9 Budgetallokation in der Kommunikationspolitik324
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Portfolios sind auch hier zum Vergleich von Erscheinungsformen einzusetzen,
analog zu dem Portfolio, wie es in Schaubild 9-5 dargestellt ist. Die verschiedenen
Erscheinungsformen, z. B. Sport-, Medien-, Kultur- und Ökosponsoring, werden
in einer zweidimensionalen Darstellung eingeordnet. Diese sind beispielsweise
Kosten und Zielerreichungsgrad, z. B. im Bezug zum Imageaufbau. Hieraus wird
dann ersichtlich, welche Erscheinungsformen sich für das zu erreichende Kommunikationsziel am besten eignen.
9.4 Intramediaselektion
Nach den strategischen Entscheidungen der interinstrumentellen Budgetallokation und der Intermediaselektion handelt es sich bei der Intramediaselektion
um die Aufteilung von Budgets der jeweiligen Erscheinungsformen (z. B. Budget für TV-Werbung) auf die einzelnen Kommunikationsträger (z. B. ARD, ZDF,
RTL) im Rahmen taktisch-operativer Entscheidungen (vgl. Schaubild 9-1). Die In-
9.4 Intramediaselektion
Funktion
Darstellungsbasis
Konzeption
Situation
Zeitfaktor
Auswahlmöglichkeit
Merkmal
Medium
Erscheinungsweise
Reichweite
Kosten
Erfolgskontrolle
Verfügbarkeit
Text, Bild
Information,
aktuelle Nachrichten
Zeitung
Relativ hohe
Tausenderkontaktpreise
Durch Coupons und Panels
Text, Bild (Farbwirkung)
Information, Unterhaltung,
Bildung
Information, Unterhaltung,
Bildung
Informierende und
argumentierende Werbung
Inhaltsaufnahme in
häuslicher Atmosphäre
Mehrmalige Nutzung möglich,
verschiedene Nutzungsphasen
Auswahl aufgrund Leserstrukturanalysen (überregionale,
regionale und Teilbelegung)
Wöchentlich, vierzehntägig,
monatlich
Keine Beschränkungen
Hohe Reichweite,
Überschneidungen sind
möglich
Relativ niedrige
Tausenderkontaktpreise
Durch Coupons und Panels
Argumentierende, emotionale
Werbung (Einuss der redaktionellen Gestaltung)
Text, Bild, Ton
(multisensorische Ansprache,
Farbwirkung)
Empfang in häuslicher
Atmosphäre
Einmalige Betrachtung
zeitlich begrenzt
Auswahl aufgrund von
Panelbefragungen
(regionale Streuung)
Täglich
(Festlegung erfolgt durch
Sendeanstalt)
Gesetzliche Beschränkung im
öffentlich-rechtlichen und
privaten Fernsehen
Relativ geringe Reichweite
(Kumulationseffekt)
Mittlere Tausenderkontaktpreise
Durch Panels
Emotionale Appelle, argumentierende Werbung (Einuss
des Fernsehprogramms)
Inhaltsaufnahme in häuslicher
Atmosphäre oder
Arbeitsplatz
Mehrmalige Nutzung möglich
Auswahl aufgrund Leserstrukturanalysen (überregionale
und lokale Streuung)
Täglich
Keine Beschränkungen
Hohe Reichweite bei
Gesamtbelegung
Zeitschrift Fernsehen
Schaubild 9-7: Beispiel einer Intermedia-Vergleichs-Checkliste
9.4 Intramediaselektion 325
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tramediaselektion stellt ein – im Vergleich zur interinstrumentellen Allokation
und Intermediaselektion – gut strukturiertes Entscheidungsproblem auf Ebene
der Kommunikationsfachabteilungen dar, das mit Hilfe von analytischen Entscheidungshilfen gelöst werden kann und einem kurzfristigen Planungshorizont
unterliegt (vgl. Schaubild 9-2). Im Folgenden wird ein Überblick über die in der
Praxis zur Anwendung kommenden Entscheidungskriterien sowie Methoden der
Intramediaselektion gegeben. Die umfangreichsten Informationen für diesen Entscheidungsprozess liegen für den Bereich der klassischen Werbeträger vor, so dass
sich die Ausführungen in den folgenden Abschnitten auf die Intramediaselektion
in der Mediawerbung konzentrieren.
9.4.1 Kriterien
Entscheidungen zur Intramediaselektion sind vor allem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen. Die Wirtschaftlichkeit der zur Auswahl stehenden Werbeträgerkombinationen lässt sich anhand von Kosten-Nutzen-Analysen ermitteln,
wie Schaubild 9-8 zeigt. Dabei wird der Nutzen aus jeder in Betracht kommenden
Werbeträgerkombination (nutzenorientierte Bewertungskriterien) den jeweiligen
Kosten (kostenorientierte Bewertungskriterien) gegenübergestellt und die daraus
resultierenden Kosten-Nutzen-Verhältnisse (wirtschaftlichkeitsorientierte Bewertungskriterien) miteinander verglichen. Derjenige Werbeträger bzw. diejenige Werbeträgerkombination mit dem günstigsten Kosten-Nutzen-Verhältnis wird dann
zum Botschaftstransport ausgewählt.
Die Ermittlung der (Belegungs-)Kosten der jeweiligen Werbeträgerkombination stellt kein größeres Problem dar, da die Medienanbieter den Werbetreibenden Preislisten und Rabattstaffeln für die ein- bzw. mehrmalige Belegung sowie
„Kombi-Preise“ für die kombinierte Belegung von Werbeträgern in regelmäßigen
Abständen zur Verfügung stellen. Im Folgenden werden die in der Praxis am häufigsten verwendeten nutzen- und wirtschaftlichkeitsorientierten Bewertungskriterien näher erläutert.
9.4.1.1 Nutzenorientierte Entscheidungskriterien
Der Nutzen eines Werbeträgers bzw. einer Werbeträgerkombination betrifft das
Erreichen der durch die Belegung des Werbeträgers bzw. der Werbeträgerkombination angestrebten Werbeziele (Lasslop 2003). Als werbliches Ziel wird aufgrund
der in Abschnitt 5.2 diskutierten Zurechnungsproblematik in der Regel nicht ein
ökonomisches Ziel, sondern in erster Linie ein streutechnisches Ziel in Form von
realisierten bzw. erwarteten Kontakten zwischen Werbeträger und Zielgruppe angestrebt (Sander 2004). Kommunikationszielinhalte, die sich an Kommunikationskontakten orientieren, sind vordergründig auf den Einsatz werblicher Aktivitäten
zurückzuführen und verfügen demnach über eine primär werbebedingte Reagibilität. Zudem stellt der Werbemittelkontakt den Ausgangspunkt jeglicher (psychologischer und/oder ökonomischer) Werbewirkung dar (vgl. Abschnitt 5.3). Neben
der Kontaktanzahl wird die Qualität der Kontakte im Hinblick auf die Realisierung
werblicher Zielsetzungen (meist bezogen auf die Werbesubjekte, Werbeträger und
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Wiederholungen) als nutzenorientiertes Bewertungskriterium für einzuschaltende
Werbeträger herangezogen (Schmalen 1992).
Kontaktmaßzahlen und Bewertungen der Kontaktqualität – zusammen häufig
auch als „Berührungserfolg“ bezeichnet – sind folglich Ausgangspunkte zur Quantifizierung der Effektivität (Nutzen) der jeweiligen Werbeträgerkombination bzw.
des Werbeträgers. Seit vielen Jahren stellen hierzu die jährlich durchgeführten Mediaanalysen großer Verlagshäuser (z. B. Axel-Springer-Verlag, Bauer-Verlagsgruppe)
ein reichhaltiges Datenmaterial zur Verfügung.
In der Praxis werden eine Vielzahl verschiedener Kontaktmaßzahlen unterschiedlicher Komplexität eingesetzt. Kontaktmaßzahlen als Entscheidungskriterien der Intramediaselektion lassen sich in zwei Kategorien einteilen (Schmalen 1992, S. 126 ff.;
Rogge 2004, S. 237 ff.):
(1) Auflage der Medien,
(2) Reichweite.
(1) Auflage der Medien
Eine erste, einfach zu ermittelnde Kontaktmaßzahl repräsentiert die Auflage der
Medien. Dies kann im Einzelfall die Auflage von Printmedien, die Anzahl von
Fernseh- oder Hörfunksendungen oder die Anzahl von Anschlagflächen zur Au-
ßenwerbung usw. sein. Je höher die Auflage eines Mediums ist, desto leistungsfähiger wird das Trägermedium bewertet. Dabei ist bei den Printmedien festzustellen,
dass die gedruckte Auflage nicht mit der vertriebenen Auflage – in der Regel gehen
nicht alle gedruckten Exemplare eines Mediums auch in die jeweiligen Vertriebskanäle – und die vertriebene Auflage nicht mit der verkauften Auflage gleichzu-
Entscheidungskriterien der Intramediaselektion
Nutzenorientierte Entscheidungskriterien
Kontaktmaßzahlen
• Auagen
• Reichweiten
Kontaktbewertungen
• Personengewichte
• Kontaktmengengewichte
• Mediagewichte
Kostenorientierte Entscheidungskriterien
(Belegungs-)Kosten
• Anzeigenpreise
• Kosten pro Werbeminute
u.a.m.
Tausenderpeise u.a.m
Berührungserfolg
Wirtschaftlichkeitsorientierte Entscheidungskriterien
Schaubild 9-8: Entscheidungskriterien der Intramediaselektion
9.4 Intramediaselektion 327
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setzen ist – nicht alle in den Vertriebskanälen vorhandenen Exemplare werden
auch verkauft (Rogge 2004; Schnettler/Wendt 2003; Kloss 2012). Da die Ermittlung von
Zielgruppenkontakten und erreichten Personen vorrangige Entscheidungskriterien
zur Intramediaselektion sind, stellt die verkaufte Auflage aufgrund der „größten
Nähe“ zum Zielgruppenkontakt im Rahmen der Kontaktmaßzahl „Medienauflage“ die beste Kennzahl dar. Die Daten über Verkaufsauflagen können dabei relativ
leicht von den betreffenden Medienanbietern beschafft werden. Die Auflagen von
Tageszeitungen, Publikums- und Fachzeitschriften, Kalendern, Adressbüchern,
Branchentelefonbüchern sowie Zahlen der Anschlagstellen und Besuchern von
Filmtheatern werden durch die „Informationsgesellschaft zur Feststellung und Verbreitung von Werbeträgern e.V.“ (IVW) einer zusätzlichen Prüfung unterzogen.
Im Rahmen einer kritischen Würdigung der Auflage als Kontaktmaßzahl ist festzustellen, dass aus ihr keine unmittelbaren Aussagen über die Anzahl der erreichten
Personen im Allgemeinen und die in der Zielgruppe erzielten Kontakte im Speziellen abgeleitet werden können. So ist es beispielsweise nicht möglich, auf Basis
der verkauften Auflage einer Tageszeitung direkte Rückschlüsse auf die Anzahl
der Leser zu ziehen, da keine Aussagen über eventuelle Mitleser zu machen sind
(z. B. Zeitung in der Familie oder Unternehmen). Die Auflage eines Mediums ist
in der Regel nicht so groß, wie die durch sie erzielten Kontakte. Sie ist dennoch
geeignet, dem Entscheidungsträger grobe Anhaltspunkte über die quantitative
Leistungsfähigkeit der betreffenden Medien zu geben. Die Auflage als Kontaktmaßzahl basiert auf „harten Verkaufszahlen“ und ihre positive Korrelation mit
der Anzahl erreichter Personen (Reichweite) als zentraler Kontaktmaßzahl der
Intramediaselektion verleiht der Auflage den Charakter einer „Zusatzwährung“
(Weser 1995). Die Auflage eines Werbeträgers sagt darüber hinaus nichts darüber
aus, ob die Zielgruppe auch wirklich erreicht worden ist, also mit dem Werbeträger
auch wirklich in Kontakt getreten ist.
(2) Reichweite
Im Gegensatz zur auf Verkaufszahlen beruhenden Auflagenhöhe stellt die Reichweite eine aus dem Mediennutzungsverhalten der Konsumenten abgeleitete Kennzahl dar. Sie stellt die in der Praxis gebräuchlichste Kontaktmaßzahl dar und gibt
an, wie viele Personen insgesamt bzw. innerhalb einer Zielgruppe durch die Belegung eines bestimmten Mediums bzw. einer Werbeträgerkombination mindestens
einmal erreicht wurden. Normalerweise wird die Reichweite größer sein als die
Auflage der Medien, da Zeitschriften von mehreren Personen gelesen, Hörfunkwerbung von mehreren Personen in einem Raum gehört werden usw. Die Reichweite kann sowohl absolut als auch als Prozentwert (z. B. Anteil der erreichten
Zielpersonen an allen Zielpersonen) ausgewiesen werden.
Ein wirksamer Werbeträger bzw. eine leistungsstarke Werberträgerkombination
zeichnet sich dadurch aus, dass die Reichweite hoch ist und zudem die erreichten
Personen der Zielgruppe angehören. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die
von den Verlagen zur Verfügung gestellten Reichweiten im Regelfall auf Werbeträgerkontakte (d. h. Kontakt mit Zeitschrift) beziehen und somit lediglich indirekten
Aufschluss über realisierte Werbemittelkontakte (d. h. Kontakt mit Anzeige) zulassen. Ein Werbetreibender kann sich jedoch nicht sicher sein, dass jemand, der einen
Werberträgerkontakt hatte, auch die Anzeige des Werbetreibenden gesehen, also
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auch einen Werbemittelkontakt hatte. Realisierte Werbeträgerkontakte sind daher
als mehr oder weniger weitreichende Werbemittelkontaktchancen einer Zielperson
anzusehen.
Je nachdem, ob sich die Reichweite auf
• eine Einschaltung in einem Medium,
• mehrere Einschaltungen im selben Medium,
• je eine Einschaltung in mehreren Medien,
• mehrere Einschaltungen in mehreren Medien
bezieht, lassen sich unterschiedliche Arten von Reichweiten unterscheiden, die in
Schaubild 9-9 dargestellt sind (Schmalen 1992).
(a) Nutzer pro Ausgabe (eine Einschaltung in einem Medium)
Erfolgt lediglich eine Einschaltung in einem Medium, dann besteht die Reichweite
in der Anzahl der Nutzer (Leser, Hörer, Seher usw.) pro Ausgabe (Nummer, Zeiteinheit usw.) dieses Mediums. Bei einer Schaltung einer einzigen Anzeige beispielsweise in einer Zeitung ist die Reichweite dieser Anzeige gleich der Anzahl derer,
die die Zeitung lesen. Die Nutzerschaft umfasst dabei nicht nur (z. B. bei einer
Fachzeitschrift) die Käufer eines Exemplars, sondern auch alle Mitleser.
(b) Kumulierte Reichweite (mehrere Einschaltungen in einem Medium)
Bei mehrfacher Schaltung einer Werbung in einem Medium kommt es bei den
unregelmäßigen Lesern zu Neukontakten. Bei den regelmäßigen Lesern (Mehrfach- oder Dauernutzer eines Mediums) werden hingegen Wiederholungskontakte
erzielt. So liest beispielsweise ein Abonnent der Zeitschrift GEO üblicherweise
mehrere GEO-Ausgaben im Jahr bzw. einzelne GEO-Hefte mehrfach. In diesem
Zusammenhang ist auch von „internen Überschneidungen“ zu sprechen. Interne
Überschneidungen beziehen sich auf die Nutzer verschiedener Ausgaben desselben
Mediums. Die kumulierte Reichweite berücksichtigt solche Mehrfachkontakte bzw.
Anzahl der Einschaltungen
0
Medium B
Medium A 1 2 und mehr
Nutzer pro
Ausgabe
Kumulierte
Reichweite
Kombinierte
Reichweite
Nettoreichweite
Nutzer pro
Ausgabe
Kumulierte
Reichweite
0
1
2 und
mehr
A
nz
ah
l d
er
E
in
sc
ha
lt
un
ge
n
Schaubild 9-9: Typen von Reichweiten (Schmalen 1992, S. 127)
9.4 Intramediaselektion 329
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Wiederholungskontakte nur einmal, d. h., die internen Überschneidungen werden
außer Acht gelassen. Mit zunehmenden Einschalthäufigkeiten in den betreffenden
Medien vergrößert sich die kumulierte Reichweite im Regelfall unterproportional,
da es immer schwieriger wird, auf noch bisherige „Nichtnutzer“ zu treffen (vgl.
dazu auch Schaubild 9-10). Dieser Effekt ist vor allem dann in ausgeprägter Form
zu beobachten, wenn der Anteil der regelmäßigen Nutzer (Stammleserschaft) des
betrachteten Mediums hoch ist. Für den Fall, dass das Medium immer von genau
den gleichen Personen genutzt wird, entspricht die kumulierte Reichweite der Nutzer pro Ausgabe. Entsprechend der jeweiligen Einschalthäufigkeiten bezeichnet
man die zugehörigen Reichweiten auch als so genannten K1-Wert (= Nutzer pro
Ausgabe), K2-Wert usw.
(c) Nettoreichweite (je eine Einschaltung in mehreren Medien)
Entscheidet sich der Werbetreibende für jeweils eine Einschaltung in mehreren Medien, d. h. für eine parallele Belegung von Werbeträgern, dann kommt es bei den Personen, die nicht nur eines dieser Medien nutzen, zu „externen Überschneidungen“,
die bei der Ermittlung der Nettoreichweite herauszurechnen sind. Im Gegensatz
zu den internen Überschneidungen beziehen sich die externen Überschneidungen
somit auf Personen, die mehrere Medien parallel nutzen. In diesem Zusammenhang
ist auch von so genannten Duplikationen, Triplikationen und Quantuplikationen
die Rede; je nachdem, ob es sich um eine Überschneidung von zwei, drei oder mehr
Medien handelt. So führt beispielsweise die gleichzeitige Schaltung einer Anzeige
in der FAZ, dem Manager Magazin sowie in Capital zu Mehrfachkontakten bei den
Nutzern, die zur „Stammleserschaft“ aller drei Werbeträger gehören. Die Leser aller
drei Werbeträger kommen daher mit der gleichen Anzeige in mehreren Medien in
Kontakt. Die Nettoreichweite erfasst jede Person jedoch nur einmal.
Kumulierte
Reichweite
Zahl der Einschaltungen1 2 3 4 5 6
K1
niedriger
durchschnittlicher
hoher
Anteil
regelmäßiger
Nutzer
Schaubild 9-10: Kumulierte Reichweiten bei steigenden Einschalthäufigkeiten
(Schmalen 1992, S. 128)
9 Budgetallokation in der Kommunikationspolitik330
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(d) Kombinierte Reichweite (mehrere Einschaltung in mehreren Medien)
Wird eine Werbung schließlich mehrfach in mehreren Medien geschaltet, so treten
sowohl interne als auch externe Überschneidungen auf. Die Gesamtzahl der durch
die jeweilige Werbeträgerkombination mindestens einmal erreichten Personen
wird als „kombinierte Reichweite“ oder auch „kumulierte Nettoreichweite“ bezeichnet. Die kombinierte Reichweite umfasst somit alle Personen, die von mehreren Einschaltungen in mehreren Medien zumindest einmal erreicht worden sind.
Diese Art der Reichweite ist der Regelfall in der Praxis, da viele Werbetreibenden
in ihren Werbekampagnen einen Mix von mehreren Medien verwenden und in
jedem dieser Medien mehrmals ihre Werbemittel platzieren bzw. schalten.
Beispiel: Arten von Reichweiten
Ein Werbetreibender sieht vor, eine Anzeige in drei verschiedenen Zeitschriften für
die Monate März, April und Mai wie folgt zu schalten, wobei (x) für eine und (0) für
keine Belegung steht:
Zeitschrift März April Mai
Zeitschrift A x x x
Zeitschrift B x 0 x
Zeitschrift C 0 x 0
Leser y liest als Abonnent Zeitschrift A und B, Leser z hingegen nur Zeitschrift C
jeden Monat.
• Interne Überschneidungen:
Bei Leser y kommt es bei der Zeitschrift A zu zwei internen Überschneidungen,
da er alle drei Ausgaben der Zeitschrift A liest und somit dreimal mit der gleichen
Anzeige in Kontakt kommt. Darüber hinaus kommt es bei ihm bei Zeitschrift B zu
einer internen Überschneidung. Bei Leser z gibt es hingegen keine Wiederholungskontakte, da er nur im Monat April beim Lesen der Zeitschrift C auf die Anzeige
trifft. Sofern der Werbetreibende auch in Zeitschrift C nicht nur im Monat April,
sondern z. B. auch im Monat Mai seine Anzeige schalten würde, käme es bei Leser
z zu einer internen Überschneidung.
• Externe Überschneidungen:
Leser y kommt im Monat März und Mai sowohl in Zeitschrift A als auch B mit der
Anzeige in Kontakt. Bei Leser z gibt es keine externen Überschneidungen, da er
nur eine Zeitschrift abonniert hat und keine anderen Zeitungen, in der die Anzeige
geschaltet wird, nutzt.
• Nettoreichweite:
Die Bruttoreichweite ist zur Berechnung der Nettoreichweite um die externen
Überschneidungen zu bereinigen. Im Monat März kommt Leser y parallel in Zeitschrift A und B mit der Anzeige in Kontakt. Wird diese externe Überschneidung
herausgerechnet, so wird Leser y nur einmal im Monat März effektiv erreicht.
Im Monat April wird sowohl Leser y mit der Zeitschrift A, als auch Leser z mit
Zeitschrift C erreicht. Im Monat Mai tritt die gleiche Konstellation wie im Monat
März auf: Leser y wird effektiv nur einmal erreicht, so dass es in der Summe zu
vier Kontakten kommt.
• Kumulierte Reichweite:
Bei der kumulierten Reichweite werden die internen Überschneidungen nicht
berücksichtigt. Leser y kommt als Abonnent der Zeitschrift A mit der Anzeige
dreimal (März, April, Mai) und als Abonnent der Zeitschrift B zweimal (März, Mai)
in Kontakt. Nach Herausrechnen der internen Überschneidungen beträgt die kumulierte Reichweite für Leser y zwei. Leser z hingegen wird nur einmal im Monat
April auf die Anzeige treffen. Interne Überschneidungen existieren für ihn nicht.
In der Summe ergibt sich eine kumulierte Reichweite von drei.
9.4 Intramediaselektion 331
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• Kombinierte Reichweite:
Die kombinierte Reichweite umfasst alle Personen, die von mehreren Einschaltungen in mehreren Medien zumindest einmal erreicht worden sind, d. h., externe und
interne Überschneidungen finden keine Berücksichtigung. In dem vorliegenden
Beispiel ergibt sich eine kombinierte Reichweite von (1+1) = 2.
Zur Ermittlung von Reichweiten in der Praxis ist eine Vielzahl verschiedener
Verfahren entwickelt worden (Schmalen 1992). Die Verfahren basieren auf Befragungsdaten, wodurch die Ergebnisse mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren
sind. Die Verfahren gehen jeweils von verschiedenen Prämissen aus, so dass der
Mediaplaner im Einzelfall zu entscheiden hat, welches der zur Verfügung stehenden Verfahren vor dem Hintergrund der zugrunde liegenden Werbesituation
bzw. den verfolgten Werbezielen zur Reichweitenermittlung am besten geeignet
ist. Im Folgenden werden zwei zentrale Verfahren herausgegriffen, um die Vorgehensweise einer modellgestützten Ermittlung von Reichweiten zu erläutern.
Zur Vereinfachung beschränkt sich die Anwendung der Verfahren jedoch nur
auf die Berechnung von Nutzern pro Ausgabe und kumulierten Reichweiten (zur
Reichweitenberechnung bei kombinierter Medienbelegung vgl. Schmalen 1992). Es
handelt sich dabei vor allem um zwei grundlegende Modelle:
(1) Hypergeometrisches Modell,
(2) Binomialmodell.
(1) Hypergeometrisches Modell
Das hypergeometrische Modell geht von zwei zentralen Prämissen aus. Es wird
zum einen unterstellt, dass jemand, der angibt, in einem bestimmten Erscheinungszeitraum X Ausgaben eines bestimmten Titels zu lesen (z. B. einer monatlich erscheinenden Zeitschrift), dies mit Sicherheit in jedem Erscheinungszeitraum durchführt. Wenn z. B. ein Leser angibt, von einer täglich erscheinenden Zeitung zwei
Ausgaben in der Woche zu lesen, so wird im hypergeometrischen Modell davon
ausgegangen, dass der entsprechende Leser jede Woche tatsächlich zwei Ausgaben
liest bzw. es sich bei der angegebenen Anzahl nicht um einen Durchschnittswert
handelt. Zum anderen wird angenommen, dass alle angegebenen Lesekombinationen die gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen. Wenn jemand angibt, in
einer Periode (z. B. Monat) von den s Ausgaben eines Mediums (z. B. Zeitschrift) immer ri Ausgaben zu lesen (mit ri ? s), wobei alle Ausgabenkombinationen die gleiche
Eintrittswahrscheinlichkeit haben, dann errechnet sich die Wahrscheinlichkeit (Z),
dass er/sie bei m Schaltungen in dem Medium (m ? s) genau k Kontakte (k ? m) mit
der Werbebotschaft hat nach dem hypergeometrischen Modell gemäß der Formel:
(1)
?? ?? ?
? ?? ??? ?? ?=
? ?
? ?
? ?
im
ki
i
m s m
k r k
Z
s
r
mit: m = Anzahl der Schaltungen
k = Anzahl der Kontakte
i = Nutzergruppe
s = max. Anzahl an Schaltungen
ri = Anzahl der gelesenen Ausgaben eines Mediums
9 Budgetallokation in der Kommunikationspolitik332
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Die Wahrscheinlichkeit für keinen Kontakt (mit k = 0) ergibt sich dann als:
(2)
?? ?
? ?
? ?=
? ?
? ?
? ?
im
0i
i
s m
r
Z
s
r
Die Wahrscheinlichkeit für mindestens einen Kontakt (K1) ist dann:
(3) = ?1m 0;mi iZ 1 Z
Bei mehreren Personen beträgt die Zahl der mindestens einmal erreichten Kontakte
bei m Schaltungen in einem Medium (kumulierte Reichweite):
(4)
=
= ??
n
1m
i i
i 1
Km P Z
mit: Pi = Anzahl der Personen
n = Anzahl der Ausgaben eines Mediums je Periode
Beispiel: Ermittlung der Reichweite nach dem hypergeometrischen Modell
Ein Unternehmen beabsichtigt in einer Fachzeitschrift, die viermal im Jahr (Januar,
April, Juli, Oktober) erscheint, eine Anzeige einmalig zu platzieren. Eine repräsentative Befragung ergab folgendes Leseverhalten bezüglich der Anzahl der pro Jahr
gelesenen Ausgaben:
Eine Ausgabe: 64.000 Personen Drei Ausgaben: 14.000 Personen
Zwei Ausgaben: 27.000 Personen Vier Ausgaben: 95.000 Personen
Es wird unterstellt, dass jemand, der angibt, z. B. zwei Ausgaben pro Jahr zu lesen,
dies mit Sicherheit jedes Jahr tut, und alle möglichen Lesekombinationen
Jan/Apr Apr/Jul Jul/Okt
Jan/Juli Apr/Okt
Jan/Okt
die gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen.
Bei einer einmaligen Schaltung der Anzeige im Jahr in der Fachzeitschrift werden
folglich alle Leser von vier Ausgaben erreicht. Es werden hingegen nicht erreicht:
• 3/4 aller Leser nur einer Ausgabe,
• 1/2 aller Leser von zwei Ausgaben: zwei Ausgaben können in
m 4m!
= =
k 2k!(m-k)!
? ? ? ?
? ? ? ?
? ? ? ?
= 6 Zwei-Ausgabenkombinationen gelesen werden; die drei belegungsfreien Ausgaben umfassen davon allerdings
3
2
? ?
? ?
? ?
= 3 Zwei-Ausgabenkombinationen,
• 1/4 aller Leser von drei Ausgaben: Drei Ausgaben können in
4
3
? ?
? ?
? ?
= 4 Drei-Ausgabenkombinationen gelesen werden. Die drei belegungsfreien Ausgaben stellen
davon eine Drei-Ausgabenkombination dar.
Die Zahl der – bei einmaliger (jährlicher) Schaltung erreichten Personen – Leser pro
Ausgabe (LpA) beträgt daher:
LpA = 95.000 + (1/4) · 64.000 + (1/2) · 27.000 + (3/4) · 14.000
= 135.000
oder aus Sicht des Medienanbieters formuliert: Jedes Jahr lesen 135.000 Personen
die Zeitschrift und können damit in Kontakt mit der Anzeige kommen.
Gemäß der hypergeometrischen Formel stellt sich die Berechnung dieses K1-Wertes
für die verschiedenen Nutzergruppen wie folgt dar:
9.4 Intramediaselektion 333
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(a) Ermittlung der Wahrscheinlichkeit für mindestens einen Kontakt bei den verschiedenen Nutzergruppen gemäß Gleichung (3):
1;1
1
1;1
2
1,1
3
4 1 3!
1 11! 2!
Z 1 1
4 4! 4
1! 3!1
4 1 3!
12! 1!
Z 1 1
4 4! 2
2! 2!2
4 1 3!
33!
Z 1 1
4 4! 4
3! 1!
2
3
3
?? ? ? ?
? ? ? ??? ? ? ?= ? = ? =
? ? ? ?
? ?? ? ?? ?? ?
?? ? ? ?
? ? ? ??? ? ? ?= ? = ? =
? ? ? ?
? ?? ? ?? ?? ?
?? ? ? ?
? ? ? ?
? ? ? ?= ? = ? =
? ? ? ?
? ?? ? ?? ?? ?
(b) Ermittlung des K1-Wertes gemäß Gleichung (4):
K1 Wert = 95.000 + (1/4) · 64.000 + (1/2) · 27.000 + (3/4) · 14.000 = 135.000
Zur Berechnung kumulierter Reichweiten mit Hilfe des hypergeometrischen Modells
kann ebenfalls das vorliegende Beispiel herangezogen werden:
Ermittlung des K1-Wertes: Der K1-Wert entspricht der Anzahl der Leser pro Ausgabe (Reichweite der Fachzeitschrift bei einmaliger Einschaltung), im vorliegenden
Beispiel demnach: K1 = 135.000
Ermittlung des K2-Wertes: Bei einer zweimaligen Schaltung einer Anzeige werden
alle Leser von drei und vier jährlichen Ausgaben der Fachzeitschrift erreicht. Es werden hingegen nicht erreicht:
• 2/4 aller Leser nur einer Ausgabe,
• 1/6 aller Leser von zwei Ausgaben: zwei Ausgaben können in
4
2
? ?
? ?
? ?
= 6 Zwei-Ausgabenkombinationen gelesen werden. Die zwei belegungsfreien Ausgaben stellen
2
2
? ?
? ?
? ?
= 1 der sechs möglichen Zwei-Ausgabekombinationen dar.
K2 = 95.000 + 14.000 + (2/4) · 64.000 + (5/6) · 27.000 = 163.500
Ermittlung des K3-Wertes: Bei einer dreimaligen Schaltung einer Anzeige werden
alle Leser von zwei und mehr Ausgaben erreicht. Lediglich das eine Viertel der Leser
nur einer Ausgabe wird nicht erreicht.
K3 = 95.000 + 14.000 + 27.000 + (3/4) · 64.000 = 184.000
Ermittlung des K4-Wertes: Bei einer Belegung sämtlicher Ausgaben werden alle
Leser der Fachzeitschrift erreicht („weitester Leserkreis“): K4 = 200.000
(2) Binomialmodell
Das Binomialmodell basiert auf einer anderen Annahme. Während beim hypergeometrischen Modell von konstanten Leseraten ausgegangen wird, geht das Binomialmodell von Nutzungswahrscheinlichkeiten aus, d. h., jemand, der angibt,
z. B. im Jahr zwei Ausgaben der viermal im Jahr erscheinenden Fachzeitschrift
zu lesen, nimmt dies lediglich im langjährigen Durchschnitt vor. Seine/ihre Nutzungswahrscheinlichkeit beträgt zwar – wie die Leserate – auch 2/4; dies kann
jedoch auch bedeuten, dass er/sie beispielsweise in einem Jahr drei Ausgaben, in
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25.10.2012 Druckdaten Seite 335
einem anderen Jahr aber nur eine Ausgabe der Fachzeitschrift liest. Folglich kann
im Rahmen des Binomialmodells nicht mehr sichergestellt werden, dass er/sie
mit drei Einschaltungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent erreicht
wird. Die stochastisch zu ermittelnde Leserschaften werden im Folgenden mit
Kˆ bezeichnet.
Zur Ermittlung der Kˆ1- bis Kˆ4-Werte sind damit zunächst die Kontaktwahrscheinlichkeiten bei den verschiedenen Nutzergruppen in Abhängigkeit von der
Belegungsanzahl zu errechnen. Die Multiplikation dieser Nutzungswahrscheinlichkeiten mit der Anzahl der Nutzer in den jeweiligen Nutzergruppen und die
anschließende Summierung dieser Ergebnisse führt zu den Kˆi-Werten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person bei einer Nutzungswahrscheinlichkeit
wi und m Schaltungen genau k Kontakte mit der Werbebotschaft hat, errechnet
sich gemäß dem Binomialmodell wie folgt:
(1) ?
? ?
= ?? ?
? ?
k;m
i
k m k
i i
m
w (1 w )
k
Zˆ
Die Wahrscheinlichkeit für keinen Kontakt (k = 0) ergibt sich dann als:
(2) = ? m0;mi i(1 wˆ )Z
Die Formel zur Berechnung für die Wahrscheinlichkeit mindestens eines Kontaktes
(Kˆ) lautet:
(3) = ? ?1;m mi i1 (1 wˆ )Z
mit: m = Anzahl der Schaltungen
wi = Nutzungswahrscheinlichkeit
Zur Berechung der Nutzungswahrscheinlichkeit von mehreren Personen bei m
Schaltungen in einem Medium (kumulierte Reichweite) lautet die Formel:
(4)
=
= ?? lm
n
i
i
i
1
ˆˆ m PZK
Beispiel: Ermittlung der Reichweite nach dem Binomialmodell
Dies wird im Folgenden anhand des Fachzeitschriftenbeispiels verdeutlicht: Der
Kˆ1-Wert im Rahmen des Binomialmodells stimmt mit dem des hypergeometrischen
Modells überein:
Leser einer Ausgabe: 1 – (1–1/4)1 = 0,25
Leser von zwei Ausgaben: 1 – (1–2/4)1 = 0,50
Leser von drei Ausgaben: 1 – (1–3/4)1 = 0,75
Leser von vier Ausgaben: 1 – (1–4/4)1 = 1,00
Kˆ1 = 0,25 · 64.000 + 0,5 · 27.000 + 0,75 · 14.000 + 1 · 95.000 = 135.000
Ermittlung des Kˆ2-Wertes: Dazu werden zunächst die Nutzungswahrscheinlichkeiten
bei den verschiedenen Nutzergruppen bei zweimaliger Belegung errechnet:
Leser einer Ausgabe: 1 – (1–1/4)2 = 0,4375
Leser zweier Ausgaben: 1 – (1–2/4)2 = 0,7500
Leser dreier Ausgaben: 1 – (1–3/4)2 = 0,9375
Leser von vier Ausgaben: 1 – (1–4/4)2 = 1,0000
9.4 Intramediaselektion 335
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Bei einer Multiplikation der Nutzungswahrscheinlichkeiten mit der Personenanzahl
der jeweiligen Nutzergruppen ergibt sich:
Kˆ2 = 0,4375 · 64.000 + 0,75 · 27.000 + 0,9375 · 14.000 + 1 · 95.000 = 156.375
Analog ist bei der Ermittlung des Kˆ3- und Kˆ4-Wertes zu verfahren, so dass sich folgende Werte ergeben:
Kˆ3 = 169.406
Kˆ4 = 178.007
Es wird deutlich, dass mit zunehmender Zahl von Einschaltungen die Kˆ-Werte
des Binomialmodells immer stärker hinter den K-Werten des hypergeometrischen
Modells zurückbleiben, so dass beispielsweise mit einer viermaligen Schaltung
auch nicht der weiteste Leserkreis erreicht wird. Dies ist jedoch im Hinblick auf
die zugrunde liegenden Annahmen des Binomialmodells (Nutzungswahrscheinlichkeiten) nicht weiter verwunderlich.
Bei einer kritischen Würdigung der Verfahren zur Ermittlung von Reichweiten ist
festzuhalten, dass die Grundlage aller Verfahren Befragungsdaten (z. B. Media-Analyse von AG.MA oder Allensbacher Werbeträgeranalyse) sind, deren Validität in Frage
zu stellen ist. So wissen die Befragten oftmals nicht, welche Titel sie in letzter Zeit
gelesen haben. Ferner neigen sie dazu, Titel zu nennen, die ihnen gegenüber dem
Interviewer Ansehen verschaffen (so genannter „Interviewerbias“). Auf der anderen Seite ist es möglich, dass Konsumenten ihre Lektüre bewusst verschweigen, da
sie sich ihrer „schämen“. Zudem hängt die Validität der Modellergebnisse in hohem
Maße von der Qualität der informativen Grundlagen zur Mediennutzung ab.
Die vorgestellten Kontaktmaßnahmen geben Auskunft über die Leistungsfähigkeit
von Streuplänen im Hinblick auf erreichte Personen bzw. geschaffene Kontakte.
Nun ist jedoch „Kontakt nicht gleich Kontakt“, aus folgenden Gründen:
• Die Nutzerschaften verschiedener Medien weisen unterschiedliche (Konsum-)
Potenziale im beworbenen Bereich auf.
• Die zur Disposition stehenden Medien sind in unterschiedlichem Maße geeignet,
die Werbebotschaft im Hinblick auf die formulierten Ziele zur Zielgruppe zu
transportieren.
• Wiederholungskontakte entfalten im Regelfall eine andere Werbewirkung als
Neukontakte.
Zur Beurteilung der Effektivität (Nutzen) einer Werbeträgerkombination ist somit neben Kontaktmaßzahlen die Bewertung der Kontaktqualität von Bedeutung.
Eine unterschiedliche Qualität der Kontakte kann durch eine unterschiedliche
Gewichtung der realisierten bzw. erwarteten Kontakte berücksichtigt werden. Dies
geschieht über eine fortlaufende Multiplikation des Kontaktes mit einem Koeffizienten, der die Ausgangswirkung vermindert. Die hierdurch berichtigte Kontaktmaßzahl wird dann als Entscheidungsgrundlage für die Intramediaselektion
herangezogen. Zur Berücksichtigung der Kontaktqualität stehen dem Kommunikationsplaner folgende Gewichte zur Verfügung (Schmalen 1992, S. 146 ff.; Rogge
2004, S. 264 ff.):
(1) Personengewichte,
(2) Mediagewichte,
(3) Kontaktmengengewichte.
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(1) Personengewichte
Mit einer Werbemaßnahme wird in der Regel das Ziel verfolgt, verschiedene Zielgruppen anzusprechen. Die Zielpersonen unterscheiden sich jedoch in der Regel
hinsichtlich ihres Potenzials zur Zielerreichung. Häufig werden mit einer Kampagne z. B. Zielgruppen mit unterschiedlichem Konsumpotenzial angesprochen. Personengewichte haben daher zum Ziel, die mit der Schaltung erreichten Personen
nach dem Beitrag zu ordnen, den diese für die Erfüllung der Kommunikationsziele
leisten (z. B. vollen, keinen oder anteiligen Beitrag). So können z. B. Kontakte mit
häufigen Verwendern des umworbenen Produkts ein höheres Gewicht erhalten als
Kontakte mit gelegentlichen Produktverwendern. Die Personengewichtung lässt
somit eine genauere Differenzierung der Kontakte als die pauschale Einteilung
in Zielgruppenkontakte und Nicht-Zielgruppenkontakte zu. Durch den Einsatz
von Personengewichten kann somit eine Priorisierung bzw. Bewertung von Zielgruppenkontakten erfolgen. Neben dem Konsumpotenzial können die Gewichte
nach weiteren demografischen, sozioökonomischen, psychografischen und/oder
beobachtbaren Verhaltensmerkmalen der Zielgruppensegmentierung unterschieden werden, die für die Zielerreichung von Relevanz sind. Ausgangspunkt einer
zielgruppenorientierten Mediaselektion sind daher die zielgruppengewichteten
Kontaktmaßzahlen der Werbeträger.
(2) Mediagewichte
Nicht jedes Medium ist gleichermaßen geeignet, die geplante Werbebotschaft bzw.
die beabsichtigte Werbewirkung zu übermitteln oder zu erzeugen. Mediagewichte
beschreiben daher die Bedeutung erzielter bzw. erwarteter Kontakte in verschiedenen Medien. Unterschiede gibt es sowohl zwischen den verschiedenen Arten von
Medien als auch innerhalb eines Mediums selbst. So begründen beispielsweise die
unterschiedlichen technischen Darstellungsmöglichkeiten (z. B. die verschiedenen
Verschlüsselungsmöglichkeiten, Druckqualitäten, farbtechnischen Möglichkeiten
usw.) verschiedene Kontaktqualitäten der einzelnen Medien. Darüber hinaus beeinflusst auch das Prestige (Aaker/Batra/Myers 1999) des jeweiligen Mediums (z. B.
Seriosität eines Zeitschriftentitels), das jeweilige redaktionelle Umfeld (z. B. eines
Politmagazins) sowie die jeweilige Nutzer-Medium-Bindung die Wirksamkeit erzielter bzw. realisierter Werbekontakte. Schaubild 9-11 zeigt in diesem Zusammenhang Stärken und Schwächen einzelner deutscher Medien anhand der Kriterien
Markenvitalität (Differenzierung und Relevanz des Mediums) und Markenstatus
(Vertrautheit und Ansehen des Mediums), die als Anhaltspunkte zur entsprechenden Mediagewichtung herangezogen werden. Die mediengewichtete Reichweite
errechnet sich dann aus der Reichweite, multipliziert mit der entsprechenden Gewichtung. Darüber hinaus ist auch eine Kombination der personen- und mediengewichteten Kontaktbewertung möglich. Der personengewichtete Kontakt wird in
diesem Falle nochmals mit der Mediengewichtung multipliziert.
(3) Kontaktmengengewichte
Bislang wurde immer davon ausgegangen, dass mit einem Kontakt die gleiche
Wirkung erzielt wird, wie mit zwei oder mehreren Kontakten. Kontaktmengengewichte berücksichtigen die Trade-off-Beziehung zwischen angestrebter Reichweite
und Kontaktmenge (Zahl der Wiederholungskontakte) bei den anvisierten Zielper-
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sonen. Die Realisierung eines möglichst großen Berührungserfolges erfolgt dabei
– bei gegebenem Werbebudget – auf einem strategischen Kontinuum, an dessen
Eckpunkten sich „Ein Kontakt mit vielen Zielpersonen“ (Reichweitenmaximierung)
und „Möglichst viele Kontakte mit einer Zielperson“ (Kontaktmengenmaximierung) befinden (vgl. dazu Schaubild 9-12).
Beide Extremstrategien haben Vorteile: Im ersten Fall wird – bei geringer Werbewirkung (es erfolgt nur ein Kontakt) – die Reichweite maximiert, im zweiten Fall
wird – bei geringer Reichweite (es wird nur eine Person erreicht) – die individuelle Werbewirkung stimuliert, ausgehend von der Annahme, dass mit steigender
Anzahl der Kontakte mit einem Individuum auch die Wirkung der Werbung bei
diesem steigt.
hoch
niedrig hoch
VogueMadame
Prima Die Woche
Die Welt
Bunte Funk Uhr
Marie Claire Cosmopolitan Die Zeit
CapitalElle TV Hören + Sehen
FAZ
Brigitte
Focus
SZ
Readers Digest Hörzu
Playboy
MTV BamS
Bild Stern
PRO7 SAT1
Der Spiegel
ZDF
ARD
RTL
TV Print
M
ar
ke
nv
it
al
it
ät
(R
el
ev
an
z
&
D
if
fe
re
nz
ie
ru
ng
)
Markenstatus
(Vertrautheit & Ansehen)
Schaubild 9-11: Stärken und Schwächen ausgewählter deutscher TV- und Print-
Medien (Y & R Brand Asset Valuator)
Viele Kontakte
mit einer Person
Hohe Werbewirkung
bei einer Person
Ein Kontakt mit
vielen Personen
Geringe Werbewirkung
bei vielen Personen
Effektive
Kontaktfrequenz
Schaubild 9-12: Reichweite versus Kontaktmenge
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Beispiel: Reichweitenmaximierung versus Kontaktmengenmaximierung
Dem Werbeverantwortlichen eines Unternehmens steht ein Werbebudget in Höhe
von 2 Mio. EUR zur Verfügung. Werden beispielsweise fünf Kontakte in der Zielgruppe zur Erreichung der optimalen Werbewirkung als notwendig angesehen,
womit angenommene Belegungskosten in Höhe von 5 Mio. EUR verbunden sind,
lässt sich die angestrebte Zielsetzung nicht realisieren. Dem Werbeverantwortlichen
stehen nun unterschiedliche Möglichkeiten hinsichtlich der Verteilung des Werbebudgets auf einem strategischen Kontinuum zur Verfügung, an dessen Eckpunkten
sich folgende Strategien befinden: Entweder kann die Gesamtzielgruppe mit durchschnittlich zwei Kontakten angesprochen werden (Reichweitenmaximierung) oder
40 Prozent der Zielgruppe werden mit fünf Kontakten angesprochen (Kontaktmengenmaximierung). Im ersten Fall werden zwar alle Zielpersonen erreicht, aber mit
einer für die Wirkungsoptimierung unzureichenden Kontaktdosis. Im zweiten Fall
wird nicht die gesamte Zielgruppe kommunikativ bearbeitet, dafür aber die notwendige Kontakthäufigkeit bei einem Teil der Zielgruppe erreicht. Insofern besteht
immer eine Trade-Off-Beziehung zwischen angestrebter Reichweite und Kontaktmenge (Zahl der Wiederholungskontakte) (Kloss 2012).
In welchem Umfang es sinnvoll ist, auf diesem Kontinuum Reichweite durch Werbewirkung zu substituieren et vice versa und damit die so genannte „effektive
Kontaktfrequenz“ (Wells/Burnett/Moriarty 2008) zu finden, bei der die größten Erfolgswirkungen zu erwarten sind, ist ein bislang noch ungeklärtes Problem der
Werbewirkungsforschung und von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussgrö-
ßen abhängig (z. B. beworbenes Produkt, werbliche Aktivitäten der Konkurrenz,
Werbemittelgestaltung, eigene werbliche Zielsetzung). Unbestritten ist jedoch die
Bedeutung von Mehrfachkontakten zur Beeinflussung bzw. Verstärkung kognitiver, affektiver und konativer Reaktionen bei den Zielpersonen. Externe und interne
Überschneidungensind somit nicht unbedingt als unerwünscht zu sehen. Folglich
sind Mehrfachkontakte stärker zu gewichten als Einfachkontakte. Es wird deutlich,
dass der Mediaplaner zur Lösung dieses Problems eine Entscheidung über die
jeweils in der betreffenden Kommunikationssituation relevante Kontaktmengenbewertungskurve zu treffen hat, die als Grundlage für die anzustrebende Kontaktanzahl bei den anvisierten Zielpersonen dient und somit Rückschlüsse auf die
Gewichtung von Mehrfachkontakten gibt. Dazu ist es jedoch notwendig, die aggregierte Werbewirkung, d. h. die Werbewirkung bei allen (erreichten) Zielpersonen,
in Abhängigkeit von der realisierten bzw. erwarteten Kontaktanzahl (ausgeübter
Werbedruck) – auch Kontaktdosis genannt – zu kennen. Diesbezüglich ist in den
vergangenen Jahren eine Vielzahl empirischer Studien durchgeführt worden, die
unter den jeweils zugrunde gelegten Prämissen zu verschiedenen Ergebnissen geführt haben. Allen Ergebnissen ist jedoch gemeinsam, dass die Werbewirkung mit
steigender Kontaktanzahl ab einer bestimmten Kontaktanzahl unterpropor tional
zunimmt („Wear in Effect“) (vgl. dazu Schaubild 9-13 – hier unterproportional
zunehmende Werbewirkung ab sechs Kontakten).
Es werden daher meist degressiv steigende Kontaktmengenbewertungskurven
als Grundlage für die Entscheidung über die zu realisierende Kontaktanzahl verwendet (vgl. zur Diskussion des Wirkungsverlaufs Schweiger 1975; Bender 1976).
Bei einer degressiv steigenden Kontaktmengenbewertungskurve ergeben sich
zunächst steigende, dann abnehmende und schließlich sogar negative Grenzerträge der Werbewirkung, d. h., mit steigendem Werbedruck sind zunehmend Er-
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müdungserscheinungen („Wear out Effect“) oder sogar negative Reaktionen der
Zielpersonen (Reaktanzeffekte) zu beachten.
Beispiel: Kontaktmengengewichtung bei degressiv steigender
Kontaktmengenbewertungskurve
Sofern die Analyse der Kontaktmengenbewertungskurve z. B. ergibt, dass bis einschließlich sieben Kontakte steigende, ab acht stagnierende und ab zehn Kontakte
negative Grenzerträge bei einer Zielperson erzielt werden, so sind die Kontakte in
den verschiedenen Kontaktklassen (1–7, 8–9, >10) unterschiedlich zu gewichten, um
dem entsprechenden Beitrag der Kontakte zur Zielerreichung Rechnung zu tragen.
Vor dem Hintergrund der Vielzahl auf die Werbewirkung einwirkender Größen
sind Studien bezüglich der Werbedruckwirkung anhand jeweils einbezogener
Komponenten gedanklich zu systematisieren. So können Untersuchungsansätze
zur Wirkung des aggregierten Werbedrucks anhand folgender Kriterien voneinander abgegrenzt werden:
• Wahl des Wirkungskriteriums,
• Wahl des einbezogenen Maßes für die Kontaktdosis (Werbedruck),
• Berücksichtigung der Wirkungsdynamik,
• Berücksichtigung der Konkurrenz.
Im Rahmen der Wahl des Wirkungskriteriums ist festzulegen, welches Werbewirkungskonstrukt als abhängige Variable zu erklären ist. Dies kann beispielsweise
die Markenbekanntheit, die Werbeerinnerung oder die Kaufabsicht sein, die in
Abhängigkeit der Kontaktmenge abzubilden ist.
Bei der Wahl des einbezogenen Maßes für die Kontaktdosis bzw. den Werbedruck
steht dem Mediaplaner eine Vielzahl verschiedener Operationalisierungsmöglich-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
100%
Kontakte
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
One Step
Wirkungen
konvex-konkav
linear
konkav
logistisch
Schaubild 9-13: Funktionsverläufe von Kontaktmengenbewertungskurven
(Hörzu-Service 1974)
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25.10.2012 Druckdaten Seite 341
keiten zur Verfügung. Zu den gebräuchlichsten Kennziffern für den Werbedruck
zählen die Bruttoreichweite, die Durchschnittskontakte sowie die Gross Rating
Points.
Als Bruttoreichweite (auch „Kontaktsumme“ genannt) wird die Summe der Einzelreichweiten mehrerer Ausgaben eines Werbeträgers oder mehrerer Werbeträger bezeichnet. Sie beschreibt daher die Summe aller Kontakte aller Personen.
Die Bruttoreichweite beinhaltet somit auch jene Personen, die mehrfach erreicht
wurden, während bei der kumulierten und kombinierten Reichweite sowie der
Nettoreichweite jede Person nur einmal erfasst wird. Die Bruttoreichweite enthält
somit interne und/oder externe Überschneidungen. Es ist daher nicht möglich, von
der Bruttoreichweite auf die Zahl der erreichten Personen zu schließen, da Mehrfach- und Einfachkontakte gleich behandelt werden. Beträgt die Bruttoreichweite
beispielsweise 100.000, so kann dies bedeuten, dass z. B. 100.000 Personen jeweils
einen Kontakt hatten, oder aber dass 10.000 Personen jeweils 10 Kontakte mit dem
Kommunikationsträger hatten. Die Bruttoreichweite ist als ein absolutes Maß für
den Werbedruck zu verstehen.
Neben der Bruttoreichweite werden als eine weitere Kennzahl für den Werbedruck
bzw. die Kontaktdosis häufig die Durchschnittskontakte herangezogen, die im angloamerikanischen Sprachraum auch als OTS-Wert („opportunity to see“) oder als
OTH-Wert („opportunity to hear“) bezeichnet werden. Die Durchschnittskontakte
geben die Anzahl jener Kontakte an, die im Durchschnitt auf eine erreichte (Ziel-)
Person entfallen. Die Größe ergibt sich aus der Division der Bruttoreichweite durch
die Nettoreichweite. Mit den Durchschnittskontakten lassen sich Rückschlüsse auf
den durchschnittlichen Werbedruck, den ein Mediaplan auf die einzelnen erreichten (Ziel-)Personen ausübt, ziehen.
Eine weitere Kennzahl zur Beurteilung des Werbedrucks stellen die Gross Rating
Points (GRPs) dar. Sie drücken die mit einem Mediaplan zu erzielende Bruttoreichweite (Kontaktanzahl) in Prozent der Zielgruppe aus. Die Größe ergibt sich
rechnerisch durch die Division der Bruttoreichweite (absolut) durch die Zielgruppengröße (absolut), multipliziert mit Hundert, und gibt an, wie viele Kontakte im
Durchschnitt auf 100 Zielpersonen entfallen. Der GRP-Wert kann alternativ auch
errechnet werden, indem die Nettoreichweite in Prozent mit den Durchschnittskontakten multipliziert wird (Rothschild 1987; Kloss 2003; Schnettler/Wendt 2003;
Focus Medialine 2005; Kotler/Keller/Bliemel 2007). GRPs stellen – wie die Kennzahl der
Durchschnittskontakte – Durchschnittswerte dar, die sich aus unterschiedlichen
Reichweiten und Kontakthäufigkeiten ergeben können. Beispielsweise werden 100
GRPs erzielt, wenn 20 Prozent der Zielgruppe durchschnittlich fünfmal kontaktiert
werden, aber auch, wenn 10 Prozent durchschnittlich zehnmal kontaktiert werden. In der Regel sind Werbeträgerkombinationen mit hoher Kontakthäufigkeit
und geringerer Reichweite in ihrer Wirkung effektiver, da aufgrund einer höheren
Kontaktanzahl der Erinnerungseffekt bei den erreichten Personen höher ist. Im
Gegensatz zur Bruttoreichweite und Durchschnittskontaktzahl werden bei der
Berechnung der GRPs zwei Größen gleichzeitig, die Durchschnittskontaktzahl und
die Nettoreichweite, berücksichtigt. Der GRP-Wert ist daher aufschlussreicher als
die Durchschnittskontaktzahl oder die Bruttoreichweite alleine (Schnettler/Wendt
2003).
9.4 Intramediaselektion 341
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Die Bruttoreichweite, die Durchschnittskontakte und die GRPs können nur als grobes Richtmaß für den Werbedruck gelten. In der Praxis werden diese Kennzahlen
vor allem herangezogen, um zu analysieren, ob der mit der mehrfachen Belegung
eines Werbeträgers und/oder der gleichzeitigen Schaltung einer Kommunikationsmaßnahme in mehreren Werbeträgern erreichte Werbedruck auf einem wettbewerbsfähigen Niveau liegt (Vergossen 2004).
Wesentlich aussagekräftiger als der durchschnittliche oder absolute Werbedruck
ist die Kenntnis der Kontaktverteilung (vgl. Schaubild 9-14). Die Kontaktverteilung
sagt etwas darüber aus, wie viele Personen welche Kontaktanzahl haben (Wie viele
Personen werden nur einen Kontakt haben, wie viele zwei Kontakte? usw.). Wie
die Reichweite kann die spezifische wahrscheinlichkeitstheoretische Kontaktverteilung mit Hilfe statistischer Modelle, z. B. durch Simulationsverfahren, ermittelt
werden.
Beispiel: Berechnung der Durchschnittskontakte
• 50.000 Personen mit je sechs Kontakten,
• 50.000 Personen mit je vier Kontakten,
• 100.000 Personen mit je einem Kontakt.
Kontaktsumme
(Bruttoreichweite): 50.000 · 6 + 50.000 · 4 + 100.000 · 1 = 600.000
Durchschnittskontakte: 600.000/200.000 = 3
(Schweiger/Schrattenecker 2009, S. 298).
Darüber hinaus stellt die Berücksichtigung bzw. Nicht-Berücksichtigung wirkungsdynamischer Effekte ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der Studien
zur Wirkung des aggregierten Werbedrucks dar. So ist es beispielsweise denkbar,
dass eine bestimmte Kontaktanzahl bestimmte (Teil-)Wirkungen erst in späteren
Pe rioden erzielt (Wirkungsverzögerung) oder etwa (Teil-)Wirkungen auch in späteren Perioden noch antreffbar sind (Wirkungsübertragung).
Reichweite in
1.000 Personen
0 50 100 150 200
6
5
4
3
2
1
0
Kontaktverteilung
Durchschnittliche
Kontakthäugkeit (3)
Schaubild 9-14: Darstellung einer exemplarischen Kontaktverteilung
(Schweiger/Schrattenecker 2009, S. 298)
9 Budgetallokation in der Kommunikationspolitik342
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Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 343
Schließlich werden derartige Studien auch anhand der Berücksichtigung bzw.
Nicht-Berücksichtigung von Werbeaktivitäten der Konkurrenz unterschieden. Die
Berücksichtigung von Werbeaktivitäten der Konkurrenz ist insofern sinnvoll, da
Zielpersonen neben den eigenen Kontakten auch Kontakten von Wettbewerbskampagnen ausgesetzt sind, so dass eine isolierte Betrachtung die reale Werbesituation nicht abbildet und somit die mutmaßliche Werbewirkung nicht hinreichend
abgebildet werden kann. Die Kontaktanzahl der Konkurrenz kann dabei mittels
einer Operationalisierung von Kontaktdosen anhand der Kennzahlen Share of
Advertising, Share of Voice und/oder Share of Mind implizit berücksichtigt werden
(Bruhn 2011, S. 403, 534).
Der Share of Advertising (SOA) bezeichnet den Anteil der monetären Werbeaufwendungen des einzelnen Werbetreibenden am gesamten Werbeaufkommen der Branche und berechnet somit die Relation der Werbeausgaben.
Der Share of Voice (SOV) bezeichnet den zielgruppenspezifischen Kontaktanteil, d. h. die Summe der realisierten bzw. erwarteten Kontakte der eigenen
Werbekampagne in der Zielgruppe (Bruttoreichweite des eigenen Unternehmens), im Verhältnis zu den insgesamt von allen Wettbewerbern erreichten
oder erwarteten Kontakten innerhalb der eigenen Zielgruppe (Summe der
Bruttoreichweite aller Marktteilnehmer).
Der Share of Mind (SOM) trifft eine Aussage über die Bekanntheit einer Marke bzw. Kampagne und misst den Anteil, den eine Marke bzw. Kampagne
im Bewusstsein des Konsumenten im Vergleich zu anderen Marken bzw.
Kampagnen derselben Kategorie einnimmt.
Zeitlich parallele Kommunikationsanstrengungen des eigenen Unternehmens und
der Konkurrenz können interferierende Werbewirkungen in Bezug auf die eigenen
beworbenen Leistungen entwickeln (Steffenhagen 2000).
Interferenzeffekte bezeichnen Werbewirkungen unter Störeinfluss, d. h. Werbewirkungen in Abhängigkeit von realisierten bzw. erwarteten Kontakthäufigkeiten mit
der eigenen Werbung und werblichen Aktivitäten der Konkurrenz.
Bemühen sich beispielsweise mehrere Werbetreibende parallel um die Markenbekanntheit, so verteilt sich die gesamte Assoziationsstärke (aller Konsumenten)
auf mehrere Leistungen/Produkte/Marken/Unternehmen, so dass die Assoziationswahrscheinlichkeit für die einzelne Marke geringer wird, da sie einer breiteren Streuung unterliegt. Es bleibt festzuhalten, dass die Interferenz kompetitiver
Werbung umso stärker ist,
• je identischer die angestrebte Positionierung der Leistung ist (z. B. werben viele
Zigarettenhersteller mit dem Attribut „Genießen“) und
• je schwieriger die einzelnen Werbeanstöße von den Probanden auseinander zu
halten sind, wodurch gleichzeitig bestimmte Anforderungen an die Werbemittelgestaltung offenkundig werden.
9.4 Intramediaselektion 343
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In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, dass ausgelöste Interferenzeffekte die erzielten Kommunikationswirkungen nicht bei allen Leistungen/Produkten/Marken/Unternehmen beeinträchtigen, sondern in bestimmten Fällen durch
die Entwicklung wirkungspartizipativer Effekte sogar positiv beeinflussen. In
diesem Zusammenhang ist die Wirkungspartizipation damit eine Konsequenz
auftretender Interferenzeffekte.
Wirkungspartizipation an Kommunikationsanstrengungen der Konkurrenz ist
häufig dann zu beobachten, wenn kleinere Anbieter ihre werblichen Anstrengungen in homogenen Produktmärkten stark ausweiten. In solchen Fällen erhöht
sich auch der Bekanntheitsgrad (Werbewirkung) des Marktführerproduktes. Der
Marktführer partizipiert demnach an den Kommunikationsanstrengungen der
Konkurrenz, da verstärkte Werbeaktivitäten der Konkurrenz im Regelfall auch
Wirkungen in Bezug auf die gesamte Branche entwickeln. Hier ist es insbesondere
die Steigerung des Bekanntheitsgrades der gesamten Branche, die dazu führt, dass
ein großer Anteil der Zielpersonen die Werbeanstrengungen direkt dem Marktführer zuordnen.
Schließlich ist anzumerken, dass es kein theoretisch stringentes Konzept zum Zusammenhang zwischen aggregiertem Werbedruck und erzielten Werbewirkungen
in Form von Kontaktmengenbewertungskurven gibt. Merksätze wie „fünf, sechs
oder zehn Kontakte sind notwendig“ lassen sich daher auch nicht anwenden. Die
Kontaktmengenbewertungskurve ist von den jeweils individuell genutzten Medien
und der Lernschnelligkeit aller Probanden abhängig. Sie ist daher im Einzelfall
mittels Befragungen im Rahmen von Mehrwellenerhebungen oder Panelstudien
in Erfahrung zu bringen.
Ein verhältnismäßig junges Instrument, das die Ermittlung von Kontaktmengenbewertungskurven unterstützen kann, ist das so genannte „Modeling“. Es handelt
sich hierbei um ein ökonometrisches Modell, das funktionale Zusammenhänge
zwischen einer abhängigen Variable (z. B. Absatz) und einer bzw. mehreren unabhängigen Variable (z. B. Werbedruck, aber auch Preis, Vertrieb u. a. m.) erklärt.
Ziel des Modeling ist es, aus Vergangenheitsdaten Gesetzmäßigkeiten abzuleiten
bzw. gesicherte Relationen zu finden, die es erlauben, Prognosen zu erstellen bzw.
Szenarien durchzuspielen. Klassische Fragen an das Modeling sind z. B., ab welcher
Kontaktdosis die Responsekurve nur noch unterproportional steigt, wie stark die
Erinnerungsleistung sinkt, wenn ein TV-Spot verkürzt wird usw. (für einen tieferen Einblick in das Modeling vgl. z. B. Kloss 2003; Werner 2004). Unumstritten ist,
dass das Modeling einen Beitrag zur Optimierung des Werbeträgereinsatzes liefern kann. Jedoch ist zu beachten, dass das Modeling weder generalisierbare noch
standardisierbare Ergebnisse liefert und dementsprechend auf die individuellen
Gegebenheiten der Untersuchungsproblematik anzupassen ist. Die Aussagekraft
von Ergebnissen, die auf Modeling beruhen, ist somit eingeschränkt (für eine ausführliche kritische Würdigung des Modeling vgl. Koschnik 2006).
Generell ist zu berücksichtigen, dass die erzielten bzw. erwarteten Werbewirkungen nicht allein von der Kontaktdosis, sondern zusätzlich von einer Vielzahl anderer Faktoren, z. B. dem Umfang bzw. der Dauer der Werbepräsentation oder der
Botschaftsgestaltung, abhängig ist.
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Mehr als die Hälfte deutscher Unternehmen bezieht bei ihrer Mediaplanung Personengewichte ein. Dagegen werden Medien- und Kontaktmengengewichte noch
zu selten in Mediaüberlegungen berücksichtigt. Informationen über die Personen- und Mediagewichte sind den Untersuchungen der AG.MA, der AWA sowie
Sondererhebungen von Verlagen zu entnehmen.
9.4.1.2 Wirtschaftlichkeitsorientierte Entscheidungskriterien
Bisher wurden nur Entscheidungskriterien betrachtet, mit denen sich der Nutzenaspekt von Werbeträgern beurteilen lässt. Die Kosten-Nutzen-Dimension
bleibt bei diesen Kennzahlen hingegen unberücksichtigt. Mit anderen Worten:
Die Kennzahlen geben Aufschluss über die streutechnische Wirksamkeit einer
Kommunikationsmaßnahme, ohne jedoch die wirtschaftliche Verwendung des
dazu erforderlichen Ressourceneinsatz zu berücksichtigen. Die unabhängige Betrachtung von Kosten und Nutzen ist für die Intramediaselektion ungeeignet, da
sie miteinander verbunden sind und Abhängigkeiten aufweisen: Wird versucht, die
Kosten zu minimieren, dann geht damit in der Regel gleichzeitig eine Verringerung
der Leistung einher et vice versa. So sind beispielsweise die Anzeigenpreislisten
von den Auflagenziffern direkt abhängig, d. h. höhere Auflagenzahlen sind in der
Regel mit höheren Belegungskosten verbunden (Pickton/Broderick 2005). Um diesem
Bewertungsdilemma zu begegnen, ist es notwendig, den Preis einer Schaltung bzw.
Platzierung in einem Werbeträger der damit erzielten Leistung gegenüberzustellen,
mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen der Werbeträgerbelegung zu optimieren.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis wird durch so genannte Tausenderpreise dargestellt, die es ermöglichen, Werbeträger bzw. Werbeträgerkombinationen unter dem
Aspekt der Wirtschaftlichkeit miteinander zu vergleichen. Sie können somit als
Effizienzkriterium der Intramediaselektion herangezogen werden. Tausenderpreise stellen die Kosten für die Einschaltung ins Verhältnis zu jeweils 1.000 erreichten Personen dar. Das Ergebnis ist jener Betrag, der für die Erreichung von 1.000
Leistungseinheiten (verkaufte Exemplare, erreichte Personen usw.) aufzuwenden
ist. Die Kombination der Kosten- und Leistungsdimension ergibt den Wirtschaftlichkeitswert „EUR pro 1.000 Leistungseinheiten“. Erst diese rechnerische Normierung (Kosten für eine gleiche Leistungseinheit) ermöglicht die gegenüberstellende
Bewertung von Werbeträgern mit unterschiedlichen absoluten Kosten und Leistungen (Rogge 2004; Kloss 2012).
Je nachdem, welche Basis für Kosten und Leistungen zugrunde gelegt werden,
lassen sich Tausenderpreise in unterschiedlichen Varianten errechnen. Zu den
in der Praxis am häufigsten verwendeten Tausenderpreisen zählen der Tausend-
Nutzer-Preis, der Tausend-Kontakt-Preis sowie der Tausend-Auflagen-Preis (Kloss
2003; Unger et al. 2009; Unger/Fuchs 2011).
Der Tausend-Auflagen-Preis (TAP) gibt die Kosten für 1.000 gedruckte, verkaufte
oder verbreitete Exemplare an. Der TAP berechnet sich wie folgt:
= ?
Insertionskosten
TAP 1.000
(Druck-, Verkaufs-)Auflage
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An die Stelle der Auflage bzw. des Preises einer Anzeigenseite treten bei anderen
Mediagattungen die äquivalenten Maße. Für den Tausenderpreis im Fernsehen
werden dementsprechend die Schaltkosten eines Fernsehspots (in der Regel 15 oder
30 Sekunden) ins Verhältnis zur Zahl der eingeschalteten Fernsehgeräte gesetzt.
Der Tausend-Kontakt-Preis (TKP) ergibt sich aus dem Verhältnis der Insertionskosten für einen Werbeträger und den damit erwarteten oder erreichten Kontakten.
Der TKP gibt an, welcher Betrag aufzuwenden ist, um 1.000 Kontakte zu erreichen.
Die Kontakte sind dabei als Bruttokontakte (Bruttoreichweite) zu verstehen.
= ?
Insertionskosten
TKP 1.000
Anzahl der erzielten Kontakte
Der TKP lässt sich auch auf Basis von kombinierten bzw. kumulierten Reichweiten oder Nettoreichweiten berechnen, d. h., Mehrfachkontakte gehen nicht in die
Berechnung mit ein. Die entsprechenden Tausend-Nutzer-Preise (TNP) beziffern
somit jenen Betrag, der notwendig ist, um 1.000 verschiedene Nutzer zu erreichen,
unabhängig davon, wie oft diese Personen einen Kontakt mit dem Werbeträger
hatten. Je nach Werbeträgerkategorie wird der TNP als Tausend-Leser-Preis (TLP),
Tausend-Seher-Preis (TSP) oder Tausend-Hörer-Preis (THP) ausgewiesen. Sofern
nur eine einmalige Einschaltung erfolgt, stimmt der TKP mit dem TLP bzw. TSP
überein, da es in diesem Falle zu keinen internen und/oder externen Überschneidungen kommt. Die allgemeine Formel des TNP lautet:
= ?
Insertionskosten
TNP 1.000
Anzahl der erreichten Personen
Tausenderpreise können sowohl zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von einzelnen Werbeträgern als auch von Mediaplänen herangezogen werden. Der TAP wird
in der Regel zur Beurteilung eines einzelnen Mediums herangezogen, der TNP
hingegen zur Beurteilung von Mediaplänen. Mit dem TKP werden in der Praxis
sowohl Mediapläne als auch einzelne Medien bewertet (Schnettler/Wendt 2003).
Für die Intramediaselektion ist es sinnvoll, die Tausenderpreise in der anvisierten
Zielgruppe und nicht in der gesamten Nutzerschaft als Entscheidungskriterium
heranzuziehen, da meist nur ein Teil der Nutzerschaft eines Werbeträgers der
Zielgruppe entspricht. Um den Aspekt von Streuverlusten Rechnung zu tragen,
kann entsprechend des Zielgruppenanteils an der Nutzerschaft eines Werbeträgers eine Zielgruppengewichtung des Tausenderpreises durchgeführt werden. Der
Tausend-Zielpersonen-Preis (TZP) (auch „gewichteter Tausenderpreis“ bezeichnet)
wird damit um Streuverluste bereinigt. Hierzu wird die sich im Nenner befindliche
Reichweite mit dem Anteil der in ihr enthaltenen Zielgruppe multipliziert. Dies hat
zur Folge, dass gewichtete Tausenderpreise höher ausfallen als die vergleichbaren
ungewichteten Tausenderpreise; es sei denn, es kommt zu keinerlei Streuverlusten,
d. h., jeder Kontakt ist ein Zielgruppenkontakt. Aus diesem Grund sind bei der Bewertung unterschiedlicher Werbeträger bzw. Mediaplänen die zugrunde liegenden
Zielgruppendefinitionen zu beachten. Darüber hinaus ist es (zusätzlich) möglich,
den unterschiedlichen Wert der eingesetzten Medien durch Mediengewichtung
zu berücksichtigen. Über- bzw. unterdurchschnittlich werbewirksame Medien
bekommen durch eine herauf- bzw. herabgesetzte Reichweite einen niedrigeren
bzw. höheren Tausenderpreis.
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Beim Tausenderpreis als Effizienzkriterium sind einige kritische Aspekte zu beachten. Tausenderpreise sind reine Vergleichsmaße, bei denen nicht erkannt werden
kann, auf Basis welcher absoluten Größen sie entstanden sind. Darüber hinaus ist
– wie auch bei der Kennzahl der Reichweite – zu beachten, dass sich sowohl der
gewichtete als auch der ungewichtete Tausenderpreis nur auf die Werbeträgerkontaktchance, nicht jedoch auf die Werbemittelkontaktchance beziehen.
9.4.2 Methoden
Werden die Belegungskosten als kostenorientierte Bewertungskriterien und der Berührungserfolg als nutzenorientiertes Bewertungskriterium herangezogen, dann
ist – nach ökonomischen Gesichtspunkten – der optimale Streuplan dann erreicht,
wenn das – in der Regel – gegebene Werbebudget so auf die einzelnen Werbeträger
aufgeteilt ist, dass mit keiner anderen Allokation des Werbebudgets eine größere
Werbewirkung realisiert werden kann (Sander 2004). Mit Hilfe von Intramediaselektionmodellen, in die die ermittelten Kontaktmaßzahlen und Kontaktbewertungen
einfließen, kann der optimale Streuplan bei gegebenen Werbe- bzw. Kommunikationsbudget ermittelt werden. Dabei lassen sich drei Gruppen von modellgestützten
Verfahren unterscheiden (Tietz/Zentes 1980; Rogge 2004):
(1) Rangreihenverfahren,
(2) Evaluierungsverfahren,
(3) Optimierungsverfahren.
(1) Rangreihenverfahren
Im Rahmen der Anwendung von Rangreihenverfahren werden bestimmte Einzelmedien oder Mediakombinationen anhand verschiedener Kriterien bewertet und
in eine Rangfolge gebracht. Am häufigsten sind dabei folgende Reihungskriterien
zu beobachten:
• Tausenderpreise,
• Gross Rating Points (GRPs),
• Reichweiten.
Erfolgt beispielsweise eine Evaluierung anhand des (gewichteten oder ungewichteten) Tausend-Kontakt-Preises, werden die in Betracht kommenden Werbeträger
anhand dieses Kriteriums in eine Rangfolge gebracht. Zunächst wird der Werbeträger mit dem niedrigsten Kontaktpreis maximal, d. h. in allen Ausgaben des
Planungszeitraums, belegt. Im Anschluss daran wird geprüft, ob noch weitere
finanzielle Mittel vorhanden sind. Ist dies der Fall, so wird analog mit dem zweitgünstigsten Medium verfahren. Die Einbeziehung von Medien erfolgt so lange, bis
das Werbebudget erschöpft ist. Sofern Tausenderpreise beim Rangreihenverfahren
herangezogen werden, empfiehlt es sich, den gewichteten Tausend-Nutzer-Preis
als Rangreihenkriterium zu wählen, um Überschneidungen sowie Streuverluste
in die Beurteilung mit einzubeziehen. In der Praxis werden jedoch meist Tausend-
Kontakt-Preise herangezogen. Der Tausenderpreis eines Titels ändert sich jedoch
streng genommen in Abhängigkeit von den bereits vorher belegten Titeln, so dass
in diesem Fall eine neue Rangreihenberechnung zu erfolgen hat (Rogge 2004).
9.4 Intramediaselektion 347
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Die Rangreihenverfahren sind in der Praxis sehr weit verbreitet, da sie relativ leicht
zu handhaben sind und der erforderliche Datenaufwand vergleichsweise gering
ist. Sie stellen daher insbesondere für kleine Werbebudgets eine adäquate Methode
zur Intramediaselektion dar. Im Rahmen einer kritischen Analyse ist jedoch festzuhalten, dass Rangreihenverfahren Werbereaktionsfunktionen in der Regel nicht
berücksichtigen (z. B. werden Erst- und Wiederholungskontakte als gleichwertig
angesehen) und daher nichts weiter als nach bestimmten Kriterien aufbereitete
„Kandidatenlisten“ darstellen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die isolierte
Betrachtung eines einzigen Evaluierungskriteriums zu suboptimalen Entscheidungen führt. Eine Beurteilung verschiedener Medien nach dem Tausend-Nutzer-Preis
kann beispielsweise zu einer anderen Rangfolge führen, als wenn die Reichweite
als Evaluierungskriterium herangezogen wird. Daher ist es ratsam, unterschiedliche Rangreihen auf Basis unterschiedlicher Evaluierungskriterien zu bilden, um
zu einer fundierten Entscheidungsgrundlage zu gelangen (Kloss 2003). Weiterhin
kann das Rangreihenverfahren nicht-ganzzahlige Belegungszahlen zum Ergebnis
haben, d. h., es verbleibt häufig ein Restbudget. Ebenso werden Belegungsrabatte,
die bei mehrfacher Belegung eines Mediums häufig gegeben werden, nicht berücksichtigt. Aufgrund dieser Kritikpunkte wird das Rangreihenverfahren in der
Regel primär zur Vorauswahl von Werbeträgern eingesetzt.
(2) Evaluierungsverfahren
Auf Basis der Vorauswahl geeigneter Werbeträger (z. B. mit Hilfe des Rangreihenverfahrens) werden verschiedene Streuplanalternativen erstellt, bei denen die
gewählten Werbeträger ebenso wie die Einschalthäufigkeiten der Werbemittel
(Anzeigen, Spots) variieren. Diese unterschiedlichen – heuristisch erstellten –
Streuplanalternativen werden dann mit Hilfe eines computergestützten Evaluierungsprogramms, das Mediennutzungsdaten einer repräsentativen Stichprobe der
Bevölkerung berücksichtigt, hinsichtlich verschiedener Kriterien, wie z. B. Reichweite, Tausenderpreis, Durchschnittskontakte, Kontaktverteilung u. a. m., bewertet.
Das Evaluierungsverfahren ermöglicht es dem Entscheider, aus einer Reihe von
ihm selbst festgelegten Werbeträgerkombinationen den unter Kosten- und Nutzenaspekten geeignetsten Plan herauszufinden.
Schaubild 9-15 zeigt ein Beispiel zur Streuplanevaluierung im Mediamix. Ausgehend von den Nutzungswahrscheinlichkeiten der einzelnen Probanden – Evaluierungsprogramme führen eine Mikrosimulation durch – präsentiert der Computer
die Nettoreichweiten, GRPs, Durchschnittskontakte, Tausenderkontaktpreise sowie
die wirksamen Reichweiten (Anteil der Zielgruppe, der mindestens sechs bzw.
zwölf Kontakte erhalten hat) der drei Streuplanalternativen in Bezug auf die zu untersuchenden Zielgruppen. Zur optimalen Ansprache der definierten Zielgruppe
empfiehlt sich ein Mix aus aktuellen Illustrierten und affinen Special-Interest-Titeln
zur Verstärkung der männlichen Kernzielgruppe. Die Aufnahme des Titels FOCUS
(Plan 2+3) zeigt bei gleichem Budget neben der deutlichen Reichweitensteigerung
ebenso eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit (Tausenderkontaktpreis). Unter
der Zielsetzung eines optimalen Werbedrucks (GRPs) und Wirtschaftlichkeit empfiehlt sich Planalternative 3.
Eine kritische Würdigung des Evaluierungsverfahrens kommt zum Schluss, dass
sich dieser Ansatz durch eine hohe Praktikabilität auszeichnet und dass – im Ge-
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gensatz zum Rangreihenverfahren – mehrere Bewertungskriterien für die Intramediaselektion herangezogen werden. Analog zum Rangreihenverfahren besteht
jedoch auch beim Evaluierungsverfahren die Möglichkeit, dass ein Restbudget
verbleibt. Evaluierungsverfahren sind zudem genau genommen keine Optimierungsverfahren, da sie nicht in der Lage sind, den besten Streuplan bei gegebenem
Budget zu ermitteln – aufgrund der Tatsache, dass nur eine begrenzte Anzahl
von Streuplänen bewertet wird (Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002; Schweiger/Schrattenecker 2009). Um den optimalen Streuplan abzuleiten, wäre es jedoch notwendig,
alle theoretisch möglichen Kombinationen von mehreren Werbeträgern mit unterschiedlichen Einschalthäufigkeiten zu bewerten. Da dies jedoch beim Evaluierungsverfahren nicht der Fall ist, bedarf es einer ausreichenden Erfahrung des
Mediaplaners, damit ein Streuplan möglichst nahe am Optimum liegt.
(3) Optimierungsverfahren
Während beim Rangreihen- und Evaluierungsverfahren das Ziel darin besteht,
nach einer „akzeptablen“ (Näherungs-)Lösung zu suchen, ist es die Zielsetzung
von Optimierungsverfahren, das zur Verfügung stehende Werbebudget so auf die
zur Auswahl stehenden Werbeträger zu verteilen, dass – unter Berücksichtigung
zugrunde liegender Nebenbedingungen – die Werbewirkungen (Streuverluste)
Entscheider mit Fachkompetenz: Geld- und Kapitalanlagen
Plan 1
ADAC reise. 4 x
Computer Bild 6 x
Capital 6 x
Der Spiegel 6 x
Börse Online 4 x
TV Spiellm 6 x
Wirtschaftswoche 6 x
Kosten TEUR 1.007,0 1.025,2 1.019,4
Potenzial: 5,42 Mio. (AWA 2001)
Basis: 1/1 S. 4c ang., Preise 2002 (Effektivrabatte)
Plan 2
ADAC reise. 3 x
Computer Bild 4 x
Capital 3 x
FOCUS 6 x
Stern 6 x
Börse Online 3 x
TV Spiellm 4 x
Wirtschaftswoche 6 x
Plan 3
ADAC reise. 3 x
Computer Bild 6 x
Capital 4 x
FOCUS 6 x
Stern 6 x
HÖRZU 4 x
Börse Online 3 x
Medialeistung
Reichweite % 73,0 79,4 79,9
Mio. 3,96 4,30 4,33
Kontakt Ø 6,0 5,5 5,7
Mio. 23,69 23,88 24,87
GRPs 437 440 459
(Gross Rating Points)
TNP € 254,38 238,27 235,20
(Tausendernutzerpreis)
TKP € 42,50 42,93 40,99
(Tausenderkontaktpreis)
Schaubild 9-15: Beispiel zur Streuplanevaluierung im Mediamix
(Focus Magazin Verlag 2002)
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bei den anvisierten Zielpersonen im Sinne der Werbeziele maximiert (minimiert)
werden. Der Lösungsansatz bestimmt somit die optimale Zahl der Belegungen
für jeden Werbeträger. Dies kann entweder mittels einer schrittweisen Verbesserung eines bereits bestehenden Streuplans gerichtet auf ein Optimum im Sinne der
Zielfunktion erfolgen oder mittels klassischer Optimierung unter Heranziehung
bestimmter Lösungsalgorithmen geschehen. In der Theorie wird zwischen den
Verfahren unter Anwendung der linearen, nicht-linearen und dynamischen Optimierung unterschieden (Schmalen 1992; Rogge 2004).
Ein bekanntes Optimierungsverfahren, das hier Anwendung findet, ist die Lineare
Programmierung (LP). Ziel eines LP-Ansatzes ist es, das zur Verfügung stehende
Werbebudget so auf die zur Auswahl stehenden Werbeträger zu verteilen, dass
unter Berücksichtigung zugrunde liegender Nebenbedingungen die Werbewirkungen (Streuverluste) bei den anvisierten Zielpersonen im Sinne der Werbeziele
maximiert (minimiert) werden.
Unter der Annahme der Wirkungskonstanz jeder Einschaltung in dem jeweils
betrachteten Medien – d. h., Erstkontakte und alle Wiederholungskontakte erzielen
den gleichen Wirkungsbeitrag – ist dabei folgende Zielfunktion zu optimieren:
(1)
=
? ??
n
i i
i 1
x w max.!
mit: xi = Anzahl der Schaltungen im Medium i
wi = Wirkungen einer Schaltung im Medium i
i = Medium
wobei:
(2) wi = KZi · SGi · MGi · KMi
mit: KZ = Kontaktmaßzahl (z. B. Brutto- oder Nettoreichweite)
SG = Segmentgewicht (Gewichtung der Nutzerschaften nach Zielgruppenkriterien)
MG = Mediengewicht (Kriterien für die Qualität der Medien)
KM = Kontaktmengengewicht (Kriterien für die Qualität des realisierten
Werbedrucks)
Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Belegungskosten nicht höher sein dürfen
als das zur Verfügung stehende Werbebudget (Budgetrestriktion):
(3)
=
? ??
n
i
1
i
i
ib x B
mit: bi = Belegungskosten für eine Schaltung
Bi = (Gegebenes) Werbebudget für Medium i
Als zusätzliche Nebenbedingung ist die Zahl möglicher Belegungen zu berücksichtigen. Dies ist dann sinnvoll, wenn die Zahl der Einschaltungen, z. B. aufgrund
der monatlichen Erscheinungsweise bestimmter Medien, nach oben beschränkt ist.
Außerdem hat der Mediaplaner in Erwägung zu ziehen, dass ab einer bestimmten
Kontaktdosis Verweigerungshaltungen der Zielpersonen – z. B. in Form des Zapping – gegenüber dem werblichen Auftritt des Unternehmens entstehen. Zum anderen gilt es zu beachten, dass oftmals Werbewirkungen erst ab einer bestimmten
Kontaktdosis erzielt werden. Daher ist es erforderlich, dass eine gewisse Belegungs-
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untergrenze nicht unterschritten wird. Für jeden Einzelfall sind folglich bestimmte
Belegungsspielräume zu definieren, die nicht zu über- oder unterschreiten sind:
(4) ximin ? xi ? ximax
mit: ximin = Mindestbelegung für die Planungsperiode
ximax = Maximale Schaltung im Medium
Auf Basis der Zielfunktion und der Nebenbedingung wird anschließend auf grafischem oder analytischen Wege der optimale Streuplan erstellt.
Ebenso wie andere Verfahren der Intramediaselektion zwingt die Lineare Programmierung zur Quantifizierung qualitativer Daten, wodurch implizit die Beschaffung speziellerer Mediadaten stimuliert wird. Darüber hinaus werden durch
die Berücksichtigung weiterer Nebenbedingungen – z. B. die Festlegung bestimmter
Mindestkontakte für die Zielpersonen in bestimmten Marktsegmenten – bessere
Anpassungen an die Realität vorgenommen. Schließlich kann die Wahl der Gewichtungsfaktoren sehr flexibel gehandhabt werden, wodurch der Einfluss unterschiedlicher Gewichtungen auf die jeweilige Ressourcenallokation offenkundig
wird.
Bei einer kritischen Würdigung ist festzuhalten, dass der Ansatz der Linearen Programmierung von stark vereinfachenden Annahmen ausgeht. Hier ist vor allem
die Eignung der Linearitätsbedingung für Zielfunktion und Nebenbedingungen
im Hinblick auf werbepolitische Problemstellungen einer kritischen Prüfung zu
unterziehen. So kann die Wirkung der Schaltungen durch die Approximation der
im Regelfall nicht-linearen Wirkungskurven nur näherungsweise realitätsgetreu
abgebildet werden. Zudem ist die in der Budgetrestriktion unterstellte Konstanz
der Einschaltpreise bi in der Regel nicht gegeben, da bei mehrfacher Schaltung in
demselben Werbeträger meistens Rabatte gewährt werden. Ferner liefern LP-Ansätze ohne Aufnahme einer Ganzzahligkeitsbedingung keine ganzzahligen Lösungen, so dass ein (Teil-)Ergebnis beispielsweise xi = 7,6 Belegungen in Medium i ist.
Im Vergleich ist die Anwendung sämtlicher Methoden der Intramediaselektion
sowohl mit Vorteilen als auch mit Nachteilen verbunden. Das Optimalitätskriterium wird beim Rangreihen- und Evaluierungsverfahren – im Vergleich zum
Optimierungsverfahren – nur bedingt erreicht. Die durch mathematische Optimierungsverfahren aufgestellten optimalen Streupläne haben jedoch aufgrund
der diskutierten Nachteile nur eine geringe Aussagekraft. Trotz des Nachteils von
Evaluierungsverfahren, dass sie lediglich vorliegende Streupläne bewerten, sind
sie am ehesten in der Lage, zufriedenstellende Lösungen zu erreichen, da sie den
Einbezug von einer Vielzahl von Bewertungskriterien zulassen. Dies ist sicherlich
ein wesentlicher Grund dafür, warum die Evaluierungsverfahren in der Praxis
– zumindest bei Großunternehmen – am häufigsten für die Intramediaselektion
eingesetzt werden.
9.5 Zeitlicher Kommunikationseinsatz 351
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9.5 Zeitlicher Kommunikationseinsatz
Neben der Aufteilung des Kommunikationsbudgets in sachlicher Hinsicht (interinstrumentelle Allokation, Intermediaselektion und Intramediaselektion) stellt eine
entsprechende Aufteilung des Kommunikationsbudgets in zeitlicher Hinsicht ein
weiteres zentrales Problem der Budgetallokation dar. Dabei geht es vor allem um
die Wahl des/der Belegungszeitpunkte(s) sowie die damit verbundene Entscheidung über die zeitlichen Abstände zwischen einzelnen Schaltungen. Grundlage
von Entscheidungen über die zeitliche Verteilung anzustrebender Kontakte sind
Annahmen über deren Wirkungen im Zeitablauf. Der Werbetreibende hat sich
darüber im Klaren zu sein, in welcher Art und Weise Werbewirkungen in Abhängigkeit verschiedener „Timing-Entscheidungen“ aufgebaut werden bzw. bei
Aussetzen von Schaltungen wieder verfallen.
Dieser Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Werbeeinsatz und den erzielten
Werbewirkungen ist in den vergangenen Jahren Gegenstand einer Vielzahl empirischer Studien gewesen, z. B. von Zielske, Ebbinghaus, Lodish, Simmons usw. (vgl.
vertiefend Rothschild 1987). Dabei wurde die Werbewirkung vor allem anhand der
aktiven Markenbekanntheit, aber auch vereinzelt anhand erzielter Einstellungs-
änderungen untersucht (Zajonc 1968). Es gilt jedoch festzuhalten, dass alle Studien
zu dem Ergebnis kommen, dass die Werbewirkung – hier vor allem die aktive
Markenbekanntheit – im Zeitablauf abnimmt und zwar in umso stärkerem Maße,
wenn die Werbung aussetzt und die Probanden damit keine „Erinnerungsauffrischung“ erhalten.
Exemplarisch für alle in diesem Zusammenhang durchgeführten Studien wird
im Folgenden das im Jahre 1958 von dem Agenturforscher Zielske vorgenommene
Feldexperiment angeführt, das in einschlägiger Literatur als klassische Studie zur
Werbedruckwirkung im Zeitablauf gilt (Zielske 1959; Aaker/Batra/Myers 1999). Dabei
wurden zwei verschiedenen, zufällig ausgewählten Probandengruppen 13 verschiedene Anzeigenmotive einer Printkampagne eines Nahrungsmittelherstellers
per Post zugesendet; jede Gruppe erhielt dabei die gleichen Anzeigen. Eine Gruppe
erhielt die Anzeigenmotive innerhalb von 13 Wochen wöchentlich, während die
andere Gruppe über ein Jahr hinweg alle vier Wochen mit einem Anzeigenmotiv
konfrontiert wurde. Über das ganze Jahr hinweg wurden Messungen zur aktiven
Markenbekanntheit durchgeführt, wobei den Konsumenten im Rahmen der Befragung lediglich durch die Nennung der Produktklasse eine Erinnerungshilfe
gegeben wurde. Die Ergebnisse der Studie werden im Schaubild 9-16 aufgezeigt.
Es wird deutlich, dass der konzentrierte Werbeeinsatz (wöchentliche Konfrontation) zu kurzfristig – innerhalb der 13 Wochen – hohen Recallwerten führt. Nach
Ablauf dieser Zeitspanne ist jedoch aufgrund des eintretenden Vergessens bei den
Probanden ein rapider Verfall der Recallwerte zu beobachten, der am Ende des
Jahres in sehr geringen Erinnerungswerten einmündet. Der gleichverteilte Werbeeinsatz hingegen führt zwar nicht zu einem ähnlich hohen Recallwert wie beim
konzentrierten Werbeeinsatz nach Ablauf der 13 Wochen, jedoch erfährt er über
das Jahr hinweg eine kontinuierliche Steigerung (so genannte „Sägezahnkurve“).
Dies ist auf die kontinuierliche Erinnerungsstützung zurückzuführen, die einem
9.5 Zeitlicher Kommunikationseinsatz
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
Studenten, Wissenschaftler und Praktiker im Management, Werbung und Vertrieb.
»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage