Theater der Macht
Die Inszenierung der Politik in der römischen Republik
Zusammenfassung
500 Jahre währte die Geschichte der römischen Republik. Große Namen wie Brutus, Cato, Sulla, Caesar und Augustus ragen daraus hervor. Doch was war der Stoff, der ihre Welt im Innersten zusammenhielt? Ausgefeilt choreographierte Zeremonien und streng festgelegte Rituale der Macht, die in Rom wie auf einer Bühne inszeniert wurden! Triumphzug und Götterkult, Volksversammlung und Leichenbegängnis – alles fügte sich zu einer niemals endenden Aufführung, in deren unablässigem Vollzug jeder Bürger den römischen Kosmos wiedererkannte und verstand, wo darin sein Platz war. Wer dieses Buch liest, versteht mit einem Mal, dass pomp and circumstance im alten Rom nicht einfach schmückendes Beiwerk imperialen Glanzes waren, sondern vielmehr Fundament und Rückgrat des römischen Staates bildeten. Die zahllosen Bauwerke und Denkmäler im Herzen Roms – die alle die Größe, die Heroen und die Ordnung der römischen Welt herauf beschwören – erweisen sich bei näherem Hinsehen als lebendige, bedeutungsvolle und wirkmächtige Kulisse, vor der einst das Theater der Macht aufgeführt wurde. Sie bildete den Raum, in dem Götter, Priester, Politiker und Volk einander begegneten, miteinander kommunizierten und agierten. Zugleich erschließt sich, wie wichtig die durchchoreographierten Triumphe und Trauerfeiern, die Volksversammlungen und Kulthandlungen, die dort inszeniert wurden, für die Zeitgenossen waren – dienten sie ihnen doch als Begründung und Beglaubigung der unvergänglichen Macht und Herrschaft Roms. Es war geradezu das Signum dieser Kultur, dass der Alltag der Politik auf dem Forum einerseits und die außeralltägliche Welt der Bühne, der Feiern und Spiele andererseits sich ebenso gegenseitig spiegelten bzw. teilweise durchdrangen wie die zeremoniellen, symbolisch-ausdrucksstarken Formen und zweckrationalen, technisch-instrumentellen Verfahren der Entscheidungsfindung. Das dabei verwendete Repertoire an Gesten, Gebärden und Formeln in öffentlicher Rede, Zeremonien, Ritualen und anderen Handlungen mit symbolischer Qualität erbrachte als wichtigste Leistung die ständige Vergewisserung und Verpflichtung aller Beteiligten und legte sie auf Akzeptanz und Verbindlichkeit der römischen Ordnung fest.
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- 2–10 Titelei/Inhaltsverzeichnis 2–10
- 11–14 Vorwort 11–14
- 15–34 I. Rituale, Zeremonien und der ‹performative turn› – Potentiale und Perspektiven 15–34
- 1. Theorien I: Konzepte und Kategorien
- 2. Seitenblick I: Der ‹Sonnenkönig› und seine Feste
- 3. Lebensformen im Mittelalter: Feste und Rituale
- 4. Lebensformen in der Antike: Mehr als ‹Brot und Spiele›
- 5. Theorien II: ‹Politische Kultur(en)› als Leitkonzept – Inhalte und Anwendungen
- 35–60 II. Civic rituals und Stadtstaatlichkeit – (vor)modern und antik 35–60
- 1. Ein antikes Ritual als Paradigma: ‹Triumphe› in Mittelalter und Renaissance
- 2. Seitenblick II: Ludwig XIV. in Paris 1660
- 3. Prozessionen als Signum: Kulturen der Stadtstaatlichkeit im vormodernen Europa
- 4. Rom als Bühne: Eine paradigmatische Kultur des Spektakels
- 5. Kulturen der Stadtstaatlichkeit: Präsenz und Performanz
- 61–144 III. Rituale der Partizipation – Magistrate, Volk und Volksversammlung 61–144
- 1. Versammlungen alla Romana im Vergleich
- ◆ Seitenblick III: Athen
- ◆ Römische Versammlungen: comitia – concilia – contiones
- ◆ Hierarchie und Macht I: Magistratur und Volk
- 2. Contio: Zwischen Bühne und Diskurs
- ◆ Contio als Versammlung und Verfahren
- ◆ Contio als Diskurs und seine Ordnungen
- 3. Senatus Populusque Romanus: Interaktion und Kommunikation zwischen Volk und Senat
- ◆ Interaktion und Kommunikation zwischen Volk und Senat
- ◆ Hierarchie und Macht II: Eine republikanische Elite
- ◆ Hierarchie und Macht III: Der Senat
- ◆ Seitenblick IV: Reichstag
- ◆ Konsens und Konkurrenz: Stabilität durch Komplementarität
- ◆ Konkurrenz und Entscheidung: Die Macht des Volkes
- 145–170 IV. Rituale der Macht – Distanzierung, Disziplinierung, Degradierung 145–170
- 1. Übernahme: Amtsantritt der Consuln
- 2. Ausübung: Befehlen – Disziplinieren – Strafen
- 3. Symbolisierung: Lictoren – Ruten – Beile
- 171–204 V. Rituale und Zeremonien alla Romana – Raum, Präsenz und Prozessionen 171–204
- 1. Seitenblick V: Montpellier – Venedig – Athen
- 2. Rom: Eine Republik der Rituale
- 3. Ritual-Räume
- 205–340 VI. Pompae – die Republik und ihre Prozessionen 205–340
- 1. Ritualdynamiken: Steigerung, Provokation und Transgression
- 2. Pompa triumphalis: Moment der Macht
- ◆ Imperiale Inszenierung: Syntax und Vokabular
- ◆ Potentiale des Pomps: Spiralen der Steigerung
- ◆ Letzte Akte: Augustus und die sensiblen Symboliken des Sieges
- 3. Pompa circensis: Parade der Menschen und Götter
- ◆ Die Route: Weg durch Mythos und Geschichte
- ◆ Syntax und Vokabular: Inszenierung menschlicher und göttlicher Ordnung
- 4. Pompa funebris: Parade der mahnenden Masken
- ◆ Imagines: Ahnen-Bilder und andere Porträts
- ◆ Marsch der Masken: Die Ordnung der Prozession
- ◆ Rhetorik der Reminiszenz: Die laudatio funebris
- ◆ Symbolisches Kapital: Steigerungen des Kurswerts
- ◆ Ein letzter Triumph: Symbol-Transfer
- 341–410 VII. Vom Moment zum Monument – Medien der Verewigung 341–410
- 1. Triumph und Profit: Tempel – Beute – Beutekunst
- 2. Triumph und Monument: Ehrenbögen und Ehrenstatuen
- 3. Triumph und Topographie: Räume und Routen
- 4. Triumph und Imperator: Individualisierung durch Inschriften
- 5. Triumph, Statuen und Status: Spiralen der Steigerung
- 6. Triumph der privata luxuria: Das Ende der Bescheidenheit
- 7. Triumph und Theater: Aemilius Scaurus und Pompeius
- 411–486 VIII. Augustus – Triumph der Tradition 411–486
- 1. Publica munificentia
- 2. Victoria und andere Symbole
- 3. Götter: Apollo und Diana
- 4. Imperium sine fine
- 5. Bilder der Macht
- 6. Triumph aus der Tiefe der Zeiten
- 487–500 IX. Performanz, Ko-Präsenz und Konsens – Rituale, Pomp und Prozessionen als kulturelles System 487–500
- 501–710 Anhang 501–710
- Anmerkungen
- Glossar
- Abkürzungen
- Quellenausgaben, Inschriften- und Fragmentsammlungen, Kommentare und Übersetzungen, Lexika und Handbücher
- Literatur
- Bildnachweis
- Register
- 1. Namen
- a.) Historische Personen und Familien (Antike)
- b.) Götter, mythische Personen und römische Könige
- c.) Historische Personen (Nachantike)
- 2. Sachen
- 711–711 Triumphzug des Aemilius Paullus, Ölgemälde von Carl Vernet, 1789, Schenkung von Darius O. Mills, 1906, Metropolitan Museum of Art, New York, Accession Nr. 06.144 711–711
- 712–712 Prozession auf dem Markusplatz, Ölgemälde von Gentile Bellini, 1496, Gallerie dell’Accademia, Venedig. Wikimedia Commons / Olga’s Gallery 712–712
- 713–713 Zum Buch 713–713