356 12 Real Estate Asset Management in der Investment-Phase
den laufend zu zahlenden Auszahlungsströmen ist das Liquiditätserfordernis von Stiftungen
meist niedrig bei langem Anlagehorizont.89 Stiftungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienen, unterliegen i. d. R. keiner Besteuerung und
lediglich begrenzter Regulation. Ende 2007 waren dem Bundesverband Deutscher Stiftungen
rund 15.500 Stiftungen bekannt.90
12.6.3 Offene Immobilienfonds
Offene Fonds investieren hauptsächlich in gewerblich genutzte Immobilien, vor allem in Büroobjekte. Handelsflächen bilden ein weiteres wichtiges Investitionsfeld der offenen Fonds,
darunter insbesondere Shopping Center. Den dritten Rang nehmen Hotels ein.91 Logistik,
Spezial- und Wohnimmobilien spielen eine weniger wichtige Rolle und nehmen meist nur
einen Anteil von ca. 5 % an den Portefeuilles der offenen Immobilienfonds ein.92
Üblicherweise konzentrieren sich offene Fonds auf ausgewählte Standorte, zumeist Metropolstandorte mit ausreichender Marktliquidität und Produktverfügbarkeit für die hohen Investitionsvolumina der Fonds. Investitionen in kleineren Städten stellen die Ausnahme dar.
Aufgrund veränderter gesetzlicher Rahmenbedingungen sind die offenen Immobilienfonds
zunehmend im Ausland aktiv.93 Meist sind offene Immobilienfonds für einen mittel- bis
langfristigen Anlagehorizont ausgelegt.94 In der Regel setzen offene Immobilienfonds ein
bestimmtes Mindestvolumen voraus, bevor ein Objektankauf interessant ist. Dafür ist ein Orientierungswert von etwa 15 Millionen Euro anzusetzen. Um auch den Markt kleiner Objekte
abdecken zu können, haben einige Gesellschaften Spezialfonds aufgelegt.95
12.6.4 Geschlossene Fonds
Geschlossene Immobilienfonds werden für nahezu alle Marktsegmente aufgelegt, z. B. Büro-,
Laden-, Handels-, und Wohnimmobilien, aber auch Hotels, Einkaufszentren, Logistik- und
Sozialimmobilien. Mit Abstand am meisten Bedeutung wird den Büroimmobilien beigemessen.96 Geschlossene Fonds investieren, neben den Hauptstandorten, in Deutschland auch
in kleinere Märkte und sind meist für einen langfristigen Anlagezeitraum konzipiert.97 Vor
allem in den neunziger Jahren wurden geschlossene Fonds als Steuersparmodelle ausgelegt,
die vornehmlich in den neuen Bundesländern investierten. Nach dem Wegfall umfangreicher
Steuervorteile werden heute zunehmend renditeorientierte Modelle entwickelt. Die Ausrichtung eines geschlossenen Fonds hat bedeutenden Einfluss auf das Risiko-Rendite-Profil und
die gesamte Anlagestrategie und kann damit sehr unterschiedlich ausfallen.98
89 Vgl. Ohlms, C. (2006), S. 44.
90 Vgl. Bundesverband Deutscher Stiftungen (2008).
91 Vgl. Billand, F. (2005), S. 48.
92 Vgl. Rebitzer, D. (2005), S. 34; vgl. auch Billand, F. (2005), S. 47, 51.
93 Vgl. Nehls, J./Schneider, W./Tschammler, T. (2003), S. 539.
94 Vgl. Gondring, H. (2004), S. 39.
95 Vgl. Nehls, J./Schneider, W./Tschammler, T. (2003), S. 539.
96 Vgl. Ernst, D./Freitag, U. (2005), S. 107.
97 Vgl. Gondring, H. (2004), S. 39.
98 Vgl. Muno, P. (2008), S. 1; vgl. auch Ernst, D./Freitag, U. (2005), S. 107.
35712.7 Fallstudie: Ankauf eines gewerblichen Einzelobjekts
12.6.5 Private Equity Funds
Bei Privat Equity Funds beteiligen sich unterschiedliche Investoren am Eigenkapital wachstumsstarker Unternehmen (Gründungs- und Expansionsphase). Im Gegenzug dazu profitieren die Investoren am wirtschaftlichen Erfolg dieser Unternehmen. Private Equity Fonds
verfolgen meist opportunistische Investitionsansätze. Oft investieren Private Equity Fonds
in Joint Venture Capital. Erklärtes Ziel sind hohe Renditen, dafür wird auch ein entsprechendes Risiko in Kauf genommen. In der Vergangenheit lagen die Renditen nicht selten über
20 Prozent. Investitionen von Private Equity Fonds sind sehr spekulativ und werden meist
nur kurzfristig gehalten. 99
12.6.6 Immobilien-AGs
Immobilien-AGs ist es möglich ein breiteres Spektrum von Investitionsformen und -konstellationen umzusetzen als bspw. die stark regulierten offenen Immobilienfonds. Sie können daher
auch in signifikanten Umfang in Projektentwicklung investieren. Mit dieser Strategie ist es
zumindest einigen Gesellschaften gelungen, ihre unternehmensübergreifende Rentabilität
entscheidend zu verbessern, obgleich das Projektentwicklungsgeschäft sehr zyklisch ist und
große Risiken beinhaltet. Portfolios von Immobilien-AGs bestehen oft aus vormals betrieblich
genutzten Grundstücken, die erst durch aktive Verwertung bzw. Umnutzung und Entwicklung zu attraktiven Anlageobjekten werden.100
12.7 Fallstudie: Ankauf eines gewerblichen Einzelobjekts
(Asset Deal)
In der nachfolgenden Fallstudie wird der Ankauf einer Büroimmobilie in Bremen durch die
IVG AG im Jahr 2007 exemplarisch vorgestellt. Auf Wunsch der IVG wurden einige Daten und
Kennzahlen anonymisiert, was jedoch die Grundaussagen der Fallstudie nicht verändert.
12.7.1 Analyse Investitionsstandort
Makrostandort
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Die Freie Hansestadt Bremen ist mit ihren rund 543.000
Einwohnern die zehntgrößte Stadt Deutschlands. Besondere Bedeutung für Bremen hat nach
wie vor der Außenhandel, wenngleich der Schwerpunkt des Warenumschlags in der Region
mittlerweile im benachbarten Bremerhaven stattfindet. Bremen ist darüber hinaus ein bedeutender Standort der Automobil-, Schiffsbau-, Stahl-, Elektronik und Nahrungs mittelindustrie.
So ist DaimlerChrysler der größte private Arbeitgeber der Stadt, der zahlreiche Zulieferunternehmen, wie die Hella Fahrzeugkomponenten GmbH, angezogen hat. Schiffbau- und Stahlindustrie haben in den vergangenen Jahrzehnten einen Strukturwandel durchgemacht, den viele
Unternehmen wie der Bremer Vulkan und die AG Weser nicht überlebt haben; die Stahlwerke
Bremen wurden von Arcelor (seit 2006: Arcelor Mittal) übernommen.
99 Vgl. Hoffmann, C. (2006), S. 45.
100 Vgl. Scharpenack, F./Nack, U./Haub, C. (1998), S. 677 f.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Asset Management ist das beherrschende Thema der immobilienwirtschaftlichen Fachöffentlichkeit seit Anfang 2006. Grund für diese beachtliche Entwicklung ist die dominierende Präsenz ausländischer Investoren auf dem deutschen Immobilienmarkt in der jüngeren Vergangenheit. Diese Investoren - zumeist aus dem angelsächsischen Raum - importierten gleichermaßen ein neues Anspruchsdenken, was die professionelle Betreuung von Immobilien betrifft. Ausgehend von dem Asset Management-Ansatz aus der Finanzwirtschaft wird das aktive Wertmanagement der Immobilien nach international kompatiblen Standards erwartet. Diese Entwicklung bedeutet auch einen kontinuierlichen Reifeprozess der Assetklasse Immobilie als kapitalmarktfähige Anlage. Die immer stärkeren Auswirkungen der globalen Finanzmärkte (vgl. Subprime-Krise) erfordern ein professionelles Asset Management für Immobilien auch in Deutschland.
Dieses Handbuch stellt das komplexe Thema in übersichtlicher und umfassender Form dar.
- Begriffsdefinition und Einordnung
- Ziele und Aufgaben
- Der Wertschöpfungsprozess
- Theoretische Grundlagen
- Immobilien und Kapitalmarkt
- Aspekte der Bewertung und Bilanzierung
- Performancemessung für Immobilienportfolios
- Investment- und Wertschöpfungsstrategien
- Risikomanagement für Immobilien
- Controlling und Reporting
- Informationsmanagement und Informationstechnologie
- Real Estate Asset Management in der Investment-Phase
- Real Estate Asset Management in der Bestandsphase
- Real Estate Asset Management in der Exit-Phase
- Markt und Wettbewerb im Real Estate Asset Management
- Anbieter Real Estate Asset Management
- Immobilienkennzahlen und Formeln
Prof. Dr. oec. Hanspeter Gondring FRICS, Studiengangsleiter Immobilienwirtschaft im Institut für Finanzwirtschaft an BA Stuttgart/University of Cooperative Education und wissenschaftlicher Leiter der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft.
Dipl.-Kfm. Thomas Wagner, MRICS war über 8 Jahre Leiter des Bestands- und Portfoliomanagements bei der Union Investment
Real Estate AG. Seit 2005 betreut er internationale Investoren in den Bereichen Asset Management und Investment Management.
Das Buch richtet sich in erster Linie an Praktiker, die ihr Wissen in diesem Bereich erweitern wollen. Hier kommen insbesondere Mitarbeiter und Führungskräfte von Unternehmen in Betracht, die mittelbar oder unmittelbar mit Asset Management Themen konfrontiert sind, d.h. Immobilienverwalter, Projektentwickler, Immobilien-Berater, Makler, Fonds, Immobilien-AGs etc.
Es richtet sich aber auch an Studenten immobilienwirtschaftlicher Studiengänge und Teilnehmer von Aufbaustudiengängen bzw. Weiterbildungslehrgängen.