Vahlen – Allgemeine Reihe – Kolbeck/Rauscher – Tourismus-Management – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 22.08.2012 Status: Druckdaten Seite 5
51.1 Kaufmännisches Denken und Handeln lernen
Demgegenüber verlief die Entwicklung in den USA anders. In Folge der enormen Flächenausdehnung des Landes wandte man sich viel früher der Frage zu,
wie große, räumlich verteilt arbeitende Unternehmen über weite Distanzen zu
führen sind. Die Eisenbahn- und Rohstoffkonzerne liefern hier gute Beispiele.
Der reale Handlungsdruck aus der Praxis führte zu einer frühzeitigen Etablierung der betriebswirtschaftlichen Ausbildung an den Universitäten (Business
Schools, etwa in Harvard 1908) und zur Organisation branchenbezogener Berufsverbände. Beide Zweige befruchteten sich stark, wodurch die amerikanische
Ausbildung von jeher einen sehr starken Management-Fokus aufweist und viel
mit realen Praxis-Fällen arbeitet („case studies“). Dies führte im anglo-amerikanischen Sprachraum verstärkt zur Entwicklung verhaltenswissenschaftlicher
Management-Konzepte.
Heute hat die Betriebswirtschaftslehre ihren festen Platz im System der Wissenschaften:
1.1.2 Abgrenzung zur Volkswirtschaftslehre
„Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit dem Wirtschaften in Betrieben
unter Berücksichtigung der Wechselbeziehungen zu anderen Betrieben und zu
(2009), S. 116–125. Die daraus entstandene „St. Galler Schule“ steht auch heute noch für
eine der bedeutendsten Denkrichtungen in der BWL.
5 Aufbauend auf Bea, Schweitzer (2009), S. 23–27, Dettmer, Hausmann (2008), S. 1 und
Vahs, Schäfer-Kunz (2007), S. 21.
System der Wissenschaften
Einzelwissenschaften Wissenschaftslehre (Philosophie)
Real- bzw. Erfahrungswissenschaften
Formalwissenschaften:
Mathematik, Statistik
Idealwissenschaften
Betriebswirtschaftslehre
(BWL)
Wirtschaftswissenschaften
Kulturwissenschaften:
Geistes-, Sozial- und
Wirtschaftswissenschaften
Rechtswissenschaften
Normative
Wissenschaften:
Ethik, Politik,
Pädagogik
Volkswirtschaftslehre
(VWL)
Naturwissenschaften:
Physik, Chemie, …
= Wichtige Einüsse
Abbildung 1: Die Betriebswirtschaftslehre in der Systematik der Wissenschaften5
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1. Grundlagen: Betriebswirtschaftslehre und Tourismus6
den sie umgebenden Wirtschaftsbereichen. Ein Betrieb oder mehrere Betriebe
bilden ein Unternehmen.“6
Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) stellt als Bestandteil der Wirtschaftswissenschaften Unternehmen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Volkswirtschaftslehre (VWL) hingegen widmet sich dem „Wirtschaften in unterschiedlich
aggregierten Wirtschaftsbereichen unter Berücksichtigung aller Interdependenzen bis hin zu den Beziehungen zwischen einzelnen Betrieben.“7
Die Mikroökonomie – ein wichtiges Teilgebiet der VWL – bietet den Ansatz zum
„Brückenschlag“ von der VWL zur BWL, denn sie beschäftigt sich mit einzelnen Märkten und dem Verhalten von Marktteilnehmern auf diesen Märkten.
Die Mikroökonomie vollzieht dies meist mittels mathematischer Modellierung
und einer mehr oder weniger starken Abstraktion. Die BWL disaggregiert8 die
Betrachtung noch stärker und wechselt zudem die Perspektive. Die Disaggregation zeigt sich in der Analyse des Verhaltens einzelner Unternehmen. Der
Perspektivenwechsel vollzieht sich in der Analyse der Zielbildung und dem
daraus ableitbaren Verhalten der Eigentümer von Unternehmen und der darin
tätigen Mitarbeiter.
Die thematische Schnittmenge zwischen der VWL und BWL ist vielfältig, als
Beispiel ist die Preisbildung zu nennen. Volkswirtschaftlich wird die Preisbildung unter dem Aspekt betrachtet, ob und wie sich Marktgleichgewichte
bilden, wie sich die Koordination einer Vielzahl individueller Wirtschaftspläne
in Abhängigkeit von der Marktform vollzieht,9 und wie sich Marktteilnehmer
strategisch verhalten; letzteres allerdings vorwiegend in einer neutral-beobachtenden Perspektive: „Wie wird man sich verhalten?“ In der BWL steht der
wettbewerbsorientierte Instrumentalcharakter des Preises im Vordergrund,
sei es bei der Frage nach langfristigen Preisstrategien konkreter Unternehmen,
bei der Instrumentalisierung des Preises als Marketinginstrument oder bei
kurzfristigen Optimierungsmaßnahmen etwa im Yield Management. Dabei
wird die neutrale Position gezielt aufgegeben zugunsten der aus Sicht des
Unternehmens stets gewinnzielorientierten Frage: „Wie soll man sich verhalten?“
1.1.3 Einordnung der Managementlehre
Durch die somit aufgeworfenen Fragen nach dem „Wie“ und letztlich dem „Warum?“ rücken die Interessen der Eigentümer oder der Leitungsinstanzen des
Unternehmens in den Mittelpunkt der Betriebswirtschaftslehre: Wie können
Eigentümer und leitende Angestellte ein Unternehmen zielgerichtet führen?
Diesen und allen damit zusammenhängenden Fragen widmet sich innerhalb
der Betriebswirtschaft das Fachgebiet der Unternehmensführung, dessen eng-
6 Bea, Schweitzer (2009), S. 24.
7 Ebd.
8 disaggregieren: Herunterbrechen einer Gesamtgröße auf kleinere Einheiten
9 Vgl. Ott (1986), S. 27–31.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Vorteile
- Umfassendes Grundlagenwerk zur touristischen Betriebswirtschaftslehre
- Im deutschsprachigen Bereich ohne Beispiel
- Abdeckung aller wesentlichen Funktionsbereiche des Tourismus-Managements
- Eignung für Studierende und Praktiker
- Zahlreiche Praxis-Kurzbeiträge von Führungskräften
Zum Werk
Die Tourismusbranche gehört zu den am stärksten wachsenden, aber auch komplexesten Wirtschaftsbereichen.
Dieses Werk vermittelt erstmalig ein umfassendes betriebswirtschaftliches Grundwissen für die Tourismusbranche für Studium und Praxis, das alle wesentlichen Bereiche der Betriebswirtschaftslehre abdeckt. Es unterstützt Studierende und Praktiker bei der Entwicklung einer betriebswirtschaftlichen Denkhaltung, die sinnvolles aktives Handeln („Management“) im touristischen Geschäft ermöglicht.
Das Buch beschreibt auf der Basis eines integrierten Management-Modells Investition und Finanzierung, Beschaffung, Produktion und Marketing sowie die Managementprozesse Planung, Steuerung, Personalmanagement und Organisation. Den Abschluss bilden langfristige Überlegungen zur strategischen Unternehmensführung sowie zum nachhaltigen Tourismusmanagement.
Zahlreiche Experten-Statements von Führungskräften aus der Branche illustrieren die Praxisrelevanz.
Autoren
Prof. Dr. Felix Kolbeck und Prof. Dr. Marion Rauscher, Fakultät für Tourismus, Hochschule München
Zielgruppe
- Studierende der Bachelor-Studiengänge Tourismusmanagement, Masterstudiengänge, Weiterbildungsangebote (IHK, MBA, …) und Tourismusunternehmen.