Vahlen – Allgemeine Reihe – Kolbeck/Rauscher – Tourismus-Management – Herstellung: Frau Deuringer
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3234.3 Nachhaltiges Tourismusmanagement
Zudem sind anderslautende Wünsche oder Forderungen an das Management
von Unternehmen in aller Regel nicht hinreichend konkretisiert und mangels
Realistik eher naiv. Diese Tatsache kann man gutheißen oder kritisch sehen;
auf keinen Fall aber sollte man sie leugnen. Eine seriöse Beschäftigung mit dem
Thema unternehmerischer Nachhaltigkeit setzt das voraus.
Ein nachhaltiges Managementkonzept thematisiert viel stärker, wie Nachhaltigkeit nicht nur als Fassade in Leitbildern, Kodizes und Umwelterklärungen etc.
aufscheint, sondern im gesamten Unternehmen als Paradigma wirken kann.
Nachhaltiges Management funktioniert nur, wenn es an ein ganzheitliches,
integratives Managementkonzept angelehnt ist und dessen sämtliche sechs
Dimensionen (Funktionsbereiche, Managementprozesse, Soziale Systeme, Geschäftsprozesse, Werte und Strategien, Räume) abdeckt.478
In der Praxis finden sich dagegen viele einzelne Bausteine und Instrumente
mit „Nachhaltigkeitsanspruch“, die schon allein aufgrund ihrer Isoliertheit
den Verdacht aufkommen lassen, dass sie vorwiegend aus Marketing-Gründen genutzt werden. Als Beispiel können Formulierungen gelten wie „Bei
uns ist Nachhaltigkeit fest im Leitbild verankert“. Denn was zu fest an einem Ort verankert ist, wirkt kaum in andere Bereiche hinein oder hindurch.
Daher taucht der Begriff der Nachhaltigkeit in der Würfel-Darstellung des
Tourismus management-Modells bewusst nicht an einer bestimmten Stelle auf
– vielmehr sollte sich der Nachhaltigkeitsgedanke durch alle Elemente des
Modells ziehen.
4.3.3 Nachhaltigkeit im Kontext des Tourismus
4.3.3.1 Statische Betrachtung: Begriffe, Kriterien und die Politik
Reisen geht immer einher mit einem Ressourcenverbrauch und einem kulturellem Austausch (in jeglicher, teils positiver, teils negativer Form). Zudem stellt
Reisen für manche Erholung (Reisende), für andere eine Erwerbsquelle und/
oder eine Belastung (Mitarbeiter, örtliche Bevölkerung) dar. Alle Dimensionen
der Nachhaltigkeit sind im Tourismus angesprochen – aber was ist „nachhaltiger Tourismus“?
Schon der Begriff eines „Nachhaltigen Tourismus“ ist sehr problematisch. Seine
Verwendung erfolgt auffällig häufig in Verbindung mit unreflektierten Behauptungen (Individualtourismus ist besser als Pauschaltourismus, Massentourismus ist schlechter als Tourismus in kleineren Größenordnungen etc.). Gerne
wird nachhaltiger Tourismus auch als heilbringender Gegenentwurf gegenüber
dem „Wirtschaftsmoloch Tourismus“479 ins Feld geführt. Die Befürwortung
oder Ablehnung „klassischer“ oder vermeintlich „nachhaltiger Tourismuskon-
478 Vgl. Abschntt 1.3, Abb. 4 und am Bsp. eines Umweltmanagementsystems Kolbeck
(1997), S. 109–111. Zur Nachhaltigkeit in den Managementprozessen vgl. ebd., S. 137–
235, zur Nachhaltigkeit in den Funktionsbereichen Wilkens 2007, S. 23–43.
479 Friedl (2005), S. 72.
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4. Werte und Strategien: Fragen nach Sinn, Wegen und Verantwortung324
zepte“ erfolgt meist mehr aus ideologischen Grundsätzen heraus anstatt aus
einer rational geprägten Diskussion mit nachvollziehbaren Kriterien.480
Wichtige inhaltliche und begriffliche Vorläufer nachhaltiger Tourismuskonzepte waren „Alternativer Tourismus“, „Naturtourismus“, „Sanfter Tourismus“, „Ökotourismus“ und „Respektvolles Reisen“, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte in den Bereichen Umwelt, Kultur und Soziales
legten.481 Wie in der allgemeinen Nachhaltigkeitsdiskussion auch, so wird
auch in den Konzepten des nachhaltigen Tourismus meist implizit eine Unterordnung der ökonomischen unter die soziale und die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsdreiecks gefordert. Forderungen, „wonach Tourismus in die vorhandene regionale Wirtschaft mit all ihren unterschiedlichen
Bereichen eingebettet sein muss, um sie zu ergänzen und zu stärken, anstatt
zu dominieren oder gar zu untergraben“482 stehen für durchaus hehre Ziele. Allerdings sind diese Forderungen in der Zielrichtung diffus und hinsichtlich ihrer unterstellten Gesellschaftsstrukturen in weiten Teilen unrealistisch.483
In einer eher statischen, zeitpunktbezogenen Perspektive hat man seit Mitte der
90er-Jahre versucht, eine Analyse der Tourismus-Tragfähigkeiten von Destinationen vorzunehmen. Hier sollten in relevanten Dimensionen und Perspektiven
(Ökologische Systeme, Bebaute Umwelt, Ökonomische Systeme, Besucherzufriedenheit, Duldsamkeit der Einwohner, Politik) diejenigen identifiziert werden,
die als „Engpassfaktoren“ eine weitere touristische Entwicklung verhindern.484
Es wurde klar, dass Tourismusentwicklung letztlich durch ein Verhandlungssystem zwischen Akteuren aus diesen Bereichen resultiert. Aufgabe der Tourismuspolitik in diesem System ist nicht nur die Organisation dieser gesellschaftlichen Aushandlungssysteme,485 sondern im Rahmen demokratisch verfasster
Gemeinwesen auch die Wahrnehmung der Interessen derjenigen Anspruchsträger, die sich nicht qua Institution in diesen Prozessen durchsetzen können
(Flora, Fauna, bestimmte soziale Gruppen).
Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung von nachhaltigem Tourismus
geht zudem auf die Arbeit des Global Sustainable Tourism Council zurück, das
2008 die Global Sustainable Tourism Criteria (GSTC) veröffentlichte. Ziel war es,
Mindestanforderungen an nachhaltiges Wirtschaften von Tourismusbetrieben
480 Vgl. Mundt (2004), S. 327–333.
481 Vgl. Bieger (2008), S. 45 f., Baumgartner (2008), S. 9–23, Weaver (2006), S. 38–40 und
Friedl (2005), S. 13–26.
482 Friedl (2005), S. 20.
483 Als Beispiel kann eine Formulierung aus dem Kriterienkatalog des „forum anders
reisen“ (Abschnitt 4.3.4) dienen: „Insbesondere in wirtschaftlich unterentwickelten
Ländern ist die Nutzung kleiner, lokaler Strukturen zu bevorzugen.“ forum anders
reisen (2011), S. 7. In solchen Ländern sind größere Tourismusstrukturen entweder
nicht vorhanden, dann würde der Forderung folglich entsprochen. Oder die vorhandenen, großen touristischen Monostrukturen weisen bei großen Gästezahlen einen
so deutlichen Preis- und Handlingvorteil gegenüber den (verbliebenen) lokalen
Strukturen auf, dass sich die Forderung nur bei einer relativ kleinen Zielgruppe mit
hoher Zahlungsbereitschaft erfüllen lässt.
484 Vgl. Mundt (2004), S. 339–341.
485 Vgl. ebd., S. 341.
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3254.3 Nachhaltiges Tourismusmanagement
in Form von messbaren Indikatoren zu definieren.486 Die GSTC-Kriterien sind
in vier zentrale Bereiche eingeteilt: Nachhaltigkeitsmanagement, sozioökonomische Entwicklung, kulturelle Auswirkungen und Umweltmanagement.487
Allerdings legen die GSTC lediglich dar, was getan werden sollte. Umsetzungsinstrumente werden dagegen nicht zur Verfügung gestellt. Letztlich kann nur
die Politik die tatsächliche Relevanz von Kriterien wie denen der GSTC durch
Inkraftsetzung und Kontrolle entsprechender Vorschriften erhöhen.
Allerdings ist fraglich, in wie weit sich die Politik der Aufgabe einer nachhaltigen Tourismusentwicklung annimmt. Denn die Hemmnisse auf politischer
Ebene sind enorm:488
•• Selbst in demokratisch gut funktionierenden Systemen ist der Tourismus
– gemessen an seiner wirtschaftlichen Bedeutung – in der Politik deutlich
unterrepräsentiert. Zudem ist touristisches Fachwissen in öffentlichen Institutionen begrenzt und die Planungsprozesse sind schwerfällig und langsam. Nicht zuletzt steht die Kürze der Wahlperioden langfristig tragfähigen
Konzepten im Weg.
•• Viele wichtige touristische Zielgebiete liegen in Staaten mit weniger gut
ent wickelten Politikstrukturen. Oftmals bestimmen hier auf allen Ebenen Korruption und mafiöse Strukturen das politische Entscheidungshandeln.
4.3.3.2 Dynamische Betrachtung: Driving Forces im Tourismus
für Destinationen und Unternehmen
In dynamischer Perspektive kommt es für nachhaltige Konzepte sowohl von
touristischen Destinationen als auch von Tourismusunternehmen viel stärker
darauf an, wie gut oder schlecht sie in der Lage sein werden, sich auf die großen
Veränderungsprozesse der kommenden Jahrzehnte einzustellen. Für solche
weitreichenden Veränderungen, die die Entwicklung in weiten Bereichen der
Gesellschaft nachhaltig (im Sinne von unumkehrbar) forcieren, hat sich auch
der Begriff der „Driving Forces“ oder „Mega-Trends“ etabliert.
Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs der „Driving Forces“ ist eine andere: Der Begriff geht zurück auf die bereits erwähnten Untersuchungen der
„Triebkräfte des Wettbewerbs“ von Porter. Erweitert man dessen Sicht auf die
Märkte und Produktionsbedingungen auf eine fernere Zukunft (Horizont >
15–20 Jahre), sieht sich die Tourismusbranche neben den gegenwärtigen Triebkräften489 noch ganz anderen Herausforderungen gegenüber. Aber auch diese
Herausforderungen führen letztlich zu Veränderungen – und diese stellen,
wenn sie frühzeitig im Unternehmen erkannt, akzeptiert und in die Strategien
einbezogen werden, mehr Chancen als Risiken dar.
486 Hieran waren über vierzig Organisationen beteiligt, die zunächst 4.500 Kriterien aus
seinerzeit sechzig bestehenden Zertifizierungen analysierten.
487 Der GSTC-Kriterienkatalog findet sich unter GSTC (2012).
488 Vgl. Swarbrooke (1999), S. 97, zitiert nach Mundt (2004), S. 342.
489 Lieferanten, Abnehmer, bestehende Wettbewerber, potentielle neue Konkurrenten
und Substitutionsprodukte.
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4. Werte und Strategien: Fragen nach Sinn, Wegen und Verantwortung326
Zu diesen Driving Forces der Tourismusbranche zählen – in sehr langfristiger
Interpretation – insbesondere der demographische Wandel, der Klimawandel,
die Entwicklung der Energien, der technologische Wandel und die Sicherheitslage.490 Nimmt man mit dem demographischen Wandel und dem Klimawandel
nur zwei, allerdings für die Tourismusbranche sehr wichtige Herausforderungen heraus, und setzt sie mit den Zielen der Akteure auf den touristischen
Märkten in Beziehung, zeigt sich eine Vielzahl zu beachtender Teilthemen und
Aspekte. In einer schlaglichtartigen Zusammenschau lassen sich allenfalls
Stichworte gruppieren:
Die Mega-Trends werden dazu führen, dass sich die Lebensstile der Bevölkerungen in Quellmärkten und Destination langfristig stark verändern werden.
Zum Lebensstil gehört auch das Freizeit- und Reiseverhalten.
Am Beispiel des Klimawandels kann veranschaulicht werden, wie ein Mega-
Treiber eine Reiseentscheidung mittelbar und unmittelbar beeinflusst. Demnach entfaltet der Klimawandel eine direkte Auswirkung auf die Reiseentscheidung nur, wenn entweder eine notwendige Randbedingung nicht mehr
hinreichend sicher gegeben ist (z. B. Schneesicherheit bei Skitourismus), oder
regulative Eingriffe (Ge- oder Verbote) dies erzwingen. Die indirekten Einflüsse
des Klimawandels sind viel langfristigerer Natur und würden erst dann ein-
490 Vgl. Kolbeck (2011a), S. 2 und Bausch (2009), S. 54 f.
Abbildung 122: Ausgewählte Einflüsse des demographischen Wandels und des Klimawandels
auf die touristischen Märkte
Demographischer
Wandel
DRIVING
FORCES
Klimawandel
Lebenskontexte:
beruflich/privat
Systemkontexte:
Arbeit, Soziales
Technischer
Fortschritt
Einheimische
Nachfrager
Tages-
Gäste/
Event Urlauber
Sommerfrischler/
Überwinterer Residenzler
Anbieter
Externe, z.B.
– Veranstalter
– Betreiber
– Investoren
– Versicherer
Versorgen
Betreuen,
Pflegen
Erholen
Versorgen,
Betreuen
Erleben,
Erholen
Erleben
Energiepreise
TOURISTISCHE MÄRKTE
Nachfolge-
Probleme
Eigen- und
Fremdkapital
Urlaubs-
Qualität
Renditen
Risiko-
Faktoren
Produktlebenszykl.
CO2-
Vermeid.-
Strategien
Kosten/
Nutzen
Neuaufbau
Sanierung
Aufgabe
Kosten/
Nutzen/
lokale Folgen
Lebens-
Qualität
Veränderung in:
• Bewusstsein.: ja
• geäußerter Meinung: ja
• tatsächlichem (Reise-)Verhalten: kaum
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3274.3 Nachhaltiges Tourismusmanagement
treten, wenn der Gast seinen durch Grundorientierungen geprägten Lebensstil
anpasst.
Aktuelle Forschungen zeigen, dass Nachhaltigkeit im Allgemeinen und der Klimaneutralität im Besonderen derzeit allerdings noch keine Verkaufsargumente
im Tourismus sind, da Nachhaltigkeit keines der zentralen Urlaubsmotive
ist.492 Nachhaltige Reiseprodukte fristen daher meist ein Nischendasein. Das
verwundert nicht, denn Nachhaltigkeit als Produktmerkmal von Tourismusprodukten wird vom Gast nur dann honoriert, wenn der kollektive Zusatznutzen
für die Allgemeinheit (Nachhaltigkeit) mit einem für den Gast erlebbaren oder
sogar messbaren „Mehr“ an Individualnutzen einhergeht. Dieser Zusatznutzen
kann psychologischer Natur sein (etwa bei einer intrinsischen Motivation für
Nachhaltigkeit), oder materiell, z. B. wenn dem Gast in seiner Unterkunft Bio-
Verpflegung aus regionaler Produktion angeboten wird.
Im Grunde „tickt“ der Konsument bei den nachhaltigen Reiseprodukten genauso wie der Anbieter: Das nachhaltige Produkt muss für beide einen Mehrwert
bieten. Folglich wird ein nachhaltiges Tourismusmanagement nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn es der Tourismusbranche gelingt, auf langfristige Trends so zu reagieren, dass die berechtigten Bedürfnisse der Beteiligten
(Nachfrager und Anbieter touristischer Leistungen) weiterhin angemessen
befriedigt werden.
491 Vgl. Kolbeck (2011b), S. 25.
492 Vgl. ClimAlpTour (2012), S. 119, Bausch (2011), S. 50–53 und Kolbeck (2011a), S. 7.
Abbildung 123: Einfluss des Klimawandels auf Lebensstile und Reiseentscheidungen491
Lebensstil
Grundorientierungen
Urlaubsorientierung
Reiseentscheidung
Klimawandel
Direkter Einfluss
auf Reiseentscheidung
Indirekter Einfluss auf die
Reiseentscheidung
Soziale
Situation
Lebens-
Phase
Verzicht
Wie
bisher
„Jetzt erst
recht“
Anpassung
graduell:
- Verkehrsmittel
- Reiseziel
fundamental:
Nachhaltiger
Tourismus
Produkte
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4. Werte und Strategien: Fragen nach Sinn, Wegen und Verantwortung328
4.3.4 Elemente eines nachhaltigen Tourismusmanagements
Die Entwicklung eines umfassenden, integrierten Nachhaltigkeitsmanagementsystems für Tourismusunternehmen würde den Rahmen dieses Grundlagen-
Lehrbuches bei Weitem sprengen. Dennoch sollen abschließend einige bereits
in der Praxis genutzte Teilsysteme und Instrumente aufgezeigt werden, deren
Integration eine der Hauptaufgaben des zukünftigen nachhaltigen Tourismusmanagements darstellt.
Wird Nachhaltigkeit in einem touristischen Unternehmen bereits sehr systematisch umgesetzt, bietet sich eine Zertifizierung des Systems an. Dieses
kann branchenindividuell etwa für Reiseveranstalter durch die Zertifikate
von Green Globe493, Travelife494 oder TourCert495 erfolgen. Allen ist gemein, dass
sie den Schwerpunkt auf den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit legen.
Die Mitglieder des 1998 gegründeten forum anders reisen, einem Netzwerk aus
Reiseveranstaltern, die sich einem nachhaltigen Tourismus verschrieben haben,
müssen verpflichtend den CSR-Prozess zum Erwerb des TourCert-Zertifikates
„CSR Tourism Certified“ durchlaufen.496 Bei diesem Zertifikat fällt positiv auf,
dass die gesamten Geschäftsaktivitäten entlang der Wertschöpfungskette betrachtet werden.497 Dieser Vorteil zeigt gleichzeitig aber auch das Dilemma für
nachhaltig orientierte Reiseveranstalter auf: Die Möglichkeit der Einflussnahme
auf die Leistungsträger, bei denen der Großteil etwa von CO2-Emissionen bei
einer Reise anfallen, sind trotz vertraglicher Bindung meist sehr gering.
Unabhängig von einer bestimmten touristischen Wertschöpfungsstufe bieten
sich Zertifizierungen von Umweltmanagementsystemen nach ISO 14001498 oder
EMAS499 und von Sozialmanagementsystemen nach SA8000500 oder BSCI501 an.
Da Managementsystem-Zertifizierungen mit hohem Zeitaufwand und Kosten
verbunden sind, sollten die vielen kleineren Unternehmen im Tourismussektor
eher einzelne Nachhaltigkeitsmanagement-Instrumente einsetzen. Zu diesen
zählen die produktbezogenen Gütesiegel (Label, Siegel, Zertifikate) für nachhaltigen Tourismus, von denen etwa einhundert verschiedene, institutionelle und
firmeneigene, existieren.502 Allerdings berücksichtigen sie meist nur Qualitätsund Umweltkriterien, Sozialaspekte dagegen kaum. Selbst die ausgewogensten
493 Seit 1996, angeboten durch Green Globe International INC, USA.
494 Seit 2007, angeboten durch Travellife Ltd, UK.
495 Seit 2009, angeboten durch TourCert (GbR), Deutschland.
496 Vgl. forum anders reisen (2011), S. 10.
497 Vgl. TourCert (2012).
498 ISO 14001 („Umweltmanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“), seit 1997, aktuelle Fassung: 11/2009. Weltweiter Standard, vgl. ISO (2012b).
499 EMAS („Eco Management and Audit Scheme“), seit 1993. Europäisches, über ISO 14001
hinausgehendes Umweltmanagementsystem. Auch „EU-Öko-Audit“ genannt. Im EMAS-
Register sind etwa 100 Betriebe aus der Tourismusbranche eingetragen, vgl. EMAS (2012).
500 SA8000 („Social Accountability“), seit 1997 erster weltweiter und zertifizierbarer
Standard für sozial verantwortliche Unternehmensführung, vgl. SAI (2012).
501 BSCI („Business Social Compliance Initiative“), seit 2002. Plattform zur Verbesserung
unternehmerischer Sozialstandards, vgl. BSCI (2012).
502 Vgl. hierzu und in Folgendem Plüss, Mancama (2010).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Vorteile
- Umfassendes Grundlagenwerk zur touristischen Betriebswirtschaftslehre
- Im deutschsprachigen Bereich ohne Beispiel
- Abdeckung aller wesentlichen Funktionsbereiche des Tourismus-Managements
- Eignung für Studierende und Praktiker
- Zahlreiche Praxis-Kurzbeiträge von Führungskräften
Zum Werk
Die Tourismusbranche gehört zu den am stärksten wachsenden, aber auch komplexesten Wirtschaftsbereichen.
Dieses Werk vermittelt erstmalig ein umfassendes betriebswirtschaftliches Grundwissen für die Tourismusbranche für Studium und Praxis, das alle wesentlichen Bereiche der Betriebswirtschaftslehre abdeckt. Es unterstützt Studierende und Praktiker bei der Entwicklung einer betriebswirtschaftlichen Denkhaltung, die sinnvolles aktives Handeln („Management“) im touristischen Geschäft ermöglicht.
Das Buch beschreibt auf der Basis eines integrierten Management-Modells Investition und Finanzierung, Beschaffung, Produktion und Marketing sowie die Managementprozesse Planung, Steuerung, Personalmanagement und Organisation. Den Abschluss bilden langfristige Überlegungen zur strategischen Unternehmensführung sowie zum nachhaltigen Tourismusmanagement.
Zahlreiche Experten-Statements von Führungskräften aus der Branche illustrieren die Praxisrelevanz.
Autoren
Prof. Dr. Felix Kolbeck und Prof. Dr. Marion Rauscher, Fakultät für Tourismus, Hochschule München
Zielgruppe
- Studierende der Bachelor-Studiengänge Tourismusmanagement, Masterstudiengänge, Weiterbildungsangebote (IHK, MBA, …) und Tourismusunternehmen.