4. Kapitel: Verhaltenssteuerungsorientierte Systeme der KER718
und verteilt sie auf die abgesetzten Produkte und die Bestände an Halb- und
Fertigprodukten1008.
IV. Aussagefähigkeit der Standardkostenrechnung für die Verhaltenssteuerung
Die flexible Standardkostenrechnung, wie sie bisher wissenschaftlich erarbeitet und in der Wirtschaftspraxis auch angewendet wird, ist eine Form der
Plankostenrechnung, die an der mengenmäßigen Wirtschaftlichkeit (Technizität) orientiert ist. Nach ihrer zeitlichen Reichweite ist sie als kurzfristige
Rechnung und nach ihrer Kontrollart als eine Soll-Ist-Vergleichsrechnung,
d.h. als eine Ergebniskontrollrechnung zu kennzeichnen, in deren Mittelpunkt die Kostenstellenrechnung steht. Insbesondere für die Kostenstellen
der Fertigung hat sie sich als Instrument der Kostensteuerung bewährt. Dies
ist mit darauf zurückzuführen, dass in diesem Bereich technische Zusammenhänge großes Gewicht besitzen und individuelle Verhaltenseigenschaften
dagegen oft zurücktreten. Dabei verfolgt sie die Teilaufgaben der Durchsetzung, Kontrolle und Sicherung minimierter bzw. normalisierter Vorgaben für
die Gemeinkosten.
Da der handelnde Mensch auf das Kostengebaren Einfluss nehmen kann und
soll, sind Informationen dieses Rechnungssystems auch dafür zu verwenden,
das menschliche Verhalten im Sinne höherer Kostenwirtschaftlichkeit in den
Stellen zu beeinflussen. Bei entsprechendem Ausbau der Steuerungsfunktion
kann die flexible Standardkostenrechnung zu einer zielführenden Verhaltensbeeinflussung eingesetzt werden. Sie erhält damit den Charakter eines
Führungsinstruments für mittlere und untere Instanzen der Leitungshierarchie. In der beschriebenen Form ist die Standardkostenrechnung jedoch in
erster Linie an der Steuerung der Mengenwirtschaftlichkeit orientiert und
versucht, das Rechnungsziel der Verhaltensbeeinflussung damit zu verknüpfen. Sie berücksichtigt dabei die das menschliche Verhalten bestimmenden
Einflussgrößen und Zusammenhänge nicht explizit. Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse, wie man sie im Behavioral Accounting1009
untersucht, werden in ihr kaum herangezogen. Deshalb erscheint es fraglich,
ob mit ihr in den nicht technisch bestimmten Bereichen die angestrebten
Verhaltenswirkungen erreichbar sind. Empirische Erkenntnisse wecken
insbesondere Zweifel an der motivierenden Wirkung von Vorgaben, die sich
ohne Berücksichtigung der Eigenschaften und Anspruchsniveaus der
Mitarbeiter an den kostengünstigsten Werten orientieren. Vom
Verrechnungsumfang her ist diese Rechnung eine Vollkostenrechnung.
Grundlage für die Standardkostenrechnung ist ein System von Transformations- und Kostenfunktionen der einzelnen Kostenstellen. Obwohl diese
Funktionen aus den umfangreichen Analysen als mehrvariablige Funktionen
hervorgehen, werden sie meist auf einvariablige Funktionen reduziert, um
in der praktischen Rechnung leicht anwendbar zu sein. Es kann jedoch davon
1008 Vgl. Kapitel 3., Abschnitt B.I.4.c), S. 316 f.
1009 Vgl. Kapitel 4., Abschnitt A.
C. Flexible Standardkosten- und -erlösrechnung 719
ausgegangen werden, dass diese Funktionen in den meisten Fällen empirisch
gehaltvoll sind.
Kosteninformationen, die mit Hilfe dieser Funktionen hergeleitet werden,
besitzen daher empirische Geltung. Da diese Kostenfunktionen für jede Gemeinkostenart getrennt formuliert werden, ist für jeden Kostenstellenleiter
sehr gut erkennbar, welche Kostenart mit welchem Anteil in Bezug auf welche Einflussgröße fix bzw. variabel ist.
Am Anfang jeder Verhaltensbeeinflussung von Kostenstellenleitern ist zunächst die Zielvorstellung festzulegen, in Bezug auf welche das Verhalten
gelenkt werden soll. In einem zweiten Schritt sind die relevanten variablen
Kosten auf den Teil zu reduzieren, der durch den Kostenstellenleiter tatsächlich beeinflusst werden kann. Dazu muss auch bekannt sein, von welchen
Einflussgrößen diese Kosten abhängen und in welchem Umfang der Kostenstellenleiter auf diese Einflussgrößen einwirken kann. In der Standardkostenrechnung wird davon ausgegangen, dass der Kostenstellenleiter den Beschäftigungsgrad seiner Kostenstelle nicht beeinflussen kann. Die zugehörige Beschäftigungsabweichung wird daher aus den Beeinflussungsüberlegungen
ausgeklammert. Es verbleibt die globale Verbrauchsabweichung, die in verschiedene Teilabweichungen für einzelne Einflussgrößen aufgespaltet
werden kann. Als Ergebnis können z.B. eine Intensitäts-, Verfahrens-,
Losgrößen-, Mischungs- und Programmabweichung ausgewiesen werden,
auf die der Kostenstellenleiter Einfluss nehmen könnte. Für den Fall, dass der
Kostenstellenleiter das Produktionsprogramm oder kostenstellenübergreifende Prozesse auch nicht beeinflussen kann, verbleiben die restlichen
Abweichungsarten als Lenkungsgröße.
Eine Verhaltensbeeinflussung im Sinne der mengenmäßigen Wirtschaftlichkeit im Bereich der Kostenstelle kann dann dadurch angestrebt werden, dass
dem Kostenstellenleiter vor Beginn der Abrechnungsperiode die Plankosten
bzw. die Sollkosten seiner Kostenstelle bekannt gegeben werden. Diese Vorgabeinformation kann ihn bewegen, sich bei seinen Einzelentscheidungen
zielentsprechend zu verhalten. Nach Ablauf der Abrechnungsperiode können
ihm aber auch als Kontrollinformation einzelne Abweichungsarten bekannt
gegeben werden, die ihn differenziert darüber informieren, bei welcher Kosteneinflussgröße er gute bzw. weniger gute Entscheidungen getroffen hat.
Dieses Erfahrungswissen kann sein Entscheidungsverhalten so beeinflussen,
dass er in den nachfolgenden Perioden bessere Handlungsalternativen wählt
und dem Erreichen der Zielvorgabe besser genügen kann. In diesem Falle
erhält der Kostenstellenleiter sowohl Vorgabe- als auch Kontrollinformationen, die einen individuellen Lernprozess zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit nach sich ziehen können. Auf diese Art der Verhaltensbeeinflussung
ist die flexible Standardkostenrechnung von ihrem Grundansatz her konzipiert. Das tatsächliche Verhalten des Kostenstellenleiters hängt in diesem
Falle jedoch davon ab, wie präzise es gelingt, die von ihm beeinflussbaren
Kostenkategorien abzugrenzen, deren Einflussgrößen zu bestimmen sowie
die zugehörigen Entscheidungskompetenzen und die entsprechende Verantwortung zu determinieren. Ferner sind seine individuellen Verhaltenseigenschaften, die für sein Handeln maßgeblichen persönlichen Ziele und
4. Kapitel: Verhaltenssteuerungsorientierte Systeme der KER720
sein Informationsstand von Bedeutung. Außerdem muss herausgefunden
werden, ob Kostenstellenleiter durch normalisierte oder minimierte Kostenvorgaben nachhaltig in ihrem Verhalten beeinflusst werden können. Der
Ausweis einer globalen Verbrauchsabweichung pro Kostenstelle kann dabei
wirksamer sein als ein differenzierter Ausweis von Teilabweichungen für
unterschiedliche Einflussgrößen, auf die sich Einzelentscheidungen des
Kostenstellenleiters beziehen können. Schließlich kann der Kostenstellenleiter
neben der Bekanntgabe von Vorgabe- und Kontrollinformationen auch in ein
Prämiensystem eingebunden werden, das ihn motiviert, seine Einzelentscheidungen systematisch zielorientiert durchzuführen. Eine Verhaltensbzw. Entscheidungsbeeinflussung über diesen monetären Anreiz ist in der
Wirtschaftspraxis oft erfolgreich. Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass es
gelingt, die vom Kostenstellenleiter zu beeinflussenden und zu verantwortenden Kostenkategorien präzise abzugrenzen. Für ihre Analyse bieten
sich Konzepte der Principal-Agent-Theorie an1010.
Beim konsequenten Verfolgen einer stellenorientierten Abgrenzung der vom
Kostenstellenleiter beeinflussbaren Kostenkategorien könnte darauf
verzichtet werden, alle nicht beeinflussbaren variablen und fixen
Gemeinkosten den Kostenstellen überhaupt zuzurechnen. Auf diesem Wege
würde am besten sichtbar, dass die Standardkostenrechnung auf das
Rechnungsziel der kostenoptimalen Verhaltensbeeinflussung zugeschnitten
wird. Das rechnungstechnische Problem bestünde dann darin, alle nicht auf
Stellen zugeordneten Gemeinkosten, die vom Kostenstellenleiter nicht beeinflusst werden können, direkt aus der Kostenartenrechnung in die Kostenträgerrechnung einfließen zu lassen. Damit könnte jedoch die Kostenstellenrechnung ihre Funktion als Vorstufe zur Kostenträgerstückrechnung nicht
mehr erfüllen, und es wäre im System der Standardkostenrechnung nicht
mehr möglich, für Plankalkulationen der Kostenträger stellenbezogene,
globale Gemeinkostenzuschlagssätze zu bilden. Will man im System einer
geschlossenen Vollkostenrechnung nicht auf die genannte Kalkulationsfunktion der Stellenrechnung verzichten, könnten die durch den Kostenstellenleiter kurzfristig beeinflussbaren variablen Gemeinkosten als Sonderrechnung erfasst und speziellen Rechenoperationen unterzogen werden. Die
gesamte Analyse der globalen Verbrauchsabweichung könnte dann
außerhalb des rechnungstechnischen Zusammenhangs erfolgen und den
Anforderungen einer Verhaltensbeeinflussung der Kostenstellenleiter am
besten angepasst werden. Da derartige Sonderrechnungen im System der
Standardkosten- und -erlösrechnungen in der Regel nicht durchgeführt
werden, sondern lediglich globale Verbrauchsabweichungen für die Kostenstellen ausgewiesen werden, liegen gerade darin Grenzen ihrer Aussagekraft
für das Verfolgen und Erreichen des Rechnungsziels einer kostenoptimalen
Verhaltensbeeinflussung.
Die Möglichkeit einer nachhaltigen Verhaltensbeeinflussung der Kostenstellenleiter im Rahmen der geschlossenen flexiblen Standardkostenrechnung
wird auch dadurch begrenzt, dass dieses Rechnungskonzept kurzfristig
1010 Vgl. Kapitel 4., Abschnitt B., S. 619 ff.
C. Flexible Standardkosten- und -erlösrechnung 721
orientiert ist. Soll erreicht werden, auch die längerfristigen Entscheidungen
der Kostenstellenleiter kostenoptimal zu beeinflussen, versagt dieses
Instrument. Bei längerfristiger Orientierung müsste das Rechnungssystem
insbesondere bei den Vorgabeinformationen alle im Zeitablauf möglichen
Veränderungen der Kostenstrukturen berücksichtigen und diese unter dem
Gesichtspunkt analysieren, inwieweit die zugrunde liegenden längerfristigen
Einflussgrößen in den Kostenstellen durch Entscheidungen des Kostenstellenleiters beeinflusst werden können1011. Die zugrunde liegenden Lernvorgänge der Kostenstellenleiter würden dadurch langfristig orientiert und
würden verhindern, dass Kostenstellenleiter kurzfristig Entscheidungen
treffen, die ihnen zwar monatlich Vorteile bei ihren Kostenersparnisprämien
bringen, die längerfristige Wirtschaftlichkeit sowohl der Kostenstellen als
auch der ganzen Unternehmung jedoch nicht verfolgen. In der bisher
entwickelten Form kann die flexible Standardkosten- und -erlösrechnung
diesen Anforderungen jedoch nicht genügen.
Fragt man nach weiteren Ausbaumöglichkeiten der flexiblen Standardkostenrechnung im Rahmen ihres Rechnungsziels der Verhaltensbeeinflussung, ist
auch zu prüfen, ob ein stellenbezogenes Einbeziehen der Prognosekostenrechnung zweckmäßig wäre1012. Durch dieses Vorgehen könnten für jeden
Kostenstellenleiter prognostische Stelleninformationen (Wirdkosten) zur Verfügung gestellt werden, die sich auf den Planfortschritt beziehen und eine
Planfortschrittskontrolle (Soll-Wird-Kontrolle) ermöglichen. Zweckmäßig
wäre es dann, auch die periodischen Erlöse, soweit dies möglich ist, stellenbezogen herunterzubrechen und damit zu einer Stellen-
Planerfolgsrechnung zu gelangen. Eine Planfortschrittskontrolle würde das
vorgegebene Ziel (Soll) laufend mit den prognostizierten Größen (Wird-
Größen) der späteren Zielerreichung (Planerfolg) vergleichen. Mit Hilfe einer
systematischen Abweichungsanalyse könnte in dieser
Rechnungskombination das Entscheidungsverhalten der Kostenstellenleiter
am Teilerfolgsziel seiner Kostenstelle bemessen werden. Der
Orientierungsmaßstab für seine Einzelentscheidungen wäre nicht nur die
mengenmäßige, sondern auch die wertmäßige Wirtschaftlichkeit der
Unternehmung. Wenn dieser Weg jedoch beschritten wird, wäre es auch
zweckmäßig, neben der beschriebenen Planfortschrittskontrolle eine
Prämissenkontrolle (Wird-Ist-Kontrolle) durchzuführen. Zu befürchten ist
jedoch, dass dieser kombinierte Rechnungsansatz zu komplex wird, um vom
einzelnen Kostenstellenleiter noch beherrscht zu werden. Außerdem setzt
eine derartige Rechnungskombination voraus, dass sowohl die stellenbezogene als auch die periodenbezogene Abgrenzung periodenübergreifender
Kosten angemessen gelöst wird. Bei einer Umsetzung dieses Gedankens
kommt außerdem hinzu, dass die Prognosekostenrechnung bei ihrer
Stellenorientierung eine viel robustere Gliederung der Kostenarten vornimmt
als die Standardkostenrechnung. Natürlich könnte die Standardkostenrechnung gleichsinnig vergröbert werden. Die Entscheidungsfreiheit des Kostenstellenleiters würde dadurch zwar erhöht, ihm würde aber eine ökonomische
1011 Vgl. hierzu KÜPPER, H.-U. (Controlling), S. 225 ff.
1012 Vgl. dazu Kapitel 3., Abschnitt B.I., S. 270 ff.
4. Kapitel: Verhaltenssteuerungsorientierte Systeme der KER722
Denkweise abverlangt, der er im Regelfall kaum gewachsen wäre. Der Vorteil
der beschriebenen Verknüpfung beider Rechnungssysteme läge darin, dass
der verantwortliche Kostenstellenleiter sein Verhalten nicht nur an den Mengenstrukturen der Kosten in seiner Kostenstelle, sondern auch am Erfolg
orientieren könnte, zu welchem er über seine Kostenstelle beiträgt. Die Verknüpfung der beiden Rechnungssysteme hätte ihre größte Bedeutung für die
mittlere Ebene der Unternehmungsführung. Für die unterste Ebene verspricht die reine Standardkostenrechnung dagegen größere Bedeutung zu
haben.
Die oberste Führungsebene hat in der Regel weniger Interesse an den Mengenstrukturen der Kosten, sondern vielmehr am Erfolg und seiner Entwicklung im Zeitablauf, wobei noch zu prüfen ist, ob die oberste Führungsebene
ihre Entscheidungen auf Informationen aus einer Kosten- und Erlösrechnung
oder auf Informationen aus einer Aufwands- und Ertragsrechnung stützen
sollte1013. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, welche Kosteninformationen welchen verantwortlichen Entscheidungsträgern auf der jeweiligen hierarchischen Ebene in seinem Entscheidungsverhalten auf das Unternehmensziel hin beeinflussen können. Außerdem ist zu erforschen, wie Kosten- und Erlösinformationen strukturiert werden müssen, wenn die fixen
Gemeinkosten im indirekten Leistungsbereich im Vergleich zu den variablen
Einzelkosten erheblich ansteigen. In dieser Situation ist herauszufinden, welche neuen Einflussgrößen auf den fixen Gemeinkostenblock wirken und wie
dieser durch verantwortliche Entscheidungsträger mittel- und langfristig zielorientiert beeinflusst werden kann. Dieser Ansatz führt in die Richtung einer
Dynamisierung und Prozessorientierung1014 des internen Rechnungswesens
als Informationsgenerator. Damit rückt die Analyse von Beeinflussungsmöglichkeiten des Entscheidungsverhaltens in taktischer und strategischer Sicht
in den Mittelpunkt der Betrachtung.
Die traditionelle flexible Standardkostenrechnung kann in dem beschriebenen
größeren Zusammenhang der Verhaltensbeeinflussung von Entscheidungsträgern nur einen begrenzten Beitrag liefern. Ihre Weiterentwicklung zu einem komplexeren Informationsgenerator lässt sich gegenwärtig trotz der hohen Datenintensität der Kosten- und Erlösrechnung systematisch vorantreiben, da insbesondere relationale Datenbanken die Realisierung dieser Weiterentwicklung eher fördern. Für eine zielorientierte Verhaltensbeeinflussung
von Entscheidungsträgern ist es von Bedeutung, ein wohlstrukturiertes
Rechnungssystem aufzubauen, bei welchem interaktive Datenbankanfragesprachen verwendet werden, um einen dezentralen und auswertungsflexiblen Dialog zu ermöglichen. Die Faszination bzw. Motivation, die von einem
derartigen Rechnungssystem in der Regel ausgeht, kann durchaus zur zielführenden Verhaltensbeeinflussung der Entscheidungsträger genutzt werden. An die Lernfähigkeit bzw. Lernbereitschaft der betroffenen Mitarbeiter
werden jedoch höhere Anforderungen gestellt als in der Vergangenheit.
1013 Vgl. KÜPPER, H.-U. (Unternehmensplanung), S. 44 ff.
1014 Vgl. Kapitel 3., Abschnitt B.III., S. 347 ff.
D. Target Costing als Ansatz zur erfolgsorientierten Planung
und Steuerung von Produktkosten
I. Grundlagen des Target Costing
1. Grundfrage des Target Costing
Das Target Costing (Zielkostenrechnung) ist ein Ansatz der erfolgsorientierten
Planung und Steuerung von Produktkosten.
Die Grundfrage, die mit Hilfe des Target Costing beantwortet
werden soll, lautet: Wie hoch dürfen Kosten eines Produkts unter
gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen sein,
wenn ein gewünschter Gewinn (Rentabilität) realisiert werden
soll?
In der engsten Version des Target Costing zählen zu den gegebenen
Bedingungen ein dominierender Nachfragermarkt, der die Erlöse determiniert, und ein unternehmungsinternes Rationalisierungspotential, das auf
der Kostenseite steuernde Anpassungsmaßnahmen zulässt. Obwohl das
Target Costing in den letzten Jahren für die Gestaltung der Kosten eines
Produkts (Projekts) in seiner Entstehungsphase (Entwicklung und Konstruktion) konzipiert wurde, kann die formulierte Grundfrage auch für die
Planung und Steuerung des Periodengewinns auf Unternehmungsebene
gestellt werden.
Im Falle der Planung und Steuerung des Periodengewinns auf
Unternehmungsebene wird zunächst der realisierbare Periodenumsatz
geschätzt, von welchem retrograd der gewünschte Periodengewinn
subtrahiert wird. Die Differenz zeigt die Periodenkosten (Vollkosten) als
Kostenobergrenze, die nicht überschritten werden darf, wenn der
gewünschte Periodengewinn realisiert werden soll. Erweist sich in einer
progressiven internen Gegenrechnung, dass die unter den tatsächlich gegebenen Produktionsbedingungen kalkulierten (geschätzten) Periodenkosten
höher sind als die Kostenobergrenze, muss das Kostenmanagement nach
Kostensenkungsmöglichkeiten für die ganze Unternehmung suchen. Der
gewünschte Periodengewinn muss schließlich reduziert werden, sofern alle
Möglichkeiten der Kostensenkung ausgeschöpft sind und die prognostizierten Periodenkosten immer noch über der Kostenobergrenze liegen.
In dieser Situation verbleibt als Kostensenkungsmaßnahme eine durchgreifende Rationalisierungskampagne für die ganze Unternehmung.
Grundsätzlich kann dieser Ansatz des Target Costing von der Unternehmungsebene auf die Ebenen der Werke, Funktionsbereiche, Profit Center,
Produktgruppen usw. „heruntergebrochen“ werden. Dabei ergeben sich aber
zahlreiche Separationsprobleme fixer Gemeinkosten.
Soweit die festen Angebotsmengen (Produktionsmengen) und die festen
Angebotspreise (Erlöse) für mehrere Perioden bekannt sind, kann der
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Dieses Standardwerk liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über die Aufgaben, Techniken und Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Zunächst führt es in die Grundlagen ermittlungsorientierter Systeme ein. Dazu gehören die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ein Spektrum, das in jeder Vorlesung zur Kostenrechnung gelehrt wird. Daran schließt sich die Darstellung planungs- und verhaltenssteuerungsorientierter Systeme an. Dabei handelt es sich um Methoden wie Prozesskosten-, Grenzplankosten- oder Deckungsbeitragsrechnungen und Target Costing, die im Alltag von höchster praktischer Relevanz sind. Abgeschlossen wird das Buch durch die Behandlung aktueller Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Kostenrechnung. Hierbei spielen insbesondere die Herausforderungen der Preisregulierung bei den Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkten eine große Rolle.
Die Autoren
Prof. Dr. Marcell Schweitzer lehrte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Controlling an der LMU in München.