Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 1
1
Inhaltsverzeichnis
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.1 Begriffliche Grundlagen der Kommunikationspolitik. . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.2 Einordnung der Kommunikationspolitik als Teil des Marketingmix 8
1.1.3 Funktionen und Wirkungen der Kommunikationspolitik als
Marketinginstrument. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.1.4 Entwicklungsphasen der Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.1.5 Rahmenbedingungen unternehmerischer Kommunikation. . . . . . . . . 33
1.2 Theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik. . . . . . . . . . . . . 37
1.2.1 Systemorientierte Ansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
1.2.2 Ökonomische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
1.2.3 Verhaltenswissenschaftliche Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
1.2.4 Entscheidungsorientierte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
1.2.5 Integration der Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Gegenstandsbereich und Theorien
der Kommunikationspolitik
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 2
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 3
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik
1.1.1 Begriffliche Grundlagen der Kommunikationspolitik
Zielsetzung absatzpolitischer Prozesse ist neben der Entwicklung marktfähiger
Produkte und Dienstleistungen, der Festlegung attraktiver Preise sowie der Erstellung eines leistungsfähigen Vertriebssystems vor allem die Ausrichtung einer
erfolgsorientierten Kommunikation. Vor dem Hintergrund einer steigenden Wettbewerbsintensität wird es für die Unternehmen zunehmend wichtiger, über eine
effektive und effiziente Kommunikationsarbeit Wettbewerbsvorteile im Markt zu
realisieren und dauerhaft zu halten.
Um die Besonderheiten und Problemstellungen der Kommunikation von Unternehmen umfassend und in ihrer Komplexität nachvollziehen zu können, ist es
notwendig, ein präzises und gleichzeitig differenziertes Verständnis zentraler
Begriffe herzustellen. Gleichzeitig werden dadurch die begrifflichen Voraussetzungen geschaffen, um die abzuleitenden Entscheidungshilfen zur Ausrichtung
der unternehmerischen Kommunikationspolitik im Hinblick auf die eigene kommunikative Problemstellung optimal nutzen zu können.
In diesem Zusammenhang ist in einem ersten Schritt zu klären, welche Bedeutungsinhalte der Kommunikationsbegriff im marketingspezifischen Kontext vermittelt (in Anlehnung an Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 632):
Kommunikation bedeutet die Übermittlung von Informationen und Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen,
Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen.
Während der Kommunikationsbegriff nur das Gestaltungsspektrum kommunikativer Aktivitäten absteckt, geht es beim Begriff der Kommunikationspolitik um
zielgerichtete Entscheidungen (Politik als zielgerichtetes Verhalten), die die konkrete Ausrichtung der Kommunikation betreffen.
Die Kommunikationspolitik umfasst dabei Maßnahmen der marktgerichteten,
externen Kommunikation (z. B. Anzeigenwerbung), der innerbetrieblichen, internen Kommunikation (z. B. Intranet, Mitarbeitendezeitschrift) und der interaktiven
Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Kunden (z. B. Kundenberatungsgespräche, Kommunikation im Social Web). Schaubild 1-1 veranschaulicht diese
Erscheinungsformen der Kommunikation von Unternehmen.
Unternehmen ergreifen eine Vielzahl von internen und externen kommunikativen
Aktivitäten, um ihre Zielgruppen zu erreichen. Der externen Marktkommunikation wird hierbei ein hoher Stellenwert eingeräumt. Es ist jedoch zu beobachten,
dass die interaktive Kommunikation und vor allem die interne Mitarbeitendekom-
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik4
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 4
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 5
munikation für den Unternehmenserfolg immer wichtiger werden. Aufgrund ihrer
zentralen Rolle als glaubwürdiger Multiplikator im Kommunikationsprozess sind
die Mitarbeitenden in einem ganzheitlichen Ansatz der Kommunikationspolitik
nicht zu vernachlässigen (vgl. Klöfer/Nies 2003; Oelert 2003; Schick 2010). Durch eine
erfolgreiche Mitarbeitendekommunikation (z. B. Mitarbeitendeevents, Corporate
Publishing) werden die Mitarbeitenden verstärkt motiviert. Dies zeigt sich in einer
gesteigerten Bindung an das eigene Unternehmen und löst Verhaltensweisen bei
ihnen aus, die zur Erreichung der spezifischen Unternehmens- und Kommunikationsziele beitragen.
Des Weiteren kann zwischen den Begrifflichkeiten Unternehmenskommunikation,
Marketingkommunikation und Dialogkommunikation differenziert werden. Zur
Unternehmenskommunikation zählen beispielsweise das Corporate Advertising,
das Corporate Sponsoring, die Corporate Public Relations usw., die für die so genannte Prägung des institutionellen Erscheinungsbildes des Unternehmens verantwortlich sind und alle an die Umwelt und die Mitarbeitenden des Unternehmens
gerichteten Informationen enthalten, die der Erreichung der Unternehmensziele
dienen. Zur Marketingkommunikation gehören z. B. die Verkaufsförderung, das
Sponsoring und das Direct Marketing. Es sind Kommunikationsinstrumente, die
vornehmlich den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen fördern. Bei der
so genannten Dialogkommunikation geht es in erster Linie um den Aufbau und
die Intensivierung von Kundenkontakten. Dies wird durch den Einsatz einer Persönlichen Kommunikation, einer direkten Ansprache der Kunden über E-Mail, bei
Events, Messen und Ausstellungen ermöglicht.
Wird die Definition des Kommunikationsbegriffs weiter aufgeschlüsselt, so lässt
sich festhalten, dass es sich bei der Kommunikation um das Ergebnis eines Entstehungsprozesses handelt, denn die Übermittlung von Informationen und Bedeutungsinhalten ist an Kommunikationsprozesse gekoppelt, die in mannigfaltiger
Art und Weise auftreten bzw. gestaltet werden können.
MitarbeitendeUnternehmen
Externe
Kommunikation
Interaktive
Kommunikation
Interne
Kommunikation
Kunden
Schaubild 1-1: Erscheinungsformen der Kommunikation von Unternehmen
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 5
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 4
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 5
Weiterhin erfolgt Kommunikation im absatzpolitischen Kontext nicht zum Selbstzweck, sondern der Kommunikator verfolgt mit seinen kommunikativen Aktivitäten bestimmte Absichten. Dabei geht es vor allem um die Beeinflussung bzw.
Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen sowie Verhaltensweisen.
Diese verhaltenswissenschaftlichen Konstrukte der menschlichen Prädisposition
sind in Abhängigkeit von der Ausprägung einer Vielzahl verschiedener Einflussgrößen, z. B. der Persönlichkeitsstruktur des Adressaten, situationaler Faktoren
usw., in mehr oder weniger starkem Maße durch kommunikative Aktivitäten beeinflussbar.
Darüber hinaus ist der Kommunikationsbegriff in seiner konnotativen Ausrichtung durch einen Adressatenbezug gekennzeichnet. So hat der Kommunikator
bestimmte Vorstellungen darüber, welche Adressaten (Empfänger) er durch die
eigenen Kommunikationsaktivitäten erreichen will. Diese Vorstellungen resultieren im Regelfall aus der Vermutung, dass die Kommunikationsaktivitäten bei
bestimmten Kommunikationsempfängern ausgeprägtere Reaktionen hervorrufen
als bei anderen Kommunikationsadressaten.
Schließlich werden kommunikative Aktivitäten dazu eingesetzt, bestimmte Ziele
zu erreichen. Diese Ziele sind vielfältiger Natur. Grundsätzlich ist die Ausrichtung
der Ziele in hohem Maße davon abhängig, wer der Kommunikator ist. Ein Unternehmen des Konsumgütersektors beabsichtigt mit seiner Kommunikation z. B.
die Markenbekanntheit zu steigern oder das Image zu verbessern. Handelt es sich
hingegen um eine Institution im Nonprofit-Bereich, so wird die Kommunikation
beispielsweise dazu eingesetzt, institutionelle und private Geldgeber für sich zu
gewinnen.
Im Folgenden wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Kommunikatoren
Unternehmen sind, die ihre Kommunikationsaktivitäten in den Dienst kommerzieller Absichten stellen. Die Kommunikation von Unternehmen hat somit vorrangig
zum Ziel, über die Veränderung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen
sowie Verhaltensweisen letztlich dazu beizutragen, dass übergeordnete Unternehmensziele, z. B. Absatz-, Umsatz-, Deckungsbeitrags- und Gewinnveränderungen
usw., erreicht werden.
Es ist daher notwendig in Erfahrung zu bringen, welche Bedeutungsinhalte sich
hinter dem Begriff der Kommunikation verbergen. In diesem Zusammenhang
empfiehlt es sich, den Begriff der Kommunikation von Unternehmen weit zu fassen
(Bruhn 2008a, S. 58 f.):
Die Kommunikation eines Unternehmens umfasst die Gesamtheit sämtlicher Kommunikationsinstrumente und -maßnahmen eines Unternehmens,
die eingesetzt werden, um das Unternehmen und seine Leistungen den
relevanten internen und externen Zielgruppen der Kommunikation darzustellen und/oder mit den Zielgruppen eines Unternehmens in Interaktion
zu treten.
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik6
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 6
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 7
Bei einer weiteren systematischen Begriffsaufschlüsselung dieser Definition ist zunächst auf den Begriff der Kommunikationsmaßnahme einzugehen (Bruhn 2008a,
S. 63):
Kommunikationsmaßnahmen sind sämtliche Aktivitäten, die von einem kommunikationstreibenden Unternehmen bewusst zur Erreichung kommunikativer Zielsetzungen eingesetzt werden.
Dem Unternehmen stehen eine Vielzahl einsetzbarer Kommunikationsmaßnahmen zur Verfügung, z. B. Schaltung einer Anzeige in einer Tageszeitung, Versendung eines Werbebriefes, Durchführung eines Verkaufsgesprächs usw. In dem
Bemühen, die Vielfalt der Kommunikationsmaßnahmen ordnend zu erfassen,
wird später eine Abgrenzung nach verschiedenen Kriterien vorgenommen, um
ein System von Kommunikationsinstrumenten zu erhalten. Im gewachsenen Begriffs- und Sprachverständnis resultieren aus dieser Abgrenzung verschiedene
Kommunikationsinstrumente (in Anlehnung an Steffenhagen 2008, S. 131 f.):
Kommunikationsinstrumente sind das Ergebnis einer gedanklichen Bündelung von Kommunikationsmaßnahmen nach ihrer Ähnlichkeit.
So werden beispielsweise Kommunikationsinstrumente wie (klassische) Mediawerbung, Verkaufsförderung, Direct Marketing, Public Relations u. a. m. unterschieden. Der Einsatz der Kommunikationsinstrumente richtet sich dabei nach
den relevanten Zielgruppen der Kommunikation (in Anlehnung an Bruhn 2008a,
S. 151):
Zielgruppen der Kommunikation sind die mittels des Einsatzes des kommunikationspolitischen Instrumentariums anzusprechenden Adressaten
(Rezipienten) der Kommunikation eines Unternehmens.
Die Zielgruppen der Kommunikation können sowohl unternehmensinterne als
auch -externe Personenkreise darstellen. In Abhängigkeit der jeweils anzusprechenden Zielgruppen werden die diesbezüglichen Kommunikationsaktivitäten
in Maßnahmen der externen Kommunikation (auch: Marktkommunikation) und
internen Kommunikation (auch: Mitarbeitendekommunikation) gedanklich eingeordnet.
Zielgruppen der Marktkommunikation sind somit sämtliche Gruppierungen,
deren Personen (Consumer Markt) oder Organisationen (Business to Business
Markt, Nonprofit Markt) in einer in der Regel nur temporären, vertraglichen Beziehung zum Unternehmen stehen. Bei der internen Kommunikation richten sich
die kommunikativen Bemühungen explizit auf die Mitarbeitenden des eigenen
Unternehmens, um bei ihnen Verhaltensweisen auszulösen, die zur Erreichung
der spezifischen Ziele beitragen.
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass bei einer erweiterten Sichtweise der Kommunikationspolitik (vor allem bei der Unternehmenskommunikation) nach dem
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 7
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 6
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 7
sog. Stakeholder-Ansatz nicht nur die Zielgruppen des Absatzmarktes, sondern
auch die relevanten Zielgruppen des Kapitalmarktes (z. B. Aktionäre, Fremdkapitalgeber, Analysten, Börsen, Anlagefonds), des Beschaffungsmarktes (z. B. potentielle Mitarbeitende, Zulieferer) und des Akzeptanzmarktes (z. B. Medien, Politiker,
NGOs, Meinungsführer, Gewerkschaften, Kirchen) zu beachten sind. Entsprechend
kommen hier auch spezifische Kommunikationsmaßnahmen zum Einsatz, wie z. B.
Lobbying, Issue Management, Corporate Social Responsibilty, Investor Relations,
Recruitment Kommunikation u. a. m.).
Die von der Kommunikation bereitzustellenden Informationen und Bedeutungsinhalte konkretisieren sich in der Kommunikationsbotschaft, mit der die Zielgruppen
konfrontiert werden und die wie folgt begrifflich zu definieren ist (Bruhn 2008a,
S. 60):
Eine Kommunikationsbotschaft ist die Verschlüsselung kommunikationspolitischer Leitideen durch Modalitäten (Text, Bild, Ton, Duft u. a.) , um bei
den Rezipienten durch Aussagen über Produkte/Leistungen/Marken/Unternehmen die gewünschten Wirkungen im Sinne der unternehmenspolitisch
relevanten Kommunikationsziele zu erzielen.
Zielsetzung des kommunikationstreibenden Unternehmens ist es im Regelfall,
die Kommunikationsbotschaft möglichst kreativ und originell darzustellen. Vielfach treten dabei Kommunikationsmittel an die Stelle des persönlichen Kontakts
mit den Zielpersonen oder üben ergänzende Funktionen aus. Angesichts einer in
Wissenschaft und Praxis oftmals inkonsistenten Begriffsverwendung erscheint es
bereits an dieser Stelle erforderlich, den Begriff des Kommunikationsmittels – auch
im Hinblick auf die vielfach auftretenden Abgrenzungsprobleme zum Begriff des
„Kommunikationsträgers“ – trennscharf einzugrenzen, um einem fälschlichen
Begriffsverständnis vorzubeugen (in Anlehnung an Sager 2001, S. 1865):
Ein Kommunikationsmittel ist die reale, sinnlich wahrnehmbare Erscheinungsform der Kommunikationsbotschaft. Sie ersetzt die ursprünglich von
Mensch zu Mensch verlaufende Kommunikation und macht sie reproduzierbar.
Der Einsatz von Kommunikationsmitteln steht in engem Zusammenhang mit den
auszuwählenden Kommunikationsträgern. So können sich Kommunikatoren spezieller Kommunikationsträger bedienen, um die Kommunikationsbotschaft den
anvisierten Zielgruppen näher zu bringen. Dem Begriff des Kommunikationsträgers wird folgende Definition zugrunde gelegt (in Anlehnung an Steffenhagen
2008, S. 131):
Ein Kommunikationsträger ist ein Übermittlungsmedium, mit dessen Hilfe
die in Form von Kommunikationsmitteln verschlüsselte Kommunikationsbotschaft quasi im „Huckepack“-Verfahren den Adressaten näher gebracht
wird.
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik8
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 8
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 9
Kommunikationsträger sind somit beispielsweise Informations- und Unterhaltungsmedien, Geschäftsräume, Verkehrsmittel oder Ausstellungsräume. Allerdings ist es nicht immer einfach, eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Kommunikationsmitteln und -trägern vorzunehmen (Steffenhagen 2008, S. 129).
Beispiel: Unterscheidung zwischen Kommunikationsmitteln und -trägern
Eine trennscharfe Unterscheidung lässt sich beispielsweise bei der Anzeigenwerbung, der Funk- und Fernsehwerbung, der Verkehrsmittelwerbung sowie der Werbung an Sportlern vornehmen. Kommunikationsträger sind hierbei die Zeitschrift,
der Hörfunk, das Fernsehen, die Anschlagstelle, der Bus sowie der Sportler. Kommunikationsmittel sind die Anzeige, der Hörfunk- bzw. TV-Spot, das Plakat, das
Seitenscheibenplakat sowie das Trikot. Schwierig ist jedoch die Unterscheidung bei
der Kommunikation mittels Tragetaschen, Werbegeschenken oder Verpackungen, da
die jeweiligen Kommunikationsträger gleichzeitig Kommunikationsmittel darstellen.
Bereits frühzeitig wurde in Deutschland bei der Vielfalt der Kommunikationsmaßnahmen und -instrumente auf die Notwendigkeit hingewiesen, sämtliche
„kommunikativen Strömungen zu harmonisieren“ und die zur Verfügung stehenden Kommunikationsinstrumente in einen umfassenden Kommunikationsmix
zu integrieren (Zentes 1982, S. 2271 f.), wobei der Kommunikationsmix die begriffliche Fassung für den kombinierten Einsatz von Kommunikationsinstrumenten
darstellt. Dieser Gedanke ist in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt
worden und äußert sich heute in der immer nachdrücklicher werdenden Forderung nach einer Integrierten Kommunikation. Das Konzept der Integrierten Kommunikation bildet in der heutigen Situation des Kommunikationswettbewerbs
die Grundlage für den Kommunikationserfolg, der sich wie folgt definiert (Bruhn
2008a, S. 61):
Der Kommunikationserfolg spiegelt sich im Grad der Erreichung kommunikativer Zielsetzungen bei den anvisierten Zielgruppen wider, der ausschließlich bzw. überwiegend auf den Einsatz von Kommunikationsaktivitäten zurückzuführen ist.
Die Kommunikationsaktivitäten von Unternehmen lassen sich ordnen, indem auf
gewisse „Urbausteine“ der Kommunikation gedanklich zurückgegriffen wird
( Steffenhagen 2008). Kommunikationsformen stellen gedanklich isolierbare Dimensionen dar, die jeden Kommunikationsvorgang charakterisieren. Jede Kommunikationsaktivität kann demnach als spezifisches Konglomerat von Kommunikationsformen interpretiert werden, z. B. unpersönliche einseitige Kommunikation,
persönlich zweiseitige Kommunikation. In Abschnitt 10.1 werden die ver schiedenen
Abgrenzungsmöglichkeiten von Kommunikationsformen näher erläutert.
1.1.2 Einordnung der Kommunikationspolitik als Teil des
Marketingmix
Das Bemühen seitens der Marketingtheorie um eine gedankliche Bündelung funktional ähnlicher marktorientierter Unternehmensaktivitäten erstreckt sich nicht
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 9
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 8
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 9
nur auf eine Systematisierung von Kommunikationsmaßnahmen, sondern lässt
sich angesichts des großen unternehmerischen Handlungsspektrums vielmehr
für sämtliche marktgerichteten Aktivitäten eines Unternehmens beobachten. Auf
diese Art und Weise werden die systematischen Voraussetzungen für den zielund strategiegerechten Einsatz sämtlicher Marketingaktivitäten geschaffen. Bei
einer umfassenden Durchsicht der einschlägigen Marketingliteratur im Hinblick
auf die Systematisierungsmöglichkeiten der einem Unternehmen zur Verfügung
stehenden Marketinginstrumente lässt sich feststellen, dass sich eine Vierer-Systematik des absatzpolitischen Instrumentariums weitgehend durchgesetzt hat (Becker
2009). Jedenfalls ist sie die Grundlage vieler deutschsprachiger Abhandlungen
zur Marketinglehre (Gutenberg 1976; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002; Scheuch 2006;
Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012). Besonders in der einschlägigen amerikanischen
Fachliteratur zum Marketing lässt sie sich nachweisen (beginnend mit McCarthy
2008, aber auch Cundiff/Still 1971; Rosenberg 1977; Jain 2004; Cravens 2008; Kotler/Keller
2009). Schaubild 1-2 veranschaulicht ausgewählte Kategorisierungen.
Während noch bei Gutenberg die Preispolitik eindeutig im Vordergrund des Interesses stand – dies war das Resultat der in dieser Zeit starken Orientierung an der
Preistheorie –, werden die vier Instrumentalbereiche bei den genannten anderen
Autoren als grundsätzlich gleichgewichtig angesehen. Dabei erfolgt die Bezeichnung der Marketinginstrumente in Wissenschaft und Praxis vielfach anhand der
4 Ps von McCarthy. Dies geschieht nicht etwa aus inhaltlich-systematischen Beweg-
Schaubild 1-2: Systematik des absatzpolitischen Instrumentariums
McCarthy
(1960)
Gutenberg
(1960)
Nieschlag et al.
(2002)
Becker
(2006)
Meffert
(2000)
• Product
• Price
• Place
• Promotion
• Absatzmethode
• Produktgestaltung
• Preispolitik
• Werbung
• Produkt- und Programmpolitik
• Entgeltpolitik
• Vertriebspolitik
• Kommunikationspolitik
• Produktleistung
• Präsenzleistung
• Prolleistung
• Produkt- und Sortimentspolitik
• Preis- und Kontrahierungspolitik
• Distributionspolitik
• Kommunikationspolitik
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik10
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 10
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 11
gründen, sondern ganz einfach, weil die 4 Ps eine ausgesprochene „sprachliche
Griffigkeit“ aufweisen.
Im zugrunde liegenden Kontext bietet es sich an, die Gesamtheit marktbeeinflussender Variablen im Rahmen des operativen Marketing in vier Marketinginstrumente zu unterteilen:
(1) Produktpolitik,
(2) Preispolitik,
(3) Kommunikationspolitik,
(4) Vertriebspolitik.
Diese Instrumente des operativen Marketing zielen auf die Initiierung von Transaktionen mit den aktuellen und potenziellen Kunden. Diese „Inside-out“-Orientierung der Unternehmen ist aufgrund veränderter Markt- und Wettbewerbssituationen jedoch heute nicht mehr ausreichend, um am Markt erfolgreich zu agieren.
Mit zunehmender Bedeutung eines Beziehungsaufbaus zum Kunden und der
langfristigen Bindung des Kunden an das Unternehmen ist das Management von
Geschäftsbeziehungen zu einem zentralen Thema geworden. Deshalb ist es in vielen Branchen notwendig, eine veränderte Perspektive im Sinne einer „Outside-in“-
Orientierung einzunehmen, d. h., die speziellen Beziehungen des Unternehmens zu
seinen Kundensegmenten sind Ausgangspunkt für die Marktbearbeitung. Damit
verbunden ist die Entwicklung vom Transaktions- zum Beziehungsmarketing; letzteres wird auch als Relationship Marketing bezeichnet (Gummesson 1987; McKenna
1991; Bruhn/Bunge 1994; Grönroos 1994; Blattberg/Deighton 1997; Gordon 1998; Grönroos
2007; Bruhn 2009b).
Der Instrumenteeinsatz wird im Rahmen des Beziehungsmarketing sehr viel stärker unter dem Aspekt der verschiedenen Phasen eines Kundenbeziehungslebenszyklus gesehen. Die Marketinginstrumente können folglich auch danach systematisiert werden, ob das Unternehmen primär neue Kunden gewinnen (Recruitment),
zufriedene Kunden an sich binden (Retention) oder unzufriedene Kunden halten
bzw. zurückgewinnen will (Recovery) (3 Rs):
(1) Recruitment
Im Marketing werden verstärkt Instrumente eingesetzt, die den Dialog und
die Interaktion zwischen Unternehmen und Kunde fördern. Grundgedanke
dieser Dialogorientierung ist die Annahme, dass durch eine Intensivierung
des Dialoges die Kundenakquisition gefördert wird.
(2) Retention
Kundenbindungsstrategien bzw. Customer-Retention-Konzepte haben stark an
Bedeutung gewonnen. Hierbei wird versucht, durch Instrumenteeinsatz die
Kundenzufriedenheit maßgeblich zu steigern.
(3) Recovery
Schließlich werden verstärkt Überlegungen angestellt, welche Maßnahmen bei
unzufriedenen oder gefährdeten Kunden zu ergreifen sind, um eine Abwanderung zu verhindern. Falls der Kunde bereits abgewandert ist, gelangen ebenfalls
spezifische Marketinginstrumente zur Rückgewinnung zum Einsatz.
Schaubild 1-3 verdeutlicht den Einfluss des Beziehungsmarketing auf den Einsatz der klassischen Marketinginstrumente, indem diese nach den verschiedenen
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 11
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 10
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 11
Phasen eines Kundenbeziehungslebenszyklus strukturiert werden (vgl. hierzu
auch Gordon 1998). Da sich das Relationship Marketing auf den gesamten Beziehungslebenszyklus bezieht, darf eine Neuorientierung des Marketing in Richtung einer Beziehungsorientierung nicht dahingehend missverstanden werden,
dass dies eine „Ablösung“ der 4 Ps impliziert. Vielmehr geht es primär um eine
Neustrukturierung von Marketinginstrumenten, d. h., den gezielten Einsatz von
Instrumenten zum Aufbau und zur Erhaltung bzw. Verstärkung der Beziehungen zwischen verschiedenen Kundensegmenten und dem Unternehmen. Somit
umfassen die Instrumente des Relationship Marketing sowohl die traditionellen
Marketing instrumente als auch Instrumente zur gezielten Verbesserung der Geschäftsbeziehungen (Gummesson 1994, S. 9).
Die Unterteilung in die vier Marketinginstrumente darf keinesfalls dazu führen,
die Konsequenzen des Einsatzes der Marketinginstrumente als reine Summe der
Wirkungen der einzelnen Instrumente zu interpretieren. Wie Schaubild 1-4 zeigt,
ist der marktgerichtete Einsatz der Marketinginstrumente vielmehr als interdependentes Maßnahmenpaket aufzufassen, im Rahmen dessen versucht wird, mit
den einzelnen Instrumenten im Hinblick auf die zu bearbeitenden Marktsegmente
synergistische Wirkungen zu erzielen (Kühn 1995). In diesem Zusammenhang wird
auch von der Gestaltung des Marketingmix gesprochen. Der Begriff des Marketingmix geht auf Borden zurück und ist in seiner inhaltlichen Bedeutung wie folgt
ausgerichtet (Borden 1964, S. 2; Becker 2009, S. 485 f.):
Product
Price
Promotion
Place
Recruitment Retention Recovery
Kundenakquistition
mit Fokus Kundendialog
Kundenbindung mit
Fokus Kundenzufriedenheit
Kundenrückgewinnung mit
Fokus Wechselbarrieren
• Verpackungsgestaltung
• Produktzusatznutzen
• Markierung
• Produktverbesserung
• Niedrigpreis
• Sonderangebote
• Boni/Skonti
• Finanzierungsangebote
• Aktives Direct Marketing
• Massenkommunikation
mit Dialogfunktion
• Verkaufsförderung
• Produktsampling
• Aktionen am POS
• Direktvertrieb
• Verkaufsgespräche
• Produktdifferenzierung
• Servicestandards
• Sortimentsbreite
• Garantien
• Optimales Preis-
Leistungs-Verhältnis
• Preisgarantien
• Preisbündelung
• Kundenzeitschriften
• Direct Mail
• Sponsoring
• Kundenclubs
• Direct Marketing
• Direktvertrieb
• Lieferservice
• Außendienstbesuche
• Produktinnovation
• Produktverbesserung
• Value-Added-Services
• Individuelle Leistungen
• Rabatte/Boni
• Einmalige Zahlung bei
Wiederaufnahme
• Sonderkonditionen
• Direct Mail
• Telefonmarketing
• Persönliches Gespräch
• Einladung/Events
• Exklusivvertrieb
• Außendiensteinsatz
• Key Account Management
• Zusätzliche Vertriebswege
4 Ps
3 Rs
Schaubild 1-3: Systematisierung der Marketinginstrumente nach den 3 Rs
im Relationship Marketing (Bruhn 2009b, S. 32)
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik12
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 12
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 13
Der Marketingmix eines Unternehmens ist der kombinierte und koordinierte
Einsatz der Marketinginstrumente mit dem Ziel, durch eine harmonische
Abstimmung der Instrumenteausprägungen die Unternehmens- und Marketingziele möglichst effizient zu erreichen.
Im Zuge der stärkeren Auseinandersetzung mit der Problematik des Marketingmix
wurde die Bedeutung der Beziehungsgeflechte, die zwischen den Marketinginstrumenten auftreten können, erkannt (Becker 2009). Diese Problemstellung ist
unter anderem unter dem Stichwort „Interdependenzen im absatzpolitischen Instrumentarium“ thematisiert worden. Dabei stehen die Beziehungsanalysen im
Zeichen der Wirkungsanalyse bzw. der Marktreaktionsmessung eines kombinierten Einsatzes von Marketinginstrumenten, da sich die Kennzeichnung von Beziehungsarten und -intensitäten an marktbezogenen Konsequenzen zu orientieren
hat (vgl. vertiefend Steffenhagen 1978).
Zur Unterstützung von zielorientierten Entscheidungen in der Kommunikationspolitik ist es folglich von besonderer Bedeutung in Erfahrung zu bringen, welche
(Wirkungs-)Beziehungsmuster zwischen Kommunikations- und anderen Marketingaktivitäten auftreten können. Um die Einordnung auftretender Wirkungsinterdependenzen zwischen der Kommunikation und anderen Marketinginstrumenten
(Preis-, Produkt- und Vertriebspolitik) zu erleichtern, wird eine Systematisierung
potenziell auftretender Instrumentalbeziehungen vorgenommen. Bei einer Orientierung an sachlich-inhaltlichen Wirkungskategorien werden drei Beziehungskategorien unterschieden (Becker 2009; Bruhn 2009a):
Schaubild 1-4: Die klassischen Marketinginstrumente (4 Ps) im Marketingmix
(Bruhn 2008a, S. 30)
Produktmix Preismix VertriebsmixKommunikationsmix
Teilmärkte und Kundengruppen
Marketingmix
Produktpolitik Preispolitik Kommunikationspolitik Vertriebspolitik
• Preis
• Rabatte
• Boni und Skonti
• Lieferbedingungen
• Zahlungsbedingungen
• Mediawerbung
• Verkaufsförderung
• Direct Marketing
• Public Relations
• Sponsoring
• Persönliche Kommunikation
• Messen/Ausstellungen
• Event Marketing
• Social Media-Kommunikation
• Mitarbeitendenkommunikation
• Vertriebssysteme
• Verkaufsorgane
• Logistiksystem
• Produktinnovation
• Produktverbesserung
• Produktdifferenzierung
• Marketing
• Namensgebung
• Serviceleistungen
• Sortimentsplanung
• Verpackung
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 13
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 12
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 13
(1) Funktionale Beziehungen,
(2) Zeitliche Beziehungen,
(3) Hierarchische Beziehungen.
(1) Funktionale Beziehungen
Bei der Analyse funktionaler Beziehungen zwischen Marketinginstrumenten sind
die Untersuchungsbemühungen auf das Vorhandensein und die Ausprägungen
inhaltlicher Wirkungsverbunde gerichtet. Dabei können – je nach Art auftretender
Wirkungsbeziehungen – grundlegende inhaltlich-funktionale Beziehungstypen
unterschieden werden (Becker 2009; Bruhn 2009a):
• Konkurrierende Beziehungen,
• Substituierende Beziehungen,
• Komplementäre Beziehungen,
• Konditionale Beziehungen,
• Indifferente Beziehungen.
Konkurrierende Beziehungen zwischen Marketinginstrumenten liegen dann vor,
wenn die Wirkungen der einzelnen eingesetzten Instrumente sich gegenseitig negativ beeinträchtigen. Bei Vorlage substituierender Beziehungen werden beabsichtigte Wirkungen dadurch erzielt, dass ein bisher eingesetztes Marketinginstrument
durch ein anderes ersetzt wird. Komplementäre Beziehungen sind festzustellen,
sofern sich die von den einzelnen Marketinginstrumenten ausgehenden Wirkungen gegenseitig unterstützen bzw. verstärken. Konditionale Beziehungen zwischen
Marketinginstrumenten sind dadurch gekennzeichnet, dass die Wirkung eines
Marketinginstrumentes an die (Mit-)Wirkung des Einsatzes eines anderen Marketinginstrumentes gekoppelt ist. Bei indifferenten Beziehungen besteht zwischen
den eingesetzten Instrumenten kein (erkennbarer) Wirkungsverbund.
(2) Zeitliche Beziehungen
Neben den dargestellten Beziehungen inhaltlicher Art können beim Einsatz der
Marketinginstrumente auch zahlreiche zeitliche Beziehungen beobachtet werden,
aus deren Analyse wichtige Hinweise auf eine effektive und effiziente zeitliche Allokation der Marketingressourcen gewonnen werden. Anders als bei funktionalen
Beziehungen sind sie vorrangig das Ergebnis bewusst dispositiver Handlungen.
Analog zu den funktionalen Beziehungen sind auch die zeitlichen Beziehungen
weiter aufzuschlüsseln, um ein differenziertes Verständnis auftretender Beziehungsmuster herbeizuführen. Dabei gibt der zeitliche Einsatz der Marketinginstrumente auch die verschiedenen zeitlichen Beziehungstypen wieder (Becker 2009;
Bruhn 2009a):
• Parallelbeziehungen,
• Sukzessive Beziehungen,
• Intermittierende Beziehungen,
• Ablösende Beziehungen.
Parallelbeziehungen resultieren aus den Wirkungen eines gleichzeitigen Einsatzes
von Marketinginstrumenten. Sukzessive Beziehungen sind demgegenüber charakteristisch für die erzielten Wirkungen aus dem zeitlich versetzten und vernetzten Einsatz von Marketinginstrumenten. Intermittierende Beziehungen sind
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik14
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 14
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 15
das Ergebnis einer phasenweisen Einschaltung eines Marketinginstrumentes in
den durchlaufenden Einsatz eines anderen Instrumentes. Ablösende Beziehungen
können dann auftreten, wenn Marktreaktionen auf den ablösenden Einsatz von
Marketinginstrumenten zurückzuführen sind.
(3) Hierarchische Beziehungen
Neben den auftretenden funktionalen und zeitlichen Beziehungen stehen Marketinginstrumente auch in hierarchischen Beziehungen zueinander. Dies bedeutet,
dass bestimmte Marketinginstrumente in verschiedenen situativen Kontexten in
unterschiedlichen Ordnungen bzw. Rangordnungen zueinander stehen. So verfügen einige Marketinginstrumente über einen höheren Rang, so dass deren Einsatz
daher Prioritätscharakter hat. Um die hierarchische Einordnung von Marketinginstrumenten in unterschiedlichen situativen Kontexten zu erleichtern, bietet es
sich daher an, Marketinginstrumente anhand des Grades ihrer Vorrangigkeit zu
unterscheiden. Gleichsam sind zwei Instrumentetypen zu unterscheiden (Becker
2009; Bruhn 2009a):
• Strategische Marketinginstrumente,
• Taktische Marketinginstrumente.
Strategische Marketinginstrumente haben für ein Unternehmen konstitutiven Charakter. Ihr Einsatz ist für den Unternehmenserfolg von zentraler Bedeutung. Der
Einsatz dieser Instrumente erfolgt kontinuierlich und ist durch einen hohen Bindungsgrad gekennzeichnet (Becker 2009). Die strategischen Marketinginstrumente
geben Richtlinien vor und stellen einen Handlungsrahmen dar, an dem sich der
Einsatz der anderen Marketinginstrumente zu orientieren hat.
Taktische Marketinginstrumente haben eher akzessorischen Charakter. Sie werden vorrangig dazu eingesetzt, um die Wirkungen der strategischen Instrumente
situativ zu unterstützen. Die Aufgabe taktischer Marketinginstrumente besteht
demnach darin, die flexible und schnelle Anpassung des Marketingmix auf temporäre Marktbedürfnisse sicherzustellen.
Eine trennscharfe Einteilung des Marketinginstrumentariums in strategische und
taktische Marketinginstrumente ist jedoch vielfach problembehaftet, da jedes Instrument im Prinzip taktische und strategische Komponenten enthält (Becker 2009).
Aussagen im generalisierenden Sinne sind daher nicht möglich. Vielmehr ist im
Einzelfall darüber zu befinden, ob ein strategischer oder taktischer Einsatz bezüglich des Marketinginstrumentes überwiegt.
Zwischen den einzelnen Beziehungskategorien können im Einzelfall zahlreiche Interdependenzen bestehen, deren Ausrichtung und Ausmaß in hohem Maße von der
Gestaltung des gesamten Marketingmix abhängt. So ist es beispielsweise durchaus denkbar, dass entstehende Wirkungsverbunde aus dem Zusammenwirken
funktionaler, zeitlicher und hierarchischer Beziehungen herrühren. Dies ist für
die unternehmerische Marketingpolitik deshalb von entscheidender Bedeutung,
weil die Beziehungsmuster zwischen den Marketinginstrumenten nicht nur auf
„natürlichen“ Gegebenheiten (Instrumentecharakteristika) beruhen, sondern vor
allem Ausdruck einer spezifischen Marketingpolitik sind. Eine strategieadäquate
Verknüpfung der Beziehungsstrukturen zwischen den Marketinginstrumenten
stellt somit das zentrale Problem des Marketingmix dar. Im Folgenden werden
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 15
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 14
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 15
ausgewählte mögliche Beziehungen zwischen der Kommunikationspolitik und den
übrigen Marketinginstrumenten kurz skizziert und diskutiert.
Beziehungen zwischen der Produkt- und Kommunikationspolitik
Aus der gewachsenen Auffassung bezüglich der Vorrangigkeit zu ergreifender
Marketingmaßnahmen geht hervor, dass die Produktpolitik ein konstitutives Element des Marketingmix darstellt, während der Kommunikationspolitik ein eher
akzessorischer Charakter innewohnt. Die Produktpolitik wurde daher über Jahre
hinweg ausschließlich als strategisches Marketinginstrument angesehen (Linssen
1975; Becker 2009,). Grundsätzlich ist dieser Auffassung auch heute noch zuzustimmen, wenn vorrangig darauf abgestellt wird, dass der Einsatz der Kommunikation an das Vorhandensein von Produkten gekoppelt ist, sofern sie nicht zum
Selbstzweck erfolgt. Dennoch kann diese Einschätzung vor dem Hintergrund elementarer Strukturveränderungen in verschiedenen Teilmärkten und Branchen in
jüngerer Vergangenheit nur noch bedingt geteilt werden. Die jeweilige Ausrichtung
hierarchischer Beziehungen ist im Einzelfall daher von einer Vielzahl verschiedener Einflussgrößen, insbesondere von der zugrunde liegenden Branche, abhängig.
Dennoch ist zunächst festzuhalten, dass das Produkt, unabhängig davon, ob es
sich um ein Konsumgut, ein Industriegut oder eine Dienstleistung handelt, den
eigentlichen Grund („Reason Why“) für den Einsatz sämtlicher Marketingaktivitäten darstellt und somit auch im Mittelpunkt aller kommunikationspolitischen
Maßnahmen steht (Wells/Burnett/Moriarty 2008).
Aus dieser Grundsatzerkenntnis kann unmittelbar eine gedankliche Systematisierung auftretender funktionaler Beziehungen zwischen der Kommunikations- und
Produktpolitik erfolgen, die sich am Grad der Verallgemeinerung der auf den gemeinsamen Einsatz dieser Marketinginstrumente zurückzuführenden Wirkungen
orientiert und so eine differenzierte Betrachtung interdependenter Wirkungsbeziehungen ermöglicht:
• Allgemein-funktionale Beziehungen,
• Situativ-funktionale Beziehungen.
Allgemein-funktionale Beziehungen haben situationsübergreifenden Charakter
und treten immer auf, wenn produkt- und kommunikationspolitische Aktivitäten eingesetzt werden. Die allgemein-funktionalen Beziehungen sind im Regelfall
komplementärer Natur, da es das Anliegen eines erfolgsorientierten Unternehmens
zu sein hat, nicht nur marktgerechte Produkte herzustellen, sondern auch die anvisierten Konsumenten über das Leistungsprogramm in Kenntnis zu setzen, wobei
die Eigenschaften des Leistungsprogramms mit den kommunizierten Aussagen
in Einklang zu stehen haben, um zu verhindern, dass die Erreichung unternehmensbezogener Zielsetzungen durch Glaubwürdigkeitsverluste gefährdet wird.
Beispiel: Allgemein-funktionale Beziehung bei Xerox
Die Intensität der kommunikativen Unterstützung der Marke Xerox (2012) hat zum einen zu einer Unterscheidbarkeit des Unternehmens und seines Leistungsprogramms
geführt. Zum anderen steht die Qualität des Leistungsprogramms aus Sicht der Konsumenten in Einklang mit den gewählten Kommunikationsinhalten. Dies hat zur
Folge, dass sich das Unternehmen in verschiedenen Bereichen die Marktführerschaft
gesichert hat.
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik16
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 16
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 17
Situativ-funktionale Beziehungen sind überwiegend konditionaler Natur. Sie treten
immer dann auf, wenn das Produkt für die Konsumenten über nicht beobachtbare
Eigenschaften verfügt (z. B. Sicherheit eines Autos), die allerdings für die Ausrichtung von Konsumentenreaktionen im Sinne der Unternehmensziele von entscheidender Bedeutung sind. In solchen Fällen wird der Produkterfolg in hohem Maße
von der Leistungsfähigkeit der Kommunikation im Hinblick auf die Vermittlung
der betreffenden Produkteigenschaften gesteuert.
Beispiel: Situativ-funktionale Beziehung bei Volvo
Der entscheidende Wettbewerbsfaktor des Automobilherstellers Volvo stellt die
Sicherheit seiner Produkte dar. Angesichts der Nicht-Beobachtbarkeit dieser Eigenschaft ist der Produkterfolg in entscheidendem Maße von der kommunikativen Vermittlung dieser Produkteigenschaft abhängig.
Der Einsatz der Produktpolitik und der Kommunikationspolitik kann aber auch
in zahlreichen zeitlichen Beziehungen zueinander stehen. Während das Auftreten
ablösender Beziehungen eher die Ausnahme darstellt, sind Parallel-, sukzessive
sowie intermittierende Beziehungen in einer Vielzahl verschiedener Unternehmenssituationen antreffbar.
Parallelbeziehungen sind aufgrund des oftmals parallelen Einsatzes der Produktund Kommunikationspolitik in vielen Facetten und Erscheinungsformen zu beobachten. So erfahren beispielsweise viele Maßnahmen der Produktverbesserung
und/oder -differenzierung nicht selten eine intensive zeitlich-parallele Unterstützung durch die Kommunikation, um so die notwendige Markttransparenz hinsichtlich der Durchführung produktbezogener Maßnahmen frühzeitig sicherzustellen.
Beispiel: Parallelbeziehung bei Ferrero
Der Konsumgüterhersteller Ferrero verfolgt im Rahmen des Einsatzes seines absatzpolitischen Instrumentariums im Hinblick auf die Vermarktung des Produktes „Überraschungsei“ die Strategie, sämtliche innovativ-produktgestalterischen Maßnahmen, z. B. Asterix und Obelix, Die Simpsons oder Die Schlümpfe (Kinderüberraschung
2012), durch einen zeitlich-parallelen Einsatz kommunikationspolitischer Aktivitäten
zu unterstützen. Diese produktbezogene Innovationsdynamik in Verbindung mit
dem zeitlich parallelen Einsatz kommunikativer Maßnahmen zur Herstellung der
notwendigen Markttransparenz stellt einen zentralen (produktbezogenen) Wettbewerbsvorteil dar.
Sukzessive Beziehungen zwischen der Produkt- und Kommunikationspolitik
sind vielfach im Rahmen der Neuproduktentwicklung anzutreffen. Hierbei verfolgen viele Unternehmen die Strategie, ihre Marketingressourcen zunächst auf
die eigentliche Entwicklung des neuen Produktes zu konzentrieren, bevor das
entwickelte Produkt und seine Eigenschaften im Markt vorgestellt wird. Aber auch
der entgegengesetzte Fall kann beobachtet werden, wenn der Markterfolg in der
ausgesprochen dynamischen Computerbranche in entscheidendem Maße von der
frühzeitigen (kommunikativen) Besetzung von (Teil-)Märkten herrührt.
Intermittierende Beziehungen sind vielfach dann zu beobachten, wenn ein Produkt
temporär über zentrale Wettbewerbsvorteile, z. B. in der Produktsubstanz oder in
der Verpackung, verfügt. In solchen Fällen sind vielfach so lange intensive Kommunikationsaktivitäten zur Herausstellung der betreffenden Produktvorteile zu
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 17
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 16
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 17
beobachten, bis diese Wettbewerbsvorteile durch produktbezogene Imitationsaktivitäten der Konkurrenz kompensiert sind.
Beispiel: Intermittierende Beziehung bei Zewa
Der Taschentuchhersteller Zewa verfügte über einen gewissen Zeitraum hinweg
über den zentralen Produktvorteil einer wiederverschließbaren „Tüchertasche“.
Dieser (temporäre) Wettbewerbsvorteil wurde durch intensive Werbeaktivitäten
im Rahmen der Kommunikationspolitik genutzt, wobei die Tüchertasche in sämtlichen Werbemitteln für das Produkt das zentrale Element darstellte. Innerhalb sehr
kurzer Zeit ist es der Firma Zewa dadurch gelungen, mit ihren Taschentüchern im bis
dahin monopolistischen Markt für Papiertaschentücher erhebliche Marktanteilssteigerungen zu realisieren. Nachdem nach einiger Zeit auch der Konkurrenzanbieter
Procter & Gamble die Produkteigenschaft „wiederverschließbare Tüchertasche“ als
einen zentralen Erfolgsfaktor erkannt und sein Produkt Tempo ebenfalls mit einer
entsprechenden Tüchertasche versehen hatte, nahm Zewa den Kommunikationsdruck wieder zurück. In diesem Fall wurde die Kommunikationspolitik in Form eines
erhöhten Werbedrucks intermittierend eingesetzt.
Beziehungen zwischen der Preis- und Kommunikationspolitik
In Abhängigkeit von einer Vielzahl verschiedener Einflussgrößen können auch die
Aktivitäten der Preis- und Kommunikationspolitik in verschiedenen Wirkungsbeziehungen zueinander stehen.
So bestehen zwischen den beiden Instrumenten zahlreiche funktionale Beziehungen. Grundsätzlich kann in diesem Zusammenhang festgehalten werden, dass
beide Instrumente in konditionalen Beziehungen zueinander stehen. So wird eine
bestimmte Preishöhe nur dann die vom Unternehmen beabsichtigte Wirkung erzielen, wenn die entsprechenden Preisinformationen in ausreichendem Maße bei
den Konsumenten bekannt sind (Wells/Burnett/Moriarty 2008).
Beispiel: Konditionale Beziehung bei einem Konsumgüterhersteller
Der Erfolg einer Niedrigpreisstrategie eines Konsumgüterherstellers in der Lebensmittelbranche ist in entscheidendem Maße von der intensiven Kommunikationsunterstützung durch einen hohen Werbedruck abhängig.
Eng verbunden mit dem Eintritt konditionaler Wirkungsbeziehungen stehen die
vielfach beobachtbaren komplementären Wirkungsbeziehungen zwischen den Aktivitäten der Preis- und Kommunikationspolitik, um Synergieeffekte zu erzielen
und eine effizientere Ausrichtung des Marketingmix herzustellen.
Beispiel: Komplementäre Wirkungsbeziehung bei Fluggesellschaften
Viele Fluggesellschaften orientieren sich im Rahmen der inhaltlichen Gestaltung der
Kommunikation an den jeweils zugrunde liegenden Preisstrategien. So werden die
Niedrigpreisstrategien im Regelfall durch Werbekampagnen unterstützt, bei denen
der Preis bzw. dessen Reduzierung im Mittelpunkt steht, um so die beabsichtigte
Wirkung von Preisreduzierungen kommunikativ zu unterstützen. Die großflächige
Herausstellung des Preises für einen Flug nach Bali im Rahmen einer Anzeige oder
der explizite Verweis auf erhebliche Preisreduzierungen in Werbespots stellen Beispiele für die kommunikative Unterstützung bzw. für die Vorlage komplementärer
Beziehungen dar. Germanwings stellen beispielsweise im Rahmen ihrer Marketingkampagne „Günstiger kommen Sie nicht auf Wolke 7“ den Preis für eine Flugreise
für EUR 19,99 in den Mittelpunkt der Printanzeigen.
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik18
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 18
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 19
Weiterhin treten zwischen preislichen und kommunikationsorientierten Maßnahmen (partiell) substituierende Beziehungen auf, jedoch werden Veränderung des
Absatz- und Umsatzvolumens sowie Marktanteilsveränderungen im Regelfall in
erheblich stärkerem Maße durch preispolitische Maßnahmen stimuliert.
Beispiel: Substituierende Beziehung bei Konsumgütern
Bei typischen Konsumgütern, z. B. bei bestimmten Körperpflegeprodukten, ist die
Preiselastizität der Nachfrage etwa zehn bis zwanzig Mal so hoch wie die Werbeelastizität, d. h., eine einprozentige Änderung des Preises hat die zehn- bis zwanzigfache
Absatzwirkung wie eine einprozentige Änderung des Werbebudgets (vgl. vertiefend
Lambin 1976; Tellis 1988; Sethuraman/Tellis 1991; Simon 2008).
Neben den vielen funktionalen Beziehungsstrukturen sind auch vielfältige zeitliche Beziehungsmuster im Einsatz preis- und kommunikationspolitischer Aktivitäten zu beobachten. Parallelbeziehungen treten im Regelfall dann auf, wenn
das Unternehmen dynamische Preisstrategien in Verbindung mit fortlaufenden
Kommunikationsaktivitäten einsetzt. Skimming-, Pulsations- oder Penetrationsstrategien stehen dann in einem parallelen Wirkungsverhältnis zu kommunikativen Maßnahmen. Auch hier können wieder die Verbindungslinien zwischen
funktionalen und zeitlichen Wirkungsverbunden offen gelegt werden. Ein Unternehmen realisiert dann große Synergieeffekte, wenn die preis- und kommunikationspolitischen Aktivitäten nicht nur in einer zeitlich-parallelen, sondern auch in
einer funktional-komplementären Beziehung zueinander stehen. Die jeweiligen
Wirkungsverbunde verstärken sich gegenseitig und sind somit Ausdruck eines
effizienzorientierten Marketingmix.
Beispiel: Funktional-komplementäre preis- und kommunikationspolitische
Aktivitäten
Ein Mobilfunkanbieter verfolgt die Strategie einer gestuften Preissenkung im Zeitablauf (Skimming). Die dazu eingesetzten Kommunikationsaktivitäten laufen nicht
nur zeitlich parallel, sondern deren Inhalte sind explizit auf die jeweiligen Preisabstufungen ausgerichtet.
Auch sukzessive Beziehungen im gemeinsamen Einsatz von Preis- und Kommunikationspolitik sind in der Realität nicht selten antreffbar. Hierbei erfolgt in der
Regel zunächst eine Preisänderung, die anschließend durch entsprechende Kommunikationsaktivitäten eine entsprechende informationsbezogene Distribution
erfährt. Aber auch der entgegengesetzte Fall vorgeschalteter Kommunikationsaktivitäten ist durchaus denkbar. Geplante Preisänderungen können frühzeitig
angekündigt werden, um so rechtzeitig die notwendige Markttransparenz sowohl
bei den Konsumenten als auch bei den Wettbewerbern zu schaffen, damit die vom
Unternehmen beabsichtigten Marktreaktionen eintreten.
Beispiel: Sukzessive Beziehungen bei Fernsehzeitungen
Im Rahmen des „Preiskrieges“ zwischen den zweiwöchentlich erscheinenden Fernsehzeitungen TV-Spielfilm, TV-Today und TV-Movie senkten die Verlage nicht nur
sukzessive die Preise, sondern jede Preissenkung wurde bereits einige Tage vorher
durch einen hohen Werbedruck angekündigt, um so die notwendige Transparenz
bei den Zielgruppen sicherzustellen.
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 19
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 18
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 19
Meistens treten jedoch intermittierende Beziehungen zwischen der Preis- und Kommunikationspolitik auf. Dabei werden preispolitische Maßnahmen im Regelfall in
die durchlaufende Kommunikation eingeschaltet, denn häufig sind über lange Zeiträume hinweg in den Unternehmen relativ starre Preisstrukturen zu beobachten.
Beziehungen zwischen der Vertriebs- und Kommunikationspolitik
Neben den Wirkungsbeziehungen zwischen der Preis- und Kommunikationspolitik besteht auch zwischen der Vertriebs- und Kommunikationspolitik ein komplexes Beziehungsgeflecht. Auf funktionaler Ebene ist in diesem Zusammenhang
zunächst auf die vielfältigen komplementären Beziehungen hinzuweisen. Dabei
ist beispielsweise die Mediawerbung in vielen Unternehmen ein zentraler Baustein der Handelsorientierung. Oftmals wird mit einem intensiven Einsatz der
Publikumswerbung das Ziel verfolgt, eine weitgehende Autarkie gegenüber dem
Handel zu erreichen sowie gleichzeitig die handelsgerichteten Interessen zu dokumentieren (Parjaszwski 1993). Die Entstehung komplementärer Beziehungen ist
dabei oftmals von der Existenz konditionaler Beziehungen abhängig. Dieses Beziehungsgeflecht, bestehend aus der Existenz konditionaler und komplementärer
Beziehungen, ist charakteristisch für den gemeinsamen Einsatz der Kommunikations- und Vertriebspolitik.
Beispiele: Komplementäre Beziehungen zwischen vertriebs- und kommunikationspolitischen Maßnahmen
Die Wahrnehmung der strategischen Option des Universalvertriebs auf der Einzelhandelsstufe wird in vielen Fällen durch intensive kommunikationspolitische Aktivitäten unterstützt. Hier ist die universelle Verfügbarkeit der Produkte oftmals
expliziter Bestandteil von Kommunikationsbotschaften. So wird beispielsweise die
Erhältlichkeit von Gartenbaugeräten in verschiedenen Einkaufsstätten von diesen
Geräteherstellern über entsprechende Werbespots als besonderer Kundennutzen
herausgestellt.
Die zielorientierte Bearbeitung bestimmter Kundengruppen durch die jeweiligen
Außendienstmitarbeitenden im Rahmen des Verkaufsmanagements ist nur dann
gewährleistet, wenn diese über eine entsprechende Mitarbeitendekommunikation
zur Priorisierung der kundenbezogenen Ziele unterrichtet werden.
Weiterhin können zwischen vertriebs- und kommunikationspolitischen Maßnahmen vielfältige zeitliche Wirkungsbeziehungen auftreten. Parallele Wirkungsbeziehungen liegen vor allem im Rahmen von Entscheidungen zur handelsgerichteten
Marktbearbeitung sowie des Verkaufsmanagements vor. Hier ist die Effektivität
und Effizienz oftmals in hohem Maße von einem parallelen Einsatz der entsprechenden Aktivitäten abhängig.
Beispiele: Zeitliche Wirkungsbeziehungen zwischen vertriebs- und kommunikations politischen Maßnahmen
Zur Gewinnung von Händlern zur Unterstützung der Herstellerprodukte sind im Rahmen des vertikalen Marketing neben der Bereitstellung monetärer sowie sachbezogener Anreize des Herstellers für den Händler oftmals viele und intensive Gespräche
mit den Entscheidungsträgern des betreffenden Handelsunternehmens zu führen,
damit eine entsprechende Kooperation realisiert werden kann.
Um das Leistungspotenzial der Außendienstmitarbeitenden im Rahmen des Verkaufsmanagements möglichst umfassend auszuschöpfen, ist es sinnvoll, die Außen-
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik20
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 20
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 21
dienstmitarbeitenden in die Maßnahmen der Außendienststeuerung, z. B. die Besuchs- oder Tourenplanung, einzubinden und dabei die Mitarbeitendekommunikation möglichst motivational auszurichten.
Sukzessive Beziehungen treten immer dann auf, wenn Maßnahmen der Vertriebsoder Kommunikationspolitik ergriffen werden, um die Voraussetzungen für den
Einsatz des jeweils anderen Instrumentes zu schaffen. In Abhängigkeit von den
jeweils zugrunde liegenden Markterfordernissen ist es z. B. im Einzelfall sinnvoll,
zunächst einen bestimmten Mindestvertrieb für ein neues Produkt aufzubauen,
bevor das Produkt durch einen intensiven Werbeeinsatz kommunikativ unterstützt
wird.
Beispiel: Sukzessive Beziehungen zwischen kommunikations- und vertriebspolitischen Maßnahmen
In Abhängigkeit von den jeweils zugrunde liegenden Markterfordernissen kann es
im Einzelfall z. B. sinnvoll sein, zunächst einen bestimmten Mindestvertrieb (numerisch/gewichtet) für ein neues Produkt aufzubauen, bevor das Produkt durch einen
intensiven Werbeeinsatz kommunikativ unterstützt wird, damit das neue Produkt
auch im Handel flächendeckend vorhanden ist, wenn es nachgefragt wird.
Darüber hinaus können sich zeitliche Beziehungen auch in Ausprägungen des
intermittierenden Beziehungstyps äußern. Die entsprechenden Wirkungsverbunde
können dabei entweder aus einem in die Maßnahmen der Vertriebspolitik eingeschalteten, temporären Kommunikationseinsatz oder aus einem vorübergehenden
Einsatz vertriebspolitischer Maßnahmen zur Unterstützung des kontinuierlichen
Einsatzes der Kommunikation resultieren. So wird z. B. die Umsetzung der Pull-
Strategie im Rahmen der handelsgerichteten Marktbearbeitung durch einen temporär hohen Werbeeinsatz unterstützt, um so die nötige Sogwirkung zu erzielen.
Die große Bedeutung der Kommunikationspolitik in ihrer Grundfunktion als Instrument zur Leistungs- und Unternehmenspolitik steht branchenübergreifend
außer Frage. Jedoch werden verschiedene Teilausschnitte des kommunikationspolitischen Entscheidungsspektrums in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich
akzentuiert. Im Folgenden wird auf die branchenspezifische Bedeutung der Kommunikationspolitik (Konsumgüter-, Industriegüter- und Dienstleistungsbranche)
kurz eingegangen.
Da es sich in der Konsumgüterbranche meistens um wenig erklärungsbedürftige
Produkte, z. B. Nahrungsmittel, Kosmetika oder Bekleidungsartikel, handelt, deren
kommunikative Unterstützung sich zudem im Regelfall an ein breites Zielpublikum richtet, sind intensive Aktivitäten im Rahmen der Persönlichen Kommunikation und Messen/Ausstellungen nicht von zentraler Bedeutung.
Stattdessen ist im Rahmen einer Betrachtung der funktionalen Bedeutung der
Kommunikationsinstrumente der Mediawerbung der größte Stellenwert beizumessen. Insbesondere bei kurzlebigen, weitgehend homogenen Verbrauchsgütern,
z. B. Zigaretten, wird der Absatz in hohem Maße durch die produkt- bzw. markenbezogene Bekanntheit sowie eine positive Einstellung zum Produkt bzw. zur
Marke gesteuert. Aufgabe der Marktkommunikation ist es daher, vorwiegend den
Konsumenten einen psychologischen Zusatznutzen zu vermitteln, um auf diese
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 21
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 20
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 21
Art und Weise eine sich von der Konkurrenz abgrenzende, psychologische Markenpositionierung zu erreichen (Bruhn 1989b; Sandler 1989).
Auch die Verkaufsförderung hat in der Konsumgüterbranche einen erhöhten funktionalen Stellenwert. Dies gilt insbesondere für die Erreichung taktischer Kommunikationsziele, da der Einsatz der Verkaufsförderung besonders dazu geeignet ist,
auf nachgelagerten Vertriebsstufen sowohl kognitive Reaktionen, z. B. Kenntnisse
über eine Marke, als auch konative Reaktionen, z. B. in Form eines bestimmten
Kauf- und/oder Verwendungsverhaltens, zu stimulieren.
In der Industriegüterbranche bilden zum einen die Komplexität, der hohe Individualisierungsgrad und der Vertrauensgutcharakter der meisten Industriegüter
den Hintergrund für die herausragende Bedeutung der persönlichen und dialogorientierten Kommunikation. Hier kommt in besonderem Maße das Bedürfnis
nach einer umfassenden Kundenbetreuung im Ablauf kommunikativer Prozesse
zwischen Hersteller und Kunde zum Ausdruck, um so Vertrauen gegenüber dem
Unternehmen und seinem Leistungsprogramm aufzubauen. Diesem Bedürfnis
kann vor allem durch eine starke Akzentuierung des Einsatzes von Messen/Ausstellungen, der Persönlichen Kommunikation, des Direct Marketing sowie des
Event Marketing Rechnung getragen werden.
Der Fokus der Kommunikationspolitik für den Anbieter von Industriegütern besteht darin, die erfahrungs- und vertrauensrelevanten Eigenschaften einer Leistung hervorzuheben. Die Komplexität der Güter lässt wegen einer möglichen Informationsüberlastung der Adressaten aber oftmals eine vollständige kognitiv
informierende Kommunikation nicht zu. Deshalb stehen der Imageaufbau und die
Schaffung einer positiven Beziehungsatmosphäre im Mittelpunkt der Kommunikationsaktivitäten von Industriegüterunternehmen (Greiner 1993; Bruhn 2004). Für
viele Unternehmen der Industriegüterbranche ist es daher notwendig, über den
Einsatz der Public Relations das Firmenimage kontinuierlich zu verbessern, um
somit auch die Multiplikation des Badwill-Effektes im Falle fehlgeleiteter Unternehmensaktivitäten in Grenzen halten zu können.
Weiterhin ist auch in der Industriegüterbranche auf den hohen funktionalen Stellenwert der Mitarbeitendekommunikation hinzuweisen. Hier stellt eine motivational und glaubwürdig ausgerichtete Mitarbeitendekommunikation eine wichtige
interne Basis, nicht nur zur Realisierung der Ziele der Marktkommunikation, sondern auch zur Verwirklichung sämtlicher Unternehmensziele dar.
Die Einschätzung der Bedeutung verschiedener Kommunikationsinstrumente in
der Dienstleistungsbranche ist in hohem Maße von der jeweils zugrunde gelegten
Auffassung über die Kommunikation im Dienstleistungsmarketing abhängig. So
kann die Kommunikation auf der einen Seite als wichtiges Leistungsmerkmal der
Dienstleistung zur Erreichung leistungspolitischer Zielsetzungen werden. Auf der
anderen Seite kann sie auch als reines Instrument im Sinne der Kommunikationspolitik aufgefasst werden. Bei dieser Interpretation wird primär eine Analyse der
Kommunikationspolitik als Instrument zur Darstellung der Unternehmensleistungen vorgenommen (Meffert/Bruhn 2009).
Vor dem Hintergrund der Immaterialität von Dienstleistungen geht es insbesondere darum, das „unsichtbare Gut Dienstleistung“ sichtbar zu machen und damit
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik22
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 22
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 23
gleichzeitig den Aufbau eines positiven Images zu unterstützen (Meffert/Bruhn
2009). Aufgrund der besonderen Leistungsfähigkeit der Mediawerbung zur Steuerung von Einstellungen im Hinblick auf Dienstleistungsunternehmen bzw. die
jeweiligen Dienstleistungen nimmt die Mediawerbung vielfach eine (funktionale)
Schlüsselstellung im Kommunikationsmix von Dienstleistungsunternehmen ein.
Die Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch die Konsumenten hängt zudem vielfach und in hohem Maße von der Beratungs- und Überzeugungsleistung
des mit dem Kunden in Kontakt tretenden Dienstleistungspersonals ab. Daher
kommt der Persönlichen Kommunikation in vielen Dienstleistungsunternehmen
ein erhöhter Stellenwert zu. Oftmals werden erst durch ein direktes Feedback
zwischen Dienstleistungskunde und -anbieter die Voraussetzungen geschaffen,
um in hohem Maße individualisierte Dienstleistungen erstellen und verkaufen
zu können (Meyer 1998).
Schließlich ist auch auf die hohe funktionale Bedeutung der Mitarbeitendekommunikation in der Dienstleistungsbranche hinzuweisen. Im direkten Vergleich mit der
Konsumgüter- und Industriegüterbranche ist die Bedeutung im Dienstleistungsbereich sogar noch höher einzuschätzen. Dies liegt vor allem an der Immaterialität
sowie Intangibilität von Dienstleistungen. Der Erfolg von Dienstleistungsunternehmen hängt in hohem Maße von dem zielorientierten Verhalten der Mitarbeitenden
im Rahmen des unmittelbaren Kontaktes zu aktuellen und potenziellen Kunden
ab. Damit sich die Mitarbeitenden im unmittelbaren Kundenkontakt im Sinne der
Unternehmensziele verhalten, ist es notwendig, ihre Fähigkeiten und ihre Motivationen im Hinblick auf eine zielorientierte Pflege der Beziehungen zu aktuellen und
potenziellen Kunden zu verbessern bzw. zu steigern. Die Mitarbeitendekommunikation stellt dabei ein leistungsfähiges Instrument zur planmäßigen Beeinflussung
dieser persönlichkeitsbezogenen Verhaltenskonstrukte dar. Sie ist damit in vielen
Dienstleistungsunternehmen sowohl ein wichtiges Instrument zur funktionalen
Steuerung der Kommunikation von Unternehmen als auch zur Implementierung
des Internen Marketing.
Ferner hat sich die Marketingkommunikation bislang primär mit so genannten
unternehmensgesteuerten Kommunikationsinstrumenten beschäftigt, wie z. B.
mit der klassischen Mediawerbung, der Verkaufsförderung, dem Sponsoring usw.
Dennoch ist die Nutzung des Internets innerhalb der letzten Jahrzehnte zu einem
festen Bestandteil im Leben vieler Menschen geworden. Fast alle Konsumenten
nutzen das Internet, um Informationen zu sammeln, die als Grundlage für zukünftige Entscheidungen dienen. Je nach Art der zu treffenden Entscheidung greifen sie
dabei mehr oder weniger stark auf Webseiten zu, deren Inhalt entweder von Unternehmen selbst oder anderen Internetnutzern generiert wird. Ferner zählen die
Kommunikation (z. B. das Schreiben von E-Mails) und das E-Commerce zu den am
stärksten verbreiteten Tätigkeiten im Internet. Weltweit nutzen mehr als zwei Mrd.
Menschen das Internet und fast eine Milliarde Menschen auf der gesamten Welt
sind im Social Web aktiv (Delicious 2011). Von den Internetnutzern in Deutschland
sind beispielsweise 76 Prozent, also 40 Mio. Bundesbürger, im Social Web aktiv. Bei
den unter 30-Jährigen sind es sogar 96 Prozent der Bundesbürger (BITKOM 2011).
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 23
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 22
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 23
1.1.3 Funktionen und Wirkungen der Kommunikationspolitik
als Marketinginstrument
Wie bereits erläutert, erfolgt der Einsatz der Kommunikation in der Regel zweckgerichtet. Die unternehmerische Kommunikationspolitik erfüllt in diesem Zusammenhang verschiedene Funktionen. Um eine systematische Durchdringung
der relevanten Funktionen der Kommunikationspolitik zu erleichtern, erscheint
es sinnvoll, diese in eine gedankliche Ordnung zu bringen. Dazu bietet es sich an,
zunächst eine grundlegende Unterscheidung in die beiden folgenden Kategorien
vorzunehmen (vgl. Schaubild 1-5):
(1) Mikroökonomische Funktionen,
(2) Makroökonomische Funktionen.
Die verschiedenen Rollen der Kommunikation im Rahmen der mikro- und makroökonomischen Funktionskategorie sind keinesfalls isoliert voneinander zu betrachten. Es ist vielmehr festzuhalten, dass zahlreiche inter- und intrakategoriale
Beziehungen zwischen den einzelnen Funktionen bestehen.
(1) Mikroökonomische Funktionen
Im Rahmen mikroökonomischer Funktionen ist der Einsatz kommunikativer Aktivitäten grundsätzlich in der Lage, Informationsfunktionen wahrzunehmen. Die
Kommunikation kann dazu eingesetzt werden, den Konsumenten bezüglich des
betreffenden Gegenstandes (der Leistung) bzw. seiner Eigenschaften in Kenntnis
zu setzen (Rothschild 1987).
Die Wahrnehmung der informativen Funktion entfaltet gleichzeitig eine Beeinflussungsfunktion, indem die Kommunikation eine Vielzahl (innerer und äußerer)
Verhaltensreaktionen im Sinne der Kommunikationsziele steuert. Die Kerninhalte
der Market Power- und Market Competition School als wichtige psychologische
Strömungen zur Erklärung menschlichen Verhaltens sind in besonderem Maße
dazu geeignet, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie dieses Zusammenspiel zwischen
der Wahrnehmung der informativen und beeinflussenden Funktion erfolgen kann
(Vernon 1971; Wells/Burnett/Moriarty 2008). Nach Auffassung der Market Power
School kann die Kommunikationspolitik dazu eingesetzt werden, das Interesse
des Konsumenten vom Preis abzulenken. Eine dazu konträre Auffassung ist, mit
Funktionen der Kommunikationspolitik
Makroökonomisch
• Wettbewerbsgerichtete Funktion
• Sozial-gesellschaftliche Funktion
Mikroökonomisch
• Informationsfunktion
• Beeinussungsfunktion
• Bestätigungsfunktion
Schaubild 1-5: Funktionen der Kommunikationspolitik
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik24
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 24
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 25
Hilfe der Kommunikationspolitik die Preissensibilität des Konsumenten zu erhöhen (Market Competition School).
Die Wahrnehmung der Beeinflussungsfunktion durch die Kommunikation kann
sich in einer Vielzahl veränderter Verhaltensreaktionen beim Konsumenten äußern
(Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009):
• Emotionsauslösung,
• Erreichung einer bestimmten Motivationshöhe,
• Erzielung einer bestimmten Einstellungsausprägung,
• Präferenzbildung,
• Überzeugung,
• Ausgelöstes Kaufverhalten,
• Ausgelöstes Verwendungsverhalten.
Um den Kommunikationserfolg dauerhaft sicherzustellen ist es notwendig, den
Konsumenten in seinen Verhaltensreaktionen zu bestätigen. Diese Bestätigungsfunktion gilt sowohl für die inneren (nicht beobachtbaren) als auch für die äußeren
(beobachtbaren) Verhaltensweisen. Dabei ist festzustellen, dass die erfolgreiche
Bestätigung innerer Verhaltensreaktionen, z. B. die Vertiefung von Kenntnissen,
die Verstärkung von Interessen, die Stabilisierung von Einstellungen, die Konkretisierung von Handlungsabsichten u. a. m., durch kommunikative Aktivitäten erheblich einfacher ist als eine erfolgreiche kommunikative Zustimmung zu äußeren
Verhaltensreaktionen.
(2) Makroökonomische Funktionen
Die makroökonomischen Funktionen der Kommunikation lassen sich in zwei
zentrale Funktionen untergliedern. Bei der Wahrnehmung der wettbewerbsgerichteten Funktion wird die Kommunikation zunehmend dazu eingesetzt, um
sich gegenüber der Konkurrenz zu profilieren und dadurch Wettbewerbsvorteile
zu erzielen (Schultz/Tannenbaum/Lauterborn 1995, Vorwort; Bruhn/Janßen 1998). Eine
zentrale Ursache für die zunehmende Verlagerung der Wettbewerbsaktivitäten auf
den Einsatz der Kommunikation ist in der Verschärfung der allgemeinen Wettbewerbsbedingungen zu sehen (Bogart 1996).
Weiterhin nimmt die Kommunikation eine sozial-gesellschaftliche Funktion wahr,
deren Ausübung sich in vielfältiger Art und Weise äußern kann. Zunächst ist
in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Kommunikation – neben z. B.
dem Erziehungsstil – Einfluss auf die Struktur und Dynamik des gesellschaftlichen Wertesystems nimmt. Darüber hinaus ist die Kommunikation in der Lage,
auf makroökonomischer Ebene zu einem aufgeklärteren gesellschaftlichen Konsumentenverhalten beizutragen. Sie hilft Unternehmen, Marken, Produkte und
Produkteigenschaften zu vergleichen und den Preis- sowie Qualitätswettbewerb
beurteilen zu können und erhöht damit die Markttransparenz.
Weiterhin wird die sozial-gesellschaftliche Funktion der Kommunikation durch
die Vermittlung von Normen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen deutlich.
Auf diese Art und Weise werden viele Entscheidungen des täglichen Lebens erleichtert, aber auch eingeschränkt. Dies gilt insbesondere für Konsumenten, deren
Persönlichkeitsstruktur in erheblichem Maße fremdbestimmt wird.
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 25
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 24
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 25
Schließlich nimmt die Kommunikation eine sozial-gesellschaftliche Funk tion
wahr, weil sie sämtlichen Mitgliedern der Gesellschaft die Möglichkeit des Zeitvertreibs und der Unterhaltung bietet. Diese Rolle – durch verschiedene Umfragen
belegt (Zoll/Hennig 1970; Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009) – wird häufig
übersehen bzw. unterschätzt, trägt sie doch auch zur Sozialisierung bei, prägt
Vorstellungen sowie Gefühle und ist dadurch in entscheidendem Maße an der
Ausformung des Weltbildes, des Wertewandels und des individuellen Verhaltens
in Gruppen und in der Gesellschaft beteiligt (Kroeber-Riel 1989). Für bestimmte
Personengruppen nimmt der Austausch von Informationen im Rahmen der Social
Media-Kommunikation eine wichtige sozial-gesellschaftliche Funktion ein.
1.1.4 Entwicklungsphasen der Kommunikation
Das Marketing war in den letzten Jahren sehr stark auf den Produktwettbewerb
und den Versuch konzentriert, sich durch Produktinnovationen gegenüber den
Wettbewerbern zu profilieren. In vielen Branchen des Konsumgütermarketing, insbesondere bei Verbrauchsgütern, scheinen jedoch die Grenzen des Produktwettbewerbs erreicht zu sein. So war beispielsweise einer Studie der Zeitschrift „Stiftung
Warentest“ der Hefte 1/1993 bis 3/1994 bereits zu entnehmen, dass 85 Prozent der
Verbrauchsgüter eine gleiche Produktbeurteilung erhalten haben (bei Gebrauchsgütern waren es 65 Prozent). Offensichtlich findet eine Differenzierung durch
Produktmerkmale immer weniger statt. Gleichzeitig haben sich damit auch die
Erfolgsbedingungen für Marketingaktivitäten geändert, da sie immer das Ergebnis
der Veränderung von Marktstrukturen und Wettbewerbsbedingungen sind. Es ist
festzustellen, dass sich das Marketing in vielen Branchen in einem Übergang vom
Produkt- zum Kommunikationswettbewerb befindet.
Um diesen Kommunikationswettbewerb näher zu spezifizieren ist es zunächst notwendig, sich mit einer phasenbezogenen Betrachtung kommunikativer Entwicklungstendenzen einen Überblick bezüglich struktureller Veränderungen im Einsatz
der Kommunikationspolitik zu verschaffen. Dabei lässt sich festhalten, dass sich
der Stellenwert der Kommunikation im Rahmen des Marketingmix in den letzten
Jahren kontinuierlich verändert hat. Dies wird im Folgenden an den Entwicklungsphasen der Kommunikation – grob vereinfachend – verdeutlicht (Bruhn 2009a, S. 8 f.):
(1) Phase der unsystematischen Kommunikation (1950er Jahre)
Die 1950er Jahre waren in Deutschland durch einen Verkäufermarkt geprägt.
Die Produktionsorientierung der Unternehmen führte dazu, dass Marken erst
langsam aufgebaut bzw. wieder aufgebaut wurden. Das akquisitorische Potenzial von Unternehmen wurde in erster Linie durch die Angebotspolitik geschaffen, so dass die Kommunikation für den Verkauf keine große Bedeutung
hatte. Zahlreiche „alte“ bzw. „historische“ Marken, wie beispielsweise Maggi
oder Nivea, konnten nach dem Zweiten Weltkrieg an ihre Tradition anknüpfen
und sich durch einfache werbliche Mittel in die Erinnerung der Konsumenten
zurückrufen.
(2) Phase der Produktkommunikation (1960er Jahre)
In den 1960er Jahren dominierte aus Sicht der Unternehmensführung die Verkaufsorientierung. Die Unternehmen hatten sich durch einen schlagkräftigen
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik26
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 26
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 27
Außendienst gegenüber den Wettbewerbern durchzusetzen. Der Kommunikation kam dabei die Aufgabe zu, durch die Unterstützung des Vertriebs den
Abverkauf der Produkte zu steigern. Diese Phase war durch den Einsatz von
Kommunikationsinstrumenten wie etwa der Mediawerbung, der Verkaufsförderung und des Persönlichen Verkaufs gekennzeichnet.
(3) Phase der Zielgruppenkommunikation (1970er Jahre)
Eine zunehmende Fragmentierung der Märkte machte es in den 1970er Jahren
erforderlich, dass Unternehmen verstärkt nach dem Prinzip der differenzierten
Marktbearbeitung operierten und ihrem Handeln konsequent das Prinzip der
Kundenorientierung zugrunde legten. Die Kommunikation hatte hier einen
spezifischen Kundennutzen zu vermitteln. Das bedeutete, dass die verschiedenen Kommunikationsinstrumente – insbesondere die einzelnen Werbeträger
– zielgruppenspezifisch einzusetzen waren. Um die Zielgruppenerreichung
sicherzustellen, wurden detaillierte Untersuchungen im Bereich der Markt- und
Medienforschung durchgeführt.
(4) Phase der Wettbewerbskommunikation (1980er Jahre)
In den 1980er Jahren wurden die meisten Unternehmen durch das Strategische
Marketing herausgefordert. Das Denken im „Strategischen Dreieck“ (Unternehmen-Kunde-Wettbewerber) war verbunden mit der Suche und dem Ausbau von
Wettbewerbsvorteilen. Der Kommunikationspolitik kam hierbei die Aufgabe
zu, dem Kunden die „Unique Selling Proposition“ (USP) und die damit verbundenen kompetitiven Vorteile zu vermitteln. In dieser Phase standen erstmalig
auch die Kommunikationsinstrumente untereinander im Wettbewerb. Dieser
interinstrumentelle Wettbewerb wurde durch das Auftreten neuer Instrumente
der Marktkommunikation, wie etwa Direct Marketing, Sponsoring und Event
Marketing, verstärkt.
(5) Phase des Kommunikationswettbewerbs (1990er Jahre)
In den 1990er Jahren wurde die Unternehmensführung in erster Linie durch
das Umfeld herausgefordert. Dynamische und turbulente Veränderungen in
den Bereichen Ökologie, Technologie, Politik und Recht sowie die quantitativen und qualitativen Veränderungen des Medienmarktes induzierten einen
permanenten Wertewandel. Ein Aspekt dieses Wertewandels dokumentierte
sich in einer kritischeren Einstellung weiter Bevölkerungskreise gegenüber
Unternehmen und speziell auch ihrer Werbung sowie ihres sonstigen kommunikativen Engagements. Unternehmen hatten sich folglich stärker darum
zu bemühen, die vielfältigen und differenzierten Quellen der Kommunikation in ihrem Einsatz so aufeinander abzustimmen, dass bei den Kommunikationsempfängern, die inzwischen weit über die Zielgruppe der Konsumenten
hinausgingen, ein glaubwürdiges und widerspruchsfreies Bild entstand. Eine
mit diesem Ziel verbundene Integration aller Kommunikationsinstrumente in
ein ganzheitliches Konzept der Kommunikation sowie die Suche nach einer
„Unique Communication Proposition“ (UCP) stellte damit die Herausforderung
der 1990er Jahre dar.
(6) Phase der Dialogkommunikation (2000er Jahre)
Neue Medien, wie das Internet, E-Mail und Call Center, erlauben eine interaktive Ausrichtung der Kommunikation und haben die Kommunikationsmöglichkeiten für Unternehmen in den „2000er Jahren“ erheblich erweitert. Sie
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 27
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 26
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 27
haben auch die Anforderungen an die Kommunikationspolitik der Unternehmen verschärft, da sich gleichzeitig die Anspruchshaltung der Konsumenten
erhöht hatte und eine abnehmende Unternehmensloyalität festzustellen war.
Vor diesem Hintergrund waren Unternehmen gefordert, ein neues Verständnis
für die Kommunikation mit ihren Zielgruppen zu entwickeln. Im Mittelpunkt
stand nicht mehr das Bemühen, Konsumenten durch einseitige Kommunikation
in ihren Verhaltensweisen (z. B. Kaufentscheidungen, Verfassen von Presseartikeln, Bereitstellung von Kapital) zu beeinflussen, sondern das Ziel, zweiseitige
Kommunikationsprozesse im Sinne von Dialogen zu initiieren und langfristige
Beziehungen zu den Kunden aufzubauen.
(7) Phase der Netzwerkkommunikation (2010er Jahre)
Neue Kommunikationsformen, wie vor allem die Social Media-Kommunikation, treiben insbesondere die Interaktivität der Kommunikation in den 2010er
Jahre wesentlich voran. Viele Konsumenten verändern ihr Such-, Informationsund Entscheidungsverhalten aufgrund von persönlichen Empfehlungen im
Internet. Zurzeit sind zahlreiche Erscheinungsformen zu beobachten, wie etwa
Weblogs, Internetplattformen wie StudiVZ oder Xing, Bookmarking-Dienste,
Online-Foren, Wikis u. a. m. – und es ist zu erwarten, dass neue und innovative
Formen in der Zukunft dazukommen werden. Die Kommunika tionspolitik von
Unternehmen hat sich auf diese nutzergetriebenen Medien aktiv einzustellen.
Die Betrachtung der Entwicklungsphasen dokumentiert die veränderte Bedeutung
der Kommunikation für den unternehmerischen Erfolg in den letzten Jahrzehnten.
Schaubild 1-6 stellt die unterschiedlichen Entwicklungsphasen und ihre Merkmale
bzw. Besonderheiten zusammenfassend dar.
Kommunikation ist insofern seit langem nicht mehr ein unterstützendes Verkaufsinstrument und damit lediglich eine Begleiterscheinung der Produktpolitik, sondern ein eigenständiges und professionell einzusetzendes Instrument moderner
Unternehmensführung. Kommunikation wird zum strategischen Erfolgsfaktor
für Unternehmen, da sie eine erfolgreiche Differenzierung vom Wettbewerb ermöglichen kann.
Aufgrund der spezifischen Kommunikationsbedingungen, durch die die Entwicklungsphasen der Kommunikation gekennzeichnet sind, ist in vielen Branchen seit
einiger Zeit eine Umverteilung der Kommunikationsbudgets zu beobachten. Dabei ist als zentrale Entwicklung auffällig, dass im Verlauf der 1990er Jahre die
Kommunikationsbudgets zu Lasten der Maßnahmen „Above the Line“ (vor allem
Mediawerbung) und zu Gunsten von Kommunikationsmaßnahmen „Below the
Line“ (z. B. Verkaufsförderung, Sponsoring, Direct Marketing) umverteilt wurden;
eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren zwar etwas verlangsamt hat, aber
in vielen Unternehmen eine bedeutende Veränderung der Aufteilung des Kommunikationsbudgets hinterlässt (GWA (Gesamtverband Kommunikationsagenturen
e.V. 2005).
Die Kommunikationspolitik und insbesondere die Phase der Dialogkommunikation ist heute im Kontext eines Paradigmenwechsels im Marketing zu sehen. Bis in
die 1990er Jahre dominierte das Transaktionsmarketing, in dem die Transaktion
einer Einzelleistung sowie die Gewinnung von Neukunden bzw. Realisierung von
Erstverkäufen im Vordergrund stand. Im Transaktionsmarketing kommt der (Mar-
1 G
eg
en
stan
d
sb
ereich
u
n
d
Th
eo
rien
d
er K
o
m
m
u
n
ikatio
n
sp
o
litik
28
V
ah
len
s H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
r uckd
aten
Se ite 28
V
ah
lens H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
ruckd
aten
Seite 29
Phase der
unsystematischen
Kommunikation
(1950er Jahre)
Phase der
Produktkommunikation
(1960er Jahre)
Phase der
Zielgruppenkommunikation
(1970er Jahre)
Phase der
Wettbewerbskommunikation
(1980er Jahre)
Phase des
Kommunikationswettbewerbs
(1990er Jahre)
Phase der
Dialogkommunikation
(2000er Jahre)
Phase der
Netzwerkkommunikation
(2010er Jahre)
Zentrale
Aufgabe
der
Kommunikationspolitik
Information,
Erinnerung an „alte“
Marke
Kommunikative
Unterstützung des
Verkaufs
Vermittlung eines zielgruppenspezischen
Kundennutzens
Kommunikative Pro-
lierung gegenüber
Wettbewerbsmarken
Vermittlung eines
konsistenten Bildes
des Unternehmens
Aufbau und
Intensivierung der
Beziehungen zu den
Zielgruppen, v.a.
Kundenbindung
Aufbau und Intensivierung von
Kommunikationsbeziehungen
in Netzwerken (onlinebasierten
Netzgemeinschaften)
Kommunikationsprozesse
sind technologiegetrieben und
sprechen eine unbegrenzte
Anzahl von Beteiligten an (je
nach Zielgruppenplanung)
Relevante
Zielgruppe
Relativ undifferenziert, auf Endverbraucher gerichtet
Handelskommunikation gewinnt an
Bedeutung
Vertikales Marketing:
verbraucher- und
handelsbezogene
Kommunikation
Erweiterung der
Zielgruppen um die
Öffentlichkeit
Integration der externen Marktkommunikation und internen
Kommunikation
Exterme und interne
Anspruchsgruppen
Sämtliche Internet-Nutzer
Bedeutung
der Kommunikation
im Marketingmix
Geringe Bedeutung Ergänzung zu
-reVdnu-tkudorP
kaufspolitik
Gleichberechtigte
Bedeutung gegenüber
anderen Mixelementen
Kommunikation wird
wichtiger als der Preis
(Kommunikationsmix)
Zentrale Bedeutung
für die Durchsetzung
im Markt
Kommunikation als
zentrales Element im
Beziehungsmarketing
Die Unternehmens- und
Marketingkommunikation hat
-akinummoK-aideMlaicoSeid
tion zu integrieren
Zentrales
Kommunikationsobjekt
Einzelne Produkte/
Marken
Produkte und
neiniltkudorP
Verschiedene
neigetartsnekraM
Neben dem Produkt
wird das Unternehmen als Ganzes
kommuniziert
Produkt und das
Unternehmen hinter
dem Produkt
Marken, das Unternehmen selbst, Kundenbeziehungen
Marken, v.a. Dachmarken
Schwerpunkte im
Einsatz von
Kommunikationsinstrumenten
Mediawerbung, v.a.
Plakate
Mediawerbung,
Verkaufsförderung,
Persönliche Kommunikation
Mediawerbung,
Verkaufsförderung,
Persönliche Kommunikation, Messen und
Ausstellungen
Imagewerbung, Public
Relations, Sponsoring,
Direct Marketing
Individuelle Werbung,
Event Marketing,
Tele-Marketing, Dialogkommunikation
Primär dialogorientierte Kommunikationsinstrumente (v.a. Direct
Marketing, Persönliche
Kommunikation, Online-Kommunikation,
Interne Kommunikation sowie klassische
Kommunikationsinstrumente, die um dialogische Komponenten
erweitert werden (z.B.
Sponsoring)
-ummoK-aideMlaicoSrämirP
nikation
Relative
Bedeutung der
Kommunikation
Zeit
1.1 G
eg
en
stan
d
sb
ereich
d
er K
o
m
m
u
n
ikatio
n
sp
o
litik
29
V
ah
lens H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
ruckd
aten
Seite 28
V
ah
lens H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
ruckd
aten
S eite 29
Phase der
unsystematischen
Kommunikation
(1950er Jahre)
Phase der
Produktkommunikation
(1960er Jahre)
Phase der
Zielgruppenkommunikation
(1970er Jahre)
Phase der
Wettbewerbskommunikation
(1980er Jahre)
Phase des
Kommunikationswettbewerbs
(1990er Jahre)
Phase der
Dialogkommunikation
(2000er Jahre)
Phase der
Netzwerkkommunikation
(2010er Jahre)
Verhalten
der
Rezipienten
Kaum Verhaltensbeeinussung,
eher Wecken von
Neugierde
Nutzung der
Kommunikation als
zuverlässige Produktinformation
Beginnendes Misstrauen gegenüber
Werbeversprechen
Sinkende Glaubwürdigkeit der Kommunikation und Reaktanz
(Zapping)
Informationsüberlastung, Ablehnung der
klassischen Werbung
Hohe Anspruchshaltung, sinkende
Kundenbindung und
-zufriedenheit, abnehmende Unternehmensloyalität, Abwechslungsuchende (Variety
Seeker)
Partizipation und Dialog-
-dnuM-uz-dnuM,tfahcstiereb
Kommunikation, Interaktivität,
Aufbau von sozialen Netzgemeinschaften
Kosten der
Kommunikation
Relativ unbedeutend
im Marketingmix
Investitionen in Vertriebskommunikation
Investitionen in den
Aufbau von Marken
Steigende Kosten für
vielfältigen Einsatz
von Kommunikationsinstrumenten
Überproportionale
Steigerung der Kommunikationskosten
Überproportionale
Steigerung, Kostenexplosion bei klassischen
Medien, sehr hohe
Pro-Kopf-Ausgaben
bei Persönlicher Kommunikation
Evtl. Senkung der Kommunikationskosten durch Netzwerke,
da die Kommunikation durch
die Mund-zu-Mund-Kommunikation „von alleine läuft“
Rolle der
Agenturen
Geringe Bedeutung
von Agenturen,
direkter Kontakt zu
Medienunternehmen
-reWnovgnureilbatE
beagenturen
Überwiegend Full-
Service-Agenturen
Beginn der Herausbildung von
Spezialagenturen
(PR-, Verkaufsförderungs-, Sponsoringagenturen)
Zurück zu Full-
Service-Agenturen,
Agenturnetzen
Abnahme der Bedeutung klassischer
Mediaagenturen,
Bedeutungszunahme
spezialisierter Agenturen mit Kompetenzen
im Relationship
Marketing
Zunehmende Zusammenarbeit
mit „Interactive-Agenturen“
mit umfassenden Fähigkeiten
in Bezug auf die Social Media-
Kommunikation, neue Formen
der Zusammenarbeit zwischen
Unternehmen und Agenturen
Relative
Bedeutung der
Kommunikation
Zeit
1 G
eg
en
stan
d
sb
ereich
u
n
d
Th
eo
rien
d
er K
o
m
m
u
n
ikatio
n
sp
o
litik
30
V
ah
len
s H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
r uckd
aten
Se ite 30
V
ah
lens H
and
bücher – Bru
h
n – K
om
m
u
n
ikationspolitik 7. A
u
fl.
H
erstellu
ng: Frau D
eu
ringer
25.10.2012
D
ruckd
aten
Seite 31
Phase der
unsystematischen
Kommunikation
(1950er Jahre)
Phase der
Produktkommunikation
(1960er Jahre)
Phase der
Zielgruppenkommunikation
(1970er Jahre)
Phase der
Wettbewerbskommunikation
(1980er Jahre)
Phase des
Kommunikationswettbewerbs
(1990er Jahre)
Phase der
Dialogkommunikation
(2000er Jahre)
Phase der
Netzwerkkommunikation
(2010er Jahre)
Organisation der
Kommunikation im
Unternehmen
Keine kommunikationsspezischen
Organisationseinheiten
Etablierung von
negnulietbasbatS
Kommunikation als
Aufgabe der Linie,
häug nach Produktgruppen getrennt
(Produktmanagement)
Spezialabteilungen für
einzelne Kommunikationsinstrumente
Despezialisierung in
der Organisation, Einsatz von Kommunikationsmanagern
Dezentrale Einheiten,
Prozessorientierung,
Projektorganisation,
Empowerment der
Mitarbeitenden
Verankerung der Social Media-
Richtlinien im Unternehmen,
entsprechende Organisationsstruktur und Unternehmenskultur (Bildung cross-funktionaler Einheiten im Unternehmen und Schaffung einer
Kooperationskultur), Transfer
von Know-how und Wissen
in Bezug auf die Social Media-
Kommunikation
Hauptprobleme im
kommunikativen
Auftritt
Relativ unbedeutend
im Marketingmix
Zu undifferenziertenoitakinummoK
Verstärktes Aufkommen von Wettbewerbern mit homogenen
Angebot
Zu starke Differenzierung in der
Kommunikation und
damit inkonsistente
und uneinheitliche
Wahrnehmung durch
die Rezipienten
Innerbetriebliche Widerstände (personelle,
organisatorische,
konzeptionelle) gegen
die Integration
Integration von
Instrumenten der
transaktions- und
dialogorientierten
Kommunikation;
Implementierungsbarrieren der Kundenorientierung in der
Kommunikation
Unvollständige Integration der
Social Media-Kommunikation
in den klassischen Kommunikationsmix, Netzwerk
bewertet die Botschaften und
übernimmt teilweise die Kontrolle über Kommunikationsprozesse, die Kontrollierbarkeit
der Kommunikation durch das
Unternehmen wird erschwert
bzw. teilweise unmöglich
Relative
Bedeutung der
Kommunikation Zeit
Schaubild 1-6: Entwicklungsphasen der Kommunikation (Bruhn 2009a, S. 8 f.)
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 31
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 30
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 31
keting-)Kommunikation primär eine reine verkaufsunterstützende Funktion zu.
Die Kommunikation hat die Aufgabe, Informationen an ein breites Massenpublikum zu kommunizieren und primär eine Leistungsdarstellung vorzunehmen. Das
Transaktionsmarketing wird jedoch zunehmend durch das Beziehungsmarketing
(Relationship Marketing) abgelöst. Die Sättigung vieler Märkte sowie die damit
verbundene Verstärkung der Wettbewerbsintensität erschwert die Akquisition neuer Kunden und zwingt die Unternehmen zunehmend nicht mehr in kurzfristig
angelegten Transaktionen zu denken, sondern den Schwerpunkt auf langfristige
Kundenbeziehungen zu legen. Der Aufbau und Erhalt ökonomisch-attraktiver
Kundenbeziehungen ist neben einer rein auf Neukundengewinnung ausgerichteten Unternehmensführung zu einem maßgeblichen Erfolgsfaktor in vielen Branchen geworden. Im Rahmen der Beziehungsorientierung ist die Kommunikation
nicht mehr als reiner Erfüllungsgehilfe der Produktpolitik anzusehen, vielmehr
kommt der Kommunikation die Aufgabe zu, die Anbieter-Kunde-Beziehung in den
verschiedenen Phasen der Beziehung zu moderieren (vgl. zu den verschiedenen
Phasen einer Beziehung Bruhn 2009b, S. 59 ff. sowie die dort aufgeführte Literatur).
Da die Qualität einer Beziehung wesentlich durch die Art der Interaktion zwischen
einem Unternehmen und seinen Zielgruppen beeinflusst wird, kommt der Kommunikationspolitik im Rahmen des Relationship Marketing eine besondere Bedeutung zu. Dabei geht es nicht mehr ausschließlich um eine Leistungsdarstellung,
sondern gleichzeitig darum, in den unterschiedlichen Phasen des Beziehungslebenszyklus auf das Informations- und Interaktionsbedürfnis der einzelnen Zielgruppen einzugehen und einen zweiseitigen Kommunikationsprozess zu initiieren
(Bruhn 2000a; 2008b). Dies gilt nicht nur für die (unternehmensgesteuerten) Medien
wie Direct Marketing, Online-Kommunikation, Persönliche Kommunikation, sondern auch für die nutzergesteuerten Medien der Social Media-Kommunikation
(Blogs, Communities, Twitter).
Beziehungen können sich nur durch den Dialog zwischen zwei gleichgestellten
Kommunikationspartnern, die abwechselnd die Funktion der Ansprache und der
Rezeption übernehmen, entwickeln. Eine feste und dynamische Kundenbeziehung zeichnet sich durch das Prinzip einer „learning relationship“ aus. Damit
Beziehungen im Zeitablauf immer individueller, intensiver und intimer werden,
ist der gegenseitige, fortlaufende Informationsaustausch notwendig. Der wechselseitige Dialog ermöglicht es den Beziehungspartnern, auf die sich im Zeitablauf
verändernden Bedürfnisse ihres Austauschpartners einzugehen und somit dem
Prinzip der Wechselseitigkeit einer Beziehung zu entsprechen. Das klassische
Kommunikationsmodell des Transaktionsmarketing, das durch einseitige Kommunikationsprozesse gekennzeichnet ist, wird im Relationship Marketing durch
ein zweiseitiges Kommunikationsmodell ersetzt (vgl. Schaubild 1-7).
Entsprechend der „Outside-in“-Perspektive richtet das Unternehmen seine Kommunikationsziele und -inhalte auf die Informationsbedürfnisse des Kunden aus.
Beide Kommunikationspartner haben Zugang zu einem Pool an Informationsund Interaktionsmöglichkeiten. In diesem Pool befinden sich sowohl von Nutzern
als auch von Unternehmen generierte Inhalte. Der Kunde ist für die Initiierung
des Dialogs nicht mehr auf die Ansprache des Unternehmens angewiesen. Der
Kunde kann selbst die ihn interessierenden Informationen abrufen sowie anderen
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik32
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 32
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 33
Nutzern über Plattformen zur Verfügung stellen. Dies geschieht beispielsweise
im Zuge von nutzergenerierten Blogs. Demzufolge ist die Kommunikation im
Relationship Marketing nicht mehr als Push-Kommunikation, sondern auch als
Pull-Kommunikation auszurichten, da die Rezipienten aktiv am Kommunikationsprozess teilnehmen. Daher ist es sinnvoll, zwischen diesen beiden Formen der
Kommunikation zu unterscheiden:
(1) Push-Kommunikation
Hier handelt es sich um eine Kommunikationsform, die nach dem klassischen
Kommunikationsmodell ausgerichtet ist (Sender – Medium – Empfänger). Es
dominiert eine vom Anbieter initiierte einseitige Kommunikation, z. B. durch
die Mediawerbung oder Pressearbeit. Die Funktionen der Kommunikation liegen primär in der Information und Beeinflussung der Konsumenten sowie der
Bestätigung ihrer Verhaltensweisen (Bruhn 2009a).
(2) Pull-Kommunikation
Diese Form der Kommunikation geht primär vom Nachfrager aus und ist zweiseitig, z. B. bei der Online-Kommunikation, bei Call-Center-Anfragen oder Beschwerden. Der Anbieter schafft einen Pool von Informations- und Interaktionsangeboten, bei dem der Nachfrager entscheidet, ob und wie er sie in Anspruch
nehmen möchte (Multi-Channel-Angebote). Dies bedeutet, dass Instrumente
der Pull-Kommunikation die Zielgruppen direkt oder indirekt dazu auffordern, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. Die Zielgruppen haben diese
Aufforderung zu akzeptieren und in einem nächsten Schritt umzusetzen. Da
der Dialog mit den Zielgruppen im Mittelpunkt einer beziehungsorientierten
Kommunikation steht, empfiehlt es sich, die Auswahl der Kommunikations-
Nutzergesteuerte
Kommunikationsmedien
Kommunikationspartner
Anbieter
Kommunikationspartner
Nachfrager
Unternehmensgesteuerte
Kommunikationsmedien
Nutzergenerierte
Inhalte
Unternehmensgenerierte
Inhalte
Pool von Informations- und
Interaktionsangeboten
Direkte und indirekte
Rückkoppelungen
Direkte und indirekte
Rückkoppelungen
Schaubild 1-7: Kommunikationsmodell im Relationship Marketing
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 33
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 32
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 33
instrumente nach dem Kriterium ihrer Interaktions- und Dialogeignung vorzunehmen. Darüber hinaus sind die Kommunikationsinstrumente individuell
zuzuschneiden und flexibel einzusetzen, um den Kommunikationsbedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen gerecht zu werden (Bruhn 2009a).
Die Social Media-Kommunikation kann sowohl Aspekte der Push- als auch der Pull-
Kommunikation beinhalten. Im Falle von unternehmensgenerierten Inhalten wird
die Kommunikation vom Anbieter initiiert (z. B. von Unternehmen generierte Blogs).
Die Unternehmen stellen den Konsumenten zunächst Informationen auf onlinebasierten Plattformen zur Verfügung (Push-Kommunikation). Die Social Media-
Kommunikation wird aber erst zu jenem Zeitpunkt wirksam, zu dem Kunden sich
aktiv am Kommunikationsprozess beteiligen und in Dialog mit den Unternehmen
bzw. anderen Nutzern treten. Dies bedeutet, dass die Social Media-Kommunikation,
jetzt als Instrument der Pull-Kommunikation, die Zielgruppen direkt oder indirekt
dazu auffordert, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. Nehmen die Kunden
aktiv am Kommunikationsprozess teil und sind an einem Informations- und Interessensaustausch über so genannte Netzwerkgemeinschaften interessiert, dann
ist die Kommunikation auch als Pull-Kommunikation auszurichten.
Ferner sind Rückkoppelungskanäle wesentliche Merkmale des Kommunikationsmodells im Relationship Marketing. Sie legen die Basis für den zweiseitigen Dialog,
indem sie den Kunden ermöglichen, selbst als Sender von Kommunikationsbotschaften aufzutreten (Duncan/Moriarty 1998; Grönroos 2004). Diese Meinungsäußerungen der Kunden (Informationspool) können wiederum in die Planung geschäftlicher Aktivitäten einbezogen werden. Rückkoppelungseffekte manifestieren sich
zum einen in psychologischen Wirkungsgrößen (Kundenzufriedenheit, Commitment u. a.) und zum anderen im ökonomischen Kommunikationserfolg (Absatz,
Umsatz u. a.).
Die Dynamik im Kommunikationswettbewerb resultiert insbesondere aus den
strukturellen Verschiebungen der Kommunikations- und Medienmärkte, die im
Folgenden näher gekennzeichnet werden.
1.1.5 Rahmenbedingungen unternehmerischer
Kommunikation
Um einen umfassenden und differenzierten Einblick in die Rahmenbedingungen
der Kommunikations- und Medienmärkte zu erhalten, ist es notwendig, die entsprechenden Strukturveränderungen und Entwicklungstendenzen in systematischer Art und Weise offen zu legen. Hier bietet es sich an, eine systemorientierte
Unterteilung vorzunehmen. Danach kann unterschieden werden:
(1) Angebotsseitige Strukturveränderungen,
(2) Nachfrageseitige Strukturveränderungen.
Im Folgenden werden die angebots- und nachfrageseitigen Entwicklungstendenzen
in den Kommunikations- und Medienmärkten näher gekennzeichnet. In Ermangelung des entsprechenden Datenmaterials für andere Kommunikationsinstrumente
wird dabei vorrangig auf den deutschen Markt für Mediawerbung eingegangen.
Dies erscheint durchaus sinnvoll, weil die Mediawerbung zum einen in den meis-
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik34
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 34
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 35
ten Fällen – vor allem in Konsumgütermärkten – das Kommunikationsinstrument
mit der deutlich größten Bedeutung ist. Zum anderen ist davon auszugehen, dass
die Entwicklungstendenzen in den Märkten für die anderen Kommunikationsinstrumente weitgehend mit denen der Mediawerbung in Einklang stehen.
(1) Angebotsseitige Strukturveränderungen
Zunächst ist auf die Entwicklung der Werbeeinnahmen in Deutschland hinzuweisen. Die Netto-Werbeeinnahmen der Werbeträger in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts, in Zeiten einsetzender ökonomischer Abschwungphasen, sind deutlich
unter Druck geraten. Die aktuelle Stimmung in der Werbewirtschaft entspricht
den wirtschaftlichen Tatbeständen. Nach fünf Jahrzehnten stetigen und teilweise
zweistelligen Wachstums der Werbeeinnahmen ist in den vergangenen Jahren ein
Minus bei den Werbeeinnahmen zu verzeichnen. Erreichten die Werbeumsätze
der Medien im Jahr 2007 noch ihren Höhepunkt mit 20,81 Mrd. EUR, waren es
2011 nur noch 18,93 Mrd. EUR (ZAW (Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft)
2012, S. 17). Dies ist möglicherweise auf die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre
zurückzuführen. Die Tageszeitungen erreichte im Jahr 2011 einen Netto-Werbeumsatz von 3,36 Mrd. EUR und weist damit ein Minus von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Das Fernsehen kam auf 3,98 Mrd. EUR Werbeumsätze und
konnte im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 0,7 Prozent verbuchen. Besonders
stark traf die Wirtschaftskrise die Publikumszeitschriften. Ihre Netto-Werbeerlöse
sanken 2009 um 16,8 Prozent auf 1,41 Mrd. EUR, konnten sich aber 2011 wieder
auf 1,44 Mrd. EUR steigern. Die Umsätze der Online-Angebote ließen sich erneut
erhöhen. Im Jahr 2011 stiegen die Umsätze der Online-Angebote um 15,0 Prozent
auf 0,99 Mrd. EUR. Eine detaillierte Übersicht über die Entwicklungen der Werbeeinnahmen der verschiedenen Werbeträger zeigt das ZAW (2012). Grundsätzlich
ist festzustellen, dass im Werbejahr 2011 im Gesamten eine Umsatzsteigerung von
1,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. (ZAW (Zentralverband der
deutschen Werbewirtschaft) 2012).
Im Zuge des exponentiellen Anstiegs der Medienanzahl ist auch eine kontinuierliche hohe Anzahl von Werbetreibenden und beworbenen Marken zu beobachten: Im
Jahre 2010 wurden 69.072 Marken-Neuanmeldungen beim Deutschen Marken- und
Patentamt registriert (DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) 2011, S. 26). Diese
Zahl bestätigt die große Nachfrage nach Marken, wenn auch mit einem leichten
Rückgang um 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Viele Unternehmen erhöhen zum anderen ihre Werbeetats und versuchen auf diese
Weise, die Medialeistungen der Vergangenheit durch höhere Aufwendungen zu
erhalten. Die Erhöhung des Werbedrucks „schaukelt“ sich durch das Parallelverhalten der einzelnen Kommunikationstreibenden allerdings immer weiter fort.
Ein weiteres „Me-too-Verhalten“ der Unternehmen zeigt sich bei der Erarbeitung
der kreativen Leistung. Durch ein starkes Sicherheitsdenken geprägt, werden
traditionelle Formen der Botschaftsgestaltung bevorzugt, weil sie in Werbemitteltests erfahrungsgemäß immer die besten Ergebnisse zeigen. Allerdings führt
dies insgesamt im Verhalten zu einer Gleichartigkeit in der Botschaftsgestaltung.
Die Eigenständigkeit im kommunikativen Auftritt geht verloren und stellt damit
1.1 Gegenstandsbereich der Kommunikationspolitik 35
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 34
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 35
sowohl die Effektivität des Kommunikationsmix als auch die Effizienz einzelner
Kommunikationsinstrumente in Frage.
Das Problem der Effektivität ergibt sich für die Unternehmen als Intermediavergleich, d. h. in der Frage nach der Wahl der geeigneten Kommunikationsinstrumente
für die Marktkommunikation („To do the Right Things“). Das Problem der Effizienz
stellt sich in der Kommunikationspolitik als Intramediavergleich, d. h. der Vergleich
von alternativen Medien bzw. Maßnahmen innerhalb eines Kommunikationsinstrumentes unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten („To do the Things Right“). Dazu
ist es zum einen notwendig, die kommunikationspolitischen Instrumente jeweils
einer prozessorientierten Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen und gegenüberzustellen, um so zu einer optimalen Allokation der Kommunikationsressourcen zu
gelangen. Im Ergebnis wird es dann bei vielen Unternehmen zu einer interinstrumentellen Umschichtung der Kommunikationsressourcen kommen. Zum anderen
haben die Unternehmen in Zukunft verstärkt darüber nachzudenken, wie sie die
Kommunikation auf intrainstrumenteller Ebene dem verstärkten Kommunikationswettbewerb anpassen, damit die in zunehmendem Maße auftretenden Streuverluste
sowie die sinkenden Kommunikationswirkungen aufgefangen werden.
Der Stellenwert des Einsatzes der Social Media-Kommunikation für Unternehmen
kann zunächst allgemein an der Anzahl der Unternehmen verdeutlicht werden,
die in Social Media investieren. Eine Umfrage des Consulting- und Wirtschaftsprüfungsdienstleisters Deloitte aus dem Jahr 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass
94 Prozent aller Unternehmen weltweit in Social Media-Kommunikation investieren. Das Motiv hierfür ist, dass die Unternehmen mit ihren Kunden, Partnern
aber auch ihren Mitarbeitenden in den Dialog treten möchten. Als Ziel verfolgt die
Mehrheit der Unternehmen die Generierung neuer Ideen, die Erhöhung der Kundenbindung, die Stärkung der Markenbekanntheit sowie die Ausnutzung „Viraler
Effekte“ der Kommunikation.
Die gemeinsame Studie der Kommunikationsagentur Cone und des Boston College
Center für Corporate Citizenship unterstreicht die Wichtigkeit für Unternehmen, auf
Social Media-Plattformen präsent zu sein, aktiv zu kommunizieren, zu interagieren
und Monitoring zu betreiben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass 93 Prozent
der befragten Personen von den Unternehmen erwarten, dass diese mit ihnen auf
online-basierten Plattformen in Kontakt treten. Ferner sind circa 90 Prozent der 18
bis 29-Jährigen in einer Community vertreten, d. h. sie sind Mitglied einer Netzgemeinschaft. Diese hohe Anzahl veranschaulicht den sprunghaften Anstieg der
Social Media-Kommunikation.
(2) Nachfrageseitige Strukturveränderungen
Auf Seiten der Kommunikationsnachfrager bleibt das quantitativ umfangreiche
Kommunikationsangebot nicht ohne Konsequenzen bei den Rezipienten. Bedingt
durch die Atomisierung der Medien und die steigenden Werbeaufwendungen
werden die Rezipienten mit immer mehr Kommunikationsimpulsen konfrontiert.
Der Konfrontation mit Werbeimpulsen steht der Medienkonsum der Deutschen
gegenüber, der sich wie folgt aufteilt (Reitze/Ridder 2006; Mediaperspektiven 2009;
Statista 2010):
1 Gegenstandsbereich und Theorien der Kommunikationspolitik36
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 36
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 37
• Durchschnittlicher Fernsehkonsum: 220 Minuten/Tag
• Durchschnittlicher Hörfunkkonsum: 187 Minuten/Tag
• Durchschnittliche Nutzungszeit des Internet: 83 Minuten/Tag
• Durchschnittliche Lesezeit in Zeitungen: 23 Minuten/Tag
• Durchschnittliche Lesezeit in Zeitschriften: 6 Minuten/Tag
Notwendigerweise stellt sich somit eine Überlastung an Informationen ein, die
nicht nur werbebedingt ist, sondern ihre Ursachen im allgemeinen Überangebot
an Informationen hat. Nach einer Studie von Kroeber-Riel (1987) lag in Deutschland
bereits Mitte der 1980er-Jahre ein durchschnittliches Niveau an Informationsüberlastung von 98 Prozent vor (zur Berechnung der Informationsüberlastung vgl.
Kroeber-Riel/Esch 2011). Die Überlastung durch Werbung liegt auf einem ähnlich
hohen Niveau und beträgt nach Kroeber-Riel in gedruckter Werbung über 95 Prozent; in elektronischen Medien dürfte sie nochmals höher sein. Dies bedeutet,
dass höchstens 5 Prozent der gesendeten Unternehmensinformationen überhaupt
die Chance haben, in Kontakt mit den Zielgruppen zu kommen (Kroeber-Riel/Esch
2011). Ein veränderter Medienalltag, fehlende Aufmerksamkeit seitens der Kommunikationsempfänger, zeitliche Restriktionen sowie die allgemeine Tendenz zu
„Informationen on Demand“ der Konsumenten führen dazu, dass die klassischen
Medien im Allgemeinen immer weniger Beachtung erfahren. Zunehmend beteiligt
sich der Nachfrager aktiv an der Informationserstellung, während die mediale
Nutzung und die Kommunikation weiter verschmelzen. Die Aufmerksamkeit für
Printmedien fällt von 40 Minuten täglich auf unter 30 Minuten. Mit einer täglichen
Nutzungszeit von über zwei Stunden wird das Internet zum relevantesten Medium
in der Gesellschaft. Die Gesamtnutzung aller Medien soll von derzeit 9,5 Stunden
auf über 10 Stunden pro Tag im Jahr 2015 ansteigen. Bei den Nutzern geht der
Trend im Berufsalltag oder im privaten Umfeld zunehmend zu einer digitalen,
audiovisuellen und interaktiven Medienlandschaft.
Auf der Nachfrageseite ergeben sich durch den erhöhten Werbedruck zwei zentrale Veränderungen in der individuellen Wahrnehmung, nämlich eine reduzierte
Konzentrationsfähigkeit und damit verbunden eine oberflächliche Informationsverarbeitung. Insgesamt reagieren die Nachfrager auf die Strukturveränderungen
durch eine Kurzzeitigkeit in der individuellen Wahrnehmung und Verarbeitung.
Dies bedeutet im Einzelnen:
• Kurzzeitlesen, d. h., nur kurze Texte werden gelesen.
• Kurzzeitsehen, d. h., Bilder werden nur sehr schnell betrachtet.
• Kurzzeithören, d. h., nur kurzen Aussagen wird zugehört.
Diese Kurzzeitigkeit in der Wahrnehmung führt auch zu einer verstärkten Selektion der angebotenen Kommunikationsimpulse, die durch die spezifischen Formen der Werbevermeidung (z. B. „Zapping“) bis hin zu Verweigerungshaltungen
gekennzeichnet ist.
Um im Kommunikationswettbewerb bestehen zu können, ist es daher beispielsweise notwendig, dass der Werbeeinsatz in Zukunft
• bildbetonter,
• emotionaler,
• kreativer,
1.2 Theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik 37
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 36
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 37
• innovativer,
• integrativer
ausgerichtet wird.
Dabei wird es immer stärker darauf ankommen, dass die Unternehmen ein eigenständiges, konsistentes und vor allem einzigartiges kommunikatives Bild von der
beworbenen Marke in den Köpfen der Zielpersonen verankern. Vorrangiges Ziel
der Unternehmen hat daher die Realisierung einer Unique Communication Proposition (UCP) im Sinne eines strategischen Kommunikationsvorteils zu sein, die als
Bestimmungsfaktor für den Markterfolg zunehmend an Bedeutung gewinnt und
ein Überleben im Kommunikationswettbewerb sicherstellt.
1.2 Theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden keine wesentlichen forscherischen Aktivitäten im Bereich der unternehmerischen Kommunikationspolitik durchgeführt.
Die Ausrichtung kommunikativer Aktivitäten folgte dem intuitiven Gespür oder
der Erfahrung des Kommunikators. Erst das Ende des Zweiten Weltkrieges markierte den Beginn einer gezielten Kommunikationsforschung (Clark/Brock/Stewart
1994). Die Vielzahl der zu verschiedenen Themenbereichen der Kommunikation
durchgeführten Studien zeigt, dass sich die Kommunikationsforschung seitdem
in unterschiedliche Richtungen entwickelt hat (vgl. Schaubild 1-8).
Im absatzpolitischen Kontext sind vor allem die Studien zur Wirkung von Produkt-,
Marken- und Servicewerbung sowie mit Einschränkungen die Untersuchungen
zur werbeinduzierten Änderung der öffentlichen Meinung von Bedeutung.
Die Kommunikationsforschung ist grundsätzlich interdisziplinär ausgerichtet
(Frey 1985; Trommsdorff 2011). Diese Interdisziplinarität kann aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden:
• Zum einen beschäftigen sich Wissenschaftsdisziplinen wie die Verhaltenswissenschaften (z. B. Psychologie, Soziologie) mit kommunikativen Fragestellungen
in ihrem jeweiligen Kontext. Hierbei werden Überlegungen der Wirtschaftswissenschaften mit einbezogen (z. B. Wirtschaftspsychologie, Konsumsoziologie).
• Zum anderen ist die unternehmerische Kommunikationspolitik Erkenntnisobjekt der Wirtschaftswissenschaften, insbesondere der Betriebswirtschaftslehre
und der Marketingforschung. Auch hierbei lassen sich im Rahmen der Erkenntnisgewinnung Ansätze aus anderen Disziplinen (z. B. Volkswirtschaftslehre, Psychologie, Soziologie) heranziehen.
Um den eigenen Erkenntnisfortschritt zu fördern, bedient sich die Kommunikationsforschung also zahlreicher Ansatzpunkte aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen. Werden in diesem Zusammenhang die letzten 50 Jahre als Betrachtungszeitraum zugrunde gelegt, so lassen sich vier zentrale Strömungen in der
Kommunikations-(Werbe-)forschung ausmachen:
(1) Kommunikationsökonomie,
(2) Kommunikationspsychologie,
1.2 Theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
Studenten, Wissenschaftler und Praktiker im Management, Werbung und Vertrieb.
»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage