D. Kalkulatorische Erfolgsrechnung
Durch die Verknüpfung der Kosten- und der Erlösträgerrechnung gelangt
man zur kalkulatorischen Erfolgsrechnung. In ihr werden Gewinne, Ergebnisse oder Erfolge ermittelt, wobei diese Begriffe meist, wie in diesem Buch,
synonym gebraucht werden. Dabei kann man einmal auf die Ergebnisse der
stückbezogenen Rechnungen, der Kalkulationen, zurückgreifen. Dann
kommt man zu einer kalkulatorischen Stückerfolgsrechnung. Zum anderen
kann man die Kosten und Erlöse für die in einem Zeitraum erstellten oder
abgesetzten Produkte zugrunde legen. Auf diesem Weg führt man die Ergebnisse einer Kostenträgerzeitrechnung mit den Periodenerlösen zusammen
und gelangt zu einer kalkulatorischen Periodenerfolgsrechnung.
I. Verfahren der kalkulatorischen Stückerfolgsrechnung
Kalkulatorische Stückerfolge lassen sich ermitteln, indem man von den
Stückerlösen der einzelnen Produkte ihre Stückkosten subtrahiert. In der
Istrechnung sind die Erlöse der verkauften Produkte am Markt realisiert und
damit bekannt. Wegen der zentralen Bedeutung der Umsätze für die Unternehmung sowie für die Bilanzrechnung, werden sie in der Regel sehr genau
und zuverlässig erfasst. Damit ist die Information über die Höhe der Erlöse
für die von einer Unternehmung abgesetzten Produktarten im Normalfall
unmittelbar verfügbar. Soweit sie keine Gemeinerlöse enthalten, kennt man
damit auch die stückbezogenen Erlöse. Andernfalls wird es für die Bestimmung von Stückerfolgen notwendig, Gemeinerlöse auf die einzelnen Produkte aufzuteilen.
Die Struktur der kalkulatorischen Stückerfolgsrechnung hängt damit wesentlich von dem für die Berechnung verwendeten Kalkulationsverfahren ab.
Durch eine Subtraktion der mit Hilfe von Divisions-, Äquivalenzziffern-, Zuschlags-, Maschinensatz-, Restwert- oder Verteilungsrechnungen ermittelten
Stückkosten ik der Produktart i von deren Stückerlösen ip erhält man ihren
Stückerfolg ig :
iii kpg ??
Insoweit sind für die Stückerfolgsrechnung keine neuen Verfahren erforderlich, vielmehr stellen sie eine Erweiterung der in Abschnitt C. dieses Kapitels
gekennzeichneten Kalkulationsverfahren dar.
Die Aussagefähigkeit und Verwendbarkeit der ermittelten Stückerfolgsziffern hängt maßgeblich davon ab, inwieweit der Kalkulation die vollen oder
lediglich die Teilkosten zugrunde gelegt wurden. Für die Höhe der in einer
Vollkosten- und -erlösrechnung ermittelten Stückerfolge der einzelnen Produkte ist bestimmend, wie die Gesamtkosten in der Kostenartenrechnung
aufgespalten und in der Kostenstellen- sowie der Kostenträgerrechnung auf
die Stellen und die Produkte verteilt worden sind. Die in einem solchen System zu lösenden Schlüsselungsprobleme wirken sich auf die Aussagefähigkeit der letztlich ermittelten Erfolgsziffern aus. Da Fixkosten kurzfristig nicht
veränderlich sind, ist eine Verwendung von Stückerfolgen auf Vollkostenbasis zur Beurteilung der Produkte zumindest bei einer kurzfristig orientierten
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER192
Betrachtung problematisch. Sie erscheinen eher verwendbar als Indikatoren
für eine auf längere Sicht gerichtete Analyse des Erfolgsbeitrags der verschiedenen Produktarten. Auch dabei ist jedoch zu prüfen, inwieweit die Verteilung der Gemein- und Fixkosten durch empirische Zusammenhänge bzw.
rechnungszweckabhängige Prinzipien begründet und damit nicht frei von
Willkür ist.
Um die schwer zu lösenden Zurechnungs- und Verteilungsprobleme zu umgehen, verzichtet man in Systemen der Teilkosten- und -erlösrechnung auf
eine Verteilung von Fix- bzw. von Gemeinkosten. In ihnen ermittelt man in
der Stückerfolgsrechnung statt dessen die Differenz zwischen den Stückerlösen ip und den variablen Stückkosten205 vik bzw. den Einzelkosten206 der
Produkteinheit. Die sich ergebende Größe
viii kpd ??
wird als Stückdeckungsbeitrag id der Produktart i bezeichnet. Sie stellt den
von einer Produkteinheit geleisteten Beitrag zur Deckung der Fixkosten und
zur Gewinnerzielung dar. Da sich die Stückerlöse und die variablen Stückkosten mit der Variation der Produktmengen ändern bzw. Stückerlöse und
Einzelkosten der Produkteinheit direkt zurechenbar sind, kennzeichnen
Stückdeckungsbeiträge unmittelbare Erfolgswirkungen der einzelnen Produkte. Sie werden daher als wichtige Größen zur Analyse und Beurteilung
der Produkte in einer kurzfristigen Betrachtung angesehen.
II. Verfahren der kalkulatorischen Periodenerfolgsrechnung
Die Ermittlung der Kosten und Erlöse, welche auf die
bearbeiteten sowie abgesetzten Kosten- und Erlösträger einer
Abrechnungsperiode entfallen, ist die Aufgabe einer
kalkulatorischen Periodenerfolgsrechnung.
Im Allgemeinen wird sie durch die Einbeziehung der Erlöse dieser Kostenträger zu einer kalkulatorischen Erfolgsrechnung ausgebaut. Als Abrechnungsperiode wählt man üblicherweise einen kürzeren Zeitraum als in der pagatorischen Jahreserfolgsrechnung. Beispielsweise ermittelt man die Kosten und
den (kurzfristigen) Betriebserfolg vierteljährlich oder monatlich. Die Rechnung soll dann in verhältnismäßig kurzen Zeitabständen Einblick in die
Entwicklung der Kosten, der Erlöse und des Erfolgs geben. Dazu müssen ihre
Ergebnisse kurze Zeit nach Ablauf der Abrechnungsperiode vorliegen. Die
Schnelligkeit der Informationsgewinnung ist dabei häufig von größerer Bedeutung als ihre Genauigkeit. Durch die kürzere Dauer der Abrechnungsperiode treten gegenüber der Jahreserfolgsrechnung zusätzliche Probleme der
Periodenabgrenzung auf. Die in einer (kurzen) Abrechnungsperiode entste-
205 Vgl. zu den Systemen der Teilkosten- und -erlösrechnung auf Basis variabler Kosten
Kapitel 3., Abschnitt D.I., S. 397 ff.
206 Vgl. zum System der Teilkosten- und -erlösrechnung auf Basis relativer Einzelkosten
Kapitel 3., Abschnitt D.IV., S. 528 ff.
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References
Zusammenfassung
Dieses Standardwerk liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über die Aufgaben, Techniken und Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Zunächst führt es in die Grundlagen ermittlungsorientierter Systeme ein. Dazu gehören die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ein Spektrum, das in jeder Vorlesung zur Kostenrechnung gelehrt wird. Daran schließt sich die Darstellung planungs- und verhaltenssteuerungsorientierter Systeme an. Dabei handelt es sich um Methoden wie Prozesskosten-, Grenzplankosten- oder Deckungsbeitragsrechnungen und Target Costing, die im Alltag von höchster praktischer Relevanz sind. Abgeschlossen wird das Buch durch die Behandlung aktueller Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Kostenrechnung. Hierbei spielen insbesondere die Herausforderungen der Preisregulierung bei den Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkten eine große Rolle.
Die Autoren
Prof. Dr. Marcell Schweitzer lehrte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Controlling an der LMU in München.