1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER60
bei einer Produktart durch eine entsprechend höhere Kostendeckung bei anderen Produktarten auszugleichen. Ferner lässt sich in gleicher Weise eine
Preisdifferenzierung bei gleichartigen Produkten durch unterschiedliche Kostenträgerbelastungen durchführen
III. Systeme der Kosten- und Erlösrechnung
1. Begriff des Kosten- und Erlösrechnungssystems
Die Kosten- und Erlösrechnung ist ein institutionalisiertes Informationsinstrument der Unternehmungsführung, das in unterschiedlicher Weise geformt werden kann.
Hierzu sind verschiedene grundlegende Konzepte und Verfahren entwickelt
worden, welche die Ausprägung ihrer im vorigen Abschnitt beschriebenen
Komponenten und Prinzipien bestimmen. Sie betreffen nicht nur einzelne
Bestandteile wie z.B. die Kosten- oder die Erlösrechnung bzw. die Arten-,
Stellen-, Prozess- oder Trägerrechnung, sondern wirken sich auf die Gestaltung jeder Komponente aus. Deren Wahl wird durch die verfolgten Rechnungszwecke und die zu erfüllenden Rechnungsziele bestimmt.
Derartige Verfahren bzw. Verfahrensgrundsätze für die gesamte Kosten- und
Erlösrechnung, mit deren Hilfe die Kosten, Erlöse und Erfolge unter spezifischen Zielsetzungen bestimmten Bezugsgrößen zugerechnet werden, kennzeichnen ein Kosten- und Erlösrechnungssystem. Ihre Darstellung und ihr
Vergleich lassen die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten dieses Informationsinstruments sichtbar werden. Diese Kriterien ermöglichen eine Beschreibung verschiedener Typen von Kosten- und Erlösrechnungssystemen sowie
deren Systematisierung80.
In einer Unternehmung ist es im Allgemeinen weder möglich noch zweckmä-
ßig, mit einer größeren Zahl von Systemtypen gleichzeitig zu arbeiten. Deshalb muss sie eine Auswahl aus den verfügbaren Kosten- und Erlösrechnungssystemen treffen. Hierzu benötigt sie Kriterien, mit denen sich die Eignung der einzelnen Systeme beurteilen lässt. Der nachfolgende Katalog von
Beschreibungskriterien ermöglicht eine Einordnung und Kennzeichnung der
wichtigsten Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, die in den Kapiteln zwei
bis vier dargestellt werden. Die anschließend erarbeiteten Beurteilungskriterien bilden die Grundlage für ihre Analyse. Deshalb liefert dieser Abschnitt
zugleich einen Überblick über den nachfolgenden Aufbau dieses Buches.
80 Vgl. SCHWEITZER, M. (Systematik), S. 186.
B. Struktur und Systeme der KER 61
2. Gliederung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
a) Kriterien zur Kennzeichnung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
aa) Rechnungszielorientierung
Als Informationsinstrumente dienen Systeme der Kosten- und Erlösrechnung
bestimmten Zwecken, aus denen sich ihre Rechnungsziele herleiten lassen.
Die Rechnungszielorientierung kann daher als grundlegendes Kriterium
angesehen werden, das eine maßgebliche Bedeutung für die Gestaltung der
Rechnung besitzt.
Um das Rechnungsziel der Abbildung und Dokumentation des Unternehmungsprozesses zu erfüllen, benötigt man Systeme, mit denen sich die realisierten Kosten und Erlöse ermitteln lassen. Die Erfassung (Ermittlung, Berechnung, Messung) der tatsächlich entstandenen Kosten und Erlöse ist notwendig für Dokumentationszwecke und bildet zugleich eine wichtige Grundlage für alle anderen Rechnungsziele. Sie wirft eine größere Zahl von Problemen auf und erfordert im Hinblick auf die verschiedenen Kosten- sowie Erlösarten, -stellen und -träger den Einsatz unterschiedlicher Techniken. Umfang und Bedeutung dieser Aufgabenstellung rechtfertigen es, die für sie verfügbaren Verfahren als eigenständige Kosten- und Erlösrechnungssysteme zu
bezeichnen. Da sich diese 'ermittlungsorientierten Systeme' auf Vergangenheitsgrößen beziehen, kann man sie als Istkosten- und Isterlösrechnungen
bezeichnen. Ihre Darstellung und Analyse bildet den Gegenstand des zweiten
Kapitels.
Prognosen sind eine maßgebliche Grundlage für die Planung. Deshalb verbindet sich dieses Rechnungsziel mit demjenigen der Informationsbereitstellung für Planungszwecke. Mit den auf dieses Rechnungsziel ausgerichteten
Systemen sollen Informationen zur Beurteilung von Handlungsalternativen
und zur Entscheidungsfindung geliefert werden. Im Mittelpunkt der im dritten Kapitel behandelten planungsorientierten Systeme steht daher die Frage,
wie diejenigen Kosten-, Erlös- und Erfolgsgrößen berechnet werden können,
mit denen sich zieloptimale Alternativen erkennen lassen. Hierzu ist es zum
einen notwendig, die Auswirkungen von Handlungsvariablen und externen
Einflussgrößen auf Kosten und Erlöse zu prognostizieren. Insoweit benötigt
man Prognoserechnungen, deren charakteristische Komponenten realtheoretische Hypothesen sind, mit denen sich Voraussagen für Wird-Erlöse und
Wird-Kosten ableiten lassen. Optimale Alternativen kann man über einen
Vergleich ihrer prognostizierten Zielwirkungen auswählen.
Zum anderen führt die Zerlegung des Entscheidungsfelds der Unternehmung
vielfach dazu, dass man die Wirkungen auf die jeweils nicht berücksichtigten
Handlungsbereiche über Kosten- oder Erlösgrößen näherungsweise erfassen
muss. Beispielsweise sollen Zinskosten häufig ausdrücken, welche Überschüsse durch eine Anlage des Kapitals in einem anderen Entscheidungsfeld
als dem Kapitalmarkt erwirtschaftet oder durch den Verzicht auf eine Kreditaufnahme eingespart werden könnten. Da es sich bei derartigen Größen nicht
um empirische Konsequenzen der Kapitalanlage in der Unternehmung han-
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER62
delt, lassen sie sich nicht mit Prognoserechnungen bestimmen. Vielmehr ist
ihre Höhe aus entscheidungstheoretischen Modellen oder Entscheidungsrechnungen herzuleiten, denen klare Prämissen über die Entscheidungssituation, die Art der Aufteilung des Entscheidungsfeldes und damit den Handlungsspielraum des Entscheidungsträgers zugrunde liegen.
Das Rechnungsziel der Steuerung ist auf die Umsetzung der Entscheidungen
gerichtet, die in der Planung getroffen werden. Es beinhaltet einerseits die
Konkretisierung der Pläne und ihre Anpassung an unerwartete Datenänderungen im Sinne einer Programm-, Potential- und Prozesssteuerung, wie sie
vor allem in der Fertigungssteuerung ausgebaut ist. Zur Erfüllung dieses
Rechnungsziels sind Modelle und Verfahren erforderlich, die eine Kontrolle
der Planerreichung liefern und Anpassungsentscheidungen ermöglichen. Da
letztere in ihrer Struktur den in der Planung zu treffenden Entscheidungen
entsprechen und die für sie erforderlichen Kontrollen mit der Planung verknüpft sind, wird dieses Rechnungsziel einer Steuerung im Sinne einer Planumsetzung von den in Kapitel drei behandelten planungsorientierten Systemen im Allgemeinen auch erfüllt.
Zum anderen geht es um die Verhaltenssteuerung der Personen, die als Entscheidungsträger oder Ausführende die Pläne umsetzen sollen. Die in Kapitel
vier behandelten verhaltenssteuerungsorientierten Systeme der Kosten- und
Erlösrechnung berücksichtigen explizit, dass Informationen in unterschiedlicher Weise das Verhalten beeinflussen können und daher für die Steuerung
eigenständige Konzepte und Verfahren erforderlich sind. Während planungsorientierte Rechnungssysteme zur Gewinnung von Informationen für
Entscheidungen dienen, nehmen die verhaltenssteuerungsorientierten Systeme Bezug auf Merkmale der sie umsetzenden Personen.
Das Rechnungsziel der Kontrolle ist ein Teilziel der Planumsetzung und der
Verhaltenssteuerung. Es spielt in der Kosten- und Erlösrechnung eine wichtige Rolle. Daraus wird teilweise der Schluss gezogen, zu seiner Erfüllung würden eigenständige Systeme benötigt. Bei näherem Hinsehen wird aber deutlich, dass Kontrollen stets auf einem Vergleich einer zu prüfenden mit einer
Vergleichs- oder Normgröße basieren81. Die zu prüfende Größe stellt häufig
eine Istgröße dar, jedoch lassen sich auch Sollgrößen für Vorgaben und
Wirdgrößen für Prognosen kontrollieren. Bei den Normgrößen kann es sich
um Planwerte als Soll- oder Wirdgrößen, aber auch um Istgrößen bei Zeitund Betriebsvergleichen handeln. Daraus folgt, dass sowohl die zu prüfenden
als auch die Normgrößen aus ermittlungs-, planungs- oder steuerungsorientierten Rechnungen herzuleiten sind.
Deshalb wird hier die Auffassung vertreten, dass Kontrollrechnungen keine
eigenen Rechnungssysteme bilden82, sondern mit den anderen Systemen als
Rechnungsfunktionen verbunden sind. Eigenständige Verfahren der Kontrolle und Abweichungsanalyse sind dabei vor allem im Rahmen der planungsorientierten Systeme der Kosten- und Erlösrechnung entwickelt wor-
81 Vgl. KÜPPER, H.-U. (Controlling), S. 169 ff.; SCHWEITZER, M. (Planung), S. 72 ff.
82 Zu diesem Konzept vgl. EWERT, R./WAGENHOFER, A. (Unternehmensrechnung), S. 341
ff.
B. Struktur und Systeme der KER 63
den. Sie besitzen aber auch eine wichtige Bedeutung für die Verhaltenssteuerung der Entscheidungsträger und Mitarbeiter. Deshalb sind auch in verhaltenssteuerungsorientierten Systemen Verfahren der Kontrolle einzubauen.
Demgegenüber liefert ein Vergleich von Istgrößen lediglich schwache Ansatzpunkte für Kontrollen. Deshalb sind Kontrollrechnungen in den ermittlungsorientierten Systemen nicht als eigenständige Bestandteile ausgebaut.
bb) Zeitbezug der Rechnungen
Die verschiedenen Rechnungsziele lassen erkennen, dass zu ihrer Erfüllung
einerseits vergangenheitsorientierte und andererseits zukunftsorientierte
Rechnungen benötigt werden. Deshalb ist der zeitliche Bezug der Rechnungen ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung von Systemen der Kostenund Erlösrechnung. Nach ihm trennt man zwischen Systemen der Istrechnung und der Planrechnung.
Soweit ein Rechnungssystem sich auf die Feststellung realisierter Kosten und
Erlöse beschränkt, wird es als Istkosten- und -erlösrechnung bezeichnet. Sie
verfolgt als Rechnungsziel die Ermittlung der faktisch entstandenen Kosten,
Erlöse und Erfolge. Dagegen sind Plankosten- und -erlösrechnungen durch
eine Vorrechnung gekennzeichnet, in welcher die Kosten, Erlöse und Erfolge
für künftige wirtschaftliche Sachverhalte bestimmt werden. Die Plankosten
und erlöse können eine Basis für die Entscheidungsfindung liefern oder als
Steuerungsgrößen zu deren Umsetzung vorgegeben werden. Sowohl zu Planungs- als auch zu Verhaltenssteuerungszwecken benötigt man Daten, die
sich auf einen künftigen Zeitraum beziehen, da die Konsequenzen von Entscheidungen und das Handeln der zu beeinflussenden Personen in der Zukunft liegen. Deshalb sind für die Erfüllung beider Rechnungsziele Vorrechnungen notwendig.
Da die Planung und die Verhaltenssteuerung im Allgemeinen um Kontrollen
ergänzt werden, schließen Planrechnungen durchweg Nachrechnungen mit
ein. Man stellt die geplanten Kosten und Erlöse den realisierten gegenüber
und untersucht die aufgetretenen Differenzen mit Hilfe von Abweichungsanalysen. Deshalb stellen Vorrechnungen zwar die charakteristischen, aber
nicht die einzigen Bestandteile von Plankosten- und -erlösrechnungen dar.
Diese Systeme bieten insoweit keine Alternative, sondern die Erweiterung
von Verfahren der Istkosten- und -erlösrechnung.
cc) Umfang und Art der Verrechnung
Im Hinblick auf die Verwendbarkeit der Informationen für Entscheidungen
hat der Verrechnungsumfang von Kosten und Erlösen eine wichtige Bedeutung erlangt. Nach diesem Kriterium unterscheidet man zwischen Systemen
der Voll- und der Teilkosten- sowie -erlösrechnung. Da die Zurechnung der
Erlöse auf die Träger eher direkt möglich ist, bezieht sich dieses Kriterium
primär auf die Verteilung der Kosten.
Bei Vollkostenrechnungen werden die gesamten Kosten auf die Kostenträgereinheiten (bzw. -lose oder -chargen) verteilt. Die Einzelkosten lassen sich
ihnen direkt zurechnen, während die Gemeinkosten über die Kostenstellen-
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER64
oder Kostenprozeßrechnung den Kostenträgern zugeordnet werden. Maßgeblich für eine eindeutige begriffliche Unterscheidung ist, dass die Kostenverteilung auf einzelne Leistungseinheiten herunter erfolgt.
Ein grundlegendes Problem von Vollkostenrechnungen besteht darin, dass
häufig die Verteilung der Kosten auf Kostenträgereinheiten nicht aufgrund
empirischer Zusammenhänge oder entscheidungstheoretischer Modelle vorgenommen werden kann. Dann bleibt nur eine möglicherweise plausibel begründete, aber letztlich willkürliche 'Schlüsselung' übrig, wenn man sämtliche Kosten verteilen will. Damit wird die Verwendbarkeit der Informationen im Hinblick auf die Rechnungsziele jedoch problematisch. Sie lässt sich
nicht mehr anhand real- bzw. entscheidungstheoretischer Modelle beurteilen,
so dass die Gefahr einer fehlerhaften Anwendung bzw. einer fehlenden Entscheidungsrelevanz besteht.
Da in der Regel ein Teil der Kosten von anderen Einflussgrößen als den Produktmengen abhängig ist, führt die strenge Beachtung ihrer funktionalen Beziehungen zur Kostenhöhe zu Systemen der Teilkostenrechnung. Für deren
Entwicklung war maßgebend, dass man eine nicht verursachungsgemäße,
ggf. zu Fehlentscheidungen führende Kostenschlüsselung auf alle Fälle vermeiden wollte. Deshalb sind sie dadurch gekennzeichnet, dass nicht die gesamten, sondern lediglich ein Teil der anfallenden Kosten bis auf die Kostenträgereinheiten (bzw. -lose oder -chargen) verrechnet werden. Dieses Kriterium beinhaltet jedoch nicht, dass in ihnen nur ein Teil der Kosten erfasst wird.
So schließt die Kostenartenrechnung üblicherweise die Erfassung der gesamten Kosten ein. Auch in der Kostenstellenrechnung werden i.d.R. sämtliche
Kosten auf Kostenstellen zugerechnet. Dies ist möglich, da es im Allgemeinen
übergreifende Kostenstellen wie die Unternehmensleitung gibt, denen sich
umfassende Kosten ohne Willkür zuordnen lassen.
Verschiedene Erscheinungsformen von Teilkostenrechnungen ergeben sich
nach der Art der Kostenverrechnung. Diese Systeme verlangen stets eine Aufspaltung der Gesamtkosten, von denen nur ein Teil bis auf die Kostenträger
weiterverrechnet wird. Als maßgebliche Kriterien hierfür werden die Beschäftigungsabhängigkeit und die (eindeutige) Zurechenbarkeit verwendet.
Mit diesen gelangt man zu Teilkostenrechnungen auf der Basis von variablen
Kosten bzw. von relativen Einzelkosten.
Den Teilkostenrechnungen auf der Basis von variablen Kosten liegt eine
Trennung nach der Abhängigkeit von der Einflussgröße zugrunde. Als variabel bezeichnet man die Kosten bzw. Teile der Gesamtkosten, deren Höhe sich
bei Variation einer Kosteneinflussgröße ändert. Dagegen bleibt die Höhe fixer
Kosten bei Veränderung innerhalb eines Intervalls konstant. Da die Beschäftigung in der Kosten- und Erlösrechnung als wichtigste Kosteneinflussgröße
betrachtet wird, führt man in diesen Systemen die Kostenaufspaltung in Bezug auf sie durch. Die Beschäftigung gibt die in einer Periode realisierten
bzw. zu realisierenden Leistungen wieder und kann u.a. durch Ausbringungsmengen, Fertigungszeiten u.ä. gemessen werden. Den Kostenträgern
und ihren Einheiten werden lediglich die beschäftigungsvariablen Kosten
zugerechnet.
B. Struktur und Systeme der KER 65
Beim Bestehen linearer Kostenfunktionen sind die variablen Kosten je Beschäftigungseinheit konstant. In diesem Fall linearer Kostenabhängigkeit
stimmen sie zudem mit den Grenzkosten überein. Diese geben die Steigung
der Gesamtkosten an und werden als erste Ableitung der Gesamtkosten bestimmt. Die Grenzkosten kennzeichnen die Veränderung der Kosten, die bei
infinitesimal kleiner Variation einer oder mehrerer Kosteneinflussgrößen anfällt. Im Fall linearer Kostenfunktionen stellt eine Zurechnung der Teilkosten
'variable Kosten pro Stück' auf die Kostenträger zugleich eine Zurechnung
von Grenzkosten dar. Teilkostenrechnungen auf der Basis variabler Kosten
haben somit gleichzeitig den Charakter einer Grenzkostenrechnung, wenn
sie von linearen Kostenverläufen ausgehen. Diese Eigenschaft ist wichtig,
weil damit ein bestimmter konzeptioneller Ansatz verfolgt wird. Man will
mit derartigen Systemen über die Aufspaltung der Kosten nach der oder den
als wichtig erachteten Einflussgröße(n) die Grenzkosten bestimmen, da sie
häufig die für die Entscheidungsfindung relevanten Informationen sind. Ferner verfolgt man den Zweck, eine nicht verursachungsgemäße Schlüsselung
von Kosten und Erlösen zu vermeiden. Deren Verteilung soll nur dann erfolgen, wenn sie sich auf einen empirischen Zusammenhang z.B. als Änderung
der Kostenfunktion zurückführen lassen oder über ein Entscheidungsmodell
aus empirisch bestätigten Funktionen und einer Zielvorstellung eindeutig
herleitbar sind.
In der von PAUL RIEBEL konzipierten Teilkostenrechnung auf der Basis von
relativen Einzelkosten wird die direkte Zurechenbarkeit als Kriterium für
die Kostenaufspaltung angesehen. Jedoch berücksichtigt man, dass sich die
Kosten (und Erlöse) nicht nur den Kostenträgern bzw. ihren Einheiten, sondern einer größeren Zahl unterschiedlicher Bezugsgrößen zurechnen lassen.
Durch eine geeignete Hierarchie von Bezugsgrößen gelingt es, alle Kosten als
Einzelkosten zu erfassen. Dementsprechend wird die Verrechnung der Kosten 'relativ' zu den Bezugsgrößen vorgenommen. Kosten werden jeweils an
derjenigen Stelle der Bezugsgrößenhierarchie ausgewiesen, an der sie gerade
noch als Einzelkosten direkt zuordenbar sind. "Die an irgendeiner Stelle in
der Bezugsgrößenhierarchie ausgewiesenen Kosten sind dann für die untergeordneten Bezugsgrößen Gemeinkosten."83 Auf eine Schlüsselung von nicht
direkt zurechenbaren Kosten wird in diesem System völlig verzichtet.
dd) Bezugnahme auf die Planungs- und Steuerungshierarchie
Die Planung wird im Allgemeinen in mehrere Hierarchieebenen eingeteilt,
die sich in Bezug auf die Art der Handlungsvariablen und Ziele, deren zeitliche Reichweite und andere Merkmale unterscheiden84. Während sich die strategische Planung in hohem Maße auf qualitative Tatbestände erstreckt und
ihre Ziele vor allem in der Schaffung von Erfolgspotentialen liegen, sind die
taktische und die operative Planung vorwiegend quantitativ ausgerichtet.
Für die taktische Planung sind mehrperiodige quantitative Zielgrößen wie
Kapital-, Ertrags- oder Endwerte charakteristisch. Sie bezieht sich vor allem
83 RIEBEL, P. (Einzelkostenrechnung), S. 37.
84 Vgl. SCHWEITZER, M. (Planung), S. 33 ff.; KÜPPER, H.-U. (Controlling), S. 68 ff.
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER66
auf umfassendere Produktionsprogramm-, Investitions-, Finanzstruktur- und
Personalentscheidungen. Dagegen sind für operative Entscheidungen einperiodige Ziele wie Jahres- oder Monatserfolg, Durchlaufzeiten u.ä. bestimmend, mit denen z.B. Entscheidungen über Produktionsmengen, Losgrößen,
Reihenfolgen und Bestellmengen getroffen werden.
Die Kosten- und Erlösrechnung ist der Teil der Unternehmungsrechnung,
dessen Schwerpunkt in der Bereitstellung von Informationen für die operative Ebene liegt85. Sie geht i.d.R. wie die operative Planung von kurzfristigen
Erfolgsgrößen aus. Daher ist sie traditionellerweise das Instrument, mit dem
die relevanten Kosten- und Erlösinformationen für die Planung, Steuerung
und Kontrolle aller operativen Transformationsprozesse in und zwischen Unternehmungen geliefert werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Beschaffungs-, Transport-, Lager-, Fertigungs- und Absatzprozesse. Die für diese Prozesse über die taktische Planung bereitgestellten Ressourcen an Personal, Anlagen, Know-how u.ä. müssen im Hinblick auf das Erfolgsziel optimal
eingesetzt werden. Im Vordergrund stehen u.a. Fragen der Beschäftigung
vorhandener Kapazitäten. Besondere Beachtung verdienen dabei die Wirkungen sinkender Stückzahlen, zunehmender Produktvielfalt und steigender
Anforderungen an die Flexibilität. Die meisten Systeme der Kosten- und Erlösrechnung folgen diesem Konzept und konzentrieren sich auf die operative
Ebene, was in der Orientierung an Periodenerfolgsgrößen und der Annahme
weitgehend konstanter Betriebsbereitschaft zum Ausdruck kommt.
Eine Reihe neuerer Ansätze betont den Bedarf an Kosten- und Erlösinformationen für taktische und strategische Entscheidungstatbestände. Das traditionelle Instrument zur Unterstützung taktischer und - soweit sie quantitativ
erfassbar sind - strategischer Entscheidungen aus ökonomischer Sicht bildet
die Investitionsrechnung86. Deshalb gewinnt für die Ausrichtung der Kosten- und Erlösrechnung auf die taktische und strategische Planungsebene ihre
Verbindung zur Investitionsrechnung eine wichtige Bedeutung. Soweit diese
Verknüpfung gelingt, lassen sich die kostenrechnerischen Ansätze für taktische und ggf. strategische Informationen systematisch in die Unternehmungsrechnung einordnen.
Bei mehrperiodiger Betrachtung muss man, um eine ausreichende Präzision
zu wahren, auch mehrperiodig definierte Erfolgsziele zugrunde legen. Mit
dem Übergang auf mehrperiodige Rechnungen nehmen daher die Bedeutung
der Zinskosten und damit der Zahlungszeitpunkte zu, während die Probleme
der periodischen Rechnungsabgrenzung in den Hintergrund treten. Da die
zeitlichen Differenzen zwischen den Zeitpunkten der Zahlungen und des Gütereinsatzes bzw. der Güterentstehung gegenüber der Dauer des Betrachtungszeitraums an Gewicht verlieren, nimmt die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen diesen Rechnungsgrößen ab. Grundlegende Aufgaben
von erfolgszielorientierten Informationssystemen für die taktische und strategische Planung liegen daher in der Prognose der Ein- und Auszahlungen.
Ansätze der Kostenrechnung sind auf der taktischen Ebene insbesondere für
85 Vgl. KILGER, W. (Deckungsbeitragsrechnung10), S. 1.
86 Vgl. KÜPPER, H.-U. (Unternehmensrechnung), S. 984 ff.
B. Struktur und Systeme der KER 67
die vereinfachte Investitionsplanung, die Budgetierung und zur Unterstützung von Konstruktionsaufgaben entwickelt worden. Jedoch wird üblicherweise lediglich die konstruktionsbegleitende Kostenrechnung explizit den
Systemen der Kosten- und Erlösrechnung zugerechnet.
In eine ähnliche Richtung gehen Ansätze, welche die Notwendigkeit einer
Beeinflussung von Konstruktion, Fertigung und Vertrieb in den Vordergrund
stellen. Bei ihnen tritt das Rechnungsziel der Verhaltenssteuerung in den
Mittelpunkt. Sie betonen die Notwendigkeit, nicht nur die laufenden Prozesse
im operativen Bereich, sondern ihre Gestaltung schon auf der taktischen und
ggf. strategischen Ebene zu steuern. Dahinter steht die Erkenntnis, dass ein
hoher Anteil der Kosten durch die taktischen und strategischen Entscheidungen determiniert wird.
ee) Weitere Gliederungskriterien für Kosten- und Erlösrechnungssysteme
Zur verfeinerten Gliederung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
kann eine Reihe weiterer Kriterien herangezogen werden. Zu ihnen gehören
vor allem87 :
? Zeitflexibilität
? Bezug auf Funktionsbereiche
? Wiederholungscharakter
? Segmentierungsgrad
? Abbildungsumfang
Die Zeitflexibilität bezieht sich auf die Berücksichtigung unterschiedlicher
Planungsfristen in einem System. Da die Veränderbarkeit der Betriebsbereitschaft mit der Fristigkeit der Betrachtung variiert, ist dieses Kriterium für die
Aufspaltung in variable und fixe Kosten von zentraler Bedeutung. Beispielsweise können Lohnkosten in Bezug auf Monatsfristen weitgehend fix sein,
weil Mitarbeiter in dieser Zeit weder versetzt noch entlassen werden können.
Ihre Variabilität nimmt mit der Verlängerung der Sichtweise zu. Deshalb ist
vorgeschlagen worden88, Systeme mit mehreren Fristigkeitsgraden und damit
unterschiedlicher Aufspaltung in fixe und variable Kosten einzuführen. Derartige Rechnungen können kurzfristig an Preis- und Lohnsatzschwankungen
angepasst werden, Kosteninformationen für die Produktionsprozessplanung
präziser ermitteln und Fragestellungen der Auf- und Abbaufähigkeit sowie
Beeinflussbarkeit von Kosten explizit erfassen.
Eine Reihe von Systemen bezieht ihre rechnungstechnischen Fragestellungen
und Analysen auf abgegrenzte Funktionen der Unternehmung. Sie können
die Komponenten der Arten-, Stellen- und Trägerrechnung voll umfassen,
sich jedoch auf einen Funktionsbereich beschränken. Insofern handelt es sich
um ausgebaute Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Typische Beispiele
hierfür sind Beschaffungs-, Fertigungs- und Vertriebskostenrechnungen.
87 Vgl. SCHWEITZER, M. (Systematik), S. 187 ff.
88 Vgl. KILGER, W. (Deckungsbeitragsrechnung10), S. 96 ff.; SEICHT, G. (Grenzkostenrechung), S. 693 f.
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER68
Bei Bedarf können mehrere Funktionen unter einem bestimmten Blickwinkel
verknüpft werden. Dies gilt für die Qualitätskostenrechnung und vor allem
die Logistikkostenrechnung. Sie liefern Informationen für die Querschnittsfunktionen Qualitätssicherung und Logistik, welche den Materialfluss in Beschaffung, Fertigung, Absatz und Entsorgung betrachten.
Nach dem Wiederholungscharakter unterscheidet man zwischen fortlaufend
und einmalig durchgeführten Rechnungen. Zu ersteren gehören u.a. die periodische Erfolgsermittlung für die Gesamtunternehmung und gegebenenfalls
ihre Bereiche oder eine monatliche Planung sowie Kontrolle der Kosten aller
Kostenstellen. Einmalige Rechnungen sind für die Unterstützung von Einzelentscheidungen vorzunehmen. Sie stellen typische Auswertungsrechnungen
dar.
Der Segmentierungsgrad weist darauf hin, in welchem Umfang das Rechnungssystem der Gesamtunternehmung nach wichtigen Sparten oder anderen Teilbereichen aufgegliedert ist. Vor allem eine organisatorische Gliederung in relativ selbständige Einheiten in Form von Cost Center, Revenue
Center, Profit Center oder Investment Center verlangt eine entsprechende
Segmentierung des Rechnungssystems89. Um die Wirkungen der Entscheidungen in den Einzelbereichen auf die Gesamtunternehmung zu erfassen,
müssen die segmentierten Rechnungen i.d.R. über eine Konsolidierung wieder zusammengeführt werden.
Der Abbildungsumfang bezieht sich darauf, in welchem Ausmaß die verschiedenen Unternehmensbereiche, die in ihnen zu treffenden Entscheidungstatbestände und die Planungsebenen durch das Rechnungssystem erfasst werden. Beispielsweise sind funktionsbereichsbezogene Rechnungen
stets auf einen Ausschnitt begrenzt und werden die taktische sowie die strategische Ebene durchweg nur eingeschränkt abgebildet. Insofern ist der Abbildungsumfang ein Kriterium zur generellen Kennzeichnung des Ausmaßes,
in dem ein System der Kosten- und Erlösrechnung die Dokumentation, Planung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmung unterstützt.
b) Gliederung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
Aufgrund der Vielzahl an Kriterien zur Kennzeichnung von Systemen der
Kosten- und Erlösrechnung gibt es zahlreiche Möglichkeiten ihrer Gliederung. Daran wird erkennbar, wie groß die Auswahl an Systemen ist, welche
die Unternehmungen zur Erfüllung ihrer Rechnungsziele einsetzen können.
Wenn man zur Veranschaulichung entsprechend Abbildung 1-25 mehrere
Kriterien nacheinander berücksichtigt, so zeigt sich die Breite an Kombinationsmöglichkeiten. Damit wird deutlich, wie voll der 'Instrumentenkasten'
dieses Rechnungssystems für die Unternehmungen ist. Jede kann daraus das
für ihre individuellen Bedingungen und Zwecke geeignete System wählen
bzw. daraus weiterentwickeln. Dementsprechend schwierig ist aber auch ihr
Entscheidungsproblem.
89 Vgl. KÜPPER, H.-U. (Kostenplanung), Sp. 1195 ff.; KÜPPER, H.-U. (Controlling), S. 273 ff.
und S. 309 ff.
B. Struktur und Systeme der KER 69
Eine Berücksichtigung aller Merkmale würde zu einer zwar umfassenden,
aber unübersichtlichen Klassifikation der Systeme führen. Deshalb ist eine
Beschränkung auf die als besonders wichtig erachteten Kriterien unerlässlich.
Entsprechend der Bedeutung für die Anwendbarkeit und dem Ausbaugrad
der Systeme sind in der Gliederung von Abbildung 1-26 die Rechnungszielorientierung sowie Umfang und Art der Verrechnung von Kosten bzw. Erlösen als wichtigste Kriterien herausgehoben.
Abb. 1-25: Gliederungsmöglichkeiten für Systeme der Kosten- und Erlösrechnung
Die zentrale Bedeutung der Rechnungszielorientierung erscheint offensichtlich, weil sich aus ihr die Anwendbarkeit bzw. Zweckmäßigkeit für die Unternehmung ergibt. Der Nutzen eines Informationssystems hängt davon ab,
inwieweit es die Daten liefert, welche der Empfänger aufgrund seiner Rechnungszwecke und -ziele benötigt. Mit diesem Kriterium gelangt man zu einer
Systematisierung nach ermittlungs-, planungs- sowie verhaltenssteuerungsorientierten Systemen der Kosten- und Erlösrechnung. Das zweite Kriterium, Umfang und Art der Verrechnung, führt zu der Gliederung in einflussgrößenbezogene, Voll-, Teil- und kombinierte Rechnungen. Seine Bedeutung ergibt sich daraus, dass die Erfüllbarkeit der einzelnen Rechnungsziele
maßgeblich davon bestimmt wird, in welchem Umfang und auf welche Art
Kosten sowie Erlöse verrechnet werden.
Das vielfach verwendete Systematisierungskriterium des Zeitbezugs der
Rechnungen ist in dieser Gliederung nicht explizit aufgeführt, jedoch implizit berücksichtigt. Dies ergibt sich daraus, dass planungs- und verhaltenssteuerungsorientierte Rechnungssysteme stets bestimmte Ausprägungen von
Vorrechnungen enthalten und daher als Planrechnungen bezeichnet werden
können. Unter Verwendung dieser Kriterien lassen sich die in Abbildung 1-26
genannten Systeme einordnen. Dabei sind in erster Linie die weit ausgebauten, in der Praxis verbreiteten und in Forschung bzw. Praxis diskutierten
Konzepte berücksichtigt.
Innerhalb der ermittlungsorientierten Systeme werden im zweiten Kapitel
nur der grundsätzliche Systemaufbau und die wichtigsten Verfahren am Beispiel der Istrechnung gekennzeichnet. Da die Istrechnungen auch in Planrechnungen enthalten sind, wird die Differenzierung nach Umfang und Art
Systemeder Kosten- undErlösrechnung
Ist-KER
Teil-KER
Plan-KER
Teil-KERVoll-KER
je nach
Verteilungskriterium
Prognose-
KER
Standard-
KER
Einzel-
KER
Grenz-
KER
Standard-
KER
Prognose-
KER
Voll-KER
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER70
der Kostenverrechnung an den planungsorientierten Systemen dargestellt.
Istrechnungen lassen sich aber wie diese nach dem Umfang und der Art der
Verrechnung von Kosten und Erlösen untergliedern.
Abb. 1-26: Einordnung wichtiger Systeme der Kosten- und Erlösrechnung
In eine erste Klasse planungsorientierter Systeme können Konzepte eingeordnet werden, für welche die Verteilung der vollen Kosten bis auf Kostenträger bzw. die Auflösung in variable und fixe oder Einzel- und Gemeinkosten keine zentrale Rolle spielt. Bei ihnen steht die Abhängigkeit der Kosten
und Erlöse von den verschiedenen, für ihre Höhe bestimmenden Größen im
Vordergrund. Deshalb kann man sie als einflussgrößenbezogene Systeme
Rechnungszielorientierung
Planungsorientierte Verhaltenssteuerungs-
Umfang
Kosten- und orientierte Kosten- und
und Art der
Erlösrechnungen Erlösrechnungen
Verrechnung
Investitionstheoretische
Einflußgrößen-
Kostenrechnung
bezogene
Rechnungen Periodische Planerfolgs -
Behavioral Accountingrechnung
(Betriebsplankosten rechnung)
Istkosten- und Isterlös- Prognosekostenrechnungen Principal -Agent-Ansätze
Vollkosten- und
rechnungen auf Vollkosten- auf Vollkostenbasis
-erlösrechnungen
basis - starre
- flexible
Standardkostenrechnung
auf Vollkostenbasis
Konstruktionsbegleitende
Kostenrechnung
Target Costing
Prozeßkostenrechnungen
Istkosten- und Isterlös- Grenzplankosten- und
Teilkosten- und
rechnungen auf Deckungsbeitragsrechnung
-erlösrechnungen
Teilkostenbasis
Prozeßorientierte Kosten rechnung
Relative Einzelkosten- und
Deckungsbeitragsrechnung
Kombination isolierter Teil-
Kombinierte
und Vollkosten- sowie
Rechnungen
-erlösrechnungen
Integration von prozeßorientierter Teilkostenrechnung und
Fixkostenstufung
(2. Kapitel) (3. Kapitel) (4. Kapitel)
Ermittlungsorientierte
Kosten- und
Erlösrechnungen
(3A)
(4A)
(3C)
(3B I)
(3B II)
(3B III)
(4B)
(4D)
(3D I)
(3D II)
(3D III)
(3E I)
(3E II)
(4B)
B. Struktur und Systeme der KER 71
bezeichnen. Zu diesen Konzepten lässt sich einmal die investitionstheoretische Kostenrechnung (Abschnitt 3.A.) zählen, in der planungsrelevante Informationen mit Hilfe investitionstheoretischer Ansätze abgeleitet werden.
Sie stellen damit eine Verbindung zur Investitionsrechnung her. Zum anderen gehört zu dieser Klasse die periodische Planerfolgsrechnung (Abschnitt
3.C.). Deren Kern bilden empirisch erhobene Funktionen, durch welche die
Abhängigkeiten der Kosten und Erlöse von verschiedenen Einflussgrößen
abgebildet werden. Wichtige Ausprägungen planungsorientierter Rechnungen auf Vollkostenbasis stellen die Prognose- (Abschnitt 3.B.I.), die konstruktionsbegleitende Kostenrechnung (Abschnitt 3.B.II.) und die Prozesskostenrechnung (Abschnitt 3.B.III.) dar. Die Plankosten- und -erlösrechnungen
auf Teilkostenbasis lassen sich entsprechend der Kostenaufspaltung in zwei
Systemtypen einteilen. Eine Reihe ausgebauter und in der Praxis gängiger
Systeme wie die Grenzplankostenrechnung, die einstufige sowie mehrstufige
und mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnung nimmt eine Trennung
nach der Beschäftigungsabhängigkeit von variablen und fixen Kosten vor. Sie
stellen Varianten eines einzigen Typs dar, bei denen die Schwerpunkte auf
unterschiedlichen Komponenten wie der Kostenstellenrechnung oder der
Erfolgsrechnung liegen. Deshalb können sie zu einem einzigen System miteinander verbunden werden, das als Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung (Abschnitt 3.D.I.) bezeichnet wird. Durch die Verknüpfung
mit einer Prozessbetrachtung und die Anwendung auf Steuerungsprobleme
flexibler Fertigungssysteme gelangt man zu einer prozessorientierten (Grenzplan-)Kostenrechnung (Abschnitte 3.D.II. und 3.D.III.). Durch die Aufspaltung nach der Zurechenbarkeit auf verschiedene Bezugsgrößen gelangt man
zu der Relativen Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung (Abschnitt
3.D.IV.).
Neben den Systemen, die eine Verteilung der gesamten Kosten bis auf die
Kostenträger vornehmen (Vollkosten- und -erlösrechnungen) bzw. ausdrücklich vermeiden (Teilkosten- und -erlösrechnungen) gibt es Systeme, die sowohl Teil- als auch Vollkosteninformationen bereitstellen. Es handelt sich um
kombinierte Rechnungen, in denen Voll- und Teilkosten isoliert nebeneinander berechnet werden (Abschnitt 3.E.I.), sowie um Systeme, in denen Ansätze der Aufspaltung in fixe und variable Kosten sowie der Prozessorientierung mit einer Fixkostenstufung integriert werden (Abschnitt 3.E.II.).
Den verhaltenssteuerungsorientierten Systemen ist lange nicht dieselbe
Aufmerksamkeit geschenkt worden wie den planungsorientierten. Deshalb
gibt es bei ihnen keine entsprechende Systemvielfalt. Am weitesten ausgebaut sind die flexible Standardkosten- und -erlösrechnung (Abschitt 4.C.)
sowie das Target Costing (Abschnitt 4.D.). Erstere stellt ein traditionelles System der Vollkostenrechnung dar, bei dem frühzeitig der Gesichtspunkt der
stellenbezogenen Kontrolle der Kostenwirtschaftlichkeit im Mittelpunkt
stand. Grundsätzlich ist es auch möglich, für die Steuerung lediglich die
kurzfristig beeinflussbaren Kosten und Erlöse zu berücksichtigen. Dann lässt
sich ein entsprechendes System der Standardkostenrechnung auf Teilkostenbasis entwickeln. Das Target Costing ist auf die taktische Planung ausgerichtet. Auf längerfristige Sicht kann man davon ausgehen, dass alle Kosten be-
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER72
einflusst werden können. Daher berücksichtigt dieses Rechnungssystem die
vollen Kosten und Erlöse.
Die Ansätze des Behavioral Accounting (Abschnitt 4.A.) und der Principal-
Agent-Theorie (Abschnitt 4.B.) versuchen, aus empirischer bzw. informationstheoretischer Sicht Aussagen über die Verhaltenswirkungen von Informationen, Anreiz- und Kontrollsystemen zu begründen. Die Struktur ihrer Ausgangshypothesen und -modelle weicht daher deutlich von den traditionellen
Komponenten von Kosten- und Erlösrechnungssystemen ab. Sie liefern aus
diesem Grund bislang lediglich Ansatzpunkte für die Bestimmung verhaltenssteuerungsrelevanter Informationen, aber keine ausgebauten Rechnungssysteme. Deshalb lassen sie sich nur schwer nach dem Umfang und der Art
der Verrechnung kennzeichnen. Da die bisher vorliegenden Ergebnisse von
Modellen der Principal-Agent-Theorie eher für eine über die variablen bzw.
die Grenzkosten hinausgehende Kostenverrechnung sprechen, werden sie in
Abbildung 1-26 den Systemen der Vollkosten- und -erlösrechnung zugeordnet. Die Ansätze des Behavioral Accounting versuchen dagegen herauszufinden, von welchen empirischen Einflussgrößen die Verhaltenswirkungen von
Informationen abhängig sind.
3. Kriterien zur Beurteilung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
Die Beurteilung eines Systems der Kosten- und Erlösrechnung richtet sich
primär nach ökonomischen Gesichtspunkten. Ein Informationssystem muss
grundsätzlich so wirtschaftlich sein, dass es die Zielerreichung einer Unternehmung verbessert und damit im privatwirtschaftlichen Bereich i.d.R. den
Unternehmenserfolg erhöht. Diese Wirkung ist wegen der Vielfalt an Einflüssen im Allgemeinen nicht zuverlässig bestimmbar. Deshalb muss man Ersatzkriterien heranziehen, deren Ausprägungen als Indikatoren für die Erfolgswirkung anzusehen sind.
a) Real- und entscheidungstheoretische Fundierung der Rechnung
Die Rechnungssysteme der Unternehmung sollen empirische Tatbestände abbilden. Daher wird ihre Zuverlässigkeit davon beeinflusst, inwieweit ihre Informationen aus realtheoretischen Aussagen abgeleitet werden. Wissenschaftliche Prognosen als wichtige Komponenten der Planung setzen die
Kenntnis entsprechender Hypothesen voraus. Ansonsten ist man auf vereinfachende und weniger zuverlässige Schätzungen angewiesen. Auch für die
Verhaltenssteuerung von Mitarbeitern benötigt man Kenntnisse über die Bestimmungsgrößen menschlichen Verhaltens. Jedoch erfordert oft schon die
Erfassung von Istgrößen eine Verwendung von Messinstrumenten, die auf
Messtheorien beruhen90. Damit ist die realtheoretische Fundierung eine
wichtige Voraussetzung für die Erfüllung der verschiedenen Rechnungsziele.
Für die Vorausberechnung der künftigen Erfolgsgrößen benötigt man Kostenund Erlösfunktionen, welche die Abhängigkeit der Kosten- bzw. Erlöshöhe
90 Vgl. LEINFELLNER, W. (Wissenschaftstheorie), S. 48; KÜPPER, H.-U. (Mitbestimmung),
S. 37; SCHNEIDER, D. (Rechnungswesen), S. 28 ff.
B. Struktur und Systeme der KER 73
von deren wichtigsten Einflussgrößen wiedergeben. Damit gewinnt man eine
Grundlage, um einerseits Kosten und Erlöse zu planen und andererseits in
der Kontrolle aufgetretene Abweichungen auf ihre Ursachen hin zu analysieren. Derartige Funktionen sind für die Inputseite in der betriebswirtschaftlichen Produktions- und Kostentheorie relativ umfassend formuliert und
geprüft worden. Wichtige Merkmale zur Kennzeichnung der verwendeten
Funktionen sind die Zahl und die Verknüpfung ihrer unabhängigen Variablen. Eine Reihe von Systemen legt einvariablige Kostenfunktionen zugrunde. Man unterstellt dann, dass sich die Gesamtkosten K aus Fixkosten fK
und variablen Stückkosten vk zusammensetzen, die proportional zur Beschäftigung x sind:
xkKK vf ??? (1-1)
Die Beschäftigung wird als hier einzige Kosteneinflussgröße explizit berücksichtigt und durch Ausbringungsmengen, Fertigungszeiten, Durchsatzgewichte u.a. gemessen. Wenn man davon ausgeht, dass sie Ausdruck für verschiedene weitere Einflussgrößen wie die Maschinenzahl, die Intensitäten
usw. ist, liegt ein synthetischer Ansatz vor91. Derartige Zusammenhänge lassen sich aber durch mehrvariablige Kostenfunktionen genauer erfassen, deren unabhängige Variablen additiv oder nichtadditiv miteinander verknüpft
sind. Im Falle einer additiven Verknüpfung sind die Wirkungen der Kosteneinflussgrößen gegenseitig unabhängig. Dabei nimmt man im Allgemeinen
lineare Funktionsverläufe an und gelangt zu Kostenfunktionen der Art:
...xkxkKK 2v1vf 21 ?????? (1-2)
In ihnen können die unabhängigen Variablen ,...x,x 21 beispielsweise Ausbringungsmengen, Rüst- und Ausführungszeiten oder Kalendertage bezeichnen.
Wenn zwei oder mehr Variablen nichtadditiv verknüpft sind, lassen sich die
Wirkungen dieser Einflussgrößen gegenseitig nicht isolieren, sie sind damit
interdependent. Dies führt zu nichtlinearen Kostenfunktionen
? ?21vf x,xKKK ?? (1-3)
z.B. in der Form
21
1
f xx
xaKK
?
?
?? (1-4)
Derartige Kostenfunktionen erhält man insbesondere für substitutionale
Produktionsfunktionen, die jedoch in der Wirtschaftspraxis kaum eine Rolle
spielen92.
Für die Erlösseite kann auf kein entsprechend ausgebautes Theoriesystem zurückgegriffen werden. Jedoch liefert die Marketingtheorie Ansatzpunkte, um
zu einer realtheoretischen Fundierung von Erlösfunktionen zu gelangen.
Für die Ableitung planungsorientierter Informationen reicht die Kenntnis
empirischer Zusammenhänge im Allgemeinen nicht aus. Sie sind stets auf
91 Vgl. HEINEN, E. (Kostenlehre), S. 174 f.
92 Vgl. SCHWEITZER, M. (Materialbedarfsplanung), S. 369 ff.
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER74
eine spezifische Handlungssituation mit ihrer Zielvorstellung gerichtet, die
über ein Entscheidungsmodell abgebildet werden kann. Entsprechendes gilt
für das Verhaltenssteuerungsproblem, das sich jeweils in einer spezifischen
Situation mit bestimmten Handlungseigenschaften sowie -zielen der Akteure
vollzieht. Deshalb ist die Ableitung von planungs- wie von verhaltenssteuerungsorientierten Informationen um so besser fundiert, je mehr sie auf entscheidungstheoretischen Konzepten basiert, in denen die Komponenten und
Bedingungen der einzelnen Handlungssituationen offen gelegt sind. Der
Grad an entscheidungstheoretischer Fundierung liefert einen wichtigen Anhaltspunkt für die Aussagekraft eines Rechnungssystems.
b) Verwendbarkeit der Informationen
Der Nutzen eines Informationssystems wird durch die Verwendbarkeit der mit ihm ermittelten Daten bestimmt. Dieses Kriterium
ist an den Rechnungszielen zu messen.
Deshalb ist für die Beurteilung von Systemen der Kosten- und Erlösrechnung
ihre Verwendbarkeit für Ermittlungs- bzw. Dokumentations-, Planungs- sowie Steuerungs- und Kontrollzwecke maßgeblich.
Für Aufgaben der Ermittlung und Dokumentation sind Normen bedeutsam,
die insbesondere das Handels- und das Steuerrecht setzt, soweit die dort zu
ermittelnden Werte auf Kosten- und Erlösdaten zurückgreifen. Ferner kann
z.B. das innerbetriebliche Kontrollsystem eine Dokumentation zu prüfender
Größen erfordern.
Die Planungszwecke ergeben sich aus der Struktur des betrieblichen Planungssystems93. Sein Umfang und seine Gliederung in Planungshierarchien
und -gegenstände sowie seine Organisation bestimmen ebenso wie die verwandten Planungsmethoden den Bedarf an Kosten- und Erlösinformationen94. Dessen Vergleich mit den bereitgestellten Größen liefert Anhaltspunkte
für die Aussagekraft des Rechnungssystem. In entsprechender Weise ist zu
untersuchen, welche Art von Informationen zur Verhaltenssteuerung benötigt werden. Dies hängt auch davon ab, in welchem Ausmaß Instrumente der
Bereichs- und Mitarbeitersteuerung z.B. mit Hilfe von Anreiz-, Erfolgsermittlungs- oder Lenkungspreissystemen eingesetzt werden. Die Planung und die
Verhaltenssteuerung können mit Kontrollen verbunden sein, deren Gestaltung einen Informationsbedarf auslöst.
Das Bestreben der Unternehmung ist darauf gerichtet, mit Systemen der Kosten- und Erlösrechnung zu arbeiten, durch welche die Planung und Steuerung möglichst gut unterstützt werden. Die theoretische Diskussion um die
verschiedenen Systeme, vor allem die Auseinandersetzung um Voll- oder
Teilkostenrechnungen, hat gezeigt, wie stark die Verwendbarkeit vom jeweiligen Rechnungszweck abhängig ist. Dabei wurde auch deutlich, dass der
93 Vgl. hierzu SCHWEITZER, M. (Planung), S. 16 ff.
94 Vgl. KÜPPER, H.-U. (Controlling), S. 65 ff.
B. Struktur und Systeme der KER 75
Einsatz eines nicht geeigneten Ansatzes die Gefahr fehlerhafter Entscheidungen und Handlungen erhöht.
c) Aktualitätsgrad der Daten
Die Verwendbarkeit von Daten schließt ein, dass sie zum jeweils benötigten
Zeitpunkt vorhanden sind. Ihre Aktualität wird einerseits durch die zeitliche
Differenz zwischen dem Anfall des betrachteten Ereignisses und der Verfügbarkeit der Information bestimmt. Andererseits hängt sie davon ab, wann
diese für eine Entscheidung oder Handlung herangezogen werden soll.
Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn ein Rechnungssystem die Tatbestände
möglichst zeitnah abbildet. Dem kann aber entgegenstehen, dass hierdurch
selbst Kosten verursacht werden.
Mit der Nutzung von Enterprise Resource Planning- (ERP-) Systemen zur
Erfassung von Betriebsdaten und der Verwendung einheitlicher Datenbanken ist es möglich geworden, die in einer Kosten- und Erlösrechnung verfügbaren Informationen in hohem Maße aktuell zu halten. Durch Dialogverarbeitung und Online-Betrieb gewinnt der Nutzer die Möglichkeit, jederzeit auf
die neuesten Daten zuzugreifen.
d) Anpassungsfähigkeit des Rechnungssystems
Die in einer Unternehmung ablaufenden Prozesse sind dauernden Veränderungen unterworfen. Die Dynamik der Märkte erzwingt eine Anpassung der
betrieblichen Aktivitäten in den verschiedenen Funktionsbereichen der Beschaffung, der Fertigung, des Absatzes usw. und der Führungssysteme. Dem
müssen auch die Rechnungssysteme folgen. Dabei kann man u.a. prüfen, in
welchem Maße eine Ausweitung des Produktspektrums, die Einbeziehung
neuer Geschäftsfelder und Organisationsänderungen mit dem eingeführten
Rechnungssystem bewältigt werden können. Dieses ist um so anpassungsfähiger, je weniger aufwendig die Berücksichtigung derartiger Veränderungen ist. Mit ihnen kann es auch notwendig sein, zusätzliche oder andere
Einflussgrößen der Kosten und Erlöse einzubeziehen.
Ein spezifischer Aspekt der Anpassungsfähigkeit liegt in der Möglichkeit,
einfachere Systeme zu umfassenderen und leistungsfähigeren auszubauen.
So führt man i.d.R. zuerst eine Istrechnung ein, die nach und nach mit Komponenten der Kostenstellen-, Kostenträger- sowie kurzfristigen Erfolgsrechnung zu einer Planungs- und Steuerungsrechnung erweitert wird. Dann ist
die Strukturierung der Istrechnung z.B. nach fixen und variablen Kosten dafür entscheidend, welche Ansätze der Kostenplanung und -steuerung mit
begrenztem Anpassungsaufwand eingerichtet werden können. Da jeder dieser Schritte im Allgemeinen EDV-technisch unterstützt wird, bildet die Kompatibilität der jeweils verwendeten Software einen maßgeblichen Aspekt der
Anpassungsfähigkeit. Dabei ist abzuwägen, inwieweit die unternehmensspezifischen Prozesse an die Vorgaben der Software oder umgekehrt die Software an die unternehmensspezifischen Gegebenheiten anzupassen sind.
1. Kapitel: Funktion und Grundbausteine der KER76
e) Wirtschaftlichkeit des Rechnungssystems
Die verschiedenen Kriterien fließen in der ökonomischen Bewertung der Alternativen zusammen. Neben den bisher genannten Kriterien können die
Einbettung in die Unternehmungsrechnung, die Einfachheit und Übersichtlichkeit des Systems, die Genauigkeit und die Nachprüfbarkeit der von ihm
gelieferten Daten, die Geschwindigkeit der Datenbereitstellung, deren Relevanz für den jeweiligen Benutzer sowie die möglichen Informationsverzögerungen, -verzerrungen und -verluste zur Beurteilung eines Rechnungssystems herangezogen werden. Diese Kriterien stellen vor allem Indikatoren für
den Nutzen eines Informationssystems und der von ihm gelieferten Daten
dar. Diesem sind die Kosten des Systems gegenüberzustellen, die sich im Allgemeinen viel zuverlässiger messen und prognostizieren lassen. Dabei sind
sowohl die Kosten für die Einrichtung des Systems als auch diejenigen für
seinen laufenden Betrieb zu berücksichtigen. Erstere können beispielsweise
sämtliche Sachanlagen, die Analyse der Kosten- und Erlösbeziehungen in
allen Stellen und die Schaffung geeigneter Planungsverfahren umfassen. Dazu kommen die Auswahl, der Kauf, die Anpassung oder die Eigenentwicklung geeigneter Software. Der laufende Betrieb eines Rechnungssystems kann
in dafür eingerichteten Stellen und Abteilungen erfolgen. Für deren Arbeit
spielt die EDV-Unterstützung eine zentrale Rolle. Aus diesen Gründen bilden
die Kosten für Personal sowie für Hard- und Software gegenwärtig die größten Anteile bei der Einrichtung und dem Betrieb eines Kosten- und Erlösrechnungssystems.
2. Kapitel: Darstellung und Analyse ermittlungsorientierter Systeme der Kosten- und Erlösrechnung
A. Kosten- und Erlösartenrechnung
I. Zwecke der Kosten- und Erlösartenrechnung
In der Artenrechnung sind die gesamten Kosten sowie Erlöse zu erfassen und
nach geeigneten Kriterien zu gliedern. Dies bedeutet im Rahmen der Nachrechnung (Ermittlungsrechnung), dass die tatsächlich angefallenen Kosten
und erwirtschafteten Erlöse vollständig, zuverlässig und mit ausreichender
Genauigkeit zu messen sind. Den Ansatzpunkt hierfür bilden entweder die
Mengen- und die Wertkomponenten dieser Größen oder die Zahlungen, von
denen sie hergeleitet werden. Deshalb benötigt man für die einzelnen Kostenund Erlösarten Instrumente zur Messung der verbrauchten bzw. entstandenen Gütermengen sowie Konzepte zu deren Bewertung (Bepreisung).
Die Messung und Bewertung erstreckt sich auf die von den Beschaffungsmärkten bezogenen bzw. in den Absatzmärkten verkauften Güter der Unternehmung. Die Kosten- und Erlösartenrechnung bezieht sich damit auf die
Außenbeziehungen der Unternehmung. Sie erfasst die sog. primären Kosten
und Erlöse. Innerhalb der Unternehmung werden jedoch auch Güter erzeugt,
die in ihr selbst wieder eingesetzt werden. Da sich diese Prozesse in und zwischen den einzelnen Stellen vollziehen, werden diese sog. sekundären Güter
in der Stellenrechnung ermittelt. Ihre Erfassung erfordert eine Gliederung
nach Abrechnungsbezirken.
Kosten und Erlöse fallen für unterschiedliche Güterarten an. Zudem ist es im
Hinblick auf die nachfolgenden Komponenten der Rechnung und die verschiedenen Rechnungsziele notwendig, beide durch geeignete Kriterien zu
beschreiben und zu systematisieren. Deshalb liegt in der Gliederung nach
Kosten- und Erlösarten sowie nach tiefergehenden Kategorien95 ein weiterer
Zweck der Artenrechnung. Ihm kommt für die Verwendbarkeit der Informationen eine wichtige Bedeutung zu. Zwischen der Erfassung und der
Gliederung bestehen enge Beziehungen. Unterschiedliche Kostenarten wie
z.B. Materialkosten, Anlagenabschreibungen und Zinskosten sind mit verschiedenen Verfahren zu messen und zu bewerten. Ferner ist vielfach die Information über die Höhe einer Kosten- bzw. Erlösart oder -kategorie zuverlässiger und genauer, wenn man sie über eine unmittelbare Messung und
nicht über die Verteilung eines umfassenderen Kosten- bzw. Erlösbetrags bestimmt. Bei den 'Gebrauchsgütern', die wie Maschinen u.ä. nicht bei einmaligem Einsatz verbraucht, sondern mehrfach genutzt werden, ist in der Arten-
95 Vgl. SCHWEITZER, M. (Kostenkategorien), Sp. 1208 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Dieses Standardwerk liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über die Aufgaben, Techniken und Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Zunächst führt es in die Grundlagen ermittlungsorientierter Systeme ein. Dazu gehören die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ein Spektrum, das in jeder Vorlesung zur Kostenrechnung gelehrt wird. Daran schließt sich die Darstellung planungs- und verhaltenssteuerungsorientierter Systeme an. Dabei handelt es sich um Methoden wie Prozesskosten-, Grenzplankosten- oder Deckungsbeitragsrechnungen und Target Costing, die im Alltag von höchster praktischer Relevanz sind. Abgeschlossen wird das Buch durch die Behandlung aktueller Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Kostenrechnung. Hierbei spielen insbesondere die Herausforderungen der Preisregulierung bei den Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkten eine große Rolle.
Die Autoren
Prof. Dr. Marcell Schweitzer lehrte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Controlling an der LMU in München.