2Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 77
Im folgenden Kapitel entwickeln wir den konzeptionellen Rahmen, in dem wir Controlling darstellen und analysieren wollen.
Die Erkenntnisse aus der Praxis werden zum Konzept eines
Controllingsystems verdichtet.
Das Controllingsystem in der Unternehmung
Kapitelübersicht
2.1 Anforderungen an einen konzeptionellen Ansatz zur Analyse und Gestaltung des Controllings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.2 Der Systemansatz als Instrument zur Analyse und Gestaltung der Controllingfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
2.2.1 Der Systembegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
2.2.2 Formen des Systemansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
2.2.3 Aussagemöglichkeiten und Grenzen des Systemansatzes. . . . . . . . . . . . . 86
2.2.4 Erweiterung des Systemansatzes durch Berücksichtigung von Kontextfaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
2.2.5 Erweiterung des Systemansatzes durch die Prozessorientierung . . . . . . 90
2.3 Unternehmung als System. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
2.4 Das Führungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
2.5 Das Controllingsystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.6 Die Koordination als zentrale Funktion des Controllingsystems. . . . . . . . . . . . 98
2.6.1 Der Begriff der Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
2.6.2 Formen der Koordinationsanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
2.6.3 Für die Controllingfunktion bedeutsame Koordinationsaspekte. . . . . . . 104
2.7 Grundlegende Methoden der Koordinationstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.7.1 Methoden der systembildenden Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.7.1.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.7.1.2 Systemanalyse und -gestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
2 Das Controllingsystem in der Unternehmung78
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Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 78
2.7.1.3 Organisationsentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
2.7.2 Methoden der systemkoppelnden Koordination. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
2.7.3 Neue Aspekte der Koordination. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
2.8 Ergebniszielorientierung des Controllings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
2.9 Das Controlling als ergebniszielorientiertes Koordinationssubsystem der
Führung: Zusammenfassende Darstellung unserer Konzeption . . . . . . . . . . . . 127
2.10 Konzeptionen des Controllings – Einordnung unseres Controllingansatzes. . 131
2.11 Überblick über die weitere Vorgehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Testfragen zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Literaturempfehlung zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Literaturverzeichnis zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
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2.1 Anforderungen an einen konzeptionellen Ansatz zur
Analyse und Gestaltung des Controllings
Nachdem wir festgestellt haben, mit welchen Grundproblemen sich die Unternehmungsführung auseinanderzusetzen hat und wir dabei die Controllingfunktion als
einen in der Praxis entwickelten Problemlösungsansatz kennengelernt haben, stellt
sich ein weiteres Problem: Mit welchem wissenschaftlichen Ansatz soll man an den
Sachverhalt „Controllingfunktion“ bei der weiteren Analyse des Problems herangehen?
Der anzuwendende Ansatz sollte einmal in der Lage sein, die wichtigsten Merkmale der
Controllingfunktion – wie sie in der Praxis wahrgenommen wird – zu erfassen. Er sollte
aber flexibel genug sein, um neue Erkenntnisse und Gestaltungsvorschläge zur Controllingfunktion sowie deren Weiterentwicklung in der Praxis integrierend aufzunehmen.
Bei unseren Überlegungen wollen wir zunächst davon ausgehen, dass Controlling in
erster Linie – so stellt sich auch die Praxis dar – einen organisatorischen Sachverhalt
darstellt: Im Mittelpunkt steht ja die Frage, wie das Zusammenwirken in einer Organisation erleichtert werden kann. Hiermit ist die Frage nach der Funktion des Controllings
gestellt.
Hier beginnen bereits die Schwierigkeiten: Die Auffassungen über den Begriff der Organisation sind nämlich vielfältiger Natur. Es existieren zahlreiche Ansätze, die recht
unterschiedliche Problembereiche von ihr behandeln. Sogar die Systematisierung der
Forschungsansätze macht Schwierigkeiten.
Die wesentliche Schwierigkeit ist: „an organization is not as readily visible or describable“ (Litterer 1973, S.5). Wir können die Organisation nur anhand einiger ihrer
Eigenschaften charakterisieren.
Diese sind jedoch meist auch nur indirekt feststellbar: Das Geschehen in einer großen
Unternehmung ist so vielfältig, dass wir gar nicht in der Lage sind, alle seine Aspekte
zu erfassen. Wir interessieren uns daher jeweils für bestimmte einzelne Aspekte einer
Organisation. Hinzu kommt, dass Organisationen keine statischen Gebilde sind; sie
verändern sich laufend.
Ist die Organisationslehre angesichts dieser Schwierigkeiten in der Lage, eindeutige
Aussagen zu treffen, die das Gestalten bestimmter organisatorischer Sachverhalte in
der Praxis – wie etwa der Controllingfunktion – ermöglichen?
Controlling wird in der Praxis immer wieder auch als eine Führungsaufgabe angesehen. Wenn wir hier bei unseren Überlegungen zunächst die „Organisation“ in
den Vordergrund gerückt haben, hat das damit zu tun, dass wir die Organisation als
Struktur umfassender sehen als die Funktion „Führung“. Aber: Organisieren impliziert
Führungsprobleme und umgekehrt impliziert Führen Organisationsprobleme (vgl.
Staehle 1994, S.16). Wichtiger als die logische Struktur und die historische Sicht der
verschiedenen Forschungsansätze ist deren inhaltliche Aussage.
2 Das Controllingsystem in der Unternehmung80
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 80
Die modernen Organisationstheorien sind von der Entscheidungstheorie und der Systemtheorie geprägt. Die entscheidungsbezogenen Ansätze stellen entweder die logischen Aspekte von Entscheidungen in Organisationen in den Vordergrund, oder sie
gehen verhaltenswissenschaftlich orientiert vom realen Entscheidungsverhalten der
Organisationsmitglieder aus. Die Systemansätze gehen auf das Instrumentarium der
Systemtheorie zurück. Diese liefert einen allgemeinen terminologischen Rahmen, der
die inhaltliche Integration von allen Organisationsaspekten zulässt. Der Systemansatz
betont in bestimmten Ausprägungen stark die praktischen Gestaltungsprobleme.
Angesichts der geschilderten Vielfalt hat der Anwender beträchtliche Schwierigkeiten,
einen für sein Problem „passenden“ Ansatz zu wählen.
Welcher ist nun der „richtige“ Ansatz für unser Vorhaben?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zunächst zwei weitere Fragen
stellen:
r Welche Art von wissenschaftlichen Aussagen wollen wir in diesem Buch machen?
r Welche Charakteristika der Controllingfunktion lassen sich in der Praxis erkennen,
die u.U. einen bestimmten Ansatz bedingen?
Bewährte Theorien können wir in diesem Buch nicht liefern. Wir haben dennoch einige
Möglichkeiten – mit der gebotenen Skepsis – Aussagen zu machen, die zum Verständnis
der Controllingfunktion beitragen können:
r Beschreibung der Realität, d.h. Auswertung der vorhandenen empirischen Untersuchungen im Hinblick auf die Controllingfunktion.
r Systematisierung des vorhandenen Wissens hinsichtlich seiner Anwendbarkeit für
die Controllingarbeit.
r Gestaltungshinweise aufgrund des bestehenden Wissensstandes, die Möglichkeiten
zur Gestaltung der Controllingfunktion aufzeigen.
Nun zur zweiten Frage: Unsere Darstellung der Controllingfunktion und ihrer Entwicklung in den USA haben Hinweise geliefert, die die Auswahl eines geeigneten
wissenschaftlichen Ansatzes erleichtern. Wir können folgende inhaltliche und realitätsbezogene Forderungen stellen:
r Die Koordination von Planung und Kontrolle mit der Informationsversorgung in
komplexen Organisationen soll zum zentralen Problem gemacht werden.
r Die Informationsbeziehungen sind als eine grundlegende Organisationsdimension
aufzufassen.
r Die Entwicklung und Wandlung von Organisationen als Anpassung an die Umwelt
ist zu erfassen.
r Die Abhängigkeit der zu wählenden Problemlösungen von einer großen Anzahl von
Einflussfaktoren ist zu behandeln.
r Das Menschenbild des zu wählenden Organisationsansatzes sollte den sich mit beschränkter Rationalität planvoll bemühenden Menschen der Realität zugrunde legen.
r Zur Gestaltung komplexer Strukturen und Abläufe sollte der Ansatz Instrumente
zur Verfügung stellen.
Wir sind der Auffassung, dass nur der Systemansatz in der Lage ist, alle von uns verlangten inhaltlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Für den Systemansatz spricht,
dass er als formaler Rahmen je nach gewähltem Blickwinkel die Berücksichtigung un-
2.2 Der Systemansatz als Instrument zur Analyse und Gestaltung 81
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Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 81
terschiedlicher inhaltlicher Aspekte ermöglicht. Der Systemansatz scheint am ehesten
in der Lage zu sein, die Komplexität und Anpassung von Organisationen realitätsnah
darzustellen und Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Es ist zuzugeben, dass unsere Auswahlgründe zunächst nur den Charakter einer Hypothese haben. Die weitere Darstellung soll demonstrieren, dass der gewählte Ansatz
tragfähig ist. Wir wollen uns deshalb im folgenden Abschnitt mit dem Systemansatz
auseinandersetzen.
Hierbei ist u.E. eine Prämisse besonders wichtig: Einfachheit. Diese „conceptual frugality“ (Lawrence, Lorsch 1969, S. 5) kommt sowohl der wissenschaftlichen Arbeit als
auch der Auseinandersetzung mit den Arbeitsergebnissen durch den Anwender (=
Controller) zugute.
2.2 Der Systemansatz als Instrument zur Analyse und
Gestaltung der Controllingfunktion
2.2.1 Der Systembegriff
Zur Präzisierung unseres Ansatzes ist zunächst „a system of systems concept“ (Ackoff
1971) notwendig. Wir wollen deshalb im folgenden die wichtigsten Begriffe der Systemterminologie erläutern.
„Unter einem System verstehen wir eine geordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können.“
(Ulrich 1970, S.105) Der Begriff in dieser allgemeinen Form ist sehr formaler Art, es ist
daher wichtig zu wissen, was er nicht beinhaltet (vgl. Ulrich 1970, S. 106):
r Er sagt nichts über die Art der Elemente oder ihrer Beziehungen aus.
r Er sagt nichts über den Zweck des Systems aus.
r Die Art der Anordnung der Elemente ist nicht bestimmt.
r Sinn und Bedeutung des momentanen Systemverhaltens werden nicht angesprochen.
Das heißt auch: Die Systembetrachtung erlaubt uns, die jeweils gerade interessierenden
Zusammenhänge zwischen irgendwelchen „Elementen“ zu erfassen. Wir können auch
fragen, was an Gestaltungsmaßnahmen notwendig wäre, um aus einem Sachverhalt
ein System zu formen.
Zwecks näherer Erläuterung der oben angegebenen Definition wollen wir uns kurz
mit den Begriffsmerkmalen befassen (vgl. Ulrich 1970, S. 107 ff.; Ackoff 1971). Was wir als
System auffassen, hängt von unserer Definition ab (vgl. Abb. 2.1): Wir können Controlling in der Unternehmung als System betrachten. Auch die Unternehmung als Ganzes
lässt sich als System bezeichnen. Der Sachverhalt also, den wir betrachten, ist möglicherweise Bestandteil eines „Supersystems“, dessen Teile als „Subsysteme“ aufgefasst
werden können.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Frage, wie ein System von der Systemumwelt
abgegrenzt werden kann, wo also die Systemgrenzen zu ziehen sind. In der Literatur
sind keine allgemeingültigen und praktikablen Ansätze zur Systemabgrenzung zu
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Der Klassiker zum Controlling.
Controlling: umfassend und bewährt
Auch nach über dreißig Jahren verfolgt dieses Buch weiterhin das ehrgeizige Ziel, mit jeder Neuauflage den »State of the Art« in Wissenschaft und Praxis des Controllings wiederzugeben. Unverändert geblieben ist dabei die Intention dieses Standardwerkes. Es liefert eindeutige Antworten auf drei umfassende Fragen:
* Was ist die Grundidee des Controllingkonzepts?
* Welche Aufgaben umfasst die Controllingfunktion?
* Wie wird die Controllingfunktion organisatorisch realisiert?
Höchste Autoren-Kompetenz
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth gehört zu den renommiertesten Persönlichkeiten im Controlling. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates einer Managementberatung und Gründungsherausgeber der Zeitschrift für Controlling.