3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER518
II. Prozessorientierte Kostenrechnung
1. Problemstellung der prozessorientierten Kostenrechnung
Die prozessorientierte Kostenrechnung ist von JENS KNOOP730 als ein Modell
der kostenorientierten Prozessplanung und -steuerung entwickelt worden.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das vorgelegte Konzept
weniger eine Kostenrechnung darstellt, sondern ein Modell der
kurzfristigen Planung und Steuerung von Fertigungsprozessen in
flexiblen Fertigungssystemen.
Als Zielvorstellung der Prozessplanung und -steuerung wird bei diesem Modell die Kostenoptimierung verfolgt. Von anderen Modellen unterscheidet es
sich dadurch, dass es die Prozessplanung und -steuerung nicht nur unter
mengen- und zeitmäßigen Zielvorstellungen, wie Minimierung der Durchlaufzeiten, Maximierung der Kapazitätsauslastung, Minimierung der Bestände, Minimierung der Terminüberschreitung usw. verfolgt, sondern unter
dem wertmäßigen Ziel der Kostenoptimierung. Vom Bezugszeitraum her ist
dieses Modell in der Regel auf einen Arbeitstag bezogen und daher als kurzfristiges Planungs- und Steuerungsmodell anzusehen. Für alle Prozessentscheidungen, welche dieses Modell unterstützt, werden entscheidungsrelevante Kosteninformationen benötigt, die von einer Grenzplankostenrechnung bereitgestellt werden. Die Grenzplankostenrechnung ist in diesem
Rechnungsansatz jedoch nur eine Modellkomponente neben anderen. Da die
Grenzplankostenrechnung eine Teilkostenrechnung auf der Basis von variablen Kosten ist, sollen vom Ansatz her für die angesprochenen Entscheidungen relevante Teilkosteninformationen in der Gestalt von variablen bzw.
proportionalen Kosten hergeleitet werden.
Das Modell der prozessorientierten Kostenrechnung ist für ein Arbeitssystem
zur Bearbeitung von Produkten in vielen Varianten bei niedrigen Losgrößen
entwickelt worden. Derartige Arbeitssysteme weisen einen hohen Mechanisierungs- bzw. Automatisierungsgrad sowie eine hohe Fertigungsflexibilität
auf. Im Hinblick auf die Entwicklung neuer CIM-Strukturen soll dieses Modell außerdem einen Beitrag zu einer umfassenden Orientierung dieser Strukturen an der Kostenwirtschaftlichkeit liefern.
Als flexibles Fertigungssystem wird ein Aggregat von automatisierten Fertigungseinrichtungen bzw. CNC-Maschinen bezeichnet,
welches die Aufgabe hat, gleichzeitig an verschiedenen Werkstücken und in einer Arbeitsfolge, die nicht durch Umrüsten unterbrochen wird, verschiedene Arbeitsgänge auszuführen731.
730 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung).
731 Vgl. NIESS, P.S. (Fertigungssystem), S. 595 ff.
D. Systeme auf Teilkostenbasis 519
Die Verknüpfung einzelner Fertigungseinrichtungen im flexiblen Fertigungssystem erfolgt durch ein automatisches Transport- sowie ein gemeinsames
Steuerungssystem. Außerdem gehören zu ihm Werkzeugmagazine und
Werkstücklager. Begrenzte Möglichkeiten von Zwischenlagern bestehen
darin, dass Handhabungsgeräte (beispielsweise Palettenwechsler) Bestände
aufnehmen. Das verwendete Fertigungsteuerungssystem lenkt alle Systemkomponenten zentral und ist in der Lage, alle aktuellen Systemzustände zu
erfassen. Im gesamten flexiblen Fertigungssystem werden die anfallenden
Arbeitsgänge automatisch gesteuert. Lediglich bei der Wartung und Bedienung des Systems, beim Aufspannen von Werkstücken auf Werkstückträger
und bei der Versorgung der Werkzeugmagazine treten noch manuelle Arbeitsgänge auf. Demnach ist die prozessorientierte Kostenrechnung auf folgende Anwendungsbedingungen eines flexiblen Fertigungssystems gerichtet732:
(1) Eine bestimmte Maschine im System kann an verschiedenen Werkstücken unterschiedliche Arbeitsgänge durchführen.
(2) Innerhalb gegebener technischer Grenzen lässt sich die Zuordnung von
Arbeitsgängen zu Maschinen variabel gestalten.
(3) Einzelne Maschinen im flexiblen Fertigungssystem können sich sowohl
ersetzen als auch ergänzen.
(4) Innerhalb eines Auftrags ist die Reihenfolge der Arbeitsgänge in bestimmten technischen Grenzen variabel.
(5) Sowohl die Anzahl der Werkstückträger als auch die Kapazitäten für
Zwischenlagerung und Transport sind innerhalb des flexiblen Fertigungssystems begrenzt.
2. Rechnungsziele der prozessorientierten Kostenrechnung
Als Rechnungsziele der prozessorientierten Kostenrechnung formuliert
KNOOP733:
(1) die Unterstützung des Berichtswesens,
(2) die Unterstützung der Ablaufplanung (Fertigungssteuerung),
(3) die Unterstützung von Maßnahmen zur Störungsbeseitigung sowie
(4) die Unterstützung der technischen Investitionsplanung.
Zentrale Aufgabe des Berichtswesens ist zur Erfüllung des ersten Rechnungsziels die Bereitstellung von Informationen über das Auftreten von Abweichungen vom Ablaufplan. Es soll sicherstellen, dass unmittelbar nach
dem Erkennen von Abweichungen entsprechende Maßnahmen zur Anpassung des Ablaufplans ausgelöst werden. Deshalb muss dieses Berichtswesen
sehr flexibel und aktuell sein. Der Entscheidungsträger bzw. die zuständige
Abteilung benutzt das Berichtswesen, um die während des Produktionsvollzugs anfallenden Entscheidungen schnell und mit zeitnahen Kosteninforma-
732 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 26 ff.; KUHN, H. (Einlastungsplanung), S. 18;
SCHWEITZER, M. (Kostenrechnung), S. 618.
733 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 111 ff.
3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER520
tionen zu treffen. Jede Abweichung vom Ablaufplan des täglichen Fertigungsprogramms kann auf diese Weise unmittelbar nach ihrem Erkennen
bereinigt werden. Das Rechnungsziel einer Unterstützung des
Berichtswesens wird durch die online arbeitende, mitlaufende Kalkulation
erfüllt. Im einzelnen bedeutet dies, dass jedem Kostenträger (Werkstück)
unmittelbar nach Erledigung eines Arbeitsganges die jeweils angefallenen
Kosten der Bearbeitung belastet werden. Jedem Kostenträger werden entlang
seines Arbeitsweges (Arbeitsplanes) für die Beanspruchung der jeweiligen
Systemkomponenten Kosten zugerechnet.
Das zweite Rechnungsziel der prozessorientierten Kostenrechnung wird in
der Unterstützung der Ablaufplanung gesehen. Die bei der Steuerung von
Fertigungsprozessen anfallenden Entscheidungen werden in diesem Modell
nicht auf der Basis von mengen- und zeitorientierten Teilzielen, sondern auf
der Basis eines Kostenziels getroffen. An diesem Rechnungsziel wird deutlich, dass dieser Ansatz der kostenoptimalen Steuerung von Planrealisationen
dient.
Die Ablaufplanung hat hier die Aufgabe, für ein Fertigungsprogramm, das
täglich eingeplant und vorgegeben wird, eine kostenoptimale Belegung des
flexiblen Fertigungssystems bzw. seiner Komponenten (Arbeitsplätze, Kostenplätze) zu bestimmen. Im Wesentlichen handelt es sich um die Lösung
eines Reihenfolgeproblems bei Verwendung von Prioritätsregeln für die
Einschleusung der Aufträge in das System sowie für die Abfertigung der
Aufträge im System. Mit Hilfe eines Simulationsmodells werden die
verschiedenen Kombinationen von Einschleusungs- und Abfertigungsregeln
für ein gegebenes Tagesfertigungsprogramm untersucht. Damit wird es
ermöglicht, die Kostenwirkungen für alle denkbaren Belegungspläne zu
ermitteln. Bei gegebener Fertigungszeit für das Tagesfertigungsprogramm ist
der Belegungsplan auszuwählen, der zu den geringsten variablen Kosten
führt.
Für den Fall, dass die Gesamtdurchlaufzeit des ursprünglichen Tagesfertigungsprogramms reduziert werden soll, um freie Kapazität für Eil- oder Zusatzaufträge zu erhalten, schlägt KNOOP vor, den Belegungsplan auszuwählen, der zu den geringsten Gesamtkosten führt. Dazu werden die bisher auf
einen Tag bezogenen Fixkosten auf die verkürzte Gesamtdurchlaufzeit des
Fertigungsprogramms bezogen. Die Gesamtkosten setzen sich demnach aus
variablen Kosten und anteiligen, reduzierten Fixkosten des Fertigungsprogramms zusammen.
Der Ansatz der prozessorientierten Kostenrechnung ermöglicht ferner die
Formulierung von kostenorientierten Prioritätsregeln auf der Basis online
ermittelter Kostenabweichungen. Im Fertigungsprozess konkurrieren
mehrere Werkstücke um freie Puffer, Werkzeuge, Transportmittel oder
Bearbeitungsstationen. Für jedes Werkstück lässt sich in dieser Situation
online eine Kostenabweichung berechnen. Diese zeigt die Differenz zwischen
bisher aufgelaufenen Istkosten und den entsprechenden Plankosten. Aus den
online ermittelten Kostenabweichungen soll durch lineare Interpolation eine
Gesamtkostenabweichung prognostiziert werden. Auf der Basis der erwarteten relativen bzw. absoluten Kostenabweichung können nach KNOOP Priori-
D. Systeme auf Teilkostenbasis 521
tätsregeln formuliert werden, die eine kostenoptimale Realisierung des Fertigungsprozesses sicherstellen sollen.
Ein drittes Rechnungsziel der prozessorientierten Kostenrechnung liegt in
der Unterstützung der Auswahl von Maßnahmen zur Störungsbeseitigung.
In jedem flexiblen Fertigungssystem können an den verschiedenen Arbeitsplätzen bzw. Maschinen Störungen auftreten. Deren Beseitigung führt zu Instandsetzungs- und Ausfallfolgekosten. Die entstehenden Ausfallkosten lassen sich online mittels der Mitlaufkalkulation berechnen, die Ausfallfolgekosten müssen dagegen näherungsweise simuliert bzw. geschätzt werden.
Werden außerdem simulierte variable Kosten für den geänderten Ablaufplan
berücksichtigt, lassen sich alternative Strategien zur Störungsbeseitigung
nach ihrer Kostenwirkung beurteilen. Fallen in einem flexiblen Fertigungssystem beispielsweise drei Maschinen gleichzeitig aus, kann auch darüber
entschieden werden, in welcher Reihenfolge die Störungsbeseitigung durchzuführen ist, wenn die ganze Entstörung kostenoptimal erfolgen soll.
Als viertes Rechnungsziel der prozessorientierten Kostenrechnung formuliert KNOOP die Unterstützung der technischen Investitionsplanung. Diesem
liegt eine Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher und technischer Investitionsplanung zugrunde. Die wirtschaftliche Investitionsplanung beantwortet die Frage, welches Investitionsprogramm bei Beachtung einer wirtschaftlichen Zielfunktion unter gegebenen Nebenbedingungen optimal ist. Das Anliegen der technischen Investitionsplanung besteht dagegen darin, alternative technische Ausstattungskonstellationen des flexiblen Fertigungssystems
nach ihren Kostenwirkungen zu beurteilen. Die Prognosen der Kostenwirkungen denkbarer Ausstattungskonstellationen werden durch Simulation
gestützt. Eine Bewertung der zulässigen Ausstattungsalternativen erfolgt dabei mit relevanten Kosten, die sowohl ablaufabhängige variable Kosten als
auch fixe Kosten einschließen734. Zu wählen ist diejenige Ausstattungskonstellation, welche die genannten relevanten Kosten minimiert. Das angesprochene Ausstattungsproblem flexibler Fertigungssysteme ist primär eine technische Investitionsfrage, die unter Kostengesichtspunkten beantwortet
werden soll. Mit dieser Unterstützung der technischen Investitionsplanung
verlässt die prozessorientierte Kostenrechnung die operative Ebene und
liefert Informationen für die Lösung eines taktischen Problems, wobei sich
die Frage stellt, ob die zur Alternativenbewertung berücksichtigten Kosten
relevant sind.
3. Komponenten der prozessorientierten Kostenrechnung
a) Grenzplankostenrechnung als Basissystem
Das Planungs- und Steuerungsmodell der prozessorientierten Kostenrechnung ist bisher nur für die Anwendung in flexiblen Fertigungssystemen industrieller Unternehmungen entwickelt worden.
734 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 126.
3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER522
Das Modell besteht aus den folgenden Komponenten (Modulen):
Grenzplankostenrechnung,
Simulationsmodell,
online Betriebsdatenerfassungssystem und
Mitlaufkalkulation.
Die erste Komponente des Modells der prozessorientierten Kostenrechnung
ist eine Grenzplankostenrechnung735. Ihr Grundgedanke liegt darin, dass
kurzfristig für Einzelentscheidungen nur variable bzw. proportionale Kosten
entscheidungsrelevant sind und fixe Kosten aus dem Entscheidungszusammenhang ausgeklammert werden können.
Die zugrunde liegende Grenzplankostenrechnung setzt sich aus einer
Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung zusammen.
In der Kostenartenrechnung der prozessorientierten Kostenrechnung werden alle bewerteten Güterverbräuche periodengenau abgegrenzt und vollständig sowie überschneidungsfrei nach Güterarten gegliedert.
Bereits in der Kostenartenrechnung wird festgehalten, in Bezug auf welche
Bezugsgröße Einzelkosten oder Gemeinkosten vorliegen. Zu den Kostenträgereinzelkosten wird dabei lediglich der bewertete Materialverbrauch
gerechnet. Personalkosten werden als Kostenstelleneinzelkosten des gesamten flexiblen Fertigungssystems aufgefasst, was bedeutet, dass sie in Bezug
auf die Kostenträger Gemeinkostencharakter besitzen. Denselben Charakter
haben Kosten der EDV und Kosten der zentralen Werkzeugvorbereitung. Zur
Ermittlung der einzelnen Kostenarten wird ein Verrechnungspreissystem
festgelegt, das mit folgenden Annahmen arbeitet:
(1) Für die Bewertung von Abschreibungen werden Wiederbeschaffungspreise angesetzt.
(2) Für den Verbrauch von Energie sowie Hilfs- und Betriebsstoffen werden
außerbetriebliche Tageswiederbeschaffungspreise angesetzt.
(3) Zur Bestimmung der Zinsen wird der durchschnittliche Zinssatz des
langfristig gebundenen Kapitals herangezogen.
(4) Für Kosten der Raumnutzung und Instandhaltung werden Verrechnungspreise verwendet, die sich aus der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung ergeben.
In der Kostenstellenrechnung wird davon ausgegangen, dass das
gesamte flexible Fertigungssystem eine umfassende Kostenstelle
darstellt736.
Die Kostenverantwortung wird sowohl räumlich als auch organisatorisch
und rechnungstechnisch präzise abgegrenzt. Die Kostenstelle "Flexibles Ferti-
735 Vgl. Kapitel 3., Abschnitt D.I., S. 397 ff.
736 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 90 ff.
D. Systeme auf Teilkostenbasis 523
gungssystem" gliedert man weiter in einzelne Arbeitsplätze (Kostenplätze),
deren Kosteneinflussgrößen analysiert werden. Diesen Einflussgrößen
werden Kostenkategorien verursachungsgerecht, einfach und präzise zugerechnet. Aus den Kosteneinflussgrößen werden für den Fall der Kostenzurechnung Kostenbezugsgrößen. Dabei wird dem Postulat gefolgt, dass an
jedem Arbeitsplatz eine homogene Kostenverursachung feststellbar sein
sollte, also eine Kosteneinflussgröße existiert, zu der sich alle anderen Kosteneinflussgrößen proportional verhalten. Einzelne Systemkomponenten (NC-
Maschinen, Transportsystem, Puffer) ergeben in diesem Sinne einzelne
Arbeitsplätze. Für diese definiert KNOOP als homogene Kosteneinflussgröße
und damit als Kostenbezugsgröße die jeweilige Inanspruchnahmezeit des
Arbeitsplatzes (Systemkomponente). Anschließend sind die auftretenden
Kostenarten in inanspruchnahmezeitvariable und inanspruchnahmezeitfixe
Kostenkategorien zu trennen.
Nach den Analysen von KNOOP gelten Zins- und Raumkosten der Arbeitsplätze als fix. Kosten des Hilfs- und Betriebsstoffverbrauchs werden als vollständig proportional (variabel) betrachtet. Energiekosten, Instandhaltungskosten und Abschreibungen können sowohl fixe als auch variable Komponenten enthalten. Alle als fix herausgestellten Kosten werden nach dem Vorschlag von KNOOP auf einen Tag als Planperiode umgerechnet. Danach
können für alle Arbeitsplätze sowohl Sollkostenfunktionen als auch Plankalkulationssätze pro Einheit der Inanspruchnahmezeit berechnet werden. Mit
Hilfe der Plankalkulationssätze lassen sich kostenorientierte Belegungssimulationen der Arbeitsplätze durchführen. Für alle Arbeitsplätze und Kostenarten können damit Abweichungen zwischen Sollkosten und Istkosten ermittelt werden. Als spezielle Abweichungsarten sind Verfahrens- und Ausbeutegradabweichungen ermittelbar. Intensitätsabweichungen treten in der Regel
in diesem Modell nicht auf, weil aus Kostengründen Intensitätsanpassungen
nicht vorteilhaft erscheinen. Auf der Basis dieser Kostenabweichungen können schließlich umfassende Abweichungsanalysen für das flexible Fertigungssystem und seine Arbeitsplätze durchgeführt werden.
Die Kostenträgerstückrechnung wird sowohl als Vorkalkulation
als auch als Mitlaufkalkulation realisiert. Im Einzelnen dient sie
dem Erreichen der oben beschriebenen Rechnungsziele.
b) Simulationsmodell
Die zweite Komponente des Modells einer prozessorientierten Kostenrechnung ist ein Simulationsmodell. Bei der tagesbezogenen Steuerung des Fertigungsprozesses treten komplizierte Reihenfolgeprobleme auf. Sie sind darauf zurückzuführen, dass in flexiblen Fertigungssystemen sowohl sich ersetzende als auch sich ergänzende Maschinen verwendet werden und auf
jeweils einer Maschine verschiedene Arbeitsgänge durchgeführt werden
können. Dabei lassen die Arbeitspläne innerhalb bestimmter technischer
Grenzen Vertauschungen von Arbeitsgängen zu. Wie bei allen Reihenfolgeproblemen zeigt sich auch hier, dass eine exakt optimale Lösung wegen der
großen Zahl der Belegungs- bzw. Durchlaufalternativen in einer angemesse-
3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER524
nen Rechenzeit nicht gefunden werden kann. Man ist daher gezwungen, mit
satisfizierenden Lösungen zu arbeiten, die mit Hilfe eines Simulationsmodells ermittelt werden können.
Die wichtigsten Elemente dieses Simulationsmodells sind Prioritätsregeln für die Bestimmung von Bearbeitungsreihenfolgen an
allen Maschinen im System.
Es kommt hinzu, dass auch für die Freigabe der Aufträge Regeln formuliert
werden müssen. Diese sind im Simulationsmodell isoliert oder kombiniert
auf ihren Beitrag zur Sicherung kostengünstiger Alternativen zu testen. Für
alternative Reihenfolgen der Einschleusung von Aufträgen und für alternative Bearbeitungsreihenfolgen der Aufträge, d.h. alternative Belegungspläne,
werden im Simulationsmodell Warte- und Bearbeitungszeiten der Belegungspläne bestimmt und mit den Plankalkulationssätzen aus der Grenzplankostenrechnung bewertet. Die berechneten Kosten eines Belegungsplanes
drücken seine Vorzugswürdigkeit aus. Alternative Simulationsläufe sind sowohl für gegebene Produktionsprogramme pro Tag als auch für wechselnde
Produktionsprogramme bei variierter Systemkonfiguration auf taktischer
Planungsebene möglich737.
c) Online Betriebsdatenerfassungssystem
Die dritte Komponente des Modells ist ein online Betriebsdatenerfassungssystem. Um den Produktionsprozess im flexiblen Fertigungssystem während
des Tages kostenoptimal steuern zu können, wird der Kostenzuwachs für
jeden durchlaufenden Auftrag möglichst unmittelbar nach der Kostenentstehung an jeder einzelnen Maschine präzise und schnell ermittelt. Dies bedeutet, dass die entscheidungsrelevanten Einsatzgüterverbräuche und die Zustandsänderungen des flexiblen Fertigungssystems EDV-gestützt durch ein
online Betriebsdatenerfassungssystem ermittelt bzw. prognostiziert werden
müssen.
Maschinell betriebene Betriebsdatenerfassungssysteme erlauben
nicht nur eine präzise und schnelle Erfassung des Mengengerüsts
der anfallenden Kosten, sondern auch eine systematische Bewertung der angefallenen Güterverbräuche und eine Abgrenzung der
auftretenden Kostenabweichungen.
Die erfassten Daten reichen von den Laufzeiten der jeweiligen Maschine bis
zur Erfassung der Maschinenintensitäten. Auf diese Weise wird eine zügige
Analyse verschiedener Abweichungsarten ermöglicht. Eine weitere positive
Wirkung des Einsatzes von Online Betriebsdatenerfassungssystemen liegt
darin, dass die erhobenen Daten für verschiedene Anwendungssysteme der
EDV weiterverwendbar und mögliche Fehler in der Datenerfassung früh erkennbar sind. Die online Gestaltung eines entsprechenden Betriebsdaten-
737 Vgl. KNOOP, J. (Kostenrechnung), S. 47 f.
D. Systeme auf Teilkostenbasis 525
erfassungssystems ist für die kurzfristige Planungs- und Steuerungsaufgabe
der prozessorientierten Kostenrechnung unverzichtbar.
d) Mitlaufkalkulation
Die vierte Komponente des Modells ist eineMitlaufkalkulation.
Die für alle Maschinen verursachungsgerecht erfassten Kosten
müssen pro Auftrag bzw. Werkstück im Sinne des Arbeitsplanes
systematisch verknüpft und fortgeschrieben werden, um jederzeit
in Abhängigkeit vom Bearbeitungszustand den Kostenstatus eines
Auftrags abfragen zu können.
Außerdem kann es sich als erforderlich erweisen, die Kostenentstehung bis
zum Einzelbeleg oder zur Einzelberechnung zurückzuverfolgen. Für diesen
Zweck ist es unerlässlich, eine Mitlaufkalkulation zu entwickeln. Bei einem
entsprechenden Ausbau kann diese zu einem Prognoseinstrument der erwarteten Istkosten für den Durchlauf eines Auftrags durch das flexible Fertigungssystem verwendet werden. In dieser Ausbaustufe ist die Mitlaufkalkulation eine zweckmäßige Ausprägung der Kostenträgerstückrechnung.
4. Aussagefähigkeit der prozessorientierten Kostenrechnung
Die Beurteilung der Aussagefähigkeit der prozessorientierten Kostenrechnung kann unter zwei Aspekten durchgeführt werden. Der erste lässt sich
mit der Frage nach der verursachungsgerechten Kostenzurechnung
kennzeichnen. Der zweite Aspekt hat eine Antwort auf die Frage zu geben, in
welchem Umfang dieser Rechnungsansatz in der Lage ist, mit seinen
Kosteninformationen dem Prinzip der Entscheidungsrelevanz zu genügen.
Unter diesem Aspekt ist zu erkunden, ob die definierten Rechnungsziele den
Zielfunktionen der Entscheidungsmodelle äquivalent sind. Außerdem ist zu
klären, ob die durch Kosteninformationen zu versorgenden
Entscheidungsprobleme formal richtig modelliert wurden und durch die
herleitbaren Kosteninformationen effizient unterstützt werden können.
In der Kostenartenrechnung ist ein Verrechnungspreissystem zu definieren,
mit dessen Hilfe sich Mengenabweichungen ausweisen lassen. Die einzelnen
Verrechnungspreise müssen zur Erfüllung dispositiver Aufgaben auf das zu
lösende Entscheidungsproblem ausgerichtet sein. Bereits KILGER738 hat darauf
hingewiesen, dass ein Verrechnungspreis am Planungshorizont des jeweiligen Entscheidungsproblems orientiert sein muss. Für die prozessorientierte
Kostenrechnung ist festzustellen, dass insbesondere die Entscheidungen, die
in der Ablaufplanung und in der technischen Investitionsplanung getroffen
werden sollen, in ihren Planungshorizonten erheblich divergieren. Ein einheitliches Verrechnungspreissystem kann daher keine Entscheidungsrelevanz
für beide Entscheidungsproblemgruppen besitzen. Das in diesem Rechnungs-
738 Vgl. KILGER, W. (Plankostenrechnung), S. 210.
3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER526
konzept gewählte Preissystem ist in erster Linie auf die Planungs- und
Steuerungsprobleme der Ablaufplanung zugeschnitten.
Um in der Kostenstellenrechnung dem Prinzip der Kostenverursachung zu
genügen, wird das gesamte flexible Fertigungssystem in einzelne Arbeitsplätze (Kostenplätze) untergliedert. Das geschieht in der Absicht, an jedem
Arbeitsplatz einer homogenen Kostenverursachung zu entsprechen. Dieses
Vorgehen läuft darauf hinaus, für die variablen Kosten eines Kostenplatzes
eine einzige Kosteneinflussgröße bzw. eine einzige Kostenbezugsgröße zu
bestimmen, die in der Inanspruchnahmezeit des jeweiligen Arbeitsplatzes
gesehen wird. Ist jedoch davon auszugehen, dass artverschiedene Arbeitsplätze (NC-Maschinen, Transportsystem, Puffer) unterschiedliche Aktivitätszustände realisieren können, müsste für jeden dieser Zustände eine selbständige Einflussgröße bestimmt werden. Mindert man jedoch die Zahl der
festgestellten Einflussgrößen, handelt es sich um eine Variablenreduktion, die
bei der Analyse der Kostenabhängigkeiten Kostenverzerrungen und bei der
Zurechnung von Kosten auf Bezugsgrößen erhebliche Unschärfen nach sich
zieht. Hier liegt eine unübersehbare Schwäche der prozessorientierten
Kostenrechnung. Außerdem werden alle Kostenkategorien, die sich zur
gewählten Kosteneinflussgröße nicht proportional verhalten, in Bezug auf
diese als fix definiert. Wird im nächsten Schritt diese Kosteneinflussgröße zur
Kostenbezugsgröße gewählt und werden Teile der fixen Kosten auf diese
Bezugsgröße proportionalisiert, dann sind diese nicht entscheidungsrelevant.
Sie haben zur Konsequenz, dass die zugehörigen Plankalkulationssätze pro
Zeiteinheit der Inanspruchnahme des jeweiligen Arbeitsplatzes keine optimale Lösung des kostenplatzbezogenen Entscheidungsproblems zulassen739.
Eine Fixkostenproportionalisierung der beschriebenen Art kann daher dem
Postulat nach Entscheidungsrelevanz nur genügen, wenn die auf einen Tag
als Planungszeitraum aufgespaltenen Teile der fixen Kosten von Tag zu Tag
(durch Investitionsentscheidungen) neu festgelegt werden können, was
weder in der Realität noch in diesem Modell zutrifft. Dieses Problem wird besonders deutlich bei der Berücksichtigung von Zusatzaufträgen im Tagesfertigungsprogramm740.
Durch die vorgeschlagenen Komponenten der prozessorientierten Kostenrechnung wird ein aktuelles und flexibles Berichtssystem aufgebaut. Die mitlaufende Kalkulation und die online Datenerfassung ermöglichen eine rechtzeitige Kostenkontrolle der einzelnen Arbeitsplätze und der Kostenträger
(Werkstücke, Aufträge). Durch diese online Kostenkontrollen werden Kostenabweichungen rechtzeitig erkannt741.
Der Beitrag der prozessorientierten Kostenrechnung zur Unterstützung der
Ablaufplanung (Fertigungssteuerung) hängt u.a. davon ab, ob die bereitgestellten Kosteninformationen dem Prinzip der Entscheidungsrelevanz genügen. KNOOP geht bei der Kostenspaltung in fixe und variable Kostenkategori-
739 Vgl. WEBER, W. (Rezension), S. 77.
740 Vgl. SCHWEITZER, MARCUS (Kostenrechnung), S. 621.
741 Vgl. KNOOP, J. (Kostenrechnung), S. 51.
D. Systeme auf Teilkostenbasis 527
en teilweise sehr großzügig vor. Diese Schwäche ließe sich durch eine präzisere Aufspaltung vermeiden.
Zum anderen ist zu prüfen, ob im Bereich der Ablaufplanung flexibler Fertigungssysteme ein angemessenes Potential beeinflussbarer Kosten vorliegt
und ob dieses Potential durch eine prozessorientierte Kostenrechnung
erkannt werden kann. Durch die zunehmende Automatisierung und
Flexibilisierung nimmt der Anteil der direkten Fertigungskosten an den
Gesamtkosten ab. Demgegenüber wachsen die Kosten für indirekte Tätigkeiten. Ferner ist der Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten bei flexiblen
Fertigungssystemen deutlich höher als bei konventioneller Fertigung. Der
Ansatz von KNOOP bezieht sich im Wesentlichen auf die variablen
Fertigungskosten. Ferner muss berücksichtigt werden, dass die Fertigungskosten zu einem erheblichen Teil durch die Konstruktion festgelegt wurden.
Im Rahmen der Steuerung flexibler Fertigungssysteme kann daher nur noch
ein begrenzter Teil der Kosten beeinflusst werden.
Die Eignung der prozessorientierten Kostenrechnung zur Unterstützung der
Ablaufplanung wurde von KNOOP im Rahmen einer umfangreichen Simulationsstudie unter realitätsnahen Bedingungen getestet742. Diese ergab, dass
durch die kostenoptimale Wahl der Einschleusungs- und Abfertigungsregeln
die variablen Fertigungskosten des gegebenen Tagesfertigungsprogramms
reduziert werden. In ihr beeinflusste vor allem die Wahl der Einschleusungsregel die variablen Fertigungskosten erheblich. Die beste Einschleusungsregel
führte zu einer Kosteneinsparung von 16 % der durchschnittlichen variablen
Kosten. Die Simulationsstudie zeigte jedoch auch Fälle mit geringerem Einfluss der Abfertigungsregeln auf die variablen Fertigungskosten. Der Unterschied zwischen der besten und der schlechtesten Abfertigungsregel lag (bei
unterschiedlichen Einschleusungsregeln) zwischen 3 % und 10 % der durchschnittlichen variablen Herstellkosten.
Die Vorteilhaftigkeit kostenorientierter Prioritätsregeln auf der Basis online
ermittelter Kostenabweichungen konnte im Rahmen der Simulationsstudie
nicht bestätigt werden743. Ihre Anwendung führte sogar unter bestimmten
Bedingungen zu ungünstigen Belegungsplänen mit überhöhten Wartezeiten.
Es zeigte sich, dass die werkstückbezogenen Kostenabweichungen keine geeigneten Kriterien zur Bildung von Prioritätsregeln liefern.
Im Modell der prozessorientierten Kostenrechnung können durch die Anwendung des Simulationsmodells die Auswirkungen von Störungen auf den
Belegungsplan und damit auf die variablen Fertigungskosten abgeschätzt
werden. Die durch eine Simulation gewonnenen Informationen sind insoweit
bei der Wahl der Störungsbeseitigungsstrategien bzw. -maßnahmen hilfreich. Die Unterstützung der Störungsbeseitigung wird jedoch durch eine
unklare Abgrenzung der Instandsetzungskosten und die unzureichende Erfassung von Ausfallfolgekosten beeinträchtigt. Fehlmengenkosten, Ausschusskosten und Kosten für Nacharbeit müssen durch zusätzliche Berechnungen geschätzt werden. Das vorgestellte Modell liefert daher nur in einem
742 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 205 ff.
743 Vgl. KNOOP, J. (Online-Kostenrechnung), S. 205.
3. Kapitel: Planungsorientierte Systeme der KER528
begrenzten Umfang relevante Informationen zur Unterstützung der Störungsbeseitigung.
Auch bei der Unterstützung der technischen Investitionsplanung treten
Probleme auf. Da diese nach ihrer zeitlichen Struktur ein taktisches Entscheidungsproblem darstellt, ergibt sich die Frage, ob ein tagesbezogenes Kostenrechnungssystem Kosteninformationen bereitstellen kann, die in Bezug auf
die Entscheidungsvariablen der technischen Investitionsplanung verursachungsgerecht sind. Entscheidungsrelevant sind hier alle Kosten, die in Bezug
auf die alternativen technischen Ausstattungskonstellationen des flexiblen
Fertigungssystems sowohl kurzfristige variable Kosten als auch mittelfristige
fixe Kosten umfassen, die in ihrer Höhe durch die jeweilige Ausstattungskonstellation bestimmt werden. Eine Zurechnung anteiliger fixer Kosten auf
die alternativen Ausstattungskonstellationen ist nur zulässig, wenn eine
verursachungsgerechte Abgrenzung gelingt. Diese Fixkostenanteile sind nur
entscheidungsrelevant, wenn sie sich in ihrer Höhe für unterschiedliche
Ausstattungskonstellationen unterscheiden.
Es kann gesagt werden, dass die Stärken des Modells der prozessorientierten Kostenrechnung darin liegen, für eine tagesbezogene
Fertigungsplanung und -steuerung flexibler Fertigungssysteme die
wichtigsten Modellkomponenten herausgearbeitet zu haben.
Das vorgestellte Modell zeigt deutlich, dass insbesondere für die Bewältigung
von Aufgaben der kurzfristigen Fertigungsplanung und -steuerung in flexiblen Fertigungssystemen die von KNOOP formulierten Modellkomponenten
erforderlich sind. Deren Integration kann vom Ansatz her als gelungen betrachtet werden. Außerdem ist hervorzuheben, dass sich die prozessorientierte Kostenrechnung an der Struktur moderner PPS-Systeme orientiert.
Unter diesem Blickwinkel ermöglicht sie es insbesondere, die bisher in ihren
Zielvorstellungen zeit- und mengenmäßig orientierte Fertigungsplanung und
-steuerung unter der Zielvorstellung einer zufrieden stellenden Kostenwirtschaftlichkeit zu realisieren. Das Erreichen dieser Zielvorstellung wird durch
eine enge Verbindung zum Betriebsdatenerfassungssystem und zu einer aufgebauten Simulationsumgebung gut unterstützt. Auch die zeitnahe Erfassung
wichtiger Produktionsdaten und deren Kontrolle sind für die kostenwirtschaftliche Planung und Steuerung des gesamten flexiblen Fertigungssystems
wichtige Komponenten.
Die Schwächen der prozessorientierten Kostenrechnung liegen in
der Behandlung von Teilen der fixen Kosten im Modell.
Der Ursprung dieser Schwäche liegt darin, dass das beschriebene Modell auf
der Grundlage einer einzigen homogenen Einflussgröße bzw. Bezugsgröße
der Kosten aufgebaut wird und ohne theoretisch hinreichende Begründung
Fixkostenproportionalisierungen vornimmt. Dieses Vorgehen mindert die
Aussagefähigkeit des Modells im Hinblick auf die gesetzten Rechnungs- bzw.
Entscheidungsziele.
D. Systeme auf Teilkostenbasis 529
Die dargestellten Schwächen des Modells können jedoch durch weitere Forschung beseitigt werden. In diesem Zusammenhang wäre es wichtig zu klären, wie die einzelnen Komponenten des Modells gestaltet (modifiziert, reduziert oder erweitert) werden müssen, wenn das Planungs- und Steuerungsmodell von den flexiblen Fertigungssystemen auf andere Arbeitssysteme
bzw. Programm-, Organisations- und Vergenztypen der Fertigung übertragen wird. Die gleiche Frage ist auch in Bezug auf die Veränderung des Planungshorizonts zu beantworten. So gesehen ist das Modell der prozessorientierten Kostenrechnung durchaus als eine Grundlage für die Weiterentwicklung und Beurteilung neuerer Konzepte der Fertigungskostenrechnung geeignet.
III. Prozesskonforme Grenzplankostenrechnung
1. Aufgaben der prozesskonformen Grenzplankostenrechnung
Die „Prozesskonforme Grenzplankostenrechnung“ ist ein System des
internen Rechnungswesens, das von HEINRICH MÜLLER (PLAUT-Gruppe)744
entwickelt wurde. Sie umfasst u. a. die herkömmliche Grenzplankostenrechnung nach PLAUT und KILGER. Das Hauptanliegen der prozesskonformen
Grenzplankosten-rechnung besteht in einer präziseren Abbildung der
direkten sowie indirekten Leistungsbereiche einer Unternehmung und in der
Entwicklung einer Plattform für ein umfassendes und entwicklungsfähiges
internes Rechnungssystem (Kosten- und Erlösrechnung). Der Anspruch
MÜLLERs geht so weit, dass seine prozesskonforme Grenzplankostenrechnung alle bisherigen Systeme der Voll- und Teilkostenrechnung umfassen und für einen weiteren Ausbau offen sein soll.
Gegenstand der Abbildung ist die gesamte Prozesskette einer Unternehmung
von der Produktentwicklung über den Produktionsvollzug bis zur Leistungsverwertung von Gütern in den Märkten. Diese Abbildung soll möglichst
zeitnah, isomorph und numerisch erfolgen.745 Außerdem sollen alle möglichen technischen, ökonomischen und ökologischen Entwicklungstrends
durch die neue Rechnungsplattform erfasst werden können.
Nach Müller kann das innerbetriebliche Rechnungswesen aus zwei
verschiedenen Perspektiven gesehen werden. Die erste ist eine funktionale
Sichtmit den Aufgaben:
? Bereitstellung von Instrumenten für die Kostenkontrolle und -beeinflussung,
? Bereitstellung von Instrumenten und Verfahren zur Erfolgskontrolle und
Rentabilitätsmessung,
? Bereitstellung von relevanten Zahlen für Entscheidungsrechnungen.
Die zweite ist eine ganzheitliche, strategische und prozessorientierte Sicht.
744 Vgl. MÜLLER, H. (Grenzplankostenrechnung), S. 127
745 Vgl. MÜLLER, H. (Plattform), S. 113.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Dieses Standardwerk liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über die Aufgaben, Techniken und Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Zunächst führt es in die Grundlagen ermittlungsorientierter Systeme ein. Dazu gehören die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ein Spektrum, das in jeder Vorlesung zur Kostenrechnung gelehrt wird. Daran schließt sich die Darstellung planungs- und verhaltenssteuerungsorientierter Systeme an. Dabei handelt es sich um Methoden wie Prozesskosten-, Grenzplankosten- oder Deckungsbeitragsrechnungen und Target Costing, die im Alltag von höchster praktischer Relevanz sind. Abgeschlossen wird das Buch durch die Behandlung aktueller Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Kostenrechnung. Hierbei spielen insbesondere die Herausforderungen der Preisregulierung bei den Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkten eine große Rolle.
Die Autoren
Prof. Dr. Marcell Schweitzer lehrte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Controlling an der LMU in München.