Zeitschrift für Ideengeschichte
- doi.org/10.17104/1863-8937-2012-3
- ISSN print: 1863-8937
- ISSN online: 1863-8937
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Zusammenfassung
Die Zeitschrift für Ideengeschichte fragt nach der veränderlichen Natur von Ideen, seien sie philosophischer, religiöser, politischer oder literarischer Art. Herausragende Fachleute aus allen Geisteswissenschaften gehen in Originalbeiträgen der Entstehung, den zahlreichen Metamorphosen, aber auch dem Altern von Ideen nach. Dabei erweist sich manch scheinbar neue Idee als alter Hut. Und umgekehrt gilt es, in Vergessenheit geratene Idee neu zu entdecken.
Die internationale Politik der letzten Jahre, die sich erneuernden Wertedebatten und die intensiv erlebte Wiederkehr der Religionen lassen keinen anderen Schluß zu: Die politische und kulturelle Gegenwart wird von Ideen geprägt, spukhaft oft, doch mit enormer Wirksamkeit. Wer diese Gegenwart verstehen will, kommt nicht umhin, Ideengeschichte zu treiben.
Die Zeitschrift für Ideengeschichte wendet sich an die gebildete Öffentlichkeit. Darüber hinaus strebt sie als Forum der Forschung und Reflexion eine fachübergreifende Kommunikation zwischen allen historisch denkenden und argumentierenden Geisteswissenschaften an.
Die Zeitschrift für Ideengeschichte wird von den drei großen deutschen Forschungsbibliotheken und Archiven in Marbach, Weimar und Wolfenbüttel sowie dem Wissenschaftskolleg zu Berlin gemeinsam getragen. Mögen die Quellen der Zeitschrift im Archiv liegen, so ist ihr intellektueller Zielpunkt die Gegenwart. Sie beschreitet Wege der Überlieferung, um in der Jetztzeit anzukommen; sie stellt Fragen an das Archiv, die uns als Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts beschäftigen.
- 4–4 Zum Thema 4–4
- Zum Thema Ethel Matala de Mazza, Tim B. Müller Ethel Matala de Mazza, Tim B. Müller
- 5–48 Kuba 1962 5–48
- 49–66 Gespräch 49–66
- «Dieser Junge wünscht gefährlich zu leben» Karl Heinz Bohrer Karl Heinz Bohrer
- 67–82 Essay 67–82
- 83–100 Denkbild 83–100
- 101–108 Archiv 101–108
- 109–127 Konzept & Kritik 109–127
- 109–118 Saturn und Melancholie. Moshe Idel polarisiert die jüdische Ideengeschichte Steven E. Aschheim Steven E. Aschheim 109–118
Titelei/Inhaltsverzeichnis
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Zum Thema
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Zusammenfassung
Der Kalte Krieg war ein Zustand der äußersten Polarisierung. Die Unterscheidung von Freund und Feind war planetarisch geworden. Carl Schmitt begrüßte die Spaltung der Welt in zwei unversöhnliche Lager als letztgültige Bestätigung seines Begriffs des Politischen: «Der Kalte Krieg spottet aller klassischen Unterscheidungen von Krieg und Frieden und Neutralität, von Politik und Wirtschaft, Militär und Zivil, Kombattanten und Nicht-Kombattanten – nur nicht der Unterscheidung von Freund und Feind, deren Folgerichtigkeit seinen Ursprung und sein Wesen ausmacht.» Vier Jahrzehnte lang fand auf allen Ebenen, ideologisch, militärisch, geopolitisch, wirtschaftlich, kulturell, ein Wettstreit der Systeme statt, der die Welt im Oktober 1962 bis an den Rand der Zerstörung führte.
Die Logik der Raketen
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Zusammenfassung
Obwohl hinreichend bekannt, versetzen die schieren Daten und Fakten immer wieder in Erstaunen. Auf Kuba landeten im Oktober 1962: eine aus fünf Regimentern bestehende Raketendivision; zwei Luftabwehrdivisionen mit sechs Regimentern, die neben 144 SA-2-Raketen auch über ein Geschwader von MiG-21-Jägern verfügten; vier motorisierte Schützenregimenter und zwei Panzerbataillone; drei mit konventionellen Kurzstreckenraketen ausgestattete Bataillone für den Küstenschutz; 98 Sprengköpfe für nukleare Gefechtsfeldwaffen; vier dieselgetriebene U-Boote der «Foxtrot»-Klasse mit je einem Atomtorpedo; 42 000 Soldaten, darunter eine 10 000 Mann starke Kampftruppe.
Die sowjetische Kybürokratie
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Zusammenfassung
Der Kalte Krieg führte nicht nur zum Wettrüsten und zum Wettlauf ins Weltall, es gab auch einen weniger bekannten, doch nicht weniger bedeutsamen Wettstreit zwischen den beiden Welten – ein Wettrennen um die Infrastruktur der Informationstechnologie. Das war eine weniger spektakuläre, vielleicht aber die fundamentalste Form der Systemkonkurrenz. Denn davon hing die Fähigkeit der Regierungen ab, Informationen zu sammeln und zu analysieren, und damit letztlich ihre Fähigkeit, für alle anderen Ebenen des Konflikts Ressourcen zu mobilisieren. Schon sehr früh erkannten sowjetische Wissenschaftler die entscheidende Bedeutung der Datenverarbeitung, um organisatorische Herausforderungen zu bewältigen. Unter dem Banner der Kybernetik bildete sich eine Bewegung von Reformern, die ihre Regierung drängten, ein ehrgeiziges Programm von nationaler Reichweite in Angriff zu nehmen, um Datensammlung und Entscheidungsfindung zu computerisieren.
Innenansichten des Kalten Krieges. Über ein glückliches Zeitalter
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Zusammenfassung
1962 schien für einen Augenblick das Ende der Welt gekommen. Die Dramatik des Politischen hinter den geschlossenen Türen der Machtzentralen ist mittlerweile im Detail ausgeleuchtet, die fragile Balance zwischen Vernichtung und Verantwortung, Risikospiel und Geheimverhandlungen. Die Raketenkrise von Kuba gehört allerdings genauso wie der Bau der Berliner Mauer im Jahr zuvor zu den Schlüsselereignissen, die in ihrer Monstrosität andere Sichtweisen verstellen und weiterhin das Bild des Kalten Krieges bestimmen: [...]
Hausgespenster der Leipziger Schule
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Zusammenfassung
Von meiner Reise durch Südamerika mit einem Filmprogramm des Goethe-Instituts, zu dem auch mein Film Zeit der Götter über den Bildhauer Arno Breker gehört hatte, war ich im Herbst 1995 mit einem Sammelsurium aus Fotos, Büchern, Videokassetten und Notizen nach Hamburg zurückgekehrt. Warum hatte ich nicht, wie zunächst geplant, daraus einen Film gemacht über die von der Schwester Nietzsches mitgegründete Siedlung Nueva Germania als einem Projekt der Moderne, ganzheitlich, vegetarisch, genossenschaftlich und antisemitisch? War es die Erkenntnis, dass dort, in den Wäldern Paraguays, nichts war – außer den kläglichen Resten der hochfliegenden Pläne von Intellektuellen, außer vielleicht einer Projektionsfläche für Nazikitsch?
«Dieser Junge wünscht gefährlich zu leben»
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Zusammenfassung
«War es schon Herbst neununddreißig oder erst Sommer vierzig? Die Jungen hatten plötzlich ein neues Spiel erfunden. Das konnte es vorher nicht gegeben haben. Buchstäblich über Nacht hatte es nämlich diese in allen Farben funkelnden Steine vom Himmel geregnet.» So beginnt Karl Heinz Bohrers Erzählung Granatsplitter, die in diesem Sommer im Hanser Verlag erscheint. Sie erzählt die Geschichte eines Jungen vom ersten Kriegsjahr 1939 über seine Internatsjahre auf dem legendenumwobenen Birklehof im Hochschwarzwald bis zu seinem ersten Englandaufenthalt 1953. Aber nicht als klassische Autobiographie, sondern als «Phantasie einer Jugend».
Gotteszorn und Apokalypse. Über den Ernstfall totaler Religionen
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Zusammenfassung
Hier soll grundsätzlich über das Verhältnis von Religion und Gewalt nachgedacht werden, auch wenn ich meine Beispiele weitgehend aus dem Alten Testament – dem Deuteronomium und den ersten beiden Makkabäerbüchern – beziehe. Mein Interesse an diesen Texten ist in keiner Weise religionskritisch, sondern ideengeschichtlich. Das Alte Testament ist nun einmal die älteste Quelle, in der uns die Idee, um die es mir hier geht, greifbar wird. Ich muss das vorausschicken, weil meine bisherigen, ebenso ideengeschichtlich orientierten Beiträge zu diesem Thema zu allermeist im religionskritischen (wenn nicht geradezu antisemitischen) Sinne verstanden wurden.
Die Angst am Rande. Charles Sanders Peirces marginale Zeichnungen
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Zusammenfassung
«Es gibt keinen amerikanischen Philosophen, der sich so intensiv mit der Scholastik auseinandergesetzt hat wie Peirce», so hat der unvergessene John Michael Krois die überraschende Nähe von Charles Sanders Peirce zum Mittelalter charakterisiert. Peirce hatte so gut wie jeden Scholastiker des Mittelalters im lateinischen Original gelesen, um über sich selbst zu urteilen: «Ich bin scholastischer Realist einigermaßen extremen Schlags.» Gemeint war, in Abgrenzung von den «modernen, sogenannten Philosophen», die Rückbesinnung auf die Beobachtungsgabe – «Wahrnehmung mit Hilfe kritischer Beurteilung – und Überprüfen von Theorievorschlägen».
«Kluger Mann, witziger Mann» Drei Briefe von Gottfried Benn und Theodor W. Adorno
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Seit Gottfried Benn 1912 mit seinem schmalen Debüt Morgue und andere Gedichte furios auf der literarischen Bühne erschienen war, galt er als entschiedener Modernist. Wenn er auch oft über die prekären Verhältnisse klagte, die seinen Alltag fast immer bestimmten, waren sie ihm letztlich wohl gar nicht so unrecht. Denn sie bewahrten ihn mit seiner Doppelexistenz als Dichter und Arzt davor, sich persönlich, ästhetisch und auch politisch festlegen zu müssen. Das legendäre ‹Radardenken›, das Benns nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichte Prosa bestimmte, war für ihn nicht nur ein literarisches Verfahren, sondern auch so etwas wie eine Lebensstrategie – dasitzen und achtsam sein, was um einen herum und mit einem selbst passiert, lieber reagieren, als von sich aus tätig werden, und dabei stets ‹up to date›, in der Kunst genauso wie in der Medizin.
Saturn und Melancholie. Moshe Idel polarisiert die jüdische Ideengeschichte
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Mit "Alte Welten, neue Bilder – Jüdische Mystik und die Gedankenwelt des 20. Jahrhunderts" hat Moshe Idel, der namhafte Jerusalemer Experte für jüdische Mystik, ein bemerkenswert gelehrtes und scharfsinniges Werk vorgelegt. Leider ist es in seiner gelegentlichen Verbohrtheit auch ein Ärgernis. Wie es scheint, konnte sich Idel nicht recht entscheiden, was für ein Buch er schreiben wollte. Phasenweise handelt es sich um eine brillante und oft höchst aufschlussreiche wissenschaftliche Darstellung und Kritik des Einflusses, den die jüdische Mystik auf weite Teile des westlichen Denkens im 20. Jahrhundert gezeitigt hat.
«Occupy». Der Augenblick des Cornelius Castoriadis
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Eines der brennenden politischen Themen im Jahr 2011 war «Occupy Wall Street», ein Experiment der radikalen Demokratie, das sich als eine Bewegung ohne Anführer verstand. Dementsprechend war der Prozess der Entscheidungsfi ndung als breite Konsensbildung angelegt und auf eine horizontale Ebene von Generalversammlungen ausgerichtet – statt wie gewöhnlich auf eine vertikal angelegte Kommandostruktur mit wenigen Leitern, die über der Basis stehen. Trotz dieses radikal demokratischen Ansatzes bildeten sich unweigerlich führende Persönlichkeiten heraus, die sich jedoch mehrheitlich rasch von einer solchen Privilegierung zu distanzieren suchten.
Das Überleben des Liberalismus
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Es hat den Anschein, als ob die Versuche eingestellt worden sind, die Ideengeschichte der großen Ideologien zeithistorisch fortzuschreiben. Im Gefolge des Koselleckschen Sattelzeittheorems trifft man häufig auf den Befund einer Verwässerung oder Cross-over-Beeinflussung ehemals klar voneinander unterscheidbarer «politischer Ideenkreise» (Hermann Heller). Für den Konservatismus und den Liberalismus lassen sich zwei Phänomene einer substantiellen Niedergangsgeschichte, also die Entfernung von einer vermeintlich kanonischen Lehre, überzeugend nachweisen.
Romantisches Zimmer mit Aussicht
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Zusammenfassung
Im häuslichen Raum steht die weibliche Rückenfigur am geöffneten Fenster und blickt in die Ferne. Der Himmel ist klar. Sowohl das Interieur als auch die beobachtete Landschaft lassen sich allenfalls erahnen. Eine anekdotische Einbettung fehlt: Weder die Körperhaltung der Frau noch die abgebildeten Objekte erlauben Rückschlüsse auf die dargestellte Situation. Die leicht nach vorne gebeugte Figur steht an der Schwelle und berührt das Fensterbrett. Der Fensterrahmen, an dem die Frau steht, und der Bilderrahmen treten in eine Übertragungsbeziehung: Genau wie die grün Gekleidete vor dem Fenster inne hält, so steht der Betrachter – mit den Worten Friedrich de la Motte Fouqués aus seinem "Zwei Bilder aus Maler Friedrichs Werkstatt" – «still im seel’gen Ahnungsbangen» vor dem Gemälde.
Die Autorinnen und Autoren
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