Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 265
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Inhaltsverzeichnis
8.1 Problemstellung und Aufgabe der Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets . . . . . . . . . 271
8.2.1 Heuristische Ansätze der Budgetierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
8.2.2 Analytische Ansätze der Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . 309
Budgetierung in der
Kommunikationspolitik
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8.1 Problemstellung und Aufgabe der Budgetierung
Rein gedanklich und idealtypisch erfolgt als nächster Schritt im Planungsprozess
die Planung und Festlegung der finanziellen Mittel zur Realisierung kommunikationspolitischer Ziele bzw. der Kommunikationsstrategie. Das Kommunikationsbudget umfasst alle finanziellen Mittel, die für die Kommunikation zur Verfügung
gestellt werden (z. B. Kosten für die Produktion, Kreation, Schaltung der Kommunikationsmittel, Kosten für die Marktforschung, Beratung und Erfolgskontrolle).
Im Normalfall umfasst der zeitliche Planungsrahmen ein Jahr. Der Budgetierung
in der Kommunikationspolitik wird folgende Definition zugrunde gelegt:
Die Budgetierung in der Kommunikationspolitik beinhaltet die Festlegung
notwendiger finanzieller Mittel zur Deckung der Analyse-, Planungs-, Durchführungs- und Kontrollkosten sämtlicher kommunikationspolitischer Aktivitäten einer Planungsperiode, um vorgegebene kommunikationspolitische
Ziele zu erreichen.
Neben der Bestimmung der Budgethöhe umfasst die Budgetierung in der Kommunikationspolitik auch die Budgetallokation, d. h., die Verteilung des Budgets in
sachlicher und zeitlicher Hinsicht auf Produkte, Kundensegmente, Kommunikationsträger und -mittel sowie Absatzgebiete. Um ein differenziertes Verständnis
der Probleme und Merkmale der Budgetierung zu erhalten, ist es im Folgenden
zweckmäßig, Entscheidungen über die Budgethöhe und die Budgetallokation sukzessive zu behandeln. Daher wird die Budgetallokation in Kapitel 9 im Mittelpunkt
der Betrachtung stehen.
Aufgrund der stetig ansteigenden Investitionen für kommunikationspolitische
Aktivitäten und der gering gesicherten Informationsbasis bezüglich zugrunde
liegender Wirkungszusammenhänge in einem Unternehmen (Lilien/Kotler/Moorthy 1992; Simon/Möhrle 1993) sind kommunikationspolitische Entscheidungen mit
hoher Unsicherheit und zunehmendem Risiko behaftet. Die Werbebudgets einiger
Unternehmen z. B. Unilever oder L’Oréal betragen deutlich über 300 Mio. EUR, vereinzelt liegen sie sogar bei über 400 Mio. EUR pro Jahr in Deutschland (z. B. Media-
Saturn, Ferrero, Procter & Gamble) (ZAW (Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft)
2012). Es ist daher die Aufgabe der Kommunikationstreibenden, die Budgetierung
in der Kommunikationspolitik durch eine Reduzierung der Unsicherheit mittels
umfassender Informationsgewinnung und -verarbeitung sowie einer sorgfältigen
und systematischen Planung zu unterstützen.
Der Budgetierung in der Kommunikationspolitik sind folgende Funktionen zuzuordnen (Steinmann/Schreyögg 2005):
• Planungsfunktion: Mit der Planung des Kommunikationsbudgets wird über die
Gestaltung sowie die Vorgehensweise zukünftiger kommunikationspolitischer
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Maßnahmen eines Unternehmens entschieden und somit auch über die Zukunft
eines Unternehmens.
• Informationsfunktion: Die Budgetierung gibt Auskunft über die Bedeutung der
kommunikationspolitischen Aktivitäten für ein Unternehmen. Zudem wird bei
der Verteilung des Budgets die Bedeutung der einzelnen Kommunikationsinstrumente für das Unternehmen ersichtlich.
• Steuerungsfunktion: Die Budgetierung in der Kommunikationspolitik bietet einen konkreten Handlungsrahmen, um die Entscheidungsträger zu zielorientiertem Handeln und zur Ergebnisverantwortung heranzuziehen und hilft dabei,
die Komplexität zu reduzieren.
• Koordinationsfunktion: Die Budgetierung übernimmt die Aufgabe der Abstimmung zwischen gleichgeordneten sowie über- und untergeordneten Budgets
der Kommunikationspolitik. Somit leistet die Budgetierung einen Beitrag zur
Koordinierung aller Bereiche eines Unternehmens sowie im Bereich der Kommunikationspolitik die interinstrumentelle Allokation und damit die Koordination
der einzelnen Instrumente.
• Motivationsfunktion: Die Budgetierung trägt zur Motivation der Mitarbeitenden
bei, da sie Handlungsspielräume bietet, in denen eigenverantwortlich gehandelt
und entschieden werden kann.
• Kontrollfunktion: Die Budgetierung unterzieht die eingesetzten Kommunikationsinstrumente einer Kontrolle, indem zum einen das Unternehmen die vorgegebenen Ziele einzuhalten hat und zum anderen nicht mehr finanzielle Mittel
aufgewendet werden als im Vorhinein eingeplant. Somit übt das Budget eine
Überwachungsfunktion aus, indem Abweichungen analysiert und korrigiert
werden.
Die Bedeutung der Budgetierung als Planungsinstrument betont die Notwendigkeit einer systematischen Planung. Da es sich um ein komplexes und weitreichendes Entscheidungsproblem handelt, ist es zweckmäßig, dieses in Teilentscheidungen aufzuteilen. Im Rahmen der kommunikationsbezogenen Budgetierung hat
sich das Unternehmen daher mit den folgenden interdependenten Entscheidungstatbeständen auseinanderzusetzen:
• Entscheidung über die Höhe des Kommunikationsbudgets,
• Entscheidung über die interinstrumentelle Allokation, d. h., die Verteilung des
Budgets auf die einzelnen Kommunikationsinstrumente (Kommunikationsmix),
• Entscheidung über die Intermediaselektion, d. h., die Verteilung des Instrumentebudgets (z. B. Werbebudgets) auf die einzelnen Erscheinungsformen (z. B. Mediagattungen),
• Entscheidung über die Intramediaselektion, d. h., die Verteilung des Budgets im
Bereich der Erscheinungsformen (z. B. Budget für TV-Werbung) auf die einzelnen
Kommunikationsträger (z. B. ARD, ZDF, RTL) und damit z. B. die Festlegung
eines Mediaplans.
Diese ökonomischen (Teil-)Entscheidungen sind dabei nicht etwa isoliert zu betrachten, sie stehen vielmehr in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. In
Schaubild 8-1 sind die Interdependenzen der einzelnen Entscheidungstatbestände
in der Kommunikationspolitik dargestellt.
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Ausgehend von den Kommunikationszielen und der daraus resultierenden Kommunikationsstrategie ist zunächst eine Entscheidung über die Höhe des Gesamtbudgets zu treffen. Das Kommunikationsbudget wird jedoch nicht nur von den
Kommunikationszielen bestimmt, sondern umgekehrt wird auch eine realistische
Zielsetzung durch finanzielle Restriktionen eingeschränkt. Während sich die interinstrumentelle Allokation mit der Verteilung des Gesamtbudgets auf die einzelnen Kommunikationsinstrumente beschäftigt, wird in den folgenden Schritten
eine Mediaselektion vorgenommen. Ökonomisch ist das Teilbudget zunächst auf
die einzelnen Erscheinungsformen zu verteilen (Intermediaselektion) und dann
schließlich auf die verschiedenen Mediagattungen bzw. Kommunikationsträger
(Intramediaselektion).
Die Planung und Verteilung der Budgets kann durch zwei Planungsprozesse erfolgen:
(1) Top-down-Planung,
(2) Bottom-up-Planung.
(1) Top-down-Planung
Im Rahmen eines Top-down-Planungsprozesses wird durch eine hierarchisch
übergeordnete Ebene das aus den übergeordneten marketing- und kommunikationspolitischen Zielen eines Unternehmens (z. B. Neueinführung eines Produktes,
Relaunch) resultierende Budget im Rahmen der Budgetallokation auf die einzelnen
Kommunikationsfachabteilungen verteilt. Der Vorteil dieses Planungsansatzes ist,
dass sämtliche Kommunikationsfachabteilungen auf die übergeordneten Kommu-
Höhe des Kommunikationsbudgets
z.B. 1.500.000 GE
Interinstrumentelle Allokation
z.B. Mediawerbung, Verkaufsförderung, Direct Marketing
Intermediaselektion
z.B. im Rahmen der Mediawerbung: Fernsehen, Radio, Print
Intramediaselektion
z.B. bei Print Aufteilung auf einzelne Zeitschriftentitel (Mediaplan)
Schaubild 8-1: Interdependenzen ökonomischer Entscheidungen in der
Kommunikationspolitik
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nikationsziele ausgerichtet sind. Nachteilig können sich jedoch Akzeptanzprobleme in den Fachabteilungen auswirken.
Beispiel: Top-down-Planung bei einem Hersteller von Kosmetika
Das Kommunikationsziel eines Herstellers von Kosmetika liegt darin, den Bekanntheitsgrad eines neu eingeführten Produktes um 20 Prozent bei der Zielgruppe der
unter 30-Jährigen innerhalb des nächsten Jahres zu steigern. Dies hat Entscheidungen über die Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets für kommunikationspolitische Maßnahmen und der interinstrumentellen Allokation zur Folge. So erfordert
ein derartiges Kommunikationsziel, z. B. die Erhöhung des Bekanntheitsgrades, ein
verhältnismäßig hohes Budget in der Kommunikation. Zudem ist es z. B. sinnvoll, das
zur Verfügung stehende Budget im Rahmen der interinstrumentellen Allokation
vorrangig in die Mediawerbung (z. B. Musiksender) zu investieren.
(2) Bottom-up-Planung
Die Bottom-up-Planung geht von einer anderen Planungsrichtung aus. Bei diesem
Ansatz bilden die Kommunikationspläne der einzelnen Kommunikationsfachabteilungen die Grundlage für die Budgetierung in der Kommunikationspolitik.
Dabei stellen die einzelnen Fachabteilungen, z. B. die Werbe- oder Sponsoringabteilung, einen Kommunikationsplan für die Arbeit einer Planungsperiode (in der Regel ein Jahr) auf. Dieser beinhaltet ein systematisches und methodisches Vorgehen.
Auf Basis einer Ist-Analyse werden die Kommunikationsziele der Fachabteilung
festgelegt. Darauf aufbauend wird dann eine Kommunikationskonzeption zur
Realisierung der Kommunikationsaktivitäten erarbeitet. Hier sind Kommunikationsziele, -zielgruppen, -strategien, -instrumente, -objekte, -botschaften, -mittel
und der Zeitraum definiert, um eine konkrete Umsetzung der Kommunikationsaktivitäten zu gewährleisten. Dabei besteht die Kommunikationskonzeption der
einzelnen Fachabteilungen konkret aus der Beschreibung der Positionierung des
Bezugsobjektes, der Copy-Strategie, der Auswahl der Kommunikationsmittel sowie
der Entscheidung über die konkreten Kommunikationsträger inklusive der Festlegung eines Streu- und Kostenplans zur Intramediaselektion. Aus dem vorliegenden
Kommunikationsplan bestimmt sich die Höhe des benötigten Budgets der Fachabteilung, das die Höhe des Gesamtbudgets der Kommunikation mitbestimmt. Weiterhin sind aus einem gegebenen Budget der Fachabteilungen die jeweiligen Ziele
festzulegen, die dann die Ziele der Kommunikation auf der Gesamtunternehmensebene beeinflussen. Der zentrale Vorteil der Bottom-up-Planung besteht darin,
dass die Planungen jeweils dort stattfinden, wo die entsprechenden Informationen
vorhanden sind. Als Nachteil dieser Vorgehensweise ist der erhebliche Koordinationsbedarf aufzuführen.
Idealtypisch sind beide (Teil-)Entscheidungen, d. h. sowohl die Kommunikationsziele als auch das Budget, simultan zu planen (Ringbeck 1987; Schmalen 1992;
Simon/Möhrle 1993). Dieses ist jedoch mit einem erheblichen Planungsaufwand
verbunden.
Die kommunikationspolitischen Budgets einzelner Unternehmen können im Zeitablauf erheblichen Schwankungen unterliegen. Die branchen-, unternehmens- und
zeitspezifischen Unterschiede in der Budgetierungshöhe sind von einer Vielzahl
von Einflussfaktoren abhängig, z. B. unterschiedliche Marktstellungen, differierende Kommunikationsziele und -strategien, Belegung verschiedener kommuni-
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 271
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kationspolitischer Instrumente mit unterschiedlicher Intensität usw. Schaubild 8-2
zeigt das Ergebnis einer von Farris/Buzzell (Farris/Buzzell 1979) durchgeführten
Studie zu relevanten Einflussgrößen für das Werbebudget. Diese Einflussgrößen
können jedoch ebenso auf die Budgetierungshöhe für die anderen Instrumente der
Kommunikationspolitik einwirken.
Allerdings geben die Ergebnisse dieser Studie nur einen groben Hinweis auf die
festzulegende Höhe des Kommunikationsbudgets, denn zum einen werden sowohl
die abhängige Variable (Budgethöhe) als auch die unabhängigen Variablen (Einflussgrößen) lediglich qualitativ erfasst, wodurch allenfalls normative Aussagen
möglich sind. Zum anderen werden das gemeinsame Auftreten verschiedener
Ausprägungen der Einflussgrößen („Verbundeffekte“) und deren Auswirkungen
auf die Höhe des Kommunikationsbudgets nicht untersucht.
8.2 Methoden zur Bestimmung des
Kommunikationsbudgets
Für die Festlegung des Kommunikationsbudgets wird eine Vielzahl von Verfahren
vorgeschlagen. Die Ansätze der Budgetierung sind in der Mediawerbung entstanden und werden auch im Folgenden in diesem Zusammenhang diskutiert. Jedoch
sind die dargestellten Verfahren zum Teil auch auf andere Kommunikationsinstru-
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets
Höhe des Werbebudgets
Einussgrößen
Reduzierend Steigernd
klein großZahl der Endabnehmer
groß kleinDurchschnittliche Einkaufsmengen
gering umfassendZusätzliches Serviceangebot
niedrig hochAbsatzanteil über den Handel
niedrig hochPreis
niedrig hochStückdeckungsbeitrag
hoch niedrigMarktanteil
niedrig hochUmsatzanteil neuer Produkte
niedrig hochStandardisierungsgrad der Produkte
Schaubild 8-2: Einflussgrößen für die Höhe des Werbebudgets
(Farris/Buzzell 1979, S. 114 ff.)
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
Studenten, Wissenschaftler und Praktiker im Management, Werbung und Vertrieb.
»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage