen.
In einer Studie von Palmatier et al. (2009) wird in diesem Kontext das Konstrukt der
Dankbarkeit des Kunden („Customer Gratitude“) konzeptualisiert und weist einen
direkten Einfluss auf das Vertrauen der Konsumenten und einen indirekten Einfluss
über das Vertrauen auf das Commitment nach. Die Dankbarkeit des Kunden stellt die
emotionale Wertschätzung des erhaltenen Nutzens durch die Beziehung zum Unternehmen dar und wird von dem Wunsch begleitet, dem Unternehmen etwas zurückzugeben (Reziprozität) (Palmatier et al. 2009).
3.2.2.2.6 Beziehungsqualität
Der Zweck einer Beziehung besteht darin, die ihr zurechenbaren Transaktionen inhaltlich miteinander zu verknüpfen und spätere Interaktionen durch zuvor gewonnene Erfahrungen und Informationen zu erleichtern. Das Konstrukt Beziehungsqua
lität spiegelt die Fähigkeit des Unternehmens wider, die Beziehung zum Kunden den
Anforderungen des Kunden entsprechend zu gestalten (Hadwich 2003; Beatson/Lings/
Gudergan 2008). Da sich eine Beziehung aus verschiedenen Transaktionen und Episoden zusammensetzt, findet eine Beurteilung des Unternehmens nicht nur auf Basis
der Leistungsqualität statt (vgl. Abschnitt 3.2.2.2.1), sondern auch auf Beziehungsebene (Georgi 2007). Eine hohe Beziehungsqualität erleichtert die Transaktionen zwischen
den Beziehungspartnern, beispielsweise über die Reduktion von Komplexität und
Unsicherheit des Austauschs. Aufgrund des engen Bezugs zum Konstrukt Vertrauen
bestehen in der Literatur allerdings unterschiedliche Ansichten über die Konzeptionalisierung der Beziehungsqualität, über die Abgrenzung zu anderen Konstrukten und
infolgedessen auch über das exakte Begriffsverständnis (Huntley 2006). Einen Überblick über Konzeptionalisierungen der Beziehungsqualität gibt Schaubild 3-21. Diese
unterscheiden sich vor allem hinsichtlich des Bezugsobjekts, der zeitlichen Orientierung sowie der Art des Konstrukts.
Als Bezugsobjekte der vom Kunden wahrgenommenen Beziehungsqualität können
der Mitarbeiter beziehungsweise die Kundenkontaktperson (Crosby/Evans/Cowles
1990; Bejou/Wray/Ingram 1996) und das Gesamtunternehmen (Liljander/Strandvik 1995;
Hennig-Thurau/Klee 1997) differenziert werden. Die verschiedenen Bezugsobjekte sind
dabei nicht unabhängig voneinander. Die Wahrnehmung in Hinblick auf die Mitarbeiter eines Unternehmens kann die Wahrnehmung des Gesamtunternehmens und die
empfundene Beziehungsqualität maßgeblich beeinflussen. Neuere Publikationen berücksichtigen daher auch explizit sowohl die organisationale (Unternehmen) als auch
die interpersonelle Ebene (Mitarbeiter) (vgl. beispielsweise Rauyruen/Miller 2007).
Bezüglich der zeitlichen Orientierung der Beziehungsbeurteilung in Form der Beziehungsqualität lassen sich eine Vergangenheitsorientierung sowie eine zeitintegrierende Orientierung als Gegenstandsbereiche der Beziehungsqualität unterscheiden. Bei
der Vergangenheitsorientierung entspricht die Beziehungsqualität der Beurteilung
sämtlicher bisheriger Kontakte mit dem Anbieter aus Kundensicht (Crosby/Evans/Cowles 1990; Liljander/Strandvik 1995; Lingenfelder/Lauer/Groh 2000). Daneben besteht der
Ansatz einer zeitintegrierenden Orientierung, in deren Rahmen neben die Vergangen-
933.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 93
heits- eine Zukunftsorientierung tritt. Die Zukunftsorientierung betrifft hierbei die
Abschätzung des zukünftigen Verlaufs der Beziehung aus Kundensicht, die z.B. durch
sein Vertrauen in den Anbieter zum Ausdruck kommt. Da Beziehungen als den aktuellen Zeitpunkt überdauernd aufgefasst werden sollen, ist eine Integration von Vergangenheits- und Zukunftsorientierung erforderlich (Georgi 2000; 2008).
Hinsichtlich der Art des Konstrukts lassen sich eine derivative und eine eigenständige Konzeptionalisierung der Beziehungsqualität differenzieren. Bei der derivativen
Konzeptionalisierung wird Beziehungsqualität als so genanntes „Higher-Order“-Konstrukt aufgefasst, das sich aus verschiedenen eigenständigen, aber verwandten Konstrukten zusammensetzt. Häufig werden die in den Abschnitten 3.2.2.2.3 bis 3.2.2.2.5
dargestellten Konstrukte Kunden- beziehungsweise Beziehungszufriedenheit, Vertrauen und Commitment herangezogen (Crosby/Evans/Cowles 1990; Hennig-Thurau/
Klee 1997; de Wulf/Odekerken-Schröder/Iacobucci 2001; Sánchez-Garcia et al. 2007; vgl. auch
Schaubild 3-22). Aber auch weitere Konstrukte wie Kundenorientierung oder wahrgenommene Qualität werden diskutiert (Rauyruen/Miller 2007). Eine eigenständige Kon
zeptionalisierung der Beziehungsqualität fasst diese dagegen als Gesamtkonstrukt
auf, das sich aus verschiedenen Dimensionen zusammensetzt (Liljander/Strandvik 1995;
Ndubisi 2006).
Schaubild 3-21: Konzeptualisierungen der Beziehungsqualität
Autoren Definition Bezugsobjekt
Zeitliche
Orientierung
Art des
Konstruktes
Crosby/Evans/
Cowles 1990
Zufriedenheit mit und
Vertrauen in die
Verkaufsperson
Mitarbeiter
Vergangenheits- und
Zukunftsorientierung derivativ
Liljander/
Strandvik 1995
Qualität aller bisherigen
Transaktionen
Unternehmen
Vergangenheitsorientierung
eigenständig
Halinen 1996 nicht explizit definiert Unternehmen Zukunftsorientierung derivativ
Hennig-Thurau/
Klee 1997
Fähigkeit einer Beziehung, die
Kundenanforderungen zu
erfüllen
Unternehmen
Vergangenheits- und
Zukunftsorientierung
derivativ
Smith 1998 Stärke der Beziehung Unternehmen
Vergangenheits- und
Zukunftsorientierung
derivativ
Boles/
Barksdale 1997
Güte der Beziehung zur
Verkaufsperson
Mitarbeiter
Vergangenheitsorientierung
eigenständig
Georgi 2000
Fähigkeit zur Erhöhung der
Interaktionseffizienz
Unternehmen
Vergangenheits- und
Zukunftsorientierung
eigenständig
Ulaga/Eggert
2006
Vertrauen, Commitment und
Zufriedenheit in Bezug auf das
Unternehmen
Unternehmen
Vergangenheitsorientierung
derivativ
Rauyruen/Miller
2007
nicht explizit definiert
Unternehmen
und Mitarbeiter
Vergangenheitsorientierung
derivativ
Grégoire et al.
2009
Vertrauen, Commitment und
soziale Vorteile (z.B.
Personalisierung) in Bezug auf
das Unternehmen
Unternehmen
Vergangenheitsorientierung
derivativ
Chung/Shin 2009
Vertrauen, Commitment und
Zufriedenheit in Bezug auf das
Unternehmen
Unternehmen
Vergangenheitsorientierung
derivativ
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing94
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 94
Durch die eigenständige Konzeptionalisierung wird eine direkte Ausrichtung der
Marketingaktivitäten an der Beziehungsqualität ermöglicht, die darüber hinaus dann
auch als Ziel- und Kontrollgröße fungieren kann. Dabei lassen sich beispielsweise das
Vertrauen des Kunden in das Unternehmen sowie die Vertrautheit zwischen Kunde
und Unternehmen als zwei Dimensionen der Beziehungsqualität differenzieren (Georgi 2000; Hadwich 2003; Bruhn/Hadwich/Georgi 2006; vgl. Schaubild 3-23). Bei diesem
Schaubild 3-22: Beziehungsqualität als „Higher-Order“- und als eigenständiges Konstrukt
(exemplarisch)
Vertrauen
Kundenzufriedenheit
Wahrgenommener
Wert
Commitment
Beziehungsqualität
Beziehungsqualität als „Higher-Order“-Konstrukt:
Beziehungsqualität
Kundenzufriedenheit
Commitment
Wahrgenommener
Wert
Vertrauen Vertrautheit
Beziehungsqualität als eigenständiges Konstrukt:
Beziehungsqualität
Ansprechpartner
sind bekannt
Vertrautheit
Ansprechpartner
sind mir vertraut
Vertrauenswürdiger
Partner
Vertrauen
Fühle mich
gut aufgehoben
Fairer
Partner
Schaubild 3-23: Dimensionen der Beziehungsqualität
(Quelle: Hadwich 2003, S. 134)
953.2 Konzept der Erfolgskette
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Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 95
Verständnis wird das Vertrauen (vgl. Abschnitt 3.2.2.2.4) nicht als eigenes Konstrukt
in die Wirkungskette integriert, sondern als integrale Facette der Beziehungsqualität
angesehen.
Die zweite Dimension der Beziehungsqualität, die Vertrautheit, steht in engem Zusammenhang zum Vertrauen, hat im Gegensatz zur Zukunftsorientierung des Vertrauens aber einen vergangenheitsorientierten Charakter (Luhmann 2000). Vertrautheit
umschreibt den Grad der Bekanntheit mit einem Objekt, einem Subjekt oder einer
Situation. Bezogen auf eine Unternehmen-Kunde-Beziehung bezeichnet Vertrautheit
den Grad der Bekanntheit mit dem jeweiligen Beziehungs- oder Ansprechpartner im
Hinblick auf dessen Einstellungen und Verhaltensweisen (Georgi 2000; Hadwich 2003).
Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit der Partner innerhalb einer Beziehung
(Håkansson/Snehota 1993) ist nicht nur die Vertrautheit des Kunden mit dem Unternehmen, sondern auch die durch ihn wahrgenommene Vertrautheit des Unternehmens
mit dem Kunden von Bedeutung. Dem Kunden ist es also zum einen wichtig, dass er
die Prozesse des Unternehmens kennt, wenn er an der Leistungserstellung beteiligt
ist. Beispielsweise ist es in fremden Städten häufig schwierig, sich im Nahverkehrssystem zurechtzufinden, während Bewohner einer Stadt das System „beherrschen“. Zum
anderen nimmt der Kunde unter Umständen sehr bewusst wahr, ob das Unternehmen
mit ihm vertraut ist. Beispiele für Indikatoren der Vertrautheit des Unternehmens mit
dem Kunden sind das Kennen des Namens des Kunden, aber auch die Kenntnis seiner spezifischen Bedürfnisse bei der Leistungserstellung (z.B. Nichtraucherzimmer im
Hotel).
Eine zentrale Aufgabe des Relationship Marketing ist im Aufbau von Vertrauen und
Vertrautheit zu sehen. Auch wenn sich Vertrautheit teilweise und bis zu einem gewissen Grad ohne eine Steuerung durch das Unternehmen einstellt (Georgi 2000), können Unternehmen durch entsprechende Maßnahmen die Entstehung von Vertrautheit
(z.B. gleichbleibende Mitarbeiter, Konstanz im Marktauftritt) fördern. Ein großzügiges
Beschwerdemanagement und das Eingehen auf individuelle Kündenwünsche helfen
dagegen beispielsweise, Vertrauen aufzubauen. Die Ausbildung beider Dimensionen
wird durch eine entsprechend hohe Interaktionshäufigkeit unterstützt (Bruhn 2011a).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beziehungsqualität eine zentrale Größe
zur Beurteilung einer Beziehung durch den Kunden darstellt. Das Relationship Marketing dient der Steuerung von Kundenbeziehungen. Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, die Wahrnehmung der Beziehung durch den Kunden bei der Gestaltung des
Relationship Marketing zu berücksichtigen. Gelingt es dem Unternehmen durch die
Leistungsqualität, den wahrgenommenen Wert sowie durch den Aufbau von Vertrauen und Vertrautheit die kognitive und affektive Beurteilung der gesamten Beziehung
durch den Kunden zu verbessern, kann dies positive Verhaltenswirkungen zur Folge
haben. Eine Operationalisierung des Konstrukts Beziehungsqualität wird in Kapitel 8,
Abschnitt 8.2.1.1 dargestellt.
3.2.2.3 Verhaltenswirkungen beim Kunden
Aus den dargestellten psychologischen Wirkungen ergeben sich im Idealfall Verhaltenskonsequenzen in Form von Kundenbindung und Mund-zu-Mund-Kommunikation.
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing96
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 96
3.2.2.3.1 Kundenbindung
Die Bedeutung der Kundenbindung im Relationship Marketing wird bei Betrachtung
des idealtypischen Kundenbeziehungszyklus ersichtlich (vgl. Abschnitt 3.1.4). Danach
ist es Ziel des Relationship Marketing, Kundenbeziehungen nicht nur aufzubauen,
sondern im Zeitablauf vor allem auch zu intensivieren. Durch eine beziehungserhaltende Kundenbindung wird eine Art „Beziehungssockel“ geschaffen, der die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehung zum Ausdruck bringt. Darauf aufbauend ist
eine beziehungsintensivierende Kundenbindung, beispielsweise in Form von Cross
und Up Selling-Aktivitäten, zu realisieren. Auf diese Weise kann ein Ansteigen der
Beziehungszykluskurve erreicht werden. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass
nur eine Bindung von profitablen Kunden zu den erhofften Erfolgswirkungen führt.
Kundenbindungsmaßnahmen können ineffizient werden, wenn sie undifferenziert
auf den gesamten Kundenstamm angewandt werden. Folglich ist es auch eine Aufgabe des Relationship Marketing, jene Kundenbeziehungen zu identifizieren, die durch
Kundenbindungsmaßnahmen aufrechtzuerhalten sind.
Unter Kundenbindung werden sämtliche psychologischen Bewusstseinsprozesse beziehungsweise beobachtbaren Verhaltensweisen eines Kunden verstanden, in denen
sich die intentionale oder faktische Erhaltung beziehungsweise Intensivierung seiner
Beziehung zum Unternehmen aufgrund von bestimmten Bindungsursachen manifestiert (Fliehman/Auld 1993; Keaveney 1995; Bruhn 1998c). Hierbei handelt es sich um eine
nachfragerbezogene Sichtweise, die die Kundenbindung verhaltensorientiert – im Gegensatz zur instrumentellen, anbieterorientierten Perspektive – interpretiert (Homburg/
Becker/Hentschel 2010). Für die nachfragerorientierte Sicht der Kundenbindung werden
auch häufig die Begriffe Kundentreue oder Kundenloyalität verwendet, wohingegen
auch die Meinung vertreten wird, dass Loyalität nur bei positiver Einstellung des Kunden gegenüber dem Unternehmen gegeben ist und Kundenbindung auch bei negativer
Einstellung vorliegen kann (Eggert 1999; vgl. hierzu im Folgenden auch die Ursachen
der Kundenbindung).
Anhand der Definition werden vier Gegenstandsbereiche der Kundenbindung ersichtlich: der Verhaltensbezug, der Grad der Verhaltenskonkretisierung, die Ursachen der
Kundenbindung sowie der Grad der Beziehungsmodifikation.
(1) Grad des Verhaltensbezugs
Im Hinblick auf den Grad des Verhaltensbezugs werden drei Dimensionen der Kun
denbindung unterschieden (Diller 1996, S. 82 f.; Oliver 2009, S. 392):
(a) Kognitive Dimension: Diese Dimension besteht beispielsweise in der rationalen
Wahrnehmung der fachlichen Kompetenz eines Anlageberaters.
(b) Affektive Dimension: Die affektive Dimension schlägt sich z.B. in Sympathie gegen-
über dem Kundenkontaktmitarbeiter nieder.
(c) Konative Dimension: Diese dritte Dimension weist den stärksten Verhaltensbezug
auf und zeigt sich beispielsweise in konkreter Wiederkaufabsicht.
Betrachtet man ausschließlich die konative Dimension, handelt es sich um eine Kun
denbindung im engeren Sinne. Wird auch die kognitive und affektive Dimension einbezogen, spricht man von Kundenbindung im weiteren Sinne.
973.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 97
(2) Grad der Verhaltenskonkretisierung
Im Hinblick auf den Grad der Verhaltenskonkretisierung als zweiten Gegenstandsbereich der Kundenbindung lassen sich eine intentionale und eine faktische Kundenbindung differenzieren (Bruhn 1998c). Die intentionale Kundenbindung betrifft
Verhaltensabsichten des Kunden (z.B. Wiederkaufabsicht, Cross Buying-Absicht, Weiterempfehlungsabsicht und Preiserhöhungstoleranz). Dahingegen kommt die fakti
sche Kundenbindung durch tatsächliches Verhalten des Kunden (z.B. tatsächliche Wiederwahl, Weiterempfehlung usw.) zum Ausdruck (vgl. Schaubild 3-24).
(3) Ursachen der Kundenbindung
Bezüglich des dritten Gegenstandsbereichs, den Ursachen der Kundenbindung, lassen
sich Kundenbindung durch Gebundenheit und Kundenbindung durch Verbundenheit
differenzieren (Bliemel/Eggert 1998; Helm 2008), die beide zu einer Risikominimierung
aus Kundensicht beitragen. Dabei werden freiwillige und unfreiwillige Bindungsursachen unterschieden (Homburg/Sieben 2008).
Gebundenheit bezeichnet einen mehr oder weniger unfreiwilligen Bindungszustand,
der für einen bestimmten Zeitraum fixiert ist. Auch wenn der Kunde in diesen Zustand in der Regel freiwillig eintritt, ist er innerhalb dieses Zeitraums aufgrund von
bestimmten Parametern (z.B. Vertrag) in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der
Nutzung von Leistungen des entsprechenden Anbieters eingeschränkt. Es existieren
drei Formen der Gebundenheit (in Anlehnung an Meyer/Oevermann 1995; Gröppel-Klein/
Weinberg/Terlutter 2010):
(a) Vertragliche Gebundenheit (z.B. bei Wartungs- oder Nutzungsverträgen mit festgelegter Laufzeit),
(b) Technischfunktionale Gebundenheit (z.B. durch Inkompatibilität der Produkte verschiedener Anbieter),
(c) Ökonomische Gebundenheit (z.B. durch Wechselkosten in Form von Transaktionskosten der Anbahnung einer neuen Geschäftsbeziehung).
Die Gebundenheit des Kunden wirkt sich direkt auf sein Wiederwahlverhalten aus.
Unabhängig von der Gebundenheit kann Verbundenheit entstehen, die einen Bindungszustand aufgrund psychologischer Ursachen beschreibt (Meyer/Oevermann 1995;
Bliemel/Eggert 1998) und auf Größen wie Vertrauen, positive Einstellungen gegenüber
Schaubild 3-24: Konzeptionalisierung des Konstrukts Kundenbindung
(Quelle: Homburg/Bruhn 2008, S. 9)
Kundenbindung
Faktisches Verhalten
WeiterempfehlungCross BuyingWiederkauf
Preiserhöhungsakzeptanz
Verhaltensabsicht
Weiterempfehlungsabsicht
Cross-
Buying-
Absicht
Wiederkaufabsicht
Preiserhöhungstoleranz
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing98
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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dem Unternehmen usw. zurückzuführen ist (Helm 2008). Über Verbundenheit wird
eine „freiwillige Kundenbindung“ hervorgerufen, die auf eine vom Kunden wahrgenommene Vorteilhaftigkeit der Beziehung zum Unternehmen im Vergleich zur Nichtexistenz dieser Beziehung und/oder Beziehungen zu anderen Unternehmen zurückzuführen ist. Schaubild 3-25 zeigt eine Typologie von Kunden in Abhängigkeit von
Gebundenheit und Verbundenheit als Ursachen der Kundenbindung.
Ein Kunde, der weder in der Beziehung bleiben will noch muss – es liegt in diesem
Fall also weder Verbundenheit noch Gebundenheit vor – wird keine Geschäftsbeziehung aufrechterhalten (Transaction Buying). Basiert die Kundenbindung dagegen auf
Verbundenheit, kann von einer Fan-Position gesprochen werden. Der Kunde kauft in
diesem Fall nicht aufgrund von ökonomischen Überlegungen wiederholt beim selben
Unternehmen, sondern allein aufgrund eines positiven Zustands der Anerkennung
und Wertschätzung (Eggert 2001). Dies ist insbesondere bei emotional ausgerichteten
Leistungsangeboten, wie z.B. aktuellen Lifestyle-Marken, der Fall.
Die Position der positiven Gebundenheit enthält im Gegensatz zur Fan-Position sowohl Komponenten der Gebundenheit als auch der Verbundenheit. Der Kunde empfindet die Gebundenheit nicht negativ. Oftmals sind mit der positiven Gebundenheit
auch ökonomische Vorteile, wie etwa Rabatte, verbunden (z.B. Preisreduktion für Zeitungsabonnements im Vergleich zum Einzelbezug).
Bleibt der Kunde allerdings lediglich aufgrund einer Gebundenheit bei dem Anbieter,
kann diese „Muss-Bindung“ zu einem inneren Zustand führen, der vom Kunden als
Schaubild 3-25: Typologie der Kundenbindung
(Quelle: in Anlehnung an Plinke/Söllner 2008, S. 80)
„Fan“-
Position
„Positive“
Gebundenheit
„Transaction
Buying“
„Ausbeutungs“-
Position
Hohe
Verbundenheit
Hohe
Gebundenheit
Geringe
Verbundenheit
Geringe
Gebundenheit
993.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 99
negativ empfunden wird (Ausbeutungsposition) (Tomczak/Dittrich 2000). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich nach dem Eingehen einer durch Wechselbarrieren abgesicherten Geschäftsbeziehung für den Kunden bessere Alternativen ergeben.
Derart gebundene Kunden lehnen sowohl die Intensivierung der Geschäftsbeziehung
als auch eine Weiterempfehlung des Anbieters häufiger ab als verbundene Kunden
(Eggert 2001). Ohne das Vorhandensein von Verbundenheit besteht Kundenbindung
durch Gebundenheit nur so lange, wie die vertraglichen, technisch-funktionalen oder
ökonomischen Ursachen der Gebundenheit gegeben sind. Im Vergleich zur Gebundenheit hat Verbundenheit folglich einen stärkeren Einfluss auf die Kundenbindung
(Liljander/Strandvik 1995; Bliemel/Eggert 1998).
(4) Grad der Beziehungsmodifikation
Schließlich gibt der Grad der Beziehungsmodifikation als letzter der genannten Gegenstandsbereiche der Kundenbindung an, ob die Kundenbindung eine Erhaltung
oder Intensivierung der Beziehung betrifft. Bei der beziehungserhaltenden Kunden
bindung steht die Wiederwahl der durch den Kunden bereits genutzten Leistungen
im gleichen Umfang im Vordergrund. Bei der beziehungsintensivierenden Kunden
bindung wird die Beziehung dagegen durch den Kunden ausgeweitet (Dick/Basu 1994;
Danaher/Rust 1996). Hinsichtlich einer Abhängigkeit der beiden Ausprägungen stellt
die erhaltende Kundenbindung eine notwendige Voraussetzung der intensivierenden
Kundenbindung dar (Bruhn 1998c). Für eine Operationalisierung des Konstrukts der
Kundenbindung sei auf Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1 verwiesen.
3.2.2.3.2 Mund-zu-Mund-Kommunikation des Kunden
Ein wesentlicher und daher hervorzuhebender Bestandteil des Konstrukts Kundenbindung ist das Kommunikationsverhalten des Kunden in Form von Mund-zu-Mund-
Kommunikation. Die Bedeutung dieses Verhaltens für das Relationship Marketing
ergibt sich aus der Annahme, dass hinter positiver Mund-zu-Mund-Kommunikation
eine positive Einstellung des Kunden steht und er nicht nur durch Wechselbarrieren
gebunden, sondern dem Unternehmen tatsächlich verbunden ist (Homburg/Becker/
Hentschel 2010). Kunden, die nicht nur ihre Beziehung zum Unternehmen aufrechterhalten oder intensivieren, sondern das Unternehmen darüber hinaus an Freunde,
Bekannte und Kollegen weiterempfehlen, stellen demnach besonders loyale Kunden
dar. Eine entsprechende Kundenprofitabilität vorausgesetzt, ist es ein zentrales Ziel
des Relationship Marketing, Kundenbeziehungen derart aufzubauen, dass dieser hohe
Grad an Kundenloyalität erreicht wird.
Der Begriff Mund-zu-Mund-Kommunikation enthält dabei keine Wertung bezüglich
des kommunizierten Inhalts. Dagegen implizieren die Begriffe Weiterempfehlung und
Kaufwarnung ein positives respektive negatives Urteil über das Bezugsobjekt (zu den
Begriffsabgrenzungen vgl. Markert 2008). Die Mund-zu-Mund-Kommunikation wird
entsprechend als negative, neutrale oder positive Äußerung eines Kunden über objektive oder subjektiv wahrgenommene Merkmale eines Bezugsobjekts definiert (in
Anlehnung an Eggert/Helm/Garnefeld 2007). Als Bezugsobjekte der Mund-zu-Mund-
Kommunikation kommen grundsätzlich die Leistung oder die Marke (Hennig-Thurau/
Hansen 2000), das Unternehmen (Buttle 1998) oder auch einzelne Aktivitäten des Unternehmens, z.B. bestimmte Werbekampagnen, in Frage. Im Hinblick auf das Relationship Marketing ist zudem auch die Beziehungsfähigkeit des Unternehmens ein mögliches Bezugsobjekt.
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing100
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 100
Bei der MundzuMundKommunikation handelt es sich um ein Phänomen, das ebenso
wie aktive direkte Marketingaktivitäten eine Verhaltenswirkung bei den Adressaten
zur Folge haben kann. Mund-zu-Mund-Kommunikation ist ein Kommunikationsprozess, dessen Träger nicht das Unternehmen selbst, sondern seine Kunden sind (Richins
1983). Während ein Unternehmen mit seinen Marketingaktivitäten, z.B. der Unternehmenskommunikation, die Steuerung bestimmter Zielgrößen des Adressaten verfolgt,
liegt der Mund-zu-Mund-Kommunikation nicht zwingenderweise eine Zweckorientie
rung zugrunde (Zeithaml/Berry/Parasuraman 1993). Ein Unternehmen, das mit aktuellen
oder potenziellen Kunden kommuniziert, hat eine Steigerung von kognitiven, affektiven und konativen Zielgrößen beim Adressaten der Kommunikation im Auge, über
die schlussendlich eine positive Beeinflussung ökonomischer Zielgrößen (z.B. Umsatz,
Absatz, Gewinn) angestrebt wird. Bezieht sich die Mund-zu-Mund-Kommunikation
eines Kunden mit seinen Kommunikationspartnern auf ein Unternehmen oder dessen
Leistungen, so verfolgt der Kommunikator nicht oder zumeist höchstens unbewusst
das Ziel, die unternehmensbezogenen Verhaltensweisen seiner Kommunikationspartner zu beeinflussen. Dagegen sind die tatsächlichen Ziele hinter Weiterempfehlungen häufig psychologisch motiviert und auf den Kommunikator selbst bezogen.
Die Weiterempfehlung dient dann beispielsweise dem Abbau kognitiver Dissonanzen
oder der Selbstdarstellung des Empfehlenden (Markert 2008). Eine weitere mögliche
selbstbezogene Motivation zu Weiterempfehlungen sind aber auch monetäre Anreize,
die viele Unternehmen ihren Kunden im Rahmen von Kunden-werben-Kunden-Maßnahmen anbieten. Solche Maßnahmen bergen allerdings die Gefahr eines Glaubwürdigkeitsverlusts der Weiterempfehlung. Für eine Operationalisierung des Konstrukts
der Mund-zu-Mund-Kommunikation des Kunden sei auf Kapitel 8, Abschnitt 8.2.1.1
verwiesen.
Auf Basis der dargestellten Erkenntnisse bezüglich einer Kundenbeziehung aus Nachfragersicht ergeben sich Konsequenzen für die Betrachtung und das Management von
Kundenbeziehungen aus Anbietersicht.
3.2.3 Kundenbeziehungen aus Anbietersicht
Eine Betrachtung von Kundenbeziehungen aus Anbieterperspektive erfolgt durch
die Umsetzung des Relationship Marketing, die Gegenstand dieses Buches ist. In den
folgenden Abschnitten steht somit die Unternehmensperspektive im Vordergrund, die
den kundenseitigen Teil der Erfolgskette des Relationship Marketing, also die Wirkungen beim Kunden, „umschließt“ (vgl. Schaubild 3-26).
Den Wirkungen auf Kundenseite, vor allem den Verhaltenswirkungen in Form der
Kundenbindung und Mund-zu-Mund-Kommunikation, werden Auswirkungen auf
den ökonomischen Erfolg des Unternehmens zugeschrieben. Dieser stellt somit das
letzte Glied, d.h., den „Output“ der Erfolgskette des Relationship Marketing dar. Vor
dem Hintergrund der zunehmenden Ausrichtung sämtlicher Unternehmensaktivitäten am Unternehmenswert gewinnt die Betrachtung des Outputs des Relationship
Marketing an Bedeutung, da auch die Maßnahmen des Relationship Marketing einer
Beurteilung anhand ihres Beitrags zum Unternehmenswert unterzogen werden (Georgi 2007). Studien, die eine umfassende Verknüpfung von Maßnahmen des Relationship
Marketing mit ökonomischen Erfolgsgrößen vornehmen, sind nach wie vor rar (vgl.
auch Verhoef 2003; Rust/Verhoef 2005).
1013.2 Konzept der Erfolgskette
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 101
Bei der Betrachtung des Outputs der Erfolgskette ist eine Unterscheidung von Erfolgsgrößen auf der Ebene des Unternehmens und des einzelnen Kunden möglich. Der
Output auf Unternehmensebene lässt sich dabei durch die Größen Gewinn, Umsatz,
Kostendeckung, Rendite oder Aktienkurs darstellen, wobei im Profit-Bereich insbesondere die beiden Kriterien Gewinn und Umsatz eine zentrale Rolle einnehmen (Meffert/Bruhn 2009). Daneben verfügt der Output auf Kundenebene aufgrund der Einzelkundenorientierung des Relationship Marketing über eine besondere Relevanz. Dieser
wird beispielsweise anhand der Größen Kundendeckungsbeitrag, Customer Lifetime
Value und kundendeterminierte Einzelkosten quantifiziert. Eine solche Orientierung
am Einzelkunden liefert detaillierte Informationen und entscheidende Hinweise zur
Identifikation profitabler Kunden. Die genaue Zurechenbarkeit der finanziellen Grö-
ßen zu den einzelnen Kunden ist jedoch problematisch.
Somit ist es die primäre Aufgabe des Relationship Marketing, die Erfolgskette „in Gang
zu setzen“. Dies erfolgt über entsprechende Aktivitäten in Form eines „Input“ der Er
folgskette des Relationship Marketing. Dieser Input umfasst Strategien des Relationship Marketing, Instrumente des Relationship Marketing und die Implementierung
des Relationship Marketing. Ziel dieser Aktivitäten ist, die kundenseitigen Wirkungen
innerhalb der Erfolgskette des Relationship Marketing anzutreiben. Beispielsweise
erlaubt eine Strategie der Individualisierung, die Unternehmensleistungen möglichst
eng an den Kundenbedürfnissen auszurichten und dadurch eine hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen. In der Folge sind entsprechende instrumentelle Maßnahmen der
Leistungspolitik (z.B. individualisierbare Leistungselemente) und Kommunikationspolitik (z.B. Information des Kunden über Individualisierungsmöglichkeiten sowie
Bereitstellung von Möglichkeiten für den Kunden, seine Individualisierungswünsche
mitzuteilen) durchzuführen. Zur Implementierung dieser Strategie im Unternehmen
ist es erforderlich, die Mitarbeiter, die mit dem Kunden über die Individualisierungsoptionen sprechen, den damit einhergehenden Anforderungen gemäß zu schulen.
Der Input von Unternehmensseite dient somit dazu, Einfluss auf die Beziehungsbeurteilung und weitere psychologische Konsequenzen und darüber auf das Verhalten
des Kunden auszuüben. Diese Wirkungen wiederum können zu ökonomischem Erfolg führen. Die Erfolgskette des Relationship Marketing hat allerdings lediglich einen
Output für das
Unternehmen
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
Unternehmensinterne moderierende Faktoren
Input des
Unternehmens
Psychologische
Wirkungen
Strategien
Instrumente
Implementierung
Verhaltens-
Wirkungen
Output auf
Unternehmensebene
(Gewinn, Umsatz, Rendite)
Output auf Kundenebene
(Kundendeckungsbeitrag,
Customer Lifetime Value)
Schaubild 3-26: Kundenbeziehungen aus Anbietersicht
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing102
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 102
idealtypischen Charakter, d.h., der beschriebene Verlauf der Wirkungen in der Erfolgskette hat nicht zwingenderweise Gültigkeit. Dies ist auf die bereits dargestellten
moderierenden Faktoren zurückzuführen, die sich auf die Zusammenhänge zwischen
den verschiedenen Kettengliedern auswirken (vgl. Abschnitt 3.2.1). Moderierende Faktoren führen dazu, dass die vom Unternehmen beabsichtigten Wirkungen innerhalb
der Erfolgskette, d.h., beispielsweise zwischen Relationship Marketing und Kundenzufriedenheit, zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung oder zwischen
Kundenbindung und ökonomischem Erfolg, nicht automatisch eintreten. Aufgabe des
Relationship Marketing ist somit auch die Berücksichtigung der moderierenden Faktoren im Rahmen seiner Beziehungsaktivitäten.
Darüber hinaus sind aus Unternehmenssicht auch Besonderheiten zu berücksichtigen,
die sich aus den verschiedenen Phasen des Kundenbeziehungszyklus für die Erfolgskette und das Management von Kundenbeziehungen ergeben. Die Erfolgskette des
Relationship Marketing ist für jede der drei Phasen (Kundenakquisition, Kundenbindung und Kundenrückgewinnung) von Relevanz. Allerdings ist die Bedeutung einzelner Aspekte innerhalb der Erfolgskette je nach Phase unterschiedlich. Während
beispielsweise im Rahmen der Kundenakquisition die Beurteilung der Leistungsqualität von großer Wichtigkeit ist und die Beziehungsqualität eine untergeordnete
Rolle einnimmt, nimmt zu späteren Zeitpunkten in den Kundenbindungs- und Kundenrückgewinnungsphasen die Bedeutung der Beziehungsqualität zu. Entsprechend
lässt sich für jede der drei Phasen eine eigenständige Erfolgskette konzipieren. Die
Unterschiede dieser drei Erfolgsketten sind beim „Input“ des Unternehmens in Form
von phasenspezifischen Strategien, Instrumenten und Implementierungsansätzen zu
berücksichtigen.
Zur systematischen Gestaltung des Relationship Marketing empfiehlt es sich, das Relationship Marketing anhand eines Planungsprozesses zu konzipieren, der die dargestellten Aspekte der Erfolgskette aus Unternehmenssicht – also den „Input“ des
Unternehmens (Strategien, Instrumente und Implementierung), die moderierenden
Faktoren sowie die Besonderheiten, die sich aus den Phasen des Beziehungszyklus ergeben – integriert und strukturiert erfasst.
3.3 Konzept des Managementprozesses
Im Marketing als marktorientierte Unternehmensführung hat sich zur Lösung verschiedener Aufgabenbereiche eine bestimmte marktorientierte Entscheidungssystematik bewährt (Bruhn 2010b). Deshalb liegt es nahe, diese Systematik auch dem
Relationship Marketing zugrundezulegen. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang der entscheidungsorientierte Ansatz diskutiert (vgl. auch Nieschlag/Dichtl/
Hörschgen 2002; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012). Dieser Ansatz versetzt den Marketingverantwortlichen in die Lage, das Entscheidungsproblem zu strukturieren und zu
analysieren. Bei der Darstellung der Entscheidungsstruktur wird dabei zwischen drei
Marketingvariablen unterschieden (Bruhn 2010b): der Marketingsituation, den Marketingzielen sowie den Marketinginstrumenten. Diese Variablengruppen dürfen nicht
isoliert betrachtet werden. Vielmehr sind bei der Ausarbeitung von Marketingkonzepten die Zusammenhänge und Beziehungsstrukturen zwischen den Variablengruppen
zu berücksichtigen und in einem Managementprozess zu integrieren.
3.3 Konzept des Managementprozesses
1033.3 Konzept des Managementprozesses
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 103
Das Relationship Marketing bedingt somit ein systematisches Entscheidungsverhalten, das sich durch einen Managementprozess realisieren lässt. Schaubild 3-27 zeigt
einen idealtypischen Prozess des Relationship Marketing mit den klassischen Phasen
der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle. Dieser Managementprozess verdeutlicht, wie das Marketing als Unternehmensfunktion seiner Rolle als Initiator einer
systematischen Unternehmensführung gerecht werden kann. Kern des Marketingmanagements ist die kontinuierliche Marketingplanung. Sie beschäftigt sich mit der
Analyse- und Planungsphase des Managementprozesses und führt zu einem Marke
tingplan, der dem Marketingverantwortlichen zur Umsetzung des Managementprozesses in Teilschritten dient (Bruhn 2010b). Im Einzelnen lassen sich folgende Phasen
im Relationship Marketing differenzieren:
• Analysephase,
• Strategische Steuerungsphase,
• Operative Steuerungsphase,
• Implementierungsphase,
• Kontrollphase.
Im Rahmen der Analysephase (Kapitel 4) geht es darum, sämtliche Aspekte mit Relevanz für eine Steuerung der Kundenbeziehungen zu untersuchen. Neben der generellen Situationsanalyse eines Unternehmens liegt hierbei ein Schwerpunkt auf der
Kundenanalyse, deren Gegenstand die Untersuchung der Wirkungen innerhalb der
Erfolgskette des Relationship Marketing ist. Aus den Analyseergebnissen sind die Ziele des Relationship Marketing abzuleiten, die den anzustrebenden Output als letztes
Glied der Erfolgskette sowohl auf Unternehmens- als auch auf Kundenebene wiedergeben (Abschnitt 4.1). Die Ziele bilden die Grundlage für den Einsatz der Instrumente. Zur Gewährleistung einer kundenspezifischen Aktivitätenfestlegung ist darüber
hinaus eine systematische Kundensegmentierung vorzunehmen (Abschnitt 4.2). Im
Rahmen der Kundensegmentierung ist es erforderlich, unter Berücksichtigung der
moderierenden Faktoren diejenigen Kundenbeziehungen zu identifizieren, bei denen
die Zusammenhänge zwischen den Gliedern der Erfolgskette größtmögliche Gültigkeit haben. Nur bei diesen Kundenbeziehungen kann die Erfolgskette durchlaufen
und damit das Relationship Marketing profitabel eingesetzt werden. Sowohl bei der
Zielfestlegung als auch bei der Kundensegmentierung ist es für das Relationship Marketing dabei von besonderer Bedeutung, die verschiedenen Phasen des Kundenbeziehungszyklus zu berücksichtigen.
In der strategischen Steuerungsphase (Kapitel 5) wird die strategische Stoßrichtung
des Relationship Marketing und damit der erste Bereich des Inputs der Erfolgskette
festgelegt. Hierbei ist den Phasen des Kundenbeziehungszyklus entsprechend zu unterscheiden zwischen einer Kundenakquisitions-, einer Kundenbindungs- und einer
Kundenrückgewinnungsstrategie (Abschnitt 5.2). Im Hinblick auf das zu bearbeitende Geschäftsfeld ist es neben der Geschäftsfeldabgrenzung und der Festlegung der
Marktfeldstrategie insbesondere erforderlich, den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens zu definieren. Hierbei kommt im Rahmen des Relationship Marketing der Beziehungsorientierung eine zentrale Rolle zu (Abschnitt 5.3). Im Hinblick auf die Marktteilnehmer sind vor allem kundengerichtete Strategien zu entwickeln (Abschnitt 5.4).
Neben der Entscheidung über den Differenzierungsgrad der Markt- und Beziehungsbearbeitung gilt es, die Kundenakquisition, -bindung und -rückgewinnung richtungsmäßig zu konkretisieren.
3. Konzeptionierung des Relationship Marketing104
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
Stand: 26.10.12 Status: Druckdaten Seite 104
Die Instrumentalisierung der strategischen Ausrichtung des Relationship Marketing
erfolgt in der operativen Steuerungsphase (Kapitel 6), in der die Marketinginstrumente
als weiterer Teilbereich des unternehmerischen Inputs der Erfolgskette für die Phasen der Kundenakquisition, -bindung und -rückgewinnung festgelegt werden (Abschnitt 6.2). Hierbei sind für die jeweiligen Phasen diejenigen Instrumente der Leistungs-, Kommunikations-, Preis-, Vertriebs- und Personalpolitik einzusetzen, die am
ehesten zur Erfüllung der Aufgaben innerhalb der Phasen beitragen. Darüber hinaus
sind phasenübergreifend unterstützende Maßnahmen des Qualitätsmanagements,
des Beschwerdemanagements, des Servicemanagements sowie des Kundenwertmanagements zu nutzen (Abschnitt 6.3).
Ebenfalls zum Input der Erfolgskette seitens des Unternehmens ist die Umsetzung
und Durchsetzung der festgelegten Maßnahmen durch sämtliche Unternehmensmitglieder zu rechnen, die in der Implementierungsphase erfolgt (Kapitel 7). Hierbei steht
eine Anpassung der Strukturen, Systeme und Kultur des Unternehmens im Sinne
einer Beziehungsorientierung im Vordergrund.
Schließlich ist im Rahmen der Kontrollphase zu prüfen, ob die umgesetzten Maßnahmen tatsächlich über die einzelnen Glieder der Erfolgskette zu einem ökonomischen
Erfolg geführt haben (Kapitel 8). Durch ein umfassendes Controlling der Aktivitäten
des Relationship Marketing werden sowohl vorökonomische (z.B. Kundenzufriedenheit; vgl. Abschnitt 8.2) als auch ökonomische Kennzahlen (z.B. Gewinn als Output
auf Unternehmensebene und Kundendeckungsbeitrag als Output auf Kundenebene;
vgl. Abschnitt 8.3) erhoben und der Zielerreichungsgrad der entsprechenden Zielgrö-
ßen des Relationship Marketing gemessen. Um Erkenntnisse für die Steuerung von
Kundenbeziehungen in zukünftigen Planungsperioden ableiten zu können, sind zudem vorökonomische und ökonomische Ebene in einem integrierten Kontrollsystem
zu verknüpfen und die vorökonomischen Stellhebel des ökonomischen Erfolgs von
Kundenbeziehungen zu identifizieren (Abschnitt 8.4).
Der dargestellte Managementprozess kann als strukturierender Rahmen für die Planung des Relationship Marketing in allen Branchen gleichermaßen eingesetzt werden.
Einzelne Elemente des Prozesses weisen allerdings branchenspezifische Besonderheiten auf, die sich aus den jeweiligen Marktstrukturen sowie den Eigenschaften der angebotenen Leistungen ergeben. In Kapitel 9 wird auf Besonderheiten des Relationship
Marketing im Konsumgüterbereich (Abschnitt 9.2), bei Industriegütern (Abschnitt 9.3),
Dienstleistungen (Abschnitt 9.4) sowie Nonprofit-Leistungen (Abschnitt 9.5) eingegangen.
1053.3 Konzept des Managementprozesses
Vahlens Handbücher – Bruhn – Relationship Marketing (3. Auflage) – Hersteller: Frau Deuringer
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Schaubild 3-27: Relationship Marketing als Managementprozess
Strategische Steuerungsphase des Relationship Marketing
Kundensegmentierung in der Erfolgskette
Situationsanalyse
Externe Situationsanalyse
(Chancen/Risiken)
Interne Situationsanalyse
(Stärken/Schwächen)
Analysephase des Relationship Marketing
Ziele in der Erfolgskette
Implementierungsphase des Relationship Marketing
Phasen der ImplementierungZiele der Implementierung
Gestaltung der Implementierung
Marktfeld-strategien Beziehungsorientierte
Kultur
Beziehungsorientierte
Systeme
Beziehungsorientierte
Strukturen
Kontrollphase des Relationship Marketing
Marktfeld-strategien Integrierte
Kontrollsysteme
Ökonomische
Wirkungskontrolle
Vorökonomische
Wirkungskontrolle
Operative Steuerungsphase des Relationship Marketing
Ableitung des phasenbezogenen Instrumenteeinsatzes
Ableitung der phasenübergreifenden Maßnahmen
Qualitätsmanagement
Beschwerdemanagement
Servicemanagement
KundenrückgewinnungKundenbindungKundenakquisition
Strategische Steuerungsphase des Relationshipmarketing
Ableitung von Geschäftsfeldzielen und -strategien
Festlegung von Marktteilnehmerstrategien
Festlegung der phasenbezogenen Strategie
Strate isch Steuerung phase des Relationship Marketing
Kundenrückgewinnungsstrategie
Kundenbindungsstrategie
Kundenakquisitionsstrategie
Übergeordnete
Netzwerkstrategien
Marktfeld-strategien Wettbewerbsvorteilsstrategien
Marktfeldstrategie
Geschäftsfeldabgrenzung
Konkurrenzgerichtete
Strategien
Absatzmittlergerichtete
Strategien
Kundengerichtete
Strategien
Umfeldgerichtete
Strategien
Analysephase
Steuerungsphase
Implementierungsphase
Kontrollphase
Kundenwertmanagement
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Relationship Marketing - Professionelle Kundenbeziehungen
Das Werk gibt den aktuellen Stand des Relationship Marketing wieder und entwickelt daraus einen praktischen Managementansatz. Auf alle notwendigen Phasen einer Marketingkonzeption wird detailliert eingegangen:
– Analyse,
– Strategische Ausrichtung,
– Operativer Einsatz,
– Implementierung und
– Kontrolle.
Die Neuauflage
berücksichtigt die aktuellen Entwicklungen des Relationship Marketing und erarbeitet daraus neue theoretische und konzeptionelle Grundlagen.