202 7 Performancemessung für Immobilienportfolios
Neben Indizes oder Kombinationen von Indizes werden im Rahmen von Konkurrenzvergleichen auch Gegenüberstellungen mit aktiv gemanagten Portfolios anderer Gesellschaften
vorge nommen.32
7.6.2 Immobilienindizes als Performance-Benchmark
Im Rahmen von quantitativ gestützten Verfahren eines Investmentmanagements, wie sie für
Aktien. Anleihen und derivativen Finanzinstrumente bei institutionellen Anlegern mittlerweile breite Anwendung finden. ist die Berücksichtigung der Anlageklasse Immobilien bislang
wenig verbreitet. Eine zentrale Problematik besteht dabei darin. dass geeignete historische
Index-Renditezeitreihen, etwa zur Bestimmung von Rendite, Volatilität und Korrelationen
von Immobilien zu anderen Anlageformen in oftmals nur unzureichender Weise verfügbar
sind. Dies liegt wiederum daran, dass aufgrund der zahlreichen Besonderheiten von Immobilieninvestments die Konstruktion geeigneter Indizes, welche die Wertentwicklung von
bestimmten Segmenten des Immobilienmarkts abbilden, deutlich schwieriger ist als für Aktien- und Anleihemärkte.33
So weist die Assetklasse Immobilien eine große Heterogenität auf. da spezifische Faktoren
wie Alter. Lage, Besitz-, Vermietungsverhältnisse und Zustand der Immobilie eine bedeutende
Rolle spielen; letztendlich ist jede Immobilie ein Unikat. Im Gegensatz zu Wertpapieren oder
derivativen Finanzinstrumenten. werden Immobilien nicht fortlaufend auf einem organisierten Markt zu standardisierten Bedingungen gehandelt. Transaktionspreise in vergleichbaren
Immobilien ergeben sich weit seltener als bei Wertpapieren. Nicht selten dauert es Jahre bis
es zu einem Verkauf einer vergleichbaren Immobilie kommt, während bei börsengehandelten
Wertpapieren oft nur wenige Sekunden zwischen den Preisfeststellungen vergehen.34
Eine marktorientierte Bewertung von Immobilien ist mithin wesentlich schwieriger als bei
Wertpapieren. Die international in Forschung und Praxis anzutreffenden Immobilienindizes
lassen sich im Wesentlichen in vier Gruppen systematisieren:
Appraisal Based-Indizes •
Transaction Based-Indizes •
Hedonische Indizes •
Immobilien-Aktien-Indizes •
Bewertungsbasierte Indizes (appraisal-based indices) basieren auf regelmäßigen Bewertungen eines stabilen Immobilienbestandes, meist Portfolios großer institutioneller Anleger. Der
Vorteil besteht in der Beobachtung der gleichen Objekte über eine längere Zeit. Daher ist eine
Zuordnung der entsprechenden Mietzahlungen und Berechnung objektspezifischer Gesamtrenditen und Liegenschaftszinsen möglich (Vgl. Portfolio-Indizes von IPD, NCREIF etc.).
Probleme können allerdings in der Qualität der Bewertung liegen. Hier kann es zu einer
Glättung der Renditen durch die Bewertungsstetigkeit und durch überlappende Bewertung
kommen. Die Schwankungen der Bewertungszeitreihen sind i.d.R. geringer als die der Marktpreise. Aus diesem Grund wird durch eine direkte Verwendung von bewertungsbasierten
Indizes das Marktrisiko unterschätzt. Für die Korrektur dieser Verzerrung wurden mehrere
Entglättungstechniken entwickelt.35
32 Vgl. Wittrock, C., Mielke, R. (2007), S. 648.
33 Vgl. Albrecht, P., Maurer, R. (2008), S. 822
34 Vgl. ebenda, S. 822
35 Vgl. Rehkugler, H. (2008), S.73
2037.6 Bestimmung der Benchmark
Die nachfolgende Grafik zeigt den Verlauf von Portfolio-Returns nach dem IPD-Index für
ausgewählte internationale Büromärkte. Hieraus lässt sich gut erkennen, dass die deutschen
Immobilienportfolios im internationalen Vergleich eine deutlich geringere Volatilität, bei einem gleichzeitig sehr moderaten Renditeniveau aufweisen.
Transaktionsbasierte Indizes berücksichtigen dagegen die in einem gegebenen Zeitraum
durchgeführten Immobilientransaktionen. Daher entsteht hier kein Bewertungsproblem.
Transaktionsbasierten Indizes können zum einen durch die Methode der „einfachen Durchschnittspreise“ und zum anderen durch die „Repeat-Sales-Methode“ generiert werden. Bei
der Ermittlung im Rahmen der einfachen Durchschnittspreise entsteht das Problem, dass
die Zahl der für einen bestimmten Typ, eine Größe und Lage von Immobilien beobachteten
Transaktionsfälle ggf. zu klein ist, um statistisch valide Aussagen zu treffen. Erfasste Preisveränderungen sind dann nicht danach zu trennen, ob sie auf tatsächlichen Markteinflüssen
basieren (also wirklich eine Wertverschiebung repräsentieren) oder nur auf dem Vergleich
unterschiedlicher Immobilien. Diese Problematik kann durch die Repeat-Sales-Methode gelöst
werden. Bei diesem Index werden nur Immobilien erfasst, die im betrachteten Zeitraum mindestens zweimal veräußert wurden (vgl. Case/Shiller-Index für amerikanische Wohnimmobilien). Auch bei dieser Methode ergibt sich jedoch häufig die Problematik einer zu geringen
Grundgesamtheit an relevanten Transaktionsfällen.
Bei hedonischen Indizes erfolgt die Berechnung der Indexwerte indirekt über ein Modell, das
die beobachteten Immobilienpreise auf die Merkmale der Objekte zurückführt. Es wird unterstellt, dass der Gesamtwert der Immobilie sich aus der Summe der Werte seiner einzelnen
Merkmale ergibt. Hierzu werden also für ein repräsentatives Set von Immobilien (einer Stadt/
Region) die Preise und die Merkmalsausprägungen benötigt. Mit Hilfe einer Mehrfachregression werden die Koeffizienten der Merkmale geschätzt. Auf der Basis des so entwickelten
36 Vgl. IPD (2009)
-25,00%
-20,00%
-15,00%
-10,00%
-5,00%
0,00%
5,00%
10,00%
15,00%
20,00%
25,00%
30,00%
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
To
ta
l R
et
ur
ns
p
.a
.
Australia-Office Germany-Office UK-Office USA-Office
Portfolio-Returns internationaler Büromärkte von 2000 bis 2008Abbildung 90: 36
204 7 Performancemessung für Immobilienportfolios
Modells lassen sich dann in Abhängigkeit ihrer Merkmalsausprägungen Werte zusätzlicher
Objekte abschätzen.37
Immobilien-Aktien-Indizes basieren auf der Kursentwicklung eines Portfolios von ausgewählten börsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaften. Bekannteste Indizes dieser Kategorie
sind der E&G DIMAX für deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften, der EPRA-Index für europäische Immobilien-AGs bzw. REITs, sowie der NAREIT-Index für den US-amerikanischen
Raum.
7.7 Relative Performancemessung/Risikoadjustierung
Wie schon aus den bisherigen Aussagen zur Performancemessung deutlich wurde, hat die
Betrachtung der Rendite eines Assets oder Portfolios für sich nur geringe Aussagekraft.
Wesentlich mehr lässt sich aus dieser Kennzahl allerdings ableiten, wenn diese mit einem
geeigneten einem Benchmark (-index) verglichen (relative Returns) oder zu dem mit dem
Investment verbundenen Risiko ins Verhältnis gesetzt wird (risikoadjustierte Returns). Mit
dieser Thematik befasst sich der nächste Abschnitt.
7.7.1 Risikoadjustierte Returns
Jede Investition wird grundsätzlich durch die Determinanten Ertrag (Rendite) und Risiko bestimmt. Um Portfolios mit unterschiedlichem Risiko sowohl untereinander als auch mit einer
ex ante definierten Benchmark vergleichen zu können, muss die Rendite mit dem relevanten
Risiko adjustiert werden. Die dominierenden Maße für die Risikoadjustierung im Rahmen
der Performancemessung sind:38
Volatilität • als Maß für das Gesamtrisiko,
Betafaktor • als Maß für das systematische Risiko,
Tracking Error • als Maß für die Risikoabweichung von einer Benchmark und
diverse • Lower Partial Moments als Risikomaße für ausschließlich negative Erfolgsbeiträge.
Im Folgenden werden ausgewählte Risikomaße sowie die auf ihnen basierenden, gebräuchlichen Performancemaße vorgestellt.
7.7.1.1 Systematisches Risiko, unsystematisches Risiko und Gesamtrisiko
Renditen werden nicht nur auf das Gesamtrisiko, sondern auch auf Teilrisiken bezogen. Dabei
hat die Teilung des Gesamtrisikos in systematisches Risiko und unsystematisches Risiko die
größte Bedeutung. Die Zerlegung des Gesamtrisikos in systematisches und unsystematisches
Risiko kann aus dem Ein-Index-Modell von Sharpe abgeleitet werden:39
37 Vgl. Rehkugler, H. (2008), S.75
38 Vgl. Wittrock, C. (2000), S. 76.
39 Vgl. Wittrock, C., Mielke, R. (2007), S. 648.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Asset Management ist das beherrschende Thema der immobilienwirtschaftlichen Fachöffentlichkeit seit Anfang 2006. Grund für diese beachtliche Entwicklung ist die dominierende Präsenz ausländischer Investoren auf dem deutschen Immobilienmarkt in der jüngeren Vergangenheit. Diese Investoren - zumeist aus dem angelsächsischen Raum - importierten gleichermaßen ein neues Anspruchsdenken, was die professionelle Betreuung von Immobilien betrifft. Ausgehend von dem Asset Management-Ansatz aus der Finanzwirtschaft wird das aktive Wertmanagement der Immobilien nach international kompatiblen Standards erwartet. Diese Entwicklung bedeutet auch einen kontinuierlichen Reifeprozess der Assetklasse Immobilie als kapitalmarktfähige Anlage. Die immer stärkeren Auswirkungen der globalen Finanzmärkte (vgl. Subprime-Krise) erfordern ein professionelles Asset Management für Immobilien auch in Deutschland.
Dieses Handbuch stellt das komplexe Thema in übersichtlicher und umfassender Form dar.
- Begriffsdefinition und Einordnung
- Ziele und Aufgaben
- Der Wertschöpfungsprozess
- Theoretische Grundlagen
- Immobilien und Kapitalmarkt
- Aspekte der Bewertung und Bilanzierung
- Performancemessung für Immobilienportfolios
- Investment- und Wertschöpfungsstrategien
- Risikomanagement für Immobilien
- Controlling und Reporting
- Informationsmanagement und Informationstechnologie
- Real Estate Asset Management in der Investment-Phase
- Real Estate Asset Management in der Bestandsphase
- Real Estate Asset Management in der Exit-Phase
- Markt und Wettbewerb im Real Estate Asset Management
- Anbieter Real Estate Asset Management
- Immobilienkennzahlen und Formeln
Prof. Dr. oec. Hanspeter Gondring FRICS, Studiengangsleiter Immobilienwirtschaft im Institut für Finanzwirtschaft an BA Stuttgart/University of Cooperative Education und wissenschaftlicher Leiter der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft.
Dipl.-Kfm. Thomas Wagner, MRICS war über 8 Jahre Leiter des Bestands- und Portfoliomanagements bei der Union Investment
Real Estate AG. Seit 2005 betreut er internationale Investoren in den Bereichen Asset Management und Investment Management.
Das Buch richtet sich in erster Linie an Praktiker, die ihr Wissen in diesem Bereich erweitern wollen. Hier kommen insbesondere Mitarbeiter und Führungskräfte von Unternehmen in Betracht, die mittelbar oder unmittelbar mit Asset Management Themen konfrontiert sind, d.h. Immobilienverwalter, Projektentwickler, Immobilien-Berater, Makler, Fonds, Immobilien-AGs etc.
Es richtet sich aber auch an Studenten immobilienwirtschaftlicher Studiengänge und Teilnehmer von Aufbaustudiengängen bzw. Weiterbildungslehrgängen.