5Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 605
Dieses Kapitel stellt die zwei Aspekte der Informationsverarbeitung für den Controller dar: Zum einen sind computergestützte
Informationssysteme ein wichtiges Instrument des Controllings,
zum anderen aber auch ein neues Arbeitsfeld für den Controller.
Koordination des
computergestützten Informationssystems
Kapitelübersicht
5.1 Controller und Informationssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
5.1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
5.1.2 Controlling und Informationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
5.1.3 Koordinationsprobleme im Informationssystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610
5.2 Das Koordinationspotenzial der Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . 612
5.2.1 Betriebliche Einsatzbereiche von Informationssystemen. . . . . . . . . . . . . . 612
5.2.2 Computerunterstützung im Controlling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618
5.2.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618
5.2.2.2 Computerunterstützung des Rechnungswesens . . . . . . . . . . . . . . 618
5.2.2.3 Computerunterstützung der Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . 623
5.2.3 Stand und Entwicklungstendenzen der Computerunterstützung im
Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
5.2.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
5.2.3.2 Enterprise Resource Planning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628
5.2.3.3 Business Intelligence und Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
5.2.3.4 Workflow-Management und Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630
5.3 Der Koordinationsbedarf der Informationsverarbeitung:
IT-Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633
5.3.1 Gegenstand des IT-Controllings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633
5.3.2 Strategische Ausrichtung der Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . 636
5.3.2.1 Das PK-System der Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . 636
5.3.2.2 Maximierung des Wertbeitrags der IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637
5.3.2.3 Operationalisierung der IT-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
5 Koordination des computergestützten Informationssystems606
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 606
5.3.2.4 IT-Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643
5.3.2.5 IT-Projektcontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
5.3.3 Operative Steuerung der Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
5.3.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
5.3.3.2 Wirtschaftlichkeit der Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . 651
5.3.3.3 Kosten- und Leistungsverrechnung im IT-Bereich . . . . . . . . . . . . 656
5.3.3.4 Verrechnung von IT-Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657
5.3.3.5 Kennzahlen im IT-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662
5.3.3.6 Informationsversorgung im Rahmen des laufenden
Systembetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664
5.3.4 Organisatorische Einordnung des IT-Controllings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665
5.4 Koordinationspotenzial und Koordinationsbedarf der Informationsverarbeitung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
5.4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
5.4.2 Computerunterstützung des Controllings und Performance Managements am Beispiel der Softwarelösungen der SAP AG. . . . . . . . . . . . . . . . 669
5.4.3 Standardisierte IT-Systeme im Controlling der Bosch-Gruppe. . . . . . . . . 677
5.4.4 Aufbau IT-Steuerungskonzept bei der Boerse Stuttgart AG . . . . . . . . . . . 681
5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684
Testfragen zu Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684
Literaturempfehlung zu Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
Literaturverzeichnis zu Kapitel 5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 607
5.1 Controller und Informationssysteme
5.1.1 Überblick
In den vorangegangenen Kapiteln über Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung wurde immer wieder auf die Notwendigkeit des Einsatzes realer Instrumente,
insbesondere computergestützter Informationssysteme (IT) verwiesen. In der Tat ist
die Erfüllung der Controllingaufgaben heute ohne Computerunterstützung nicht mehr
möglich. Dabei ergeben sich durch den Einsatz von Informationssystemen im Unternehmen für das Controlling zwei wesentliche Aspekte, die bereits 1963 von Heckert und
Willson erkannt wurden (vgl. Heckert, Willson 1963, S. 741):
r IT-Anwendungen betreffen in hohem Maße das Aufgabenfeld des Controllings (z.B.
Rechnungswesen).
r Durch Informationssysteme entstehen spezielle Führungs- und Koordinationsprobleme (z.B. IT-Wirtschaftlichkeit). (Vgl. hierzu auch Hess 2006.)
Diese Koordinationsprobleme nehmen durch die weiterhin rasante Entwicklung der
Informationstechnologie und die intensive Vernetzung von Unternehmen über das
Internet (vgl. hierzu den Begriff E-Business in Kap. 5.2.1) laufend stark zu.
Die starke Erweiterung des Tätigkeitsfeldes für das Controlling wird nicht zuletzt auf
die steigenden Einsatzmöglichkeiten der Informationsverarbeitung zurückgeführt.
Durch den Einsatz moderner Informationssysteme wird sowohl die Qualität der Informationsversorgung sowie der Planung und Kontrolle verbessert als auch deren Ablauf
wesentlich erleichtert (z.B. durch automatisierte Berichtssysteme oder computergestützte Planungsmodelle).
Diese Entwicklung führte in der Praxis zu einer zunehmenden IT-Orientierung des
Controllers, die sich organisatorisch in der häufigen Zuständigkeit auch für die Informationsverarbeitung niederschlägt.
Neue Informationssysteme betreffen heute meist unternehmungsweite Fragen der
Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung und somit den Aufgabenbereich
des Controllings. Die Einführung solcher Systeme verändert die Organisationsstruktur
des Unternehmens häufig grundlegend. Die dabei auftretenden Probleme können nur
gelöst werden, wenn die Unternehmungsführung ihre koordinierende Funktion auch
in dieser Hinsicht wahrnimmt.
Hierfür ist jedoch ein funktionsfähiges Management der Informationsverarbeitung
notwendig. Die Komplexität der Aufgaben des Informationsmanagements erfordert
die Wahrnehmung spezifischer Controllingaufgaben, die unter dem Begriff „IT-Controlling“ subsumiert werden.
In den letzten Jahren wurde von vielen Unternehmungen erkannt, dass Information im
Sinne von zweckorientiertem Wissen immer mehr erfolgsentscheidenden Charakter einnimmt. Man spricht hierbei auch vom Produktionsfaktor Information (vgl. Krcmar 2005,
S. 17). Aus diesem Grund vollzog sich ein Wandel vom herkömmlichen Management der
5 Koordination des computergestützten Informationssystems608
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 608
Datenverarbeitung mit den Aufgaben der Systementwicklung, Programmierung und
dem Betrieb des Rechenzentrums zu einem Management der Information im Unternehmen. Dieses sog. Informationsmanagement umfasst nach Heinrich, Lehner (2005, S. 7) das
gesamte auf die Information und Kommunikation gerichtete Leitungshandeln in einer
Organisation, das heißt sämtliche die Information und Kommunikation betreffenden
Führungsaufgaben. Damit ist es Aufgabe des Informationsmanagements, für eine hohe
Effektivität und Effizienz von Gestaltung und Betrieb vor allem computergestützter
Informationssysteme zu sorgen. Im Vergleich zum herkömmlichen DV-Management
zeichnet sich das Informationsmanagement durch eine starke strategische Orientierung
aus, das heißt die strategischen Wirkungen des Einsatzes der Informationsverarbeitung
spielen eine tragende Rolle (vgl. Zahn, Rüttler 1990 und Zahn 1990).
5.1.2 Controlling und Informationsmanagement
Die Beziehungen zwischen Controlling und Informationsmanagement lassen sich nach
funktionalen, institutionalen und instrumentalen Gesichtspunkten unterteilen:
Die funktionale Analyse der Schnittstellen von Controlling und Informationsmanagement orientiert sich an zwei Kriterien:
r Die controllingbezogene Funktion des Informationsmanagements besteht darin,
dem Controlling durch die Gestaltung von Informationssystemen ein Koordinationspotenzial zur Verfügung zu stellen. Die Systemgestaltung bezieht sich hier darauf, dem vom Controlling geschaffenen konzeptionellen Inhalt von Planungs- und
Kontrollsystemen sowie von Informationsversorgungssystemen einen informationstechnologischen Rahmen zu geben. Das Informationsmanagement hat hier eine
Unterstützungsfunktion.
r Die informationsmanagementbezogene Funktion des Controllings ist darauf gerichtet, dem Informationsmanagement bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben Unterstützung bezüglich aller Wirtschaftlichkeitsaspekte der Informationsverarbeitung
zu gewähren. Hier entsteht für das Controlling ein wichtiges zusätzliches Feld des
Koordinationsbedarfs. In diesem Fall übernimmt das Controlling eine Unterstützungsfunktion.
Zwei praxisrelevante Gesichtspunkte der genannten funktionalen Beziehungen seien
besonders hervorgehoben:
r Dem Controlling ist die inhaltliche Verantwortung bezüglich aller Systeme der
Planung und Kontrolle zuzuordnen. Der Schwerpunkt liegt hier bei den Informationsinhalten, insbesondere bei den ergebnisbezogenen Informationen.
r Das Informationsmanagement hat alle Aufgaben im Hinblick auf die informationstechnologische Gestaltung des gesamten Informationssystems wahrzunehmen. Der
Anwendungsbereich Controlling ist ein Teilsystem des gesamten Informationssystems. Der Schwerpunkt der Aufgaben liegt hier bei der informationstechnologisch
zweckmäßigen Systemgestaltung.
Sowohl das Controlling als auch das Informationsmanagement nehmen in Richtung
der Unternehmungsführung eine Unterstützungsfunktion wahr. Beide Funktionen
ergänzen sich:
5.1 Controller und Informationssysteme 609
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 609
r Das Controlling dient der Unternehmungsführung als „Wegweiser“ in Richtung
Erfolgsziel. Es stellt hierfür geeignete Systeme und Informationen zur Verfügung.
r Das Informationsmanagement nimmt eine „Wegweiser“-Funktion bezüglich des
planvollen Managements der Informationsressourcen wahr.
r Die Komplementarität der beiden Unterstützungsaufgaben beruht auf der oben
diskutierten Austauschbeziehung: Das Controlling benötigt zur Wahrnehmung
seiner Funktion die Informationstechnologie, das Informationsmanagement kann
nur in Kenntnis der Wirtschaftlichkeitsaspekte die Informationsressourcen richtig
beurteilen und auswählen.
Ein wichtiger Aspekt beider Funktionen ist die Verschiebung der Schwerpunkte vom
Operativen zum Strategischen:
r Das Controlling sieht Wirtschaftlichkeit heute nicht mehr allein im operativen Sinne, sondern bezieht auch die Schaffung von „Erfolgspotenzialen“ in seine Analyse
mit ein. Hierbei sind heute insbesondere die Chancen, aber auch Risiken, die durch
das E-Business (vgl. Kap. 5.2.1) entstanden sind und immer noch entstehen, in der
strategischen Analyse mit zu berücksichtigen.
r Das Informationsmanagement sorgt nicht mehr allein für das Funktionieren der
Informationstechnologie, sondern analysiert vorrangig deren strategische Rolle.
Aufgrund der Kontextabhängigkeit aller organisatorischen Lösungen können zur Beantwortung der Frage nach den institutionalen Beziehungen keine „Rezepte“, sondern
ausschließlich Grundsätze angegeben werden:
r Grundsatz der zentralen funktionalen Systemverantwortung: Sowohl das Controlling als auch das Informationsmanagement sind wegen der umfassenden Bedeutung
ihrer Systeme so zu gestalten, dass eine zentrale funktionale Zuständigkeit für die
Systemgestaltung gewährleistet ist.
r Grundsatz der Entscheidungskompetenz der Unternehmungsführung: Wegen der
strategischen Bedeutung von Controlling- und Informationssystemen hat die Unternehmungsführung über deren Gestaltung(sgrundsätze) selbst zu entscheiden.
Sowohl der Controller als auch der Informationsmanager sind der Unternehmungsführung zuzuordnen (als Mitglieder der Geschäftsleitung durch unmittelbare Unterstellung).
r Grundsatz der Eigenständigkeit und der Koordination: Controlling und Informationsmanagement werden – sofern die Unternehmungsgröße dies erlaubt – angesichts
der nunmehr erreichten Komplexität beider Funktionen als jeweils eigenständige
Bereiche zu organisieren sein. Es ist über entsprechende organisatorische Regelungen sicherzustellen, dass unter Beibehaltung der funktionalen Zuständigkeiten eine
Koordination stattfindet. Geeignete Lösungen sind:
– Die Stelle eines IT-Controllers im Bereich des Informationsmanagements mit
funktionaler Zuständigkeit des Zentral-Controllers.
– Die Stelle eines IT-Koordinators im Controllingbereich mit funktionaler Zuständigkeit des Informationsmanagements.
– Gemeinsame Gremien zur Entscheidungsvorbereitung bezüglich Gestaltung und
Betrieb von computergestützten Controllingsystemen.
– Gemeinsame Projektverantwortung bei der Realisierung computergestützter
Controllingsysteme.
5 Koordination des computergestützten Informationssystems610
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 610
Zu den instrumentalen Beziehungen ist zu sagen, dass sich aufgrund der Ambivalenz betriebswirtschaftlicher Instrumente keine eindeutigen „IT-Controlling“- und
„Informationsmanagement“-Instrumente unterscheiden lassen.
Das Controlling als „Methodenlieferant“ für Instrumente der Wirtschaftlichkeitsanalyse und -steuerung ist deshalb gefordert, Instrumente zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung
von Informationssystemen zu entwickeln.
Das Informationsmanagement hat vorrangig Instrumente zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen, die dem Entwurf und der Gestaltung von Informationssystemen dienen.
Die vorher angesprochene Komplementarität gilt somit auch in instrumentaler Hinsicht.
5.1.3 Koordinationsprobleme im Informationssystem
Die Informationsverarbeitung stellt den Controller vor zwei komplexe Koordinationsprobleme (vgl. hierzu umfassend Kubicek 1975 sowie Hess 2006, S. 113 ff.):
r Ausnutzung des Koordinationspotenzials der Informationsverarbeitung, d.h. „the
computer is a potent ,change agent‘ in the organization“ (Nolan 1973, S.402) bei der
Realisierung von PK- und IV-Systemen.
r Deckung des durch den Einsatz der Informationsverarbeitung auftretenden speziellen Koordinationsbedarfs.
Das Koordinationspotenzial der Informationsverarbeitung hat zwei wesentliche Aspekte (vgl. auch Kieser, Kubicek 1974, S. 460 ff.):
r Durch den Einsatz der Informationsverarbeitung können die Ergebnisse der systembildenden Koordination qualitativ verbessert werden.
r Durch die Ausnutzung der Integrationsmöglichkeiten der Informationsverarbeitung
werden die Probleme der systemkoppelnden Koordination vereinfacht.
Der Koordinationsbedarf der Informationsverarbeitung entsteht aus der Komplexität
des Informationssystems selbst. Hier sollen nämlich bei Gestaltung und Betrieb mindestens fünf Systeme zusammenwirken (vgl. dazu Wedekind 1973, S.23 ff.):
r das System, das entworfen, implementiert und in Betrieb genommen werden soll
(„Produkt“, d.h. das Anwendungsprogrammsystem),
r das System, das in unmittelbarem Informationsaustausch mit dem „Produkt“ steht
(d.h. das Benutzersystem),
r das System, das die Entwicklung des „Produktes“ durchführt (d.h. die Projektorganisation),
r das System, das die „laufende Produktion“ betreibt (d.h. das Rechenzentrum mit
Maschinen- und Betriebssystem),
r das System „Gesamtunternehmung“, in das die übrigen Systeme eingebettet sind.
Die Unternehmungsführung und das Informationsmanagement können diesen Koordinationsbedarf nur meistern, wenn sie durch spezifische Koordinationsorgane
unterstützt werden.
Einen speziellen Koordinationsbedarf stellt das E-Business (vgl. Kap. 5.2.1), als ein Teil
der Kommunikationskanäle aller Unternehmen, dar. Wichtige Fragen sind das Performance Measurement und das Performance Management (vgl. Abb. 5.1).
5.1 Controller und Informationssysteme 611
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 611
Im Folgenden wird zunächst in Kapitel 5.2 das Koordinationspotenzial vorgestellt, das
sich durch die Informationsverarbeitung der Unternehmung und insbesondere dem
Controlling bietet. Anschließend sollen in Kapitel 5.3 der Koordinationsbedarf, der
sich durch den Einsatz der Informationsverarbeitung ergibt, sowie die Möglichkeiten,
diesen mithilfe des Controllings zu decken, behandelt werden.
Umfang des
E-Business
Kennzahlentyp
Strukturenkennzahlen
(Größe, Umfang, etc.)
Produktivitätskennzahlen
(Ausbringung bzw.
Input/Output-Verhältnis)
Wirtschaftlichkeitskennzahlen
(Bewertete Produktivität)
Qualitätskennzahlen
(Güte des Ergebnisses
und der Prozesse)
Information
(Informationsversorgung
der Nutzer)
Themen und Umfang der angebotenen Informationen
Aktualisierungsfrequenz
Anzahl Seitenaufrufe durch Nutzer (inhaltlich, zeitlich differenziert)
Verweildauer auf Informationsseiten
Kosten der
Informationsbereitstellung
Erlöse aus
kostenpflichtiger
Information,
z.B. Online-Datenbanken
Erreichbarkeit
des Informationsangebots
Aktualität des
Informationsangebots
Kommunikation
(Informationsaustausch
zwischen Unternehmen
und Anderen)
Angebot an
Internet-basierten
Kommunikationswegen
Anzahl potenzieller
Kommunikationspartner (ggf. nach
Zielgruppen eingegrenzt)
Durchgeführte Kommunikationen, evtl.
inhaltlich, zeitlich
differenziert
Kosten der Kommunikation
Erlöse aus kostenpflichtiger Kommunikation, z.B.
Online-Beratung
Reaktionszeit auf
elektronische Anfragen
Transaktion
(Abwicklung von Geschäften)
Art und Umfang angebotener bzw.
durchgeführter
Transaktionen
... im Verhältnis zu
anderen, nicht über
E-Business abgewickelten Transaktionen
Menge der
Transaktionen pro
Zeiteinheit
Durchschnittliche ITund sonstige Ressourcen je Transaktion (sofern messbar)
Kosten je
Transaktion
(differenziert nach
Ressourcen: IT, Personal, Logistik,
usw.)
Erlöse aus
kostenpflichtigen
Transaktionen
Fehlerrate durch
mangelnde Kopplung informatorischer und physischer Prozesse
(z.B. verlängerte
Auslieferungszeiten,
Falschlieferungen)
Abb. 5.1: Beispielhafte Kennzahlen für ein Performance Measurement
des E-Business (Rieg 2000, S. 407)
5 Koordination des computergestützten Informationssystems612
Vahlens Handbücher – Horváth – Controlling (12. Auflage) – Herstellung: Frau Deuringer
Stand: 19.09.2011 Status: Imprimatur Seite 612
5.2 Das Koordinationspotenzial der
Informationsverarbeitung
5.2.1 Betriebliche Einsatzbereiche von Informationssystemen
Computergestützte Informationssysteme sind in der heutigen Zeit in den Unternehmungen unverzichtbar geworden. Besonders mit zunehmender Unternehmungsgröße
ist eine Bewältigung der anfallenden Datenmengen und des steigenden Informationsbedarfs ohne Computerunterstützung nicht mehr möglich. Zu Beginn des Einsatzes moderner Informationstechnologie beschränkte sich deren Anwendungsbereich noch auf
die Automatisierung stark formalisierbarer administrativer und dispositiver Aufgaben,
das heißt die Verarbeitung von Massendaten und die Unterstützung bei der Lösung klar
strukturierter, häufig wiederkehrender Probleme. Informationssysteme werden jedoch
heutzutage immer mehr auch für eine umfassende Unterstützung des Managementprozesses und somit für wenig strukturierte, fallweise auftretende Aufgabenstellungen
verwendet. Zielsetzung ist die Unterstützung der Führung in allen Formen der Problemlösung, Information und Kommunikation, wobei unter dem Stichwort Multimedia
der Einbezug von Daten, Texten, Bildern und Sprache zunehmend realisiert wird.
Zur Darstellung der vielfältigen betrieblichen Einsatzbereiche von computergestützten
Informationssystemen ist die Unterteilung von Stahlknecht, Hasenkamp (2005) nach deren
Verwendungszweck in operative Systeme, Führungssysteme, elektronischen Informationsaustausch sowie Querschnittssysteme zweckmäßig (vgl. hierzu auch Mertens 2009,
S. 6). Deren Gesamtheit wird von uns als Informationssystem bezeichnet (vgl. Abb. 5.2).
Die Gesamtheit operativer Systeme lässt sich in Administrations- und Dispositionssysteme unterteilen. Während Administrationssysteme (z.B. Buchführung etc.) zur Abrechnung von Massendaten sowie zur Verwaltung von Beständen verwendet werden,
dienen Dispositionssysteme (z.B. Kostenkalkulation, Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme etc.) der Vorbereitung kurzfristiger dispositiver Entscheidungen. Operative Systeme sind damit in der Lage, den gesamten Prozess der Auftragsabwicklung
sowohl hinsichtlich des Güter- als auch des Informations- und Geldflusses abzubilden
und zu unterstützen. Eine weitere Differenzierung der operativen Systeme ist hinsichtlich der Einteilung in branchenneutrale sowie wirtschaftszweig- bzw. branchenspezifische Anwendungen möglich. Bei den branchenneutralen Anwendungen dominieren
aufgrund der hohen formalen Anforderungen die Finanzbuchhaltung, Lohn- und
Gehaltsabrechnung sowie Fakturierung und Beschaffung. Für diese Aufgaben existiert
bereits ein breites Angebot an Standardsoftware. Weitgehend branchenunabhängig sind
auch Bürokommunikationssysteme wie bspw. E-Mail oder Fax. Wirtschaftszweig- bzw.
branchenspezifische Anwendungen erfüllen spezielle Aufgaben einer Branche, wie
beispielsweise Computer Integrated Manufacturing (CIM)-Lösungen in der Fertigungsindustrie (vgl. Mertens, Bodendorf, König, Picot, Schumann 2001, S. 108).
Die Führungssysteme dienen der Entscheidungsvorbereitung und -unterstützung im
Bereich der oberen Managementebenen und werden üblicherweise in Planungssysteme
(vgl. Kapitel 5.2.2.3) und Führungsinformationssysteme (vgl. Kapitel 5.2.3.1) differenziert.
Bisweilen kann von einer weitgehenden Verbreitung betriebsinterner Informationssysteme ausgegangen werden. Daher sind im Rahmen des elektronischen Informationsaus-
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Der Klassiker zum Controlling.
Controlling: umfassend und bewährt
Auch nach über dreißig Jahren verfolgt dieses Buch weiterhin das ehrgeizige Ziel, mit jeder Neuauflage den »State of the Art« in Wissenschaft und Praxis des Controllings wiederzugeben. Unverändert geblieben ist dabei die Intention dieses Standardwerkes. Es liefert eindeutige Antworten auf drei umfassende Fragen:
* Was ist die Grundidee des Controllingkonzepts?
* Welche Aufgaben umfasst die Controllingfunktion?
* Wie wird die Controllingfunktion organisatorisch realisiert?
Höchste Autoren-Kompetenz
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth gehört zu den renommiertesten Persönlichkeiten im Controlling. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates einer Managementberatung und Gründungsherausgeber der Zeitschrift für Controlling.