7.6 Anforderungen an die Person des Controllers 793
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Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 793
7.5.2.5 Auflösung
Es ist davon auszugehen, dass ein Unternehmensnetzwerk zwar langfristig bzw. unbefristet angelegt wird, aber dennoch eine endliche Existenz hat. Die Auflösung führt
zur Beendigung der kooperativen Beziehungen.
Das Controlling hat im Rahmen seiner strategischen Kontrollaufgabe Kriterien zu definieren und im Sinne einer Früherkennung wahrzunehmen, die eine Auflösung des
Unternehmensnetzwerks notwendig machen. Bei der Beendigung der Kooperationsbeziehungen ist der Auflösungsprozess operativ zu begleiten.
7.6 Anforderungen an die Person des Controllers
Die Einsatzgebiete des Controllers sind infolge der Spezialisierung vielfältig. Auch ist
die jeweilige Entwicklungsstufe des Controllings in den Unternehmungen unterschiedlich. Insofern sind Aussagen, die sich mit den Anforderungen an die Person des Controllers beschäftigen, zu relativieren bzw. zu spezifizieren. Weber und Kosmieder (1991)
haben anhand von Stellenanzeigen eine Querschnittsanalyse über 40 Jahre (1949–1989)
durchgeführt. Wir können aus der Untersuchung (vgl. Abb. 7.41) ersehen, dass die fachlichen Anforderungen an den Controller sehr vielfältig geworden sind. Dominierten
noch in den Fünfzigerjahren allein die Kostenrechnung und die Steuern, verteilte sich
das Aufgabengebiet in den Achtzigerjahren auf eine Vielzahl von Funktionen mit einem
Schwergewicht auf planungsorientierte Aufgaben.
Eine Fragebogenstudie von Weber, Hirsch, Rambusch, Schlüter, Sill, Spatz aus dem Jahr
2006 ging u.a. auf die Vorraussetzungen für den Controllerberuf ein (vgl. Abb. 7.42).
Auffallend dabei ist, dass sich die Vielfalt der Anforderungen an den Controller gewandelt hat. Waren bislang eher traditionelle Aufgaben wie bspw. das Berichtswesen
oder die betriebliche Planung im Fokus der Controllerarbeit, so wurden diese nun
zugunsten eher weniger traditioneller Aufgaben wie bspw. der Fähigkeit, kritisch zu
Aufgabe
Netzwerkerfolg messen
Strukturieren des Partnerpools
Kooperationsfelder bewerten
Verrechnungs- und Umlagemethoden
Art
– Kosten
– Erlöse
– Gewinn und Verlust
– Erlöse
– Gewinn und Verlust
– Kosten
– Erlöse
– Gewinn und Verlust
– Deckungsbeitrag
– Kosten
Objekt
Unternehmensnetzwerk
Netzwerkunternehmen
Kooperationsfeld
Auftrag
Abb. 7.40: Operativer Informationsbedarf auf der auftragsübergreifenden
Ebene des Unternehmensnetzwerks (Veil 2001, S. 109)
7 Gesamtorganisation des Controllings794
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Betrachtungszeitraum 1949– 1960– 1965– 1970– 1975– 1980– 1985–
Aufgabengebiet 1959 1964 1969 1974 1979 1984 1989
4,115,84,87,45,63,41nesewsthcireB
Kurz-/jahresbezogene/operative Planung 6,5 6,2 9,6 12 9,2
6,31,746,1gnunalPehcsigetartS
Betriebswirtschaftliche Beratung und 25 4,8 4,8 2,3 3,2 3,7 4,8
Betreuung
Investitions-/Wirtschaftlichkeitsrechnungen 4,8 3,2 2,3 4 2,9 4,4
Budgetierung und Budgetkontrolle 4,8 12,9 9,3 11,9 8,8 10,1
Soll-Ist-Vergleiche/Abweichungsanalysen/ 9,5 8,1 7 11,1 6,8 12,4
Kostenüberwachung
Finanzplanung, Beobachtung der Liquidität, 4,8 8,1 9,3 6,8 6,3 4,2
Finanzierungsfragen
7,15,12kitilopsnemhenretnUredgnutlatsegtiM
und -ziele
6,12,28,28,06,1nebagfuasgnurhüF/gnureuetS
5,582,78,31,88,4noitasinagrO-SI
4,34,32,37,4negnuhcusretnurednoS/noitanidrooktkejorP
Bilanzierung/Konzernbilanzierung 14,3 3,2 6,9 2,4 2,7 2,7
1,24,32,38,78,45,9gnutlahhcuB
Kostenrechnung/Kalkulation 50 18,9 14,5 11,6 5,5 9,5 7,7
2,126,34,58,45,952nesewreuetS
412,111,113,619,21segitsnoS
Abb. 7.41: Wandel der Controlleraufgaben
(Weber, Kosmieder 1991, Weber, Schäffer 2008, S. 8)
Fähigkeit kritisch zu hinterfragen und Schwachstellen zu erkennen 54,4%
54,1%
49,5%
36,6%
16,3%
16,0%
15,2%
12,0%
10,3%
9,0%
6,4%
4,4%
3,0%
2,1%
1,3%
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Kommunikationsfähigkeit
Beherrschen der Controllinginstrumente
Geschäftsverständnis
Teamfähigkeit
Standfestigkeit/Rückgrat
IT-Kenntnisse
Überzeugungsfähigkeit
Fachwissen anwenden und vermitteln können
Führungskompetenz
Rechnungswesenkenntnisse
Neutralität
Kooperationsbereitschaft
Hochschulstudium
Fremdsprachenkenntnisse
Abb. 7.42: Aktuelle Voraussetzungen für den Controllerberuf
(vgl. Weber, Hirsch, Rambusch, Schlüter, Sill, Spatz 2006, S. 56)
7.6 Anforderungen an die Person des Controllers 795
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hinterfragen und Schwachstellen zu erkennen oder der Kommunikationsfähigkeit auf
die nachfolgenden Plätze verdrängt.
Insgesamt erlaubt das vorliegende empirische Material nicht, ein allgemein verbindliches Controllerprofil abzuleiten.
Die Versuche, deduktiv zu einem Anforderungsprofil zu kommen (vgl. Abb. 7.43), wie
dies Küpper (1990) getan hat, sind hilfreich, weil sie eine Systematisierung erlauben, sie
dürfen jedoch nicht verabsolutiert werden. Insbesondere darf ein solches Profil den
Controller nicht zu einem „Supermann“ stilisieren!
Hilfreich sind die Verhaltensanforderungen, die Deyhle (1980) aus seiner langjährigen
Erfahrung formuliert hat. Sie beleuchten die koordinierend-kommunikativen Aufgaben
des Controllers vorzüglich (vgl. Abb. 7.44).
Auch scheint es wichtig zu sein, dass der Controller heute die von ihm betreuten
Bereiche und Prozesse intensiv kennt. Insofern reichen die allein auf das Controllinginstrumentarium ausgerichteten Fähigkeitsanforderungen nicht. Ein F&E-Controller
muss den Entwicklungsprozess seiner Unternehmung gut kennen, damit er seine
Koordinationsaufgaben dort effektiv wahrnehmen kann.
Das heute geforderte Selbstverständnis eines Controllers gibt sehr gut ein Leitbild für
einen Controllerbereich wieder (Abb. 7.45).
Inhaltliche Anforderungen
Kosten- und Leistungsrechnung
Infor- Investitionsrechnung
ma- (Externe Rechnungslegung)
tions- (Sozialbilanzrechnung)
system (Humanvermögensrechnung)
Informationsverarbeitung
Planung Systeme
und Prozesse
Kontrolle Instrumente
Ziel- Lösung von Zielkonflikten
system Zielbildung
Perso- Führungsstile
nalfüh- Anreizsysteme
rung Bestimmungsgrößen
menschlichen Verhaltens
Organisation
Interdependenzen im Leistungssystem
Theoretische und methodische Anforderungen
Betriebswirtschaftliche
Theorien der Beziehungen im Führungsund Leistungssystem
Koordinationsinstrumente
Ziel- und Kennzahlensysteme
Budgetierungssysteme
Lenkungspreissysteme
Methoden der Erfolgsplanung und -kontrolle
Verhaltenstheorien
Motivationsinstrumente
Früherkennungsmethoden
Kreativitätstechniken
Persönliche
Anforderungen
Intelligenz
Analytisches
Denkvermögen
Geistige Flexibilität
Sozialverhalten
Zuverlässigkeit
(Führungseigenschaften)
Fachliche Anforderungen
Abb. 7.43: Anforderungsprofil für Controller nach Küpper
(Weber, Schäffer 2008, S. 447)
7 Gesamtorganisation des Controllings796
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Verhaltensanforderungen
t Die Geduld, stets auf’s neue die gleichen Sachverhalte zu interpretieren
t Liebenswürdige Penetranz
t Toleranzbreite
t Bildhafte Ausdrucksweise (visualisieren)
t Spüren, ob einer zuckt (oder schluckt)
t Courage, nicht jeden Sachverhalt gleich an die große Glocke zu hängen
t Hofnarren-Allüren, um unangenehme Wahrheiten so zu bringen, dass man über sich
selbst lacht
t Sich nicht so wichtig nehmen
t Unverdrossenheit
Abb. 7.44: Verhaltensanforderungen an den Controller nach Deyhle (1980, S. 40)
Mission
Wir übernehmen die Verantwortung dafür, dass die von der Unternehmensleitung gewollte dezentrale Führung durch eine gemeinsame, miteinander abgestimmte Ausrichtung zu den gewünschten Gewinnen des Unternehmens führt.
Wir verstehen uns als Servicefunktion mit aktiven Gestaltungsaufgaben. Wir haben
unsere Aufgabe nur dann erfüllt, wenn wir von Führungskräften gebraucht und nicht
nur geduldet sind.
Vertrauen ist die Basis unseres Geschäfts.
Wege dorthin
Wir verstehen uns als betriebswirtschaftliche Qualitätssicherung, indem wir für ein gutes Berichtswesen sorgen, betriebswirtschaftliche Führungsinstrumente vermitteln und
bei ihrem Einsatz helfen, das Planungssystem optimal gestalten, und ständig überlegen,
ob Änderungen des Bewährten erforderlich sind. Wir verstehen uns als Unterstützung
der Leitung, indem wir die Zielfindungsprozesse organisieren und moderieren, die Rolle
eines integren und objektiven Gesprächspartners der Führungskräfte bei der Entscheidungsfindung spielen und die Führungskräfte bei Bedarf schulen.
Wie sind die Wege zu gehen?
Wir wissen, dass wir die Mission nur dann erreichen können, wenn wir
t die Führungskräfte als unsere Kunden betrachten und serviceorientiert handeln,
dabei allerdings nicht jedem Kundenwunsch unkritisch folgen;
t unseren Informationsvorsprung nicht unzulässig nutzen, sondern stets unsere Integrität als unabdingbare Voraussetzung unserer Tätigkeit verstehen;
t unserem Verhalten gegenüber den Führungskräften eine ebenso große Bedeutung
zumessen wie den betriebswirtschaftlichen Aspekten.
Welche Konsequenzen sind zu ziehen?
Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass
t die hochgesteckten Ziele controlling-intern erhebliche Anforderungen stellen,
t insbesondere Controller ständig weiterbildungsbereit sein müssen,
t ein einheitliches Controlling-Verständnis ständiger Kommunikation bedarf und dass
t Controller-Positionen dem Service-Charakter entsprechend nie als Dauereinrichtungen verstanden werden dürfen.
Abb. 7.45: Beispiel eines Leitbildes für einen Controllerbereich
(Weber, Schäffer 2008, S. 456 ff)
7.7 Einführung und Reorganisation des Controllingsystems 797
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7.7 Einführung und Reorganisation
des Controllingsystems
7.7.1 Gestaltungsfragen des Controllings
Organisatorische Gestaltungsfragen treten im Hinblick auf das Controlling in zwei
grundsätzlichen Ausprägungen auf:
r In der Unternehmung gibt es noch kein Controllingsystem, und es soll nun aufgebaut
werden.
r In der Unternehmung besteht bereits ein Controllingsystem, und dieses soll umgestaltet oder erweitert werden.
Zunächst soll der erste Fall etwas erläutert werden: Betrachtet man die Unternehmungen der Realität, so wird man feststellen, dass bestimmte Fragmente des Controllings
überall existieren. Geplant wird in irgendeiner Form in jeder Unternehmung, auch
bestimmte Gebiete des Rechnungswesens existieren. In der Unternehmungsführung
wird man notgedrungen zumindest von Fall zu Fall auch koordinieren müssen. Von
einem Controllingsystem können wir allerdings erst sprechen, wenn Planung und
Kontrolle sowie Informationsversorgung aufeinander abgestimmt als eine Einheit funktionieren und die Unternehmung in die Lage versetzen, in ihrer Umwelt zieladäquat
zu bestehen. Es handelt sich hier – in unserer Systemterminologie – um die Aufgabe
des „Metacontrollings“.
Im zweiten Fall geht es dann darum, das bereits bestehende Controllingsystem partiell
oder total neuen Gegebenheiten zielorientiert anzupassen (z.B. Dezentralisierung). Solche Reorganisationsmaßnahmen gehören zur laufenden Praxis, da Kontextänderungen
eine ständige Überprüfung auch des Controllingsystems verlangen. „Der Controller
übernimmt eine Aufgabe, die nie zu Ende geht.“ (Mann o. J., S. 241.) Die Idee des Kaizen
gilt auch hier (vgl. Imai 1986).
Beide Fälle betreffen Reorganisationsmaßnahmen, auf die die entsprechende Vorgehensmethodik der Reorganisation angewendet werden kann. Wir haben bereits im
Abschnitt über die Systemanalyse (vgl. Abschnitt 2.7.1.2) hierzu die grundsätzlichen
Fragen der Methodik angesprochen. Die dort angestellten, etwas formalen Überlegungen müssen allerdings für die praktische Anwendung konkretisiert werden. Die
Aufgabe besteht darin, eine mehrdimensionale (funktionale, instrumentale, methodische und institutionale) Systemanalyse und -synthese unternehmungsindividuell und
kontextbezogen durchzuführen.
7.7.2 Einführung des Controllingsystems
Gegenwärtig wird das Controlling in zahlreichen Unternehmungen und in anderen
Organisationen eingeführt und aufgebaut. Einen besonderen Schwerpunkt bilden aus
gegebenem Anlass Organisationen des öffentlichen Bereichs.
Für die praktische Vorgehensweise bietet sich ein Vorgehen nach Phasen an. Becker,
Mackenthun und Müller (1978, S.133 ff.) schlagen fünf Phasen zur Entwicklung und
Realisierung von Controllingkonzeptionen vor (vgl. Abb. 7.46):
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Der Klassiker zum Controlling.
Controlling: umfassend und bewährt
Auch nach über dreißig Jahren verfolgt dieses Buch weiterhin das ehrgeizige Ziel, mit jeder Neuauflage den »State of the Art« in Wissenschaft und Praxis des Controllings wiederzugeben. Unverändert geblieben ist dabei die Intention dieses Standardwerkes. Es liefert eindeutige Antworten auf drei umfassende Fragen:
* Was ist die Grundidee des Controllingkonzepts?
* Welche Aufgaben umfasst die Controllingfunktion?
* Wie wird die Controllingfunktion organisatorisch realisiert?
Höchste Autoren-Kompetenz
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth gehört zu den renommiertesten Persönlichkeiten im Controlling. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates einer Managementberatung und Gründungsherausgeber der Zeitschrift für Controlling.