Zeitschrift für Ideengeschichte
- doi.org/10.17104/1863-8937-2016-2
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Zusammenfassung
Die Zeitschrift für Ideengeschichte fragt nach der veränderlichen Natur von Ideen, seien sie philosophischer, religiöser, politischer oder literarischer Art. Herausragende Fachleute aus allen Geisteswissenschaften gehen in Originalbeiträgen der Entstehung, den zahlreichen Metamorphosen, aber auch dem Altern von Ideen nach. Dabei erweist sich manch scheinbar neue Idee als alter Hut. Und umgekehrt gilt es, in Vergessenheit geratene Idee neu zu entdecken.
Die internationale Politik der letzten Jahre, die sich erneuernden Wertedebatten und die intensiv erlebte Wiederkehr der Religionen lassen keinen anderen Schluß zu: Die politische und kulturelle Gegenwart wird von Ideen geprägt, spukhaft oft, doch mit enormer Wirksamkeit. Wer diese Gegenwart verstehen will, kommt nicht umhin, Ideengeschichte zu treiben.
Die Zeitschrift für Ideengeschichte wendet sich an die gebildete Öffentlichkeit. Darüber hinaus strebt sie als Forum der Forschung und Reflexion eine fachübergreifende Kommunikation zwischen allen historisch denkenden und argumentierenden Geisteswissenschaften an.
Die Zeitschrift für Ideengeschichte wird von den drei großen deutschen Forschungsbibliotheken und Archiven in Marbach, Weimar und Wolfenbüttel sowie dem Wissenschaftskolleg zu Berlin gemeinsam getragen. Mögen die Quellen der Zeitschrift im Archiv liegen, so ist ihr intellektueller Zielpunkt die Gegenwart. Sie beschreitet Wege der Überlieferung, um in der Jetztzeit anzukommen; sie stellt Fragen an das Archiv, die uns als Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts beschäftigen.
- 4–4 Zum Thema 4–4
- Zum Thema Ulrich Johannes Schneider, Thorsten Valk Ulrich Johannes Schneider, Thorsten Valk
- 47–64 Essay 47–64
- 65–74 Denkbild 65–74
- 75–92 Archiv 75–92
- Evaluationen in der Frühen Neuzeit Hartmut Beyer Hartmut Beyer
- 93–125 Konzept & Kritik 93–125
- 93–100 Schmutzige Wissenschaft. Blumenberg, Koselleck und die Idee der Interdisziplinarität Markus Rieger-Ladich Markus Rieger-Ladich 93–100
- 101–106 Wenn Räume töten. Jörg Baberowski entgrenzt die Gewalt Friedrich Lenger Friedrich Lenger 101–106
- 126–128 Die Autoren 126–128
Titelei/Inhaltsverzeichnis
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Zum Thema
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Zusammenfassung
Von Enzyklopädien geht das Versprechen aus, die Anarchie des Wissens zu bändigen und die Erträge wild wuchernder Gelehrsamkeit zu domestizieren. Wo Wissensexplosionen und Wissenserosionen beständig einander ablösen, verheißen Enzyklopädien zuverlässige Orientierung. Seit der Frühen Neuzeit haben Enzyklopädien fast ständig Hochkonjunktur. Doch nie war ihr Erfolg so groß wie heute. In einer Epoche, da sich sämtliche Wissensbereiche in Sekundenschnelle ausdehnen, scheinen Enzyklopädien als Navigationshilfen gleichsam überlebenswichtig zu sein.
Die Kapitulation des Brockhaus
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Zusammenfassung
Der Kultigator hatte Appetit. Dieser Wiedergänger Adornos, ein kahlköpfiger Drache, der sich schmatzend von Bildschirmgeräten ernährte – im Inneren versah eine Dreißig-Tonnen-Schrottpresse ihren Dienst –, zermalmte im Orwell-Jahr 1984 die Flimmerapparate im Akkord, und das nicht irgendwo, sondern im Sanctum Sanctorum des applaudierenden Kulturbürgertums: auf der Frankfurter Buchmesse, gleich vor Halle 5. Auch der Berichterstatter der ZEIT jubelte: «Ein Befreier der Menschheit», der gerade noch rechtzeitig dem Bundespostminister «Schwarz-Schilling Einhalt gebietet, bevor das ganze Land apathisch am Kabeltropf hängt». Der Lindwurm, den Housi Knecht, ein Kunstschweißer aus Bern, zum Leben erweckt hatte, gehörte zum Sondergruselbereich Orwell 2000. Diesen hatten die erschreckten Frankfurter Bücherlobbyisten eingerichtet, weil über der blühenden Gutenberg-Wiese gerade erste Elektronikgewitter aufzogen.
Edit-Wars in Wikipedia
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Zusammenfassung
Die Wikipedia ist im Jahr 2002 angetreten, um den bereits etablierten Internet-Enzyklopädien etwas völlig Neues entgegenzusetzen, ja die bislang geübte Praxis der Enzyklopädistik zu revolutionieren. Vor allem in zwei wesentlichen Punkten weicht die Wikipedia von konventionellen Lexika ab: Zum einen stehen ihre Inhalte vollständig unter freier Lizenz, was bedeutet, dass sie auch wörtlich weiterverwendet und weiterverarbeitet werden dürfen. Zum anderen ist der Autorenkreis nicht auf einige wenige Experten beschränkt. Ziel der Wikipedia ist es, dass sich jeder an der Erstellung und Aktualisierung von Artikeln beteiligen kann. Jeder soll unmittelbar und ohne Vorkontrolle zum Gesamtbestand des Wissens beitragen können.
Spargel, Pumps und Brooklyn Bridge. Zur Zukunft des vergleichenden Sehens
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Zusammenfassung
Zu einer Geschichte «neuer Medien» gehört immer auch eine Geschichte der «nicht mehr ganz so neuen Medien». Diese älteren aber verschwinden nicht einfach hinter den jüngeren, sie stellen vielmehr Fragen ganz eigener Art. Nur zwei Beispiele: Wie soll man umgehen mit all den Text- und Bildmedien, die gerade noch im Zentrum unseres Gebrauchs standen, nun aber einen so dramatischen Kursverfall erleiden? Wer läuft noch ans Regal zu einem alten Lexikon, um nachzuschlagen, was sich vom Schreibtisch aus auch im Internet finden lässt? Und wer macht sich die Mühe, in einer Diathek als Kleinbild-Dia herauszusuchen, was man anhand einer Bilddatenbank jederzeit auch als Digitalisat am Computer aufrufen kann? Genau besehen handelt es sich beim Gegenüber von Bibliothek und Mediathek aber um einen schiefen Vergleich.
Explosion des Wissens
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Zusammenfassung
Joseph Vogl: Ich möchte über den Titel Ihres großen Buches zur Geschichte und Präsenz des Wissens sprechen – «Explosion des Wissens». Für mich als Pazifisten ist Explosion mit Schlachtfeldern verbunden oder mit etwas, das man als Unfall bezeichnen kann. Eine Explosion erzeugt einen lauten Knall. Und nach einer Explosion gibt es Opfer, Zerstörung, Konfusion. Und nun sprechen Sie von «Wissensexplosion». Was ist das Ergebnis dieser Wissensexplosion? Oder was bedeutet Explosion in Ihrem Verständnis?
Ernst Rudolf Hubers letzte Fußnote. Die normative Ordnung des Nationalsozialismus und die Grenzen der Kulturgeschichte
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Zusammenfassung
I. Die Fußnote eines Verfassungshistorikers Ernst Rudolf Hubers monumentale Darstellung der Deutschen Verfassungsgeschichte endet mit einer Fußnote. Auf der letzten Seite des letzten Bandes der samt Registerband fünfbändigen Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, einer Ergänzung seiner achtbändigen, über siebentausendseitigen Deutschen Verfassungsgeschichte, kommentiert er den Abdruck des sogenannten «Ermächtigungsgesetzes», des Gesetzes also, mit dem der Reichstag Ende März 1933 seine Gesetzgebungsgewalt der Reichsregierung übertrug und als politisch relevante Institution formell abdankte. Hubers letzte Fußnote lautet: [...]
Flüchtling ohne Schlepper. Aus dem Bildindex zur politischen Ikonographie
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In der Ausgabe Bilderbuch des Kursbuchs hat der Kunsthistoriker Martin Warnke bereits vor 35 Jahren eine Bildtafel veröffentlicht, die kommentarlos Pressefotografien Franz Josef Strauß’ mit einer Abbildung einer spätantiken Statue konfrontierte. In derselben Ausgabe hatte er zudem mit dem Herausgeber der Zeitschrift, Karl Markus Michel, «Schicksale» politischer Gesten verfolgt, die später zum Bestand des Bildindex zur politischen Ikonographie werden sollten. Der Index, den Martin Warnke zunächst am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen aus einem privaten «Urkasten» aufbaute, wurde in den 1990er Jahren im Warburg-Haus Hamburg unter Mitarbeit der Nutzer zu einem um eine Bibliothek ergänzten ikonographischen Zettelkasten mit fast einer halben Million Einträgen.
Evaluationen in der Frühen Neuzeit
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Zusammenfassung
Dem Juristen Heinrich Binn ist der Ärger über die Helmstedter Universitätsverwaltung in seinem Bericht aus dem Frühjahr 1656 anzumerken. Offenbar ohne sein Zutun gingen die seit über einem Jahr fristgemäß eingereichten Berichte über seine Vorlesungstätigkeit verloren, worauf man ihn kurzerhand aufforderte, die gleichen Berichte nochmals einzureichen: «Weil ich erfahre, dass meine Lektionszettel für die Zeit seit Januar 1655, die ich schon zu den damals festgesetzten Zeiten den Herren Dekanen geschickt habe, verloren gegangen sind, und man mir befiehlt, sie nochmals zu schreiben, bin ich gezwungen, sie summarisch zusammenzufassen, wie ich sie nämlich in der Sammlung meiner Programme fassen kann.
Schmutzige Wissenschaft. Blumenberg, Koselleck und die Idee der Interdisziplinarität
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Im Sommer 1973 erhält Hans Blumenberg Post. Nach ersten Professuren in Hamburg, Gießen und Bochum hatte er sich drei Jahre zuvor gegen den Ruf aus Bielefeld und für die Ordinarienuniversität Münster entschieden. Auf diesen Wechsel kommt Reinhart Koselleck in seinem Brief zu sprechen. Die Universität Bielefeld, die einen neuen Typus verkörpern sollte und zu diesem Zeitpunkt noch keine zehn Jahre alt ist, scheint die Erwartungen nicht einzulösen, die an ihre Gründung geknüpft worden waren. Koselleck schreibt an den Kollegen, der sich für eine traditionsreiche Adresse entschieden hat: «Freilich haben Sie sich vermutlich richtig entschieden, denn die geplanten Vorzüge von Bielefeld schrumpfen dahin.
Wenn Räume töten. Jörg Baberowski entgrenzt die Gewalt
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«Der Islam dient ihnen nur dazu, die Gewalt rückwirkend zu rechtfertigen. Ich glaube nicht, dass das Töten leichter fällt, wenn man an irgendetwas glaubt.» Als Jörg Baberowski, der weithin bekannte Osteuropahistoriker der Berliner Humboldt-Universität, diese Worte wählte, waren die Pariser Anschläge vom 13. November 2015 noch nicht absehbar. Ob er der naheliegenden Frage nachgegangen wäre, ob nicht zumindest für Selbstmordattentäter der Glaube, mit diesem Attentat sei nicht einfach alles vorbei, hilfreich sein könnte, scheint zweifelhaft. Denn Baberowski interessiert sich ausweislich seines neuen Buches über "Räume der Gewalt" nicht wirklich für unterschiedliche Gewaltformen.
Theorie und Nostalgie
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Es sind zwei Leseerlebnisse, von denen das hier zu besprechende Buch inspiriert ist. Anfang der 1950er Jahre gelangt Peter Gente (1936–2014), späterer Gründer des Merve-Verlags und gleichsam der Protagonist im ‹langen Theorie-Sommer›, an Adornos "Minima Moralia". Gente ist elektrisiert von der an Nietzsche geschulten Aphoristik, die hinter ihrer oder gerade durch ihre Poetik eine Gesellschaftskritik sichtbar werden ließ, die den Geist der damaligen Zeit nicht nur traf, sondern möglicherweise mitdefinierte. Von da an hatte Gente jenen späteren Klassiker Adornos in der Jackentasche – in der Hoffnung, zu ihm würden sich ähnliche Lesefrüchte hinzugesellen.
Obsessive Lektüren. Heinz Dieter Kittsteiners Nachlass
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Bei der Betrachtung eines Fotos, das Heinz Dieter Kittsteiners Arbeitszimmer in seiner Wohnung in der Charlottenburger Sybelstraße zeigt, scheint der Historiker nur für einen Moment den Raum verlassen zu haben. Als Kittsteiner im Sommer 2008 starb, war die Vorlesungszeit eben zu Ende gegangen, umso intensiver hatte er die Arbeit am 2. Halbband seiner «Deutschen Geschichte in den Stufen der Moderne» vorantreiben wollen.1 Wie e ine auf den Schreibtisch zuführende Spur liegen Bücher auf dem Fußboden verstreut, Bände zu Friedrich dem Großen, Antoine Pesne, Watteau: Heinz Dieter Kittsteiner war mitten im 18. Jahrhundert angelangt. Auf dem Tisch steht eine kleine Voltaire-Büste, die Schreibfläche wird von zwei mächtigen Messinglampen flankiert, als würde hier komplizierte Feinarbeit geleistet.
Googles sichtbare Hände. Das Retrodigitalisat als Ware
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Im Januar 2014 gab die Bayerische Staatsbibliothek München bekannt, dass mehr als eine Million Bücher aus dem eigenen Bestand digitalisiert und über das Internet verfügbar gemacht worden seien. Sieben Jahre zuvor war die Bibliothek eine Kooperation mit Google eingegangen, um neben den hauseigenen Digitalisierungsprojekten einen Großteil der vorhandenen Werke aus dem 17. bis 19. Jahrhundert scannen zu lassen. Ebenso hat zwischen 2005 und 2010 eine Reihe von öffentlichen Bibliotheken in den USA und Europa ähnliche Verträge über die Massendigitalisierung ihrer urheberrechtsfreien Bestände abgeschlossen. Die Erfolgsmeldungen lösten nun demonstrativ die großen Versprechen ein, die wenige Jahre zuvor gegeben worden waren, um letzte Zweifel an Nutzen und Rechtmäßigkeit dieser Public-Private Partnerships zu zerstreuen. Die nackten Zahlen genügten, dass in der für digitale Themen empfänglichen Presse bald von der «größten Bibliothek aller Zeiten» zu lesen war.
Die Autoren
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