64 3 Der Wertschöpfungs prozess des Real Estate Asset Management
ergibt sich aus der Positionierung der analysierten Immobilie der assimilierte Handlungspfad
für die Umsetzung. Während geringe Entwicklungschancen und niedrige Wertentwicklungspotentiale einen schnellen Verkauf nahelegen, werden sich bei höheren Chancen operative
Optimierungsmaßnahmen anbieten.
3.5 Optimierungsansätze im Prozess des Real Estate Asset
Managements
Durch die Betrachtung der vorhergehenden Abschnitte wird die Komplexität und der Umfang
des Real Estate Asset Management Prozesses verdeutlicht. Der Erfolg einer Investition fällt
umso höher aus, je besser der Asset Manager die Strategie des Investors versteht und diese
entsprechend professionell umsetzt. Welche Maßnahmen der Asset Manager zur Optimierung
der Prozesse ergreifen sollte und welche Instrumente ihm dabei behilflich sein können, wird
nachfolgend verdeutlicht.
3.5.1 Auswahlprozess des Real Estate Asset Managers
Der Investor hat durch die gezielte Auswahl des Real Estate Asset Managers großen Einfluss
auf die die Qualität des Managementprozesses und er bestimmt auch, inwieweit der Asset
Manager in die gesamte Wertschöpfungskette des Chancen- und Risikomanagements integriert wird.117
In den letzten Jahren konnte eine Trendwende im Immobilienmanagement verzeichnet werden, die eine Entwicklung vom Generalisten bis hin zu einer Spezialisierung der Manager auf
einzelne Marktsegmente aufzeigt. Das Managementspektrum der Anbieter kann in folgende
Segmente eingeteilt werden:
Regionen (Europa, Asien usw.) •
Nutzungsarten (Wohnen, Büro, Logistik, Shopping Center, Health Care) •
Risiko-Ertrags-Profile (Core, Core-Plus, Opportunistisch usw.) • 118
Um das Risiko einer Fehlbesetzung so gering wie möglich zu halten, sollte der Auswahlprozess des Asset Managers gut strukturiert und auf die spezielle Aufgabenstellung konkret
ausgerichtet werden. Der Erfolg des REAM ist nur dann zu realisieren, wenn die ausgewählten
Asset Manager über ein breites Spektrum an immobilienspezifischen Qualifikationen und
Erfahrungen sowie über vertiefte Kenntnisse und ein großes Netzwerk in dem betreffenden
Immobilien segment verfügen.119
3.5.2 Formulierung von Präferenzen und Investmentzielen
Sehr wichtige Rahmenbedingungen im REAM sind die Präferenzen der Vermögenseigentümer. Sie können sich auf finanzwirtschaftliche Kriterien wie Rendite, Liquidität, Kapitalbindungsdauer, Beleihungsgrad und Anlagesicherheit beziehen. Daneben können aber auch
117 Vgl. Bremerich, P./Stute, S. (2007) S. 551 f.
118 Vgl. ebenda, S. 552.
119 Vgl. ebenda, S. 568.
653.5 Optimierungsansätze im Prozess des Real Estate Asset Managements
weitere spezifische Kriterien wie Marketingaspekte, steuerliche Bedingungen, Mindest- und
Maximalvolumina, Wertsteigerungspotenziale etc. eine große Rolle spielen. Die frühzeitige
und eindeutige Definition der strategischen Intention des Investors ist von herausragender
Bedeutung, da sich hiernach sowohl der Investitionsprozess als auch der Real Estate Asset
Management-Prozess ausrichtet.120 Das Handeln und die Entscheidungs findung des Asset
Managers leiten sich in erster Linie aus den Vorgaben des Investors ab, deshalb müssen diese
im Rahmen der Investitionsentscheidung genauestens definiert werden, da sonst der REAM-
Prozess nicht nachhaltig und zielorientiert ausgeführt werden kann. Die nachfolgenden Kriterien müssen während der Verhandlungen über ein Managementmandat neben den genannten
finanzwirtschaftlichen Aspekten abgeklärt und festgelegt werden:121
Investment und Managementphilosophie •
Organisation des Investmentprozesses (Asset Allocation, Asset Selection, Performance- •
Controlling)
Ertragsvorhaben (Benchmarks) •
Entlohnungsstruktur des Asset Managers •
3.5.3 Optimierung von Kommunikationsschnittstellen
Die Informationsverteilung im Hinblick auf die geforderte Transparenz ist ebenfalls eine
wichtige Komponente im REAM-Prozess. Auch wenn bestimmte Informationen dem Asset
Manager nicht permanent zur Verfügung stehen, so sollten sie dennoch bei Bedarf kurzfristig
abrufbar sein. Hierzu zählen bestimmte Wartungs- oder Dienstleistungsverträge, Mietverträge und Baupläne. Kommunikationsschnittstellen zu Gebäudedienstleistern. Die strukturierte und rasche Kooperation mit sämtlichen Beteiligten ist von entscheidender Bedeutung,
da die fallweise, unstrukturierte Datenbeschaffung kosten- und zeitaufwendig ist und zu
Verzögerun gen in der Entscheidungsfindung führen kann.122
Hohe Informationsverflechtung und koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Dienstleistern hat nicht nur den Vorteil der unmittelbaren Informationsübertragung, sondern auch den
der schnellen Reaktionsfähigkeit im Chancen- und Risikomanagement.
Unglücklicherweise gibt es noch keine einheitlichen Standards für das Reporting und Monitoring im Asset Management. Es gibt jedoch Mustervorgaben, die beispielsweise vom der
Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (gif e.V.) im Rahmen des Arbeitskreises
Real Estate Investment Management erarbeitet wurden. Die zunehmende Präsenz angelsächsischer Investoren im deutschen Immobilienmarkt führt auch zu einer Professionalisierung
in diesem Bereich.
Erfolgreiches Asset Management bedarf funktionalen Controllings hinsichtlich Budgetverwendung, insbesondere frühzeitige Information über Budgetüberschreitung und -unterschreitung.123 Zunehmend wichtiger wird das Reporting gegenüber dem Investor, welches die
Management aktivitäten abbildet und zusammengefasste Kennzahlen der Immobilienperformance zeigt. (z. B. NOI oder IRR)124
120 Vgl. Wagner, T. (2006a) S. 6.
121 Vgl. Schäfers, W./Hörner, C. (2002) S. 554.
122 Vgl. Soens, M./Brown, R. (1994), S. 246.
123 Vgl. Frensch, S./Fischer, D. (2008), S. 20.
124 Vgl. Jung, S., (2008), S. 2.
66 3 Der Wertschöpfungs prozess des Real Estate Asset Management
3.5.4 Analyse der Prozesseffizienz mit Hilfe von Prozesskennzahlen
Die fundamentale Basis eines erfolgreichen Asset Management ist die Verwendung der richtigen Kennzahlen für die Steuerung des Investments und des Portfolios. Zur Optimierung
des Real Estate Asset Management-Prozesses sollte der Asset Manager folgende Kennzahlen
in sein Reporting bzw. seine Entscheidungsfindung unabdingbar einbeziehen:
Vermietungskennzahlen (z. B. Leerstandsrate, Vertragsmiete, Effektivmiete, Markt miete, •
Vermietungsumsatz, Nettoabsorbtion etc.)
Bewirtschaftungskennzahlen (z. B. Flächenkennziffern, Forderungsausfallquote, Neben- •
kostenquote etc.)
Investitionskennzahlen (z. B. Net Operating Income, Net Cashflow, Return on Investment, •
Return on Equity, Internal Rate of Return etc.)
Finanzierungskennzahlen (z. B. Debt Service Coverage Ratio, Interest Coverage Ratio, Loan •
to Value etc.)
Bewertungskennzahlen (z. B. All Risks Yield, Net Initial Yield, Weighted Average Cost of •
Capital etc.)
Aufgrund der Heterogenität von Immobilien und ihrer unterschiedlichen Märkte ist es sehr
schwierig Chancen und Risiken über eine einzige quantitative Kennzahl zu definieren. Oft
müssen hierzu starke Vereinfachungen vorgenommen und damit Unschärfen akzeptiert werden, die die erzielten Ergebnisse verfälschen. Vielmehr sollten Kennzahlen in eine ganzheitliche Betrachtung eingebunden werden. Der Asset Manager muss zur Optimierung seiner
Handlungen die Ursachen und die Wechselwirkung der verschiedenen Kennzahlen herausarbeiten. Aus der Einordnung unterschiedlicher Kennzahlen in ein Gesamtsystem kann eine
grafische Attribution entwickelt werden, die schrittweise zu übergeordneten Kennzahlen
führt und eine Aussage über den Gesamterfolg des Managements zulässt.125
3.5.5 IPM-Systeme als Optimierungsvehikel
Immobilien-Portfolio-Management-Systeme dienen dazu, die Komplexität immobilienwirtschaftlicher Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen für Immobilien manager
handhabbar zu machen. Idealtheoretisch betrachtet sollte ein IPM-System nicht nur investitions- und kapitalmarkttheoretisch ausgeprägt sein, sondern vor allem in seiner praktischen
Umsetzung konkrete, in jedem Vorgang nachvollziehbare Handlungsempfehlungen zur Erreichung des Ziels zur Disposition stellen können.126
Bezogen auf die Optimierung des Real Estate Asset Management können IPM-Systeme die
Effektivität des Prozesses in verschiedenen Bereichen steigern:
Unterstützung bei objektbezogenen Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen durch •
Schaffung von Transparenz über den kompletten Immobilienbestand
Berechnung finanzmathematischer Kennzahlen in Verbindung mit der Bestands- und Ri- •
sikoanalyse (IRR, Kapitalwert, Eigenkapitalverzinsung, usw.)
Aufstellung und Überwachung von Szenarioanalysen und Simulationen möglicher zukünf- •
tiger Entwicklungen, einschließlich der Eintrittswahrscheinlichkeiten (Estimated Value,
Best Case, Worst Case)127
125 Vgl. Gondring, H. (2009) S. 563.
126 Vgl. Bals, W./Wellner, K. (2005), S. 511.
127 Vgl. ebenda, S. 511.
673.5 Optimierungsansätze im Prozess des Real Estate Asset Managements
Aufstellung von Kennzahlensystemen als Basis für die Investitionsrechnung, die der mehr- •
periodischen Betrachtung und Aggregation innerhalb der Objekte und über den gesamten
Immobilienbestand dienen sollen.
Leider ist der Markt für IPMS Systeme noch sehr jung und damit nicht ausgereift. Aktuell
werden zwar verschiedene Immobilien-Portfolio-Management-Systeme angeboten, die jedoch nur zum Teil auf die spezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Immobilien-
Investoren ausgelegt sind (Argus DCF, Cougar etc.). Eine Lösung für diesen Mangel stellen
Inhouse-Entwicklungen dar, die kundenindividuell und anwenderspezifisch konzipiert werden können.
3.5.6 Schaffung von Kernkompetenzen durch Outsourcing
Unter Outsourcing wird die Vergabe von Dienstleistungen an externe Unternehmen oder Personen verstanden, die sich auf bestimmte Kriterien spezialisiert haben oder das Management
kostengünstiger übernehmen können. Beim Outsourcing wird mit externen Dienstleistern ein
Vertrag geschlossen über die Durchführung der Leistungen, aber auch für die Übertragung
der Mitarbeiter und der Verantwortung über die Vermögenswerte.
Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten aufgezeigt, setzt sich der REAM-Prozess aus
primären und sekundären (Support-) Prozessen zusammen. Dabei sind die Primärprozesse
des REAM die Vorgänge, welche unmittelbar an der Performancesteigerung und Wertoptimierung beteiligt sind. Während die Sekundärprozesse die Aktivitäten sind, welche nur indirekt
Auswirkungen auf die Wertsteigerungen haben. Die verstärkte Konzentration auf die Kernprozesse kann durch die Vergabe der Nebenprozesse an externe Dienstleister in höherer Qualität
erbracht werden und zum anderen weitere Kostensenkungsmaßnahmen ermöglichen.128
Das Hauptproblem ist oft, dass Sekundärprozesse in einer integrierten Organisation nicht
die nötige Aufmerksamkeit erfahren, da sich das Hauptaugenmerk des Managements auf die
Primärprozesse richtet. Die Optimierung der Sekundärprozesse ist oft teurer und zeitaufwändiger, als eine Vergabe an externe Dienstleister, die die Prozesse, Kompetenzen und Volumina
in ihr Kerngeschäft kostengünstig integrieren können.129
Die Fokussierung auf bestimmte Leistungen oder Produkte kann im Immobilienmanagement
zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen.
128 Vgl. Gondring, H. (2009) S. 527.
129 Vgl. ebenda.
4
Theoretische Grund lagen
des Real Estate
Asset Management
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Asset Management ist das beherrschende Thema der immobilienwirtschaftlichen Fachöffentlichkeit seit Anfang 2006. Grund für diese beachtliche Entwicklung ist die dominierende Präsenz ausländischer Investoren auf dem deutschen Immobilienmarkt in der jüngeren Vergangenheit. Diese Investoren - zumeist aus dem angelsächsischen Raum - importierten gleichermaßen ein neues Anspruchsdenken, was die professionelle Betreuung von Immobilien betrifft. Ausgehend von dem Asset Management-Ansatz aus der Finanzwirtschaft wird das aktive Wertmanagement der Immobilien nach international kompatiblen Standards erwartet. Diese Entwicklung bedeutet auch einen kontinuierlichen Reifeprozess der Assetklasse Immobilie als kapitalmarktfähige Anlage. Die immer stärkeren Auswirkungen der globalen Finanzmärkte (vgl. Subprime-Krise) erfordern ein professionelles Asset Management für Immobilien auch in Deutschland.
Dieses Handbuch stellt das komplexe Thema in übersichtlicher und umfassender Form dar.
- Begriffsdefinition und Einordnung
- Ziele und Aufgaben
- Der Wertschöpfungsprozess
- Theoretische Grundlagen
- Immobilien und Kapitalmarkt
- Aspekte der Bewertung und Bilanzierung
- Performancemessung für Immobilienportfolios
- Investment- und Wertschöpfungsstrategien
- Risikomanagement für Immobilien
- Controlling und Reporting
- Informationsmanagement und Informationstechnologie
- Real Estate Asset Management in der Investment-Phase
- Real Estate Asset Management in der Bestandsphase
- Real Estate Asset Management in der Exit-Phase
- Markt und Wettbewerb im Real Estate Asset Management
- Anbieter Real Estate Asset Management
- Immobilienkennzahlen und Formeln
Prof. Dr. oec. Hanspeter Gondring FRICS, Studiengangsleiter Immobilienwirtschaft im Institut für Finanzwirtschaft an BA Stuttgart/University of Cooperative Education und wissenschaftlicher Leiter der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft.
Dipl.-Kfm. Thomas Wagner, MRICS war über 8 Jahre Leiter des Bestands- und Portfoliomanagements bei der Union Investment
Real Estate AG. Seit 2005 betreut er internationale Investoren in den Bereichen Asset Management und Investment Management.
Das Buch richtet sich in erster Linie an Praktiker, die ihr Wissen in diesem Bereich erweitern wollen. Hier kommen insbesondere Mitarbeiter und Führungskräfte von Unternehmen in Betracht, die mittelbar oder unmittelbar mit Asset Management Themen konfrontiert sind, d.h. Immobilienverwalter, Projektentwickler, Immobilien-Berater, Makler, Fonds, Immobilien-AGs etc.
Es richtet sich aber auch an Studenten immobilienwirtschaftlicher Studiengänge und Teilnehmer von Aufbaustudiengängen bzw. Weiterbildungslehrgängen.