Vahlen – Allgemeine Reihe – Kolbeck/Rauscher – Tourismus-Management – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 22.08.2012 Status: Druckdaten Seite 203
2033.1 Planung
3.1.5 Grenzen der Planung im Tourismus
3.1.5.1 Grenzen der strategischen Planung
„Planung bedeutet die Ersetzung des Zufalls durch den Irrtum“, so liest man
häufig abschätzig zur unternehmerischen Planung. Abgesehen davon, dass
die Alternative einer „zufallsgesteuerten Unternehmensführung“ auch nicht
zweckdienlich erscheint, kommt in diesem Zitat eine wichtige Frage zum Ausdruck: Wie reagieren die Entscheidungsträger im Unternehmen, wenn sich
der geplante Weg als Irrweg herausstellt? Auf der einen Seite wird häufig viel
zu lange an falschen Planungen festgehalten, auf der anderen Seite werden
auch strategische Entscheidungen viel zu schnell wieder von gegenteiligen
Kurssetzungen abgelöst. Dies sind letztlich auf der menschlichen Psychologie
beruhende Fehlentscheidungen.
Die Betriebswirtschaftslehre mit ihren Managementmodellen und Strategieentwicklungsprozessen liefert keine inhaltlichen Lösungen.277 Sie kann in der
Tourismusbranche touristisches Know How, Intuition, Spontaneität und Menschenkenntnis nicht ersetzen. Daher gilt, dass Strategien durchaus das Ergebnis
eines systematischen Planungsprozesses sein können, aber keineswegs sein
müssen.278
Weitere Grenzen ergeben sich aus der mangelnden Planbarkeit vieler tourismusrelevanter Sachverhalte. Eine dienstleistungsorientierte Grundeinstellung
der Mitarbeiter im operativen Geschäft, das Wetter bei Events und viele andere
Faktoren liegen weitgehend außerhalb unternehmerischer Planbarkeit. Auch
wird im strategischen Bereich die Zukunft in den für die Tourismusunternehmen relevanten Umwelten immer schwerer vorhersehbar, so dass selbst relativ
kurzfristige Szenarien nicht mehr seriös mit Eintrittswahrscheinlichkeiten
hinterlegbar sind.
Dennoch liefert das Instrument der strategischen Planung einen wichtigen Rahmen, um strategische Entscheidungen in den richtigen Bahnen vorzubereiten,
zu kommunizieren und umzusetzen.
3.1.5.2 Grenzen der operativen Planung
Das schnelllebige Tourismusgeschäft bringt es mit sich, dass das Management
immer flexibler werden muss, um angemessen auf kurzfristige Änderungsnotwendigkeiten reagieren zu können. Selbst strategische Veränderungsmöglichkeiten können sich sehr plötzlich ergeben: Sachverhalte wie die Übernahme
von Teilen eines insolventen Konkurrenten oder der spontane Verkauf eines
Flugzeuges aufgrund einer günstigen Gelegenheit dürfen nicht an einer Denkhaltung wie dieser scheitern: „Aber das haben wir doch so gar nicht budgetiert …“
277 Vgl. Thommen, Achleitner (2009), S. 947.
278 Vgl. Steinmann, Schreyögg (2005), S. 169.
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Stand: 22.08.2012 Status: Druckdaten Seite 204
3. Managementprozesse: Lenken und Entscheiden im Tourismus204
Die Kritik an der Budgetierung gründet sich auf folgende, in der Praxis häufig
anzutreffende Phänomene:279
•• Budgetary Slacks: Es werden bei Kostenbudgets „komfortable“ Budgets mit
Sicherheitspolstern vereinbart. Bei Leistungsbudgets wird dagegen gerne
zu vorsichtig budgetiert, um im Folgejahr mit positiven Planabweichungen
glänzen zu können.
•• Budget Wasting: Bei Kostenbudgets finden sich immer wieder am Jahresende
Ausgabespitzen, um den Budgetanspruch für das Folgejahr zu sichern („Dezemberfieber“, vor allem bei öffentlichen Haushalten).
•• Gefahr der Kurzfrist-Orientierung: Diese Gefahr stellt sich bei vielen Bonussystemen, bei denen individuelle Bonuszahlungen an die Erreichung
kurzfristiger Ziele gekoppelt sind.
•• Isoliertes Bereichsdenken: Die Erreichung der eigenen Budgetziele überlagert
die Sicht auf das Gesamtunternehmen.
Aus diesen und weiteren Erkenntnissen heraus erfolgten zahlreiche Versuche,
die Budgetierung zielkonform weiterzuentwickeln („Better Budgeting“) oder
gar ganz durch evolutionäre, neue Konzepte abzulösen („Beyond Budgeting“).
In letzter Konsequenz wird man aber nie auf kurzfristig gültige und wirkende
Planungen verzichten können. Denn Budgetierung ist „richtig angewandt eines
der besten Instrumente für wirksame Führung“280.
In modernen Ansätzen des Controllings wird daher versucht, den Mängeln
klassischer Budgetierung durch flexible Erweiterungen zu begegnen.
3.1.6 Stimmen aus der Praxis: Dr. Michael Frenzel, TUI AG
Die TUI AG ist Europas führender Touristikkonzern. Mit unseren Marken bieten wir das gesamte Spektrum an Dienstleistungen rund um Urlaub
und Reise an. Die drei Geschäftsbereiche TUI Travel
( Veranstalter-, Vertriebs-, Flug- und Zielgebietsaktivitäten), TUI Hotels & Resorts und TUI Kreuzfahrten
bilden die World of TUI. Im Geschäftsjahr 2010/11
erzielte die TUI einen Umsatz von 17,5 Mrd. € und
ein operatives Ergebnis (bereinigtes EBITA) von
600 Mio. €.
Zu unserem Selbstverständnis gehört, dass wir
für unsere jährlich rund 30 Mio. Gäste vor Ort
präsent sind. Dies gilt sowohl für die Heimatländer unserer Gäste als auch für die Urlaubsorte
in den Destinationen. Aus diesem Grund gliedert sich der TUI-Konzern in
45 inländische Gesellschaften und 721 Gesellschaften mit Sitz im Ausland.
Weltweit unvergessliche Urlaubserlebnisse zu schaffen – diesem Anspruch
279 Vgl. Wöhe, Döring (2010), S. 207 f. und Steinmann, Schreyögg (2005), S. 394 f.
280 Malik (2009), S. 334.
Dr. Michael Frenzel
Vorsitzender des Vorstands
der TUI AG
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Vorteile
- Umfassendes Grundlagenwerk zur touristischen Betriebswirtschaftslehre
- Im deutschsprachigen Bereich ohne Beispiel
- Abdeckung aller wesentlichen Funktionsbereiche des Tourismus-Managements
- Eignung für Studierende und Praktiker
- Zahlreiche Praxis-Kurzbeiträge von Führungskräften
Zum Werk
Die Tourismusbranche gehört zu den am stärksten wachsenden, aber auch komplexesten Wirtschaftsbereichen.
Dieses Werk vermittelt erstmalig ein umfassendes betriebswirtschaftliches Grundwissen für die Tourismusbranche für Studium und Praxis, das alle wesentlichen Bereiche der Betriebswirtschaftslehre abdeckt. Es unterstützt Studierende und Praktiker bei der Entwicklung einer betriebswirtschaftlichen Denkhaltung, die sinnvolles aktives Handeln („Management“) im touristischen Geschäft ermöglicht.
Das Buch beschreibt auf der Basis eines integrierten Management-Modells Investition und Finanzierung, Beschaffung, Produktion und Marketing sowie die Managementprozesse Planung, Steuerung, Personalmanagement und Organisation. Den Abschluss bilden langfristige Überlegungen zur strategischen Unternehmensführung sowie zum nachhaltigen Tourismusmanagement.
Zahlreiche Experten-Statements von Führungskräften aus der Branche illustrieren die Praxisrelevanz.
Autoren
Prof. Dr. Felix Kolbeck und Prof. Dr. Marion Rauscher, Fakultät für Tourismus, Hochschule München
Zielgruppe
- Studierende der Bachelor-Studiengänge Tourismusmanagement, Masterstudiengänge, Weiterbildungsangebote (IHK, MBA, …) und Tourismusunternehmen.