2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER162
ist offensichtlich beim Kauf von Anlagen z.B. der EDV, wo neben die
Hardware eine Ausstattung mit Software sowie Schulung, Beratung und
Wartung treten kann. Hierdurch entstehen Gemeinerlöse in Bezug auf die
Einzelleistungen. Deren Umfang hängt von der Aufgliederung der Erlösträger ab. Daraus ergibt sich das Problem "... der Bestimmung geeigneter
Erlösträger, denn die Leistungsbündel als Absatzobjekte sind häufig vorab
gar nicht konkretisierbar, da sie äußerst individuell zusammengesetzt sein
können."187 Ihre Auswahl ist maßgeblich für die in der Erlösträgerrechnung
zu lösenden Zurechnungsprobleme.
III. Verfahren der Kosten- und Erlösträgerstückrechnung
(Kalkulation)
In der Kostenträgerstückrechnung werden die Kosten ermittelt, welche für
die Herstellung und Verwertung einer Mengeneinheit des Kostenträgers entstehen. Man bezeichnet diese stückbezogene Rechnung auch als Kalkulation.
Für die auf eine Kostenträgereinheit (Stück, Los) entfallenden Kosten ist ohne
Bedeutung, in welcher Abrechnungsperiode sie verursacht worden sind. Daher ist in der Kostenträgerstückrechnung keine Periodenabgrenzung der Kosten erforderlich. Durch Einbeziehen der Erlöse, die je Kostenträgereinheit
erzielbar sind, kann man die Kostenträgerstückrechnung zu einer Erfolgsrechnung ausbauen. Dann lassen sich je Kostenträgereinheit Stückerfolge bestimmen, die nach der Überprüfung ihrer Entscheidungsrelevanz für Programmentscheidungen und Erfolgsanalysen herangezogen werden können.
Die Kostenträgerstückrechnung kann ferner als Voll- oder Teilkostenrechnung konzipiert sein. Bei einer Kalkulation mit Vollkosten werden die in
der Unternehmung anfallenden Gesamtkosten (fixe plus variable) auf das für
den Absatz bestimmte Produktionsprogramm als Kostenträger verteilt. Jeder
Mengeneinheit der Endprodukte wird ein Anteil an den Gesamtkosten zugerechnet. Hingegen ermittelt man bei Teilkostenkalkulationen, in welcher
Höhe bestimmte Teilkosten (z.B. Einzelkosten, proportionale Kosten, variable
Kosten) bei der Herstellung und Verwertung einer Kostenträgereinheit entstehen.
Kalkulationsverfahren
Divisions- Äquivalenzziffernrechnung
Zuschlags- Maschinensatzrechnung
Kalkulation von
Kuppelprodukten
rechnungrechnung
Abb. 2-35: Verfahren der Kostenträgerstückrechnung
187 ENGELHARDT, W. H. (Erlösplanung), S. 666.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 163
Für die Kostenträgerstückrechnung sind verschiedene Verfahren entwickelt
worden, deren Grundzüge im Folgenden gekennzeichnet werden. Sie sind
auch in der Übersicht von Abbildung 2-35 wiedergegeben.
1. Divisionsrechnung
Das einfachste Kalkulationsverfahren stellt die Divisionsrechnung
dar. Bei ihr werden die Kosten je Kostenträgereinheit bestimmt,
indem man die insgesamt in einer Periode angefallenen Kosten
durch die Zahl der erstellten Leistungseinheiten des Kostenträgers
dividiert:
ersKostenträgdesinheitenLeistungse
enGesamtkostanfallende
=itErlöseinhejeKosten
Zum Beispiel erfolge in einer Unternehmung, die ein homogenes Massenprodukt erzeugt, die Kalkulation mit Hilfe der einfachen einstufigen Divisionsrechnung. Die gesamte Ausbringungsmenge einer Abrechnungsperiode betrage 1.500 t. Zur Herstellung dieser Gütermenge sind insgesamt 2.000 t eines
Rohstoffes eingesetzt worden. Ferner sind für die Erzeugung Transportkosten
sowie Betriebskosten entstanden. Abbildung 2-36 gibt die in der Rechnungsperiode angefallenen Kostenarten wieder. Die Selbstkosten dieser
Periode zur Erzeugung von 1.500 t des Produktes belaufen sich auf
€ 1.690.380. Somit betragen die Selbstkosten je Leistungseinheit (Tonne)
1.690.380 : 1.500 = 1.126,92 €.
Abb. 2-36: Beispiel für eine einfache einstufige Divisionsrechnung
Die Anwendbarkeit der Divisionsrechnung hängt von der Art des Produktionsprogramms und des Produktionsverfahrens der Unternehmung ab. Sie
ist bei der Erzeugung eines oder weniger homogener Produkte als Kalkulationsverfahren geeignet (z.B. bei der Erzeugung von Sand, Wasser, Gas,
Kies und Zement). Nach der Zahl an berücksichtigten Produktionsstufen
unterscheidet man zwischen einstufiger und mehrstufiger (sukzessiver)
Kosten insgesamt Kosten je Tonne
Ausbringungsmenge
Rohstoffe (2.000 t) 750.000 500,00
Transportkosten 150.000 100,00
Betriebskosten
Löhne und Gehälter 600.000 400,00
Soziale Kosten 60.000 40,00
Hilfs- und Betriebsstoffe 15.000 10,00
Energiekosten 8.400 5,60
Versicherungen 1.980 1,32
Abschreibungen 105.000 70,00
Summe € 1.690.380 € 1.126,92
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER164
Divisionsrechnung. Ferner kann man nach der Zahl der erstellten Produktarten zwischen einfacher und mehrfacher (simultaner) Divisionsrechnung
differenzieren. Damit ergeben sich entsprechend Abbildung 2-37 vier
verschiedene Formen der Divisionsrechnung: einfache einstufige, einfache
mehrstufige, mehrfache einstufige und mehrfache mehrstufige Divisionsrechnung.
Anzahl der Produktarten Ein homogenes Mehrere homogene Produkte
Anzahl der
Produktionsstufen
Produkt (in unabhängiger Fertigung)
Eine Stufe Einfache einstufige Mehrfache einstufige
Divisionsrechnung Divisionsrechnung
Mehrere Stufen Einfache mehrstufige Mehrfache mehrstufige
Divisionsrechnung Divisionsrechnung
Abb. 2-37: Formen der Divisionsrechnung und ihre Anwendbarkeit
Die einstufige Divisionsrechnung ist auf die einstufige Fertigung eines (oder
mehrerer) homogener Produkte ausgerichtet. Dagegen ermöglicht die mehrstufige Divisionsrechnung die Erfassung der Auswirkungen, die aus unterschiedlichen Erzeugungsmengen in den einzelnen Fertigungsstufen beim
Vorliegen von Zwischenlagern folgen. Wird lediglich ein Massenprodukt erstellt, ist die einfache Divisionsrechnung anwendbar. Da es sich bei Massenfertigung um einen einzigen Herstellungsvorgang handelt, bezeichnet man
diese Form der Divisionsrechnung als einfach188. Wenn mehrere homogene
Produkte in verschiedenen unabhängigen Fertigungsprozessen erzeugt werden, kann man die Kosten der (getrennten) Fertigungsprozesse für jedes Produkt gesondert abrechnen. Diese Form der Divisionsrechnung nennt man
mehrfache Divisionsrechnung. Zur Ermittlung der Selbstkosten je Erlöseinheit werden bei der mehrfachen Divisionsrechnung entsprechend die Gesamtkosten für jede Produktart gesondert erfasst und durch die Ausbringungsmenge der jeweiligen Produktart dividiert.
Eine Sonderform der mehrfachen Divisionsrechnung liegt vor, wenn lediglich die Herstellkosten durch Division bestimmt und die Verwaltungs- sowie
Vertriebskosten mit Hilfe eines Zuschlagssatzes zu den Herstellkosten jeder
Produktart addiert werden. Dann bezieht man die Verwaltungs- und Vertriebskosten der Unternehmung auf die Summe der Herstellkosten für die
verschiedenen Produktarten. Beispielsweise werden drei Produktarten in drei
verschiedenen Fertigungsprozessen unabhängig voneinander hergestellt. Die
Verwaltungs- und Vertriebsbereiche seien nicht nach Produktarten gegliedert. Die in einer Abrechnungsperiode erzeugten Produktmengen, die Herstellkosten sowie die Verwaltungs- und Vertriebskosten werden aus Abbildung 2-38 ersichtlich. Man erhält die Herstellkosten je Leistungseinheit, wenn
man gesondert für jede Produktart die Herstellkosten durch die Ausbringungsmenge teilt. Das prozentuale Verhältnis zwischen den Verwaltungs-
188 Vgl. KOSIOL, E. (Kostenrechnung), S. 205.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 165
sowie Vertriebskosten der Unternehmung und den Herstellkosten aller Produkte stellt den einheitlichen Zuschlagssatz für Verwaltungs- und Vertriebskosten dar. Mit ihm lassen sich die Selbstkosten je Erlöseinheit für die Produktarten A, B und C bestimmen. Dieses Kalkulationsverfahren übernimmt
Elemente der Zuschlagsrechnung in die Divisionsrechnung, indem ein Teil
der Gemeinkosten über einen Zuschlagssatz auf die Produkte verteilt wird.
Abb. 2-38: Beispiel für eine mehrfache Divisionsrechnung mit Zuschlagssatz für
Verwaltungs- und Vertriebskosten
Erfolgt die Herstellung eines homogenen Produktes mehrstufig, lassen sich
die Kosten je Leistungseinheit nur dann mit der einstufigen Divisionsrechnung bestimmen, wenn auf jeder Stufe dieselbe Produktmenge erzeugt wird.
Weichen die Erzeugungsmengen der Produktionsstufen voneinander ab, so
muss die Kalkulation als mehrstufige Divisionsrechnung durchgeführt werden. Zwischen den Produktionsstufen bilden sich dann Zwischenläger von
unterschiedlicher Höhe. Die verschiedenen Ausbringungsmengen der Produktionsstufen sind in der Kalkulation zu berücksichtigen. Dies ist in zwei
Formen möglich. Man kann zum einen sukzessiv für jede Produktionsstufe
die Kosten je Erlöseinheit bestimmen und auf der jeweils folgenden Stufe nur
die Kosten weiterverrechnen, welche für die wiedereingesetzten Zwischenproduktmengen angefallen sind. Zum anderen kann man gesondert für jede
Produktionsstufe die Kosten je Erlöseinheit ermitteln. Diese Einheitskosten je
Produktionsstufe müssen mit Hilfe von Produktionskoeffizienten auf Endprodukteinheiten umgerechnet werden. Die Summe der umgerechneten Kosten je Produktionsstufe ist gleich den Selbstkosten für eine Endprodukteinheit.
Unternehmung Produkt A Produkt B Produkt C
insgesamt
Ausbringungsmenge [t] 3.300 1.000 800 1.500
Herstellkosten [€] 460.000,00 150.000,00 160.000,00 150.000,00
Herstellkosten je
Leistungseinheit [€] 150,00 200,00 100,00
Verwaltungs- und
Vertriebskosten [€] 69.000,00
Zuschlagssatz für die
Verwaltungs- und 69.000 · 100 :
Vertriebskosten 460.000 = 15 %
Zuschlag für die Verwaltungs- und Vertriebskosten je
Leistungseinheit [€] 22,50 30,00 15,00
Selbstkosten je
Leistungseinheit [€] 172,50 230,00 115,00
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER166
Als Beispiel wird eine Unternehmung zugrunde gelegt, deren Fertigung vier
Stufen umfasst. Die fünfte Produktionsstufe ist der Vertrieb. Abbildung 2-39
gibt die während einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten jeder Produktionsstufe (Stufenkosten) sowie die eingesetzten und die erstellten bzw.
verwerteten Mengen an Zwischen- bzw. Endprodukten wieder. Die Differenzen zwischen den Ausbringungsmengen einer Stufe und den Wiedereinsatzmengen auf der nächsten Stufe zeigen die Lagerbestandsänderungen an.
Abb. 2-39: Beispiel für Periodenkosten und Einsatz- bzw. Ausbringungsmengen eines mehrstufigen Produktionsprozesses
Die erste Form der mehrstufigen Divisionsrechnung basiert auf einer Weiterverrechnung der Kosten von wiedereingesetzten Zwischenprodukten. Für
jede der n Produktionsstufen sind die bis einschließlich zu dieser Stufe entstandenen Kosten je Erlöseinheit entsprechend dem folgenden allgemeinen
Ausdruck zu berechnen189:
Periodederin
sstufeProduktionten-ndergsmengeAusbringun
PeriodederinsstufeProduktionten-n
derenStufenkost+sstufeProduktionten-1)-(nder
odukteZwischenprgesetztenwiedereindiefürKosten
=
sstufeProduktionten-n
derlicheinschließbis
inheitLeistungsejeKosten
Für das angegebene Beispiel sind die Stückkosten bis zu jeder Stufe entsprechend diesem Ausdruck in Abbildung 2-40 ermittelt. Charakteristisch für
diese Form der mehrstufigen Divisionsrechnung ist, dass für jede Produktionsstufe die bis einschließlich dieser Stufe angefallenen Kosten je Produkteinheit berechnet werden. Dabei werden unterschiedliche Erzeugungsmengen und Lagerbestandsänderungen berücksichtigt.
189 Vgl. KOSIOL, E. (Kostenrechnung), S. 208.
Produktions- Stufen- Einsatz- Ausbringungs- Bestandsstufe kosten menge menge änderung
[€] [t] [t] [t]
I 26.000 4.000 160
II 15.040 3.840 3.200 120
III 45.500 3.080 2.800 -200
IV 26.400 3.000 2.400 200
V 9.900 2.200 2.200
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 167
Abb. 2-40: Beispiel für eine mehrstufige Divisionsrechnung mit Weiterverrechnung der
Kosten von Zwischenprodukten
Die zweite Form der mehrstufigen Divisionsrechnung beruht hingegen auf
einer getrennten Ermittlung der in jeder Produktionsstufe angefallenen Kosten je Zwischenprodukteinheit und ihrer Umrechnung in Kosten je Endprodukteinheit. Für diese Umrechnung muss man bestimmen, welche Menge an
Zwischenprodukten in jeder Produktionsstufe zur Erzeugung bzw. Verwertung einer Einheit des Endprodukts erforderlich ist. In dem dargestellten Beispiel wird zur Herstellung der Endproduktmenge von 2.400 t eine Menge von
3.000 t der Produktionsstufe III eingesetzt. Man benötigt demnach für die Erzeugung von 1 t des Endprodukts 3.000 : 2.400 = 1,25 t des vorhergehenden
Zwischenprodukts. Entsprechend sind zur Herstellung von 1 t des Zwischenprodukts der Produktionsstufe III 3.080 : 2.800 = 1,1 t von Produktionsstufe II bzw. für 1 t von Stufe II 3.840 : 3.200 = 1,2 t von Produktionsstufe I erforderlich. Diese Größen stellen Produktionskoeffizienten dar. Sie bilden die
Beziehungen zwischen den Einsatz- und Ausbringungsmengen jeder Produktionsstufe ab und geben den Direktbedarf einer Produktionsstufe von der
vorhergehenden an.
Um den Gesamtbedarf einer Stufe zur Herstellung einer Endprodukteinheit
zu bestimmen, müssen die Produktionskoeffizienten der nachgelagerten
Produktionsstufen miteinander multipliziert werden. Beispielsweise ist die
Menge an Zwischenprodukten der I. Produktionsstufe, die zur Herstellung
und zum Absatz einer Endprodukteinheit eingesetzt wird, gleich dem Produkt 1,2 · 1,1 · 1,25 · 1,0 = 1,65 aus den Produktionskoeffizienten der Produktionsstufen II bis V. Die Produktionskoeffizienten und die Koeffizienten des
Gesamtbedarfs sind in Abbildung 2-41 für alle Stufen ermittelt.
Produktions- Einsatz- Ausbringungs- Produktions- Koeffizient des
stufe menge menge koeffizient Gesamtbedarfs
[t] [t]
I 4.000 1,2 · 1,1 · 1,25 ·1,0 = 1,650
II 3.840 3.200 1,20 1,1 · 1,25 ·1,0 = 1,375
III 3.080 2.800 1,10 1,25 ·1,0 = 1,250
IV 3.000 2.400 1,25 1,000
V 2.200 2.200 1,00
Abb. 2-41: Beispiel für die Ermittlung der Produktionskoeffizienten und der Koeffizienten des
Gesamtbedarfs bei mehrstufiger Einproduktfertigung
Produktions- Wiedereinsatzmenge · Stufen- Kosten Ausbringungs- Stückkosten
stufe Stückkosten kosten insgesamt menge bis dahin
[€] [€] [€] [t] [€]
I 26.000 26.000 4.000 6,50
II 3.840 · 6,50 = 24.960 15.040 40.000 3.200 12,50
III 3.080 · 12,50 = 38.500 45.500 84.000 2.800 30,00
IV 3.000 · 30,00 = 90.000 26.400 116.400 2.400 48,50
V 2.200 · 48,50 = 106.700 9.900 116.600 2.200 53,00
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER168
Zur Berechnung der Selbstkosten dividiert man die Kosten jeder Produktionsstufe durch die jeweils erzeugte bzw. verwertete Menge an Zwischenbzw. Endprodukten. Die sich ergebenden Einheitskosten je Stufe werden mit
den Koeffizienten des Gesamtbedarfs multipliziert. Man erhält die Kosten,
welche auf jeder Produktionsstufe zur Erzeugung einer Endprodukteinheit
angefallen sind. Ihre Summe über alle Produktionsstufen stellt die Selbstkosten je Produkteinheit dar (vgl. Abbildung 2-42).
Abb. 2-42: Beispiel für die Ermittlung der Selbstkosten über die Umrechnung der Einheitskosten je Produktionsstufe
Dieses Ergebnis kann auch mit Hilfe der Matrizenrechnung hergeleitet werden. Dabei handelt es sich um eine Anwendung der Matrizenrechnung zur
Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen190 auf den Sonderfall mehrstufiger Einproduktfertigung. Die Produktionskoeffizienten werden in einer
Direktbedarfsmatrix A zusammengefasst, deren Spalten den liefernden und
deren Zeilen den empfangenden Produktionsstufen entsprechen:
von I II III IV V
an
I 0 0 0 0 0
II 1,2 0 0 0 0
III 0 1,1 0 0 0
IV 0 0 1,25 0 0
V 0 0 0 1 0
Die Koeffizienten, welche die Einsatzmenge jeder Produktionsstufe für eine
Endprodukteinheit wiedergeben, lassen sich berechnen, indem man die Direktbedarfsmatrix A von der Einheitsmatrix E subtrahiert und anschließend
die inverse Matrix ? ? 1?? AE bildet:
111,251,3751,65
011,251,3751,65
0011,11,32
00011,2
00001
=
11,0-000
011,25-00
0011,1-0
00011,2-
00001
=)(
-1
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?A-E 1
190 Vgl. Kapitel 2., Abschnitt B.III.4.c)bb), S. 138 ff.
Produktions- Stufen- Ausbringungs- Stufenkosten Koeffizient Kosten je
stufe kosten menge je Ausbrin- des Gesamt- Endproduktgungseinheit bedarfs einheit
[€] [t] [€] [€]
I 26.000 4.000 6,50 1,65 10,73
II 15.040 3.200 4,70 1,38 6,49
III 45.500 2.800 16,25 1,25 20,31
IV 26.400 2.400 11,00 1,00 11,00
V 9.900 2.200 4,50 (1,00) 4,50
Selbstkosten je Produkteinheit: 53,00
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 169
Multipliziert man diese Gesamtbedarfsmatrix von rechts mit einem Vektor r
aus den Stückkosten jeder Produktionsstufe, so erhält man den Stückkostenvektor k :
?
?
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?
?
?
?
?
??
53,00
48,50
30,00
12,50
6,50
=
4,50
11,00
16,25
4,70
6,50
111,251,3751,65
011,251,3751,65
0011,11,32
00011,2
00001
=)(= 1 rA-Ek
Dieser Vektor k gibt für jede Produktionsstufe die bis einschließlich dieser
Stufe angefallenen Stückkosten und damit für die letzte Produktionsstufe die
Selbstkosten an. Die Matrizenrechnung liefert demnach gleichzeitig die Ergebnisse beider Formen einer mehrstufigen Divisionsrechnung.
2. Äquivalenzziffernrechnung
Die Äquivalenzziffernrechnung ist eine weitere Kalkulationsform
und kann als spezielle Ausprägung einer Divisionsrechnung bei
Mehrproduktfertigung interpretiert werden.
Dieses Kalkulationsverfahren basiert auf der Annahme, dass die Kosten zur
Erzeugung verschiedener Produkte in einem proportionalen Verhältnis stehen. Es ist daher anwendbar, "sofern die verschiedenen Leistungsarten einen
hohen Grad innerer Verwandtschaft in ihrer Kostengestaltung aufweisen"191.
Die Annahme einer proportionalen Beziehung zwischen den Kosten verschiedener Produktarten kann gerechtfertigt sein, wenn die Produktarten aus
demselben Rohstoff erzeugt werden und die Fertigungsprozesse weitgehend
übereinstimmen192. Vielfach sind diese Bedingungen bei der Herstellung weniger Sorten wie bei der Biererzeugung, in Blechwalzwerken, Ziegeleien,
Spinnereien, Webereien und dergleichen erfüllt.
Das wichtigste Problem der Äquivalenzziffernrechnung bildet die Bestimmung der Äquivalenzziffern. Es müssen Bezugsgrößen gefunden werden, zu
denen sich die zu verteilenden Kosten der Produkte proportional verhalten.
Beispielsweise kann es sein, dass die Kosten aller Sorten proportional zur Einsatzmenge eines Rohstoffes oder zur Fertigungszeit verlaufen. Dann lassen
sich die Äquivalenzziffern aus den Einsatzmengen des Rohstoffes bzw. den
Fertigungszeiten jeder Sorte bestimmen.
Bei der Äquivalenzziffernrechnung werden die Kosten entsprechend bestimmter Verhältniszahlen auf die Produkte verteilt. Sie ist also nur anwendbar, sofern die Kostenbelastungen mehrerer Kostenträger in einer proportionalen Beziehung zueinander stehen. Das Verhältnis zwischen den Kostenbelastungen der verschiedenen Kostenträger bei gleicher Fertigungsmenge wird
durch die Äquivalenzziffern ausgedrückt. Wenn zum Beispiel von Produkt A
191 KOSIOL, E. (Kostenrechnung), S. 217.
192 Vgl. WITTGEN, R. (Einführung), S. 279 f.
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER170
und von Produkt B jeweils 100 Stück hergestellt werden, besagen die Äquivalenzziffern 1,0 für A und 0,8 für B, dass bei der Erzeugung der 100 Einheiten
von B 80 % der Kosten zur Erzeugung von 100 Einheiten von A entstehen.
Mit diesen Äquivalenzziffern erhält man einen einheitlichen Maßstab zur Messung der Fertigungsmengen verschiedenartiger Produkte.
Die tatsächlichen Fertigungsmengen der Produktarten werden mit Hilfe der
Äquivalenzziffern auf eine Produktart als Grundsorte mengenmäßig umgerechnet. Für diese fiktive Fertigungsmenge ermittelt man aus den Gesamtkosten die Kosten je Erlöseinheit entsprechend der Divisionsrechnung. Dann
können über die Äquivalenzziffern die Kosten bestimmt werden, welche pro
(tatsächlicher) Leistungseinheit der Produktarten anfallen. Die Umrechnung
verschiedener Produktarten mit Äquivalenzziffern ist nur bei weithin übereinstimmenden Fertigungsprozessen möglich. Deshalb ist die Äquivalenzziffernrechnung vor allem bei der Erzeugung eng verwandter Produkte (z.B.
Sorten) als Kalkulationsverfahren geeignet.
Als Beispiel wird eine Fertigung dargestellt, in der vier verschiedene Sorten
erzeugt werden. Die gesamten Kosten der abgelaufenen Abrechnungsperiode
betragen € 900.000. Aus Abbildung 2-43 sind ferner die während dieser
Periode hergestellten Mengen der vier Sorten und die Äquivalenzziffern ersichtlich. Die Äquivalenzziffern drücken das Verhältnis der einzelnen Bearbeitungszeiten zueinander aus.
Abb. 2-43: Beispiel für eine Äquivalenzziffernrechnung
Um den Anteil der Sorten an den Gesamtkosten der Unternehmung und die
Stückkosten jeder Sorte zu ermitteln, müssen die tatsächlichen Produktionsmengen der Periode über die Äquivalenzziffern in fiktive Mengen einer Produktart umgerechnet werden. Im Beispiel wird die Sorte III als Grundsorte
gewählt und erhält damit die Äquivalenzziffer 1. Die Produktionsmenge von
12.000 t der Sorte I ist mit ihrer Äquivalenzziffer von 0,5 zu multiplizieren. Es
ergibt sich eine fiktive Menge (der Grundsorte) von 6.000. Diese stellt eine
Schlüsselzahl für die Kostenverteilung auf die Sorten dar. Entsprechende
Schlüsselzahlen sind für die anderen Sorten in Abbildung 2-43 berechnet.
Dividiert man die Gesamtkosten der Periode von € 900.000 durch die Summe
Sorte Äquivalenz- Produktions- Schlüsselzahl Stückkosten Gesamtkosten
ziffer menge je Tonne je Sorte
[t] [€] [€]
I 0,5 12.000 6.000 10,00 120.000
II 0,8 5.000 4.000 16,00 80.000
III 1,0 19.000 19.000 20,00 380.000
IV 1,6 10.000 16.000 32,00 320.000
Summe 45.000 900.000
Kosten je Schlüsseleinheit: € 900.000 : 45.000 = 20 €
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 171
der Schlüsselzahlen von 45.000, erhält man die für eine Schlüsseleinheit (eine
Tonne der Grundsorte) zu verrechnenden Kosten von € 20. Die Multiplikation
dieser Kosten je Schlüsseleinheit mit der Schlüsselzahl führt zu den Gesamtkosten jeder Sorte. Der Quotient aus den Gesamtkosten jeder Sorte und ihrer
tatsächlichen Produktionsmenge ist gleich ihren Stückkosten. Man erhält die
Stückkosten der Sorte auch, indem man die Kosten je Schlüsseleinheit mit der
Äquivalenzziffer multipliziert. Beispielsweise gilt für die Stückkosten der
ersten Sorte:
0,520€=
t12.000
120.000€
=€
ISortevonzifferÄquivalenz
inheitSchlüsselejeKosten
=
ISortevonsmengeProduktion
ISortevonenGesamtkost
=ISortevonnStückkoste
?
?
10
Eine Abwandlung der Äquivalenzziffernrechnung liegt vor, wenn man nur
bestimmte Kostenarten über Äquivalenzziffern verteilt. Dabei besteht beispielsweise die Möglichkeit, die Einzelkosten jeder Sorte direkt und die Gemeinkosten über Äquivalenzziffern zuzurechnen. Ferner können für mehrere
Kostenarten unterschiedliche Äquivalenzziffern verwendet werden193.
Eine Differenzierung der Gesamtkosten nach Kostenarten und Kostenstellen
ist für die Divisions- und die Äquivalenzziffernrechnung keine notwendige
Voraussetzung. Diese Verfahren lassen sich sowohl zur Verteilung undifferenzierter Gesamtkosten auf die Kostenträger als auch zur Verteilung einzelner Kostenarten bzw. zur Verrechnung zwischen mehreren Kostenstellen
heranziehen.
3. Zuschlagsrechnung
Die Zuschlagsrechnung beruht auf der Trennung von (Kostenträger-) Einzelund Gemeinkosten. Ferner liegen ihr meist eine Gliederung des Produktionsprozesses und eine Verteilung der Kosten auf Kostenstellen zugrunde. Dabei
unterscheidet man gewöhnlich den Materialbereich, den Fertigungsbereich
und den Vertriebsbereich.
Das Grundprinzip der Zuschlagsrechnung besteht darin, dass auf
bestimmte (Kostenträger-) Einzelkosten bzw. (Kostenträger-) Einzel- und Gemeinkosten mit Hilfe von Zuschlagssätzen die (Kostenträger-) Gemeinkosten aufgeschlagen werden.
Die Einzelkosten erhält man in der Regel aus der Kostenartenrechnung,
während die Höhe der Gemeinkosten je Kostenstelle und die Zuschlagssätze
in der Kostenstellenrechnung über den Betriebsabrechnungsbogen ermittelt
werden. Nach diesem Kalkulationsverfahren werden jeder Produkteinheit als
Kostenträger die Einzelkosten direkt zugerechnet und auf diese die Gemeinkosten mittels proportionaler Verteilungsschlüssel aufgeschlagen. Es wird
vor allem bei der Herstellung heterogener Produktarten angewandt.
193 Vgl. KOSIOL, E. (Kostenrechnung), S. 217; MELLEROWICZ, K. (Kosten II, 2), S. 9 f.
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER172
Verschiedene Formen der Zuschlagsrechnung lassen sich danach abgrenzen,
ob und wie die Gemeinkosten aufgeteilt werden. Man kann die Gemeinkosten in einem Block zurechnen oder sie nach Kostenarten und/oder Kostenstellen gliedern. Entsprechend unterscheidet man folgende, in Abbildung
2-44 dargestellte Verteilungsverfahren194:
(1) Verrechnung von Gesamtzuschlägen (keine Gliederung nach Kostenstellen)
a) ein Zuschlag (keine Gliederung nach Kostenarten)
b) mehrere Zuschläge für unterschiedliche Kostenarten
(2) Verrechnung von Stellenzuschlägen (Gliederung nach Kostenstellen)
a) ein Zuschlag je Kostenstelle (keine Gliederung nach Kostenarten)
b) mehrere Zuschläge je Kostenstelle für unterschiedliche Kostenarten
Nein Ja
Nein
Ja
Je Kostenstelle
ein Zuschlag
Ein Gesamtzuschlag
In einzelnen Stellen
Zuschläge für verschiedene Kostenarten
Zuschläge für
verschiedene
Kostenarten
Differenzierung
nach Kostenstellen
Differenzierung nach
Kostenarten
Abb. 2-44: Formen der Zuschlagsrechnung
Die am häufigsten verwendete Form einer Zuschlagsrechnung bildet das in
Abbildung 2-45 wiedergegebene Kalkulationsschema. Ausgangspunkt der
Zuschlagskalkulation sind die Einzelkosten des Fertigungsmaterials. Die Materialgemeinkosten werden meist auf das Fertigungsmaterial bezogen. Man
geht davon aus, dass ihre Höhe proportional zur Höhe der Kosten des Fertigungsmaterials ist. Mit einem Zuschlagssatz lässt sich die Höhe der Materialgemeinkosten aus den Kosten des Fertigungsmaterials bestimmen. Die
Summe aus den Kosten des Fertigungsmaterials und den Materialgemeinkosten ergibt dieMaterialkosten.
194 Vgl. KOSIOL, E. (Kostenrechnung), S. 212.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 173
Fertigungsmaterial
Materialgemeinkosten
Fertigungslohn
Fertigungsgemeinkosten
Sondereinzelkosten
der Fertigung
Verwaltungsgemeinkosten
Vertriebsgemeinkosten
Sondereinzelkosten des Vertriebs
Materialkosten
Herstellkosten
Selbstkosten
Fertigungskosten
Abb. 2-45: Grundschema der Zuschlagskalkulation
Die Fertigungskosten setzen sich aus den Einzelkosten des Fertigungslohns,
den Fertigungsgemeinkosten und den Sondereinzelkosten der Fertigung zusammen. Als Bezugsgröße der Fertigungsgemeinkosten werden häufig die
Fertigungszeiten oder die Fertigungslohnkosten gewählt. Ist der Fertigungsbereich in mehrere Hauptkostenstellen gegliedert, ermittelt man die Fertigungsgemeinkosten für jede Hauptkostenstelle einzeln und bezieht sie auf
die in der jeweiligen Stelle anfallenden Fertigungszeiten bzw. Fertigungslohnkosten. Für jede Endkostenstelle gilt dann ein eigener Zuschlagssatz, mit
dem die Fertigungsgemeinkosten dem Fertigungslohn der Endkostenstellen
zugeschlagen werden. Material- und Fertigungskosten bilden zusammen die
Herstellkosten.
Zu den Herstellkosten addiert man die Verwaltungsgemeinkosten, die Vertriebsgemeinkosten und gegebenenfalls die Sondereinzelkosten des Vertriebs. Meist bezieht man die Verwaltungs- und die Vertriebsgemeinkosten
auf die Herstellkosten. Über die entsprechenden Zuschlagssätze lässt sich die
Höhe der Verwaltungs- bzw. Vertriebsgemeinkosten je Kostenträgereinheit
ermitteln. Ergebnis der Zuschlagskalkulation sind die Selbstkosten. Sie stellen jene Kosten dar, welche der einzelnen Kostenträgereinheit zugerechnet
werden.
Ein wesentliches Problem der Zuschlagsrechnung liegt in der Wahl geeigneter Bezugs- oder Schlüsselgrößen für die Zuschlagssätze. In der Praxis
kommt eine Vielzahl verschiedener Bezugsgrößen zur Anwendung195.
Festzulegen ist, inwieweit Mengen- oder Wertschlüssel zu verwenden sind.
Wertschlüssel sind von den Preisen abhängig, die in der abgelaufenen Rechnungsperiode für die betreffenden Güter gegolten haben. Sie schwanken mit
Preisänderungen, während Mengenschlüssel zeitlich konstant sind. Jedoch
werden auch die Gemeinkosten von Preisänderungen beeinflusst. Deshalb ist
zu untersuchen, zu welchen mengenmäßigen, wertmäßigen oder kombinierten Schlüsseln sich die Gemeinkosten bzw. einzelne Gemeinkostenarten proportional verhalten. Dabei kann sich ergeben, dass einzelne Gemeinkosten-
195 Vgl. Kapitel 2., Abschnitt B.III.2., S. 128 ff.
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER174
arten (z.B. Energiekosten) mengenabhängig und andere Gemeinkostenarten
(z.B. Versicherungen, Abgaben, Sozialaufwendungen) wertabhängig sind.
Im Falle einer Verrechnung von Gesamtzuschlägen gehen die Ergebnisse der
Kostenartenrechnung direkt in die Kostenträgerrechnung ein. Man verzichtet
auf eine Verrechnung der Gemeinkosten über Kostenstellen. Die Gemeinkosten werden für die gesamte Unternehmung den Einzelkosten zugeschlagen. Die einfachste Form der Zuschlagsrechnung liegt vor, wenn man alle
Gemeinkosten in einem Zuschlagssatz erfasst. Beispielsweise können in einer
Unternehmung während einer Abrechnungsperiode folgende Kosten angefallen sein:
Einzelkosten [€] 765.000
Fertigungsmaterial 250.000
Fertigungslohn 300.000
Sondereinzelkosten der Fertigung 95.000
Sondereinzelkosten des Vertriebs 120.000
Gemeinkosten 1.995.000
Materialabhängige Gemeinkosten 45.000
Fertigungszeitabhängige Gemeinkosten 1.310.000
Restliche Gemeinkosten 640.000
Fertigungszeit [Stunden] 49.875
Als wertmäßige Bezugsgrößen können eine der Einzelkostenarten, mehrere
Einzelkostenarten gemeinsam oder die gesamten Einzelkosten zweckmäßig
sein. Entsprechend erhält man einen Materialzuschlag, einen Lohnzuschlag,
einen Material- und Lohnzuschlag oder einen Einzelkostenzuschlag. Eine
Analyse der Kostenbeziehung kann auch ergeben, dass die Gemeinkosten auf
die Fertigungsstunden, die eingesetzte Materialmenge oder andere Mengenmaßstäbe zu beziehen sind. Für einen wertmäßigen Zuschlag auf den Fertigungslohn erhält man z.B.:
665%=
300.000
1001.995.000
=
lohnFertigungs
100enGemeinkost
=agLohnzuschlrWertmäßige
??
Dagegen kann sich für einen mengenmäßigen Zuschlag auf die Fertigungszeit beispielsweise folgender Fertigungsstundenzuschlag ergeben:
Stundepro40€=
.
1.995.000
=
zeitFertigungs
enGemeinkost
=chlagstundenzusFertigungs
87549
Mit dem ermittelten Zuschlagssatz lassen sich entsprechend Abbildung 2-46
für die einzelnen Produkte die Selbstkosten je Stück ermitteln. Die Einzelkosten für das jeweils zu kalkulierende Produkt sind unmittelbar zu erfassen
(messen).
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 175
Abb. 2-46: Beispiele für eine Zuschlagskalkulation mit einem wertmäßigen und mengenmäßigen Gesamtzuschlagssatz
%,
.
.
kostenFertigungsGesamte
100enGemeinkostRestliche
hlagkostenzuscRestgemein
h/€,
.
..
zeitFertigungs
enGemeinkostigezeitabhängFertigungs
chlagstundenzusFertigungs
%
.
.
stenmaterialkoFertigungs
100enGemeinkosthängigeMaterialab
agstenzuschlMaterialko
2299
000645
100000640
2726
87549
0003101
18
000250
10000045
?
?
?
?
?
???
?
?
?
?
?
Abb. 2-47: Beispiel für die Bestimmung unterschiedlicher Zuschlagssätze für mehrere
Gemeinkostenarten
Bei einer alternativen Form eines Gesamtzuschlags werden für mehrere Gemeinkostenarten unterschiedliche Zuschlagssätze bestimmt. So kann zum
Beispiel eine Gliederung der Gemeinkosten in materialabhängige, fertigungszeitabhängige und restliche Gemeinkosten vorgenommen werden. Wenn
man annimmt, dass sich die restlichen Gemeinkosten proportional zu den gesamten Einzelkosten der Fertigung verhalten, können sich die in Abbildung
2-47 dargestellten Zuschlagssätze ergeben.
Die Kalkulation eines Produkts nimmt bei dieser Verteilungsart die in Abbildung 2-48 dargestellte Form an.
Zuschlagskalkulation mit einem Zuschlagskalkulation mit einem
wertmäßigen mengenmäßigen
Gesamtzuschlagssatz Gesamtzuschlagssatz
Fertigungsmaterial 280 Fertigungsmaterial 280
Fertigungslohn 1.400 Fertigungslohn 1.400
Sondereinzelkosten der Sondereinzelkosten der
Fertigung 120 Fertigung 120
Gemeinkosten Gemeinkosten
(Lohnzuschlag 665 %) 9.310 (Fertigungsstundenzu- 8.400
schlag € 40; Fertigungszeit 210 Stunden)
Sondereinzelkosten des Sondereinzelkosten des
Vertriebs 160 Vertriebs 160
Selbstkosten je Stück € 11.270 Selbstkosten je Stück € 10.360
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER176
Abb. 2-48: Beispiel einer Zuschlagskalkulation mit besonderen Zuschlagssätzen für mehrere
Gemeinkostenarten
Häufig wird die Zuschlagsrechnung auf der Grundlage einer ausgebauten
Kostenarten- und Kostenstellenrechnung durchgeführt. Dann verwendet man
für jede Endkostenstelle einen eigenen Gemeinkostenzuschlagssatz. Für die
Kostenstellen (bzw. Kostenplätze) sind Bezugs- oder Schlüsselgrößen zu
wählen, die proportional zu den jeweiligen Kosten sind. Man kann zur Verrechnung der Kosten einer Stelle (bzw. eines Platzes) einen globalen Zuschlagssatz oder für mehrere Kostenarten je einen selektiven Zuschlagssatz
verwenden. Eine Aufteilung nach Kostenarten ist nötig, wenn die verschiedenen Kostenarten sich nicht proportional zu derselben Bezugsgröße verhalten.
Im folgenden Beispiel wird von einer Gliederung des Fertigungsbereichs in
drei (Haupt- und) Endkostenstellen ausgegangen. Die Einzelkosten der abgelaufenen Abrechnungsperiode betragen:
Die Höhe der Gemeinkosten sowie die Bezugsgrößen für die Kostenstellen
und die Zuschlagssätze sind in Abbildung 2-49 angegeben.
Zuschlagskalkulation mit mehreren Zuschlagssätzen
Fertigungsmaterial 280,00
Materialgemeinkosten € 280 · 18 % = 50,40
Fertigungslohn 1.400,00
Fertigungsgemeinkosten 210 h · € 26,27 = 5.516,70
Sondereinzelkosten der Fertigung 120,00
Restliche Gemeinkosten € 1.800 · 99 % = 1.782,00
Sondereinzelkosten des Vertriebs 160,00
Selbstkosten je Stück € 9.309,10
Fertigungsmaterial 250.000
Fertigungslohn
Fertigungsstelle I 80.000
Fertigungsstelle II 95.000
Fertigungsstelle III 125.000
Sondereinzelkosten der Fertigung 95.000
Sondereinzelkosten des Vertriebs 120.000
Summe € 765.000
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 177
Abb. 2-49: Beispiel für die Bestimmung von Gemeinkostenzuschlagssätzen je Kostenstelle
Aufgrund der ermittelten Zuschlagssätze lassen sich die Selbstkosten der erzeugten Produkte kalkulieren. Für eine Produktart erhält man z.B. die in
Abbildung 2-50 dargestellte Kalkulation.
Durch die Unterscheidung von Einzel- und Gemeinkosten sowie (gegebenenfalls) von Kostenstellen ist die Zuschlagsrechnung insbesondere bei mehrstufiger Mehrproduktfertigung (z.B. bei der Erstellung von Trikotwaren, Haushaltsgeräten, Maschinen) zur Ermittlung der Stückkosten (Selbstkosten je
Stück) geeignet. Diese Rechnung ist das am vielseitigsten anwendbare Kalkulationsverfahren und lässt sich durch eine stärkere Differenzierung von Kostenarten und Kostenstellen wesentlich verfeinern.
Fertigungsmaterial 280,00
Materialgemeinkosten 18% von 280,00 50,40
Materialkosten 330,40
Fertigungslohn 1.400,00
Fertigungsgemeinkosten
Fertigungsstelle I: 200 h zu 6,50 1.300,00
Fertigungsstelle II: 700 kg zu 2,00 1.400,00
Fertigungsstelle III: 280% von 455,00 1.274,00
Sondereinzelkosten der Fertigung 120,00
Fertigungskosten 5.494,00
Herstellkosten 5.824,40
Verwaltungsgemeinkosten 20% von 5.824,40 1.164,88
Vertriebsgemeinkosten 12% von 5.824,40 698,93
Sondereinzelkosten des Vertriebs 160,00
Selbstkosten je Stück € 7.848,21
Abb. 2-50: Beispiel für eine Zuschlagskalkulation der Selbstkosten je Stück mit mehreren
Stellenzuschlägen
Gemeinkosten der Periode Zuschlagsgrundlage Zuschlagssatz Art des
[€] (Bezugsgröße) Zuschlagsatzes
Material- Fertigungs- wertmäßiger
gemeinkosten 45.000 material € 250.000 18% Materialzuschlag
Fertigungsgemeinkosten
Fertigungs- Fertigungs- mengenmäßiger
stelle I 260.000 stunden 40.000 h € 6,50 je Stunde Stundenzuschlag
Fertigungs- Produkt- mengenmäßiger
stelle II 700.000 gewicht 350.000 kg € 2 je kg Gewichtszuschlag
Fertigungs- Fertigungs- wertmäßiger
stelle III 350.000 lohn € 125.000 280% Lohnzuschlag
Verwaltungs- Herstell- wertmäßiger
gemeinkosten 400.000 kosten € 2.000.000 20% Zuschlag
Vertriebs- Herstell- wertmäßiger
gemeinkosten 240.000 kosten € 2.000.000 12% Zuschlag
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER178
4. Maschinensatzrechnung
Wenn in einer Kostenstelle verschiedenartige Maschinen eingesetzt werden,
kann die Verwendung eines einzigen Stellenzuschlags zu ungenauen Ergebnissen führen, weil für die einzelnen Maschinen unterschiedliche Kostenbeziehungen gelten. Während beispielsweise eine wenig automatisierte Anlage
oder ein Handarbeitsplatz niedrige Abschreibungen und hohe Stromkosten
aufweist, kann an einem modernen Automaten der Anteil der Abschreibungen gegenüber den laufenden Betriebskosten sehr hoch sein. Deshalb ist es
vielfach üblich, zur Kalkulation bis auf einzelne Maschinen als Kostenplätze
hinunterzugehen. Alle Kosten, die von der Laufzeit einer Maschine abhängig
sind, werden dann über einen Maschinenstunden- oder Maschinenminutensatz berücksichtigt. Häufig kann man annehmen, dass die Abschreibungen,
Zins-, Strom-, Werkzeug-, Reparatur-, Instandhaltungs- und Raumkosten
einer Maschine von deren Laufzeit abhängig sind. Dann addiert man die periodischen Beträge dieser Kostenarten und dividiert sie durch die tatsächliche
oder geplante Laufzeit der Anlage in der Periode. Auf diesem Weg erhält
man einen Maschinensatz, der die anteiligen maschinenabhängigen Gemeinkosten je Maschinenstunde bzw. -minute angibt.
Für jede in der Kostenstelle eingesetzte Maschine ergibt sich ein
individueller Maschinensatz, der die jeweiligen Verfahrensbedingungen
und Kostenbeziehungen an der Maschine zum Ausdruck bringt. Zur
Durchführung der Kalkulation ermittelt man, wie lange die einzelnen
Produkteinheiten von den Maschinen bearbeitet werden und multipliziert
ihre Stückzeiten mit den Maschinensätzen. Die Gemeinkosten, die nicht von
den Maschinenlaufzeiten abhängig sind, werden über andere Zuschlagssätze
entsprechend dem üblichen Vorgehen der Zuschlagsrechnung erfasst. Die
Maschinensatzrechnung kann daher als verfeinerte Form einer
Zuschlagsrechnung interpretiert werden. Ein Beispiel zur
Maschinensatzrechnung ist in den Abbildungen 2-51 und 2-52 wiedergegeben.
Abb. 2-51: Angaben zu einer Maschine im Rahmen einer Maschinensatzrechnung
Angaben:
Anschaffungspreis 330.000 €
Wiederbeschaffungspreis 360.000 €
Wirtschaftliche Nutzungsdauer 8 Jahre
Kalkulatorischer Zinssatz 8% p.a.
Jährlicher Instandhaltungssatz 3% d. WBW
Flächenbedarf 17,0 qm
Raumkosten-Verrechnungssatz 0,04 €/(qm·Std.)
Elektrische Nennleistung 8,4 kW
Auslastung der elektrischen Nennleistung 60%
Kraftstrompreis 0,14 €/kWh
Werkzeugkosten 3,80 €/Std.
Restfertigungsgemeinkosten 5,70 €/Std.
Sollstunden pro Jahr 1.500 Std.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 179
Abb. 2-52: Beispiel für die Ermittlung eines Maschinenstundensatzes
5. Kalkulation von Kuppelprodukten
Die gekennzeichneten Kalkulationsverfahren der Divisionsrechnung, der
Äquivalenzziffernrechnung und der Zuschlagsrechnung sind in erster Linie
auf industrielle Fertigungsprozesse ausgerichtet. Dagegen können spezielle
Probleme der Kostenträgerstückrechnung bei der Erzeugung von Kuppelprodukten sowie in anderen Wirtschaftszweigen auftreten. Beispielsweise
wird im Handel das beschaffte Gut nicht bearbeitet. Daher stimmen das beschaffte Gut und das abzusetzende Gut überein. Die Gesamtkosten bestehen
vor allem aus den Materialkosten (Warenkosten). Auch bei Banken und anderen Dienstleistungsunternehmungen können die dargestellten Kalkulationsverfahren vielfach nicht ohne weiteres angewandt werden. Deshalb ist für
diese eine Reihe spezieller Kalkulationsverfahren entwickelt worden, von denen nachfolgend Verfahren zur Kalkulation von Kuppelprodukten dargestellt
werden.
Eine Fertigung von Kuppelprodukten liegt vor, wenn aus einem
Produktionsprozess technisch zwangsläufig mehrere Güterarten
hervorgehen196. Derartige Produktionsprozesse kommen insbesondere in der chemischen Industrie vor.
So entstehen verschiedenartige Produkte bei der Spaltung bestimmter Güter
wie Erdöl oder Kohle. Das Verhältnis zwischen den Ausbringungsmengen
der Kuppelprodukte kann dabei starr oder in Grenzen variierbar sein. Jedoch
ist es aufgrund physikalischer, chemischer oder technischer Zusammenhänge
nicht möglich, lediglich eine Güterart in dem Produktionsprozess herzustellen.
Die Bedeutung der Kuppelproduktion wird heute klarer erkannt, weil in
vielen Prozessen Abfallprodukte entstehen, die zu einer Umweltbelastung
führen. Das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Industrialisierung
196 Vgl. RIEBEL, P. (Kuppelproduktion), S. 27 ff.
Kalkulation: [€/Std.]
Kalkulatorische Abschreibung 360.000 : 8 : 1.500 = 30,00
Kalkulatorische Zinsen 180.000 · 0,08 : 1.500 = 9,60
Instandhaltungskosten 360.000 · 0,03 : 1.500 = 7,20
Raumkosten 17 · 0,04 = 0,68
Stromkosten 8,4 · 0,6 · 0,14 = 0,71
Werkzeugkosten 3,80
Restfertigungsgemeinkosten 5,70
Maschinenstundensatz [FGK/Std.] 57,69
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER180
verleihen diesem Problem ein immer stärkeres Gewicht. Deshalb wird es zunehmend notwendig, die Kosten der Entsorgung von Abfallprodukten in die
Kostenrechnung aufzunehmen. Zu diesem Zweck gibt es Ansätze, Systeme
einer Umweltkostenrechnung aufzubauen197.
Die Kosten einer Kuppelproduktion können nach dem Verursachungsprinzip den erzeugten Gütern nur gemeinsam zugerechnet werden. Deshalb ist
eine Verteilung der Kosten auf die verschiedenen Kuppelprodukte nach dem
Verursachungsprinzip nicht durchführbar. Dennoch kann es für bestimmte
Zwecke notwendig sein, für jedes Produkt Stückkosten festzulegen. So müssen z.B. Bestände an Kuppelprodukten im Rahmen des Jahresabschlusses bewertet werden. Die Kostenverteilung kann nach verschiedenen Prinzipien
ausgerichtet werden. Sie erfolgt nach dem Tragfähigkeitsprinzip, wenn sie
entsprechend den Marktpreisen der Kuppelprodukte vorgenommen wird.
Daneben werden andere Verteilungsschlüssel wie die Bedeutung im Produktionsprogramm, die Erzeugungsmengen, technische Eigenschaften oder bestimmte Kostenarten herangezogen198.
In der Vollkostenrechnung verteilt man die gesamten Kosten einer Abrechnungsperiode auf die erzeugten Kuppelprodukte. Für die Kalkulation von
Kuppelprodukten bei Vollkostenrechnung sind die Restwertrechnung und
die Verteilungsrechnung entwickelt worden.
Die Restwertrechnung beruht auf einer Zurechnung der Kosten nach der Bedeutung der Produktarten im Produktionsprogramm. Außerdem werden bei
dieser Kalkulation die Marktpreise teilweise berücksichtigt. Dieses Verfahren
ist anwendbar, wenn der Produktionsprozess zur Herstellung eines Hauptproduktes und eines oder mehrerer Nebenprodukte führt. Die Behandlung
einzelner Kuppelprodukte als Nebenprodukte kann sich daraus ergeben, dass
ihre Produktionsmengen, die ihnen direkt zurechenbaren Kosten oder ihre
Marktpreise im Verhältnis zum Hauptprodukt niedrig sind. Als Nebenprodukte können insbesondere Abfallprodukte angesehen werden. Bei der
Restwertrechnung werden die Überschüsse, welche die Nebenprodukte
erzielen, von den Gesamtkosten subtrahiert und der sich ergebende Restwert
voll dem Hauptprodukt zugerechnet. Verschiedene Formen der
Restwertrechnung lassen sich danach unterscheiden, in welchem Umfang die
Erlöse der Nebenprodukte um direkt zurechenbare Kosten dieser Produkte
vermindert und von welchen Kostenarten des Hauptprodukts die Erlöse
abgezogen werden199.
Zur Verdeutlichung der Restwertrechnung wird ein Produktionsprozess mit
drei Kuppelprodukten zugrunde gelegt. Zwei der Produkte werden als Nebenprodukte behandelt. Die während einer Abrechnungsperiode entstandenen Kosten in Höhe von € 605.000 lassen sich nach ihrer Zurechenbarkeit auf
die Produkte in Einzelkosten jedes Produktes und in Kosten des Kuppelprozesses gliedern. Die Einzelkosten, die dem Hauptprodukt bzw. den beiden Nebenprodukten direkt zurechenbar sind, können z.B. Kosten der Wei-
197 Vgl. z.B. KEILUS, M. (Umweltplankostenrechnung).
198 Vgl. HENZEL, F. (Kostenrechnung), S. 252 ff.; MELLEROWICZ, K. (Kosten II, 2), S. 345 ff.
199 Vgl. RIEBEL, P. (Kalkulation), Sp. 996 f.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 181
terverarbeitung und Sondereinzelkosten des Vertriebs darstellen. Aus Abbildung 2-53 sind neben den Kosten auch die während der Periode erzeugten
Mengen sowie die erzielten Erlöse der Produkte ersichtlich.
Abb. 2-53: Beispiel für Kosten, Produktionsmengen und Erlöse einer Kuppelproduktion
Zur Ermittlung der Kosten des Hauptprodukts subtrahiert man die Differenzen zwischen den Erlösen und den Einzelkosten der Nebenprodukte von den
Kosten des Kuppelprozesses. Diese Differenzen stellen Deckungsbeiträge
der Nebenprodukte zu den Kosten des Kuppelprozesses dar. Addiert man
zu den sich ergebenden Kostenbeträgen die Einzelkosten des Hauptprodukts
und dividiert diese Summe durch die während der Abrechnungsperiode erzeugte Menge des Hauptprodukts, so erhält man die Stückkosten des
Hauptprodukts (vgl. Abbildung 2-54).
Bei der Verteilungsrechnung wird jedem der Kuppelprodukte ein Anteil an
den Kosten des Kuppelprozesses zugeordnet. Als Bezugs- oder Schlüsselgrö-
ßen der Kostenverteilung verwendet man vor allem Mengenanteile, Marktpreise, fiktive Marktwerte sowie technisch-physikalische Größen wie Heizwerte, Molekulargewichte und dergleichen. Sofern die Kuppelprodukte mit
Hilfe anderer Produktionsverfahren auch unabhängig voneinander erzeugt
werden können, lassen sich ferner die Kosten der isolierten Erzeugung als
Verteilungsschlüssel heranziehen. Zur Erläuterung der Verteilungsrechnung
werden im Folgenden in einem ersten Beispiel die Kosten des hergestellten
Fertigungsprozesses mit den Produkten A, B und C nach den Mengenanteilen
und nach den Marktpreisen verteilt.
Direkt zurechenbare Kosten des Produktions- Erlöse
Kosten (Einzelkosten) Kuppelprozesses mengen
[€] [€] [t] [€]
Hauptprodukt A 110.000 13.000 585.000
Nebenprodukt B 60.000 400.000 2.000 100.000
Nebenprodukt C 35.000 5.000 115.000
Summe 20.000
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER182
Abb. 2-54: Beispiel für eine Kalkulation von Kuppelprodukten nach der Restwertrechnung
Die Produktionsmengen der Kuppelprodukte während der Abrechnungsperiode bilden die Bezugsgröße einer Verteilung der Kosten des Kuppelprozesses nach Mengenanteilen. Dieses Verfahren entspricht der einfachen Divisionsrechnung. Es ist nur anwendbar, wenn die Produktionsmengen der verschiedenen Produkte mit demselben Maßstab gemessen werden können. Dividiert man die Kosten des Kuppelprozesses durch die Summe der Produktionsmengen, so erhält man den Kostenanteil je Produkteinheit. Wenn man zu
diesem Anteil an den Kosten des Kuppelprozesses die Einzelkosten jedes
Kuppelprodukts addiert, ergeben sich die jeweiligen Stückkosten (vgl. Abbildung 2-55).
Abb. 2-55: Beispiel für eine Kalkulation von Kuppelprodukten nach der Verteilungsrechnung
(Verteilung nach Mengenanteilen)
Im Falle einer Verteilung der Kosten des Kuppelprozesses nach Marktpreisen
werden die Marktpreise bzw. die Erlöse je Produkteinheit als Äquivalenzziffern aufgefasst. Dabei sind die Marktpreise bzw. die Erlöse gegebenenfalls
um Sondereinzelkosten des Vertriebs zu vermindern. Multipliziert man die
Produktionsmengen jedes Kuppelprodukts mit dem Erlös je Produkteinheit,
ergeben sich Schlüsselzahlen. Der Quotient aus den Kosten des Kuppelprozesses und der Summe der Schlüsselzahlen stellt die Kosten je Schlüsseleinheit dar. Diese multipliziert man mit den Schlüsselzahlen der Kuppelpro-
Kostenanteil je Produkteinheit
aus dem Kuppelprozeß:
€ 400.000 : 20.000 t = 20 €/t
Kostenanteil je
Produkt Produkteinheit Einzelkosten je Stückkosten je
aus dem Kuppelprozeß Produkteinheit Produkteinheit
[€/t] [€/t] [€/t]
A 20,00 8,46 28,46
B 20,00 30,00 50,00
C 20,00 7,00 27,00
Kosten des Kuppelprozesses 400.000
- Deckungsbeiträge von Nebenprodukt B
(=Erlöse-Einzelkosten von Nebenprodukt B) 100.000 - 60.000 = - 40.000
- Deckungsbeiträge von Nebenprodukt C
(=Erlöse-Einzelkosten von Nebenprodukt C) 115.000 - 35.000 = - 80.000
Kosten des Hauptprodukts aus dem 280.000
Kuppelprozeß
+ Einzelkosten des Hauptprodukts A 110.000
Gesamtkosten des Hauptprodukts A € 390.000
Stückkosten des Hauptprodukts A: € 390.000 : 13.000 t = 30 €/t
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 183
dukte. Es ergeben sich für jedes Produkt die Anteile an den Kosten des
Kuppelprozesses. Entsprechend gewinnt man die für jede Produkteinheit zu
verrechnenden Kostenanteile des Kuppelprozesses durch Multiplikation der
Erlöse je Produkteinheit mit den Kosten je Schlüsseleinheit. Addiert man
hierzu die jeweiligen Einzelkosten, erhält man die Stückkosten für jedes
Kuppelprodukt (vgl. Abbildung 2-56).
Sofern es sich bei den Kuppelprodukten um Zwischenprodukte handelt, für
die keine Marktpreise existieren, kann man die Preise der Endprodukte als
Bezugsgrößen der Kostenverteilung wählen. Des weiteren können auch die
Verwertungsüberschüsse in Form fiktiver Marktwerte als Schlüssel dienen.
Sie ergeben sich, wenn man von den Erlösen der Endprodukte die Kosten
abzieht, welche für die Weiterverarbeitung der Zwischenprodukte nach dem
Kuppelprozess angefallen sind. In einem weiteren Beispiel wird diese mehrstufige Verteilungsrechnung veranschaulicht. Aus einem Rohstoff (30.000 kg
zu 1 €/kg) entstehen bei einer Kuppelproduktion in einer Abrechnungsperiode die Kuppelprodukte A und B. Während Produkt A sofort am Markt
abgesetzt werden kann, wird B in mehreren Produktionsstufen zu den Endprodukten B11 und B12 und B2 weiterverarbeitet und dann ebenfalls vollständig verkauft.
Abb. 2-56: Beispiel für eine Kalkulation von Kuppelprodukten nach der Verteilungsrechnung
(Verteilung nach Marktpreisen)
Die Produktionsstufen mit den entstehenden Kosten in den Kostenstellen K1
bis K5 und die Marktwerte der Endprodukte zeigt Abbildung 2-57.
Die Verteilung der Kosten des Kuppelprozesses anhand der Marktwerte zeigt
Abbildung 2-58. MW bezeichnet dabei die Marktwerte der einzelnen Produkte nach Abzug der Einzelkosten. HK steht für die Herstellkosten der Produkte
nach Verteilung der Kosten des Kuppelprozesses. In einem ersten Schritt
werden ausgehend von der untersten Produktionsstufe die Marktwerte der
Kuppelprodukte durch Addition der Marktwerte der nachfolgenden Produkte bestimmt. In einem zweiten Schritt werden schließlich die Kosten der
Kuppelprodukte von oben nach unten im Verhältnis der Marktwerte verteilt.
Kosten des Kuppelprozesses je Schlüsseleinheit: € 400.000 : 800.000 = 0,50 €
Erlös je Schlüssel- Kosten- Kostenanteil Einzelkosten Stückkosten
Produkt Produkteinheit Produktions- zahl anteil je Produkt- je Produkt- je Produkt-
(Marktpreis) menge (Erlöse) je Produkt einheit einheit einheit
[€/t] [t] [€] [€] [€/t] [€/t] [€/t]
A 45 13.000 585.000 292.500 22,50 8,46 30,96
B 50 2.000 100.000 50.000 25,00 30,00 55,00
C 23 5.000 115.000 57.500 11,50 7,00 18,50
800.000 400.000
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER184
Rohstoff
K1: 60.000 €
MW: 20.000 € K2: 80.000 € K3: 20.000 €
MW: 30.000 €K4: 244.000 € K5: 46.000 €
MW: 380.000 € MW: 80.000 €
A B
B1 B2
B11 B12
Abb. 2-57: Angaben für ein Beispiel zur Kalkulation von Kuppelprodukten nach der mehrstufigen Verteilungsrechnung
Rohstoff
K1: 60.000
K2: 80.000 K3: 20.000
K4: 244.000 K5: 46.000
A B
B1 B2
B11 B12
MW: 120.000
HK: 90.000
MW: 100.000
HK: 75.000
MW: 20.000
HK: 15.000
G: 5.000
MW: 90.000
HK: 67.500
MW: 10.000
HK: 7.500
MW: 136.000
HK: 118.000
MW: 34.000
HK: 29.500
MW: 380.000
HK: 362.000
G: 18.000
MW: 80.000
HK: 75.500
G: 4.500
MW: 30.000
HK: 27.500
G: 2.500
MW: 170.000
HK: 147.500
Abb. 2-58: Durchführung der Kalkulation von Kuppelprodukten nach der mehrstufigen
Verteilungsrechnung
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 185
Die Zurechnung der Kosten des Kuppelprozesses nach Marktpreisen, fiktiven
Marktwerten oder Verwertungsüberschüssen beruht auf dem Verteilungsprinzip der Tragfähigkeit. Jedes Kuppelprodukt wird dann um so stärker
mit den Kosten des Kuppelprozesses belastet, je höher sein Erlös je Produkteinheit ist.
Die Anwendbarkeit der verschiedenen Verteilungsschlüssel hängt vom verfolgten Zweck der Kalkulation von Kuppelprodukten ab. Dabei ist stets zu
beachten, dass mit keinem Schlüssel eine verursachungsgemäße Zurechnung
der Kosten von Kuppelprozessen erreichbar ist. Die ermittelten Stückkosten
können daher in der Regel nicht als Grundlage für Planungs- und Entscheidungsprobleme herangezogen werden.
6. Einflussgrößen auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens
Für die Wahl eines Kalkulationsverfahrens sind mehrere Größen maßgebend. Als wichtigste Einflussgrößen kann man die Rechnungsziele, das Produktionsprogramm und das Produktionsverfahren der Unternehmung ansehen.
Mit den Kalkulationsverfahren werden Informationen über die Höhe der
Kosten je Kostenträgereinheit ermittelt. Die Struktur des benötigten Kalkulationsverfahrens ist davon abhängig, für welche Probleme die Informationen
ausgewertet werden sollen. Somit bilden die verfolgten Rechnungsziele eine
erste Einflussgröße auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens. Die
verschiedenen Kalkulationsverfahren lassen sich danach kennzeichnen, wie
die Kosten auf die Kostenträger verteilt werden. Das jeweils angewandte
Prinzip der Kostenverteilung muss sich ebenfalls nach dem verfolgten
Rechnungsziel richten. Die Verrechnung der gesamten Kosten auf die
Kostenträger in der Vollkostenrechnung ist von grundsätzlicher Bedeutung
für die Verwendbarkeit der ermittelten Informationen. Dem
Verursachungsprinzip und dem Identitätsprinzip entspricht eine derartige
Verrechnung von Vollkosten nur dann, wenn das Produktionsprogramm die
einzige Kosteneinflussgröße darstellt. Beeinflussen zusätzliche Größen oder
Entscheidungstatbestände die Höhe der Kosten, können nach dem
Verursachungsprinzip und nach dem Identitätsprinzip nicht die gesamten
Kosten auf die Kostenträger verteilt werden. Die Verteilung ist nach anderen
Prinzipien wie dem Durchschnittsprinzip oder dem Tragfähigkeitsprinzip
durchzuführen. Dann liefern die Kalkulationsverfahren auf Vollkostenbasis
keine Informationen für Planungs-, Entscheidungs- und Steuerungsprobleme
der Unternehmung. Jedoch können sie zur Erfüllung des Rechnungsziels
'Bewertung von Beständen an Zwischen- und Endprodukten im
Jahresabschluss' dienen, sofern sie mit den gesetzlichen Vorschriften
vereinbar sind.
Eine zweite wichtige Einflussgröße auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens
ist das Produktions- oder Leistungsprogramm der Unternehmung. Es ist
durch die Art und Menge der Produkte charakterisiert, die von der Unternehmung in einer Periode erzeugt werden. Für die Kostenträgerrechnung
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER186
erscheinen vor allem die Anzahl der Produktarten und der Grad an Übereinstimmung zwischen den Produkten wesentlich.
Jede Produktart ist durch bestimmte Eigenschaften gekennzeichnet. Nach
dem Merkmal Anzahl der Produktarten differenziert man zwischen Einprodukt- und Mehrproduktunternehmungen. Bei Einproduktfertigung liegt eine
völlige Übereinstimmung zwischen den Produkten vor, diese kann bei Mehrproduktfertigung unterschiedlich groß sein. In Einproduktunternehmungen
besteht das Produktionsprogramm aus homogenen Produkten, die im Normalfall in sehr großer Menge erzeugt werden. Deshalb spricht man von Massenfertigung. Der höchste Grad an Übereinstimmung zwischen den Produkten ist im Falle einer Mehrproduktfertigung bei der Herstellung von Sortenprodukten (Sortenfertigung) gegeben. Sortenprodukte sind Realgüter, die zu
einer gleichen Gütergattung gehören. Sie stimmen in wesentlichen Eigenschaften überein, unterscheiden sich aber hinsichtlich ihrer Dimension und
Qualität. Beispiele für Sortenprodukte sind die verschiedenen Abmessungen
von Stahl oder die Sorten von Schokolade. Das Produktionsprogramm wird
aus Serienprodukten gebildet, wenn es verschiedenartige Güter umfasst und
von jeder Produktart eine bestimmte Anzahl produziert wird. Den niedrigsten Grad an Übereinstimmung weist ein Produktionsprogramm auf, das lediglich Einzelprodukte enthält (Einzelfertigung). Von jeder Produktart wird
nur ein Gut hergestellt, so dass jedes Produkt ein individuelles Gut ist.
Man kann davon ausgehen, dass die Produktionsprozesse und die Einsatzmengen an Werkstoffen, Betriebsmittel- und Arbeitsleistungen von der Übereinstimmung zwischen den Produkten beeinflusst werden. Je höher der Grad
an Übereinstimmung zwischen den Produkten ist, desto eher wird eine Form
der Divisionsrechnung zur Anwendung kommen. Dagegen wird um so eher
eine Form der Zuschlagsrechnung verwendet werden, je weniger die
Produkte übereinstimmen. Aufgrund dieser Hypothese über die Wahl der
Kalkulationsverfahren durch die Unternehmungen lässt sich eine Zuordnung
der Kalkulationsverfahren zu den gekennzeichneten Typen des Produktionsprogramms vornehmen200. Die Kosten je Einheit des Kostenträgers (Stückkosten) werden bei Einproduktfertigung üblicherweise mit Hilfe der einfachen Divisionsrechnung ermittelt. Bei Sortenfertigung ermöglicht die
hohe Übereinstimmung zwischen den Produkten in einer Vielzahl von Fällen
eine Umrechnung verschiedenartiger Produkte mit Äquivalenzziffern. Daneben kann die Divisionsrechnung bei Sortenfertigung als globale Überschlagsrechnung dienen. Ist der Grad an Übereinstimmung nicht allzu hoch,
kommt auch bei Sortenfertigung die Zuschlagsrechnung vor. Somit können
bei diesem Typ des Produktionsprogramms alle drei Kalkulationsverfahren
auftreten. Da die Übereinstimmung zwischen den Produkten verschiedener
Serien gering ist, bilden die Zuschlags- und Maschinensatzrechnung in ihrem Fall das am häufigsten angewandte Kalkulationsverfahren. Äquivalenzziffern sind lediglich im Rahmen einer Zuschlagsrechnung verwendbar,
wenn die Produkte einer Serie nicht völlig homogen sind, sondern zu eng
verwandten Sorten gehören. Schließlich hat die starke Differenzierung zwi-
200 Vgl. HEBER, A./NOWAK, P. (Betriebstyp), S. 160 ff.; KOSIOL, E. (Kostenrechnung),
S. 109 ff.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 187
schen individuellen Gütern bei Einzelfertigung die Anwendung der Zuschlagsrechnung zur Folge. Die Zuordnung der Kalkulationsverfahren zu
den Programmtypen ist in Abbildung 2-59 zusammenfassend dargestellt.
Durchgezogene Pfeile kennzeichnen die üblicherweise und gestrichelte Pfeile
die seltener angewandten Kalkulationsverfahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die vorgenommene Zuordnung in diesem Zusammenhang nur
auf Unternehmungen bezieht, die mit Systemen der Vollkostenrechnung arbeiten.
Auf die Wahl der Kalkulationsmethode wirkt ferner die Art des Produktionsverfahrens. Darunter versteht man die technischen Prozesse, die zur Herstellung eines Produktes aus bestimmten Einsatzgütern führen. In der Kostenträgerrechnung sind die Zahl der Produktionsstufen, die Vergenz des
Produktionsverfahrens und die Kontinuität des Produktionsablaufs als relevante Merkmale zu betrachten.
Anzahl der Eine Mehrere
Produktarten Produktart Produktarten
Übereinstimmung Einheitliche Gattungs- Homogen- Individuelle
der Produkte Produkte produkte gruppierte Produkte
Produkte
Programmtypen Einprodukt- Sorten- Serien- Einzelfertigung fertigung fertigung fertigung
Kalkulations- Divisions- Äquivalenz- Maschinen- Zuschlagsverfahren rechnung ziffernrechnung satzrechnung rechnung
Abb. 2-59: Zuordnung der Kalkulationsverfahren zu Typen des Produktionsprogramms
Die Zahl der Produktionsstufen wird durch die Arbeitsverrichtungen
(Arbeitsgänge) bestimmt, die zur Herstellung des Produkts erforderlich sind.
Auf den verschiedenen Stufen werden normalerweise während einer Abrechnungsperiode nicht dieselben Produktmengen erzeugt. Es entstehen zwischen den Produktionsstufen Lager an Zwischenprodukten. Die Beanspruchung der einzelnen Arbeitsplätze oder Aggregate durch die Kostenträger in
einer Abrechnungsperiode ist unterschiedlich. Dieser Tatbestand muss bei
der Wahl des Kalkulationsverfahrens berücksichtigt werden. Deshalb sind bei
unterschiedlichen Ausbringungsmengen auf den Produktionsstufen im Falle
homogener oder annähernd homogener Produkte die mehrstufige Divisionsrechnung oder eine entsprechende mehrstufige Äquivalenzziffernrechnung geeignet. Wenn die Unternehmung Produkte mit geringer Übereinstimmung erzeugt, lassen sich die Unterschiede in der Beanspruchung der Produktionsstufen durch eine Differenzierung von Stellenzuschlägen in der
Zuschlagsrechnung erfassen. Bei einstufigem Produktionsverfahren kann auf
2. Kapitel: Ermittlungsorientierte Systeme der KER188
eine Differenzierung nach Produktionsstufen bzw. Kostenstellen verzichtet
werden. Deshalb sind bei diesem Typ des Produktionsverfahrens die einstufige Divisionsrechnung oder die Äquivalenzziffernrechnung sowie die Zuschlagsrechnungmit Gesamtzuschlägen anwendbar.
Durch die Vergenz des Produktionsverfahrens und die Kontinuität des Produktionsablaufs werden insbesondere der Umfang und die Genauigkeit der
Kostenzurechnung beeinflusst. Mit dem Merkmal der Vergenz nimmt man
Bezug auf die Struktur des Produktionsverfahrens und die Kombination der
Einsatzstoffe201. Ein Produktionsverfahren hat divergierenden Charakter,
wenn aus einem Stoff mehrere artmäßig verschiedene Produkte erzeugt werden. Fallen dabei zwangsläufig verschiedenartige Produkte an, so handelt es
sich um Kuppelproduktion. Das Produktionsverfahren wird als durchgängig
(glatt) bezeichnet, wenn in den Produktionsprozess ein Einsatzstoff eingeht,
aus dem nur eine Produktart hergestellt wird. Hingegen werden bei konvergierenden Produktionsverfahren zur Erzeugung einer Produktart verschiedenartige Stoffe eingesetzt. Das Produktionsverfahren führt hierbei zu einer
Vereinigung der unterschiedlichen Einsatzstoffe. Die Zahl der erstellten Güter verringert sich mit zunehmender Absatzreife. Dies bedeutet, dass bei konvergierendem Produktionsverfahren die Zahl der Kostenträger, auf welche
die Kosten letztlich zu verteilen sind, relativ gering ist. In divergierenden
Produktionsverfahren nimmt dagegen die Zahl der erzeugten Güter bis zur
letzten Produktionsstufe hin zu. Hierdurch tritt im Rahmen einer Vollkostenrechnung eine Vielzahl von Verteilungsproblemen auf. Besonders schwierige
Probleme der Kostenverteilung ergeben sich, wenn bei divergierenden Produktionsverfahren Kuppelprodukte erzeugt werden.
Einen entsprechenden Einfluss auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens hat
die Kontinuität des Produktionsablaufs. Kontinuierliche Produktionsverfahren laufen über längere Zeit hinweg ohne Unterbrechung ab. Eine derartige
Kontinuität ist in der Regel nur solange möglich, wie dieselbe Produktart gefertigt wird. Deshalb kommen kontinuierliche Produktionsverfahren in reiner
Form lediglich bei Massenfertigung vor. Ferner müssen die Produktionsprozesse für die verschiedenen Güter derselben Produktart gleich sein. Da in diesem Fall die Produktionsstellen durch die Gütereinheiten in gleicher Weise
beansprucht werden, ist eine Kostenverteilung gemäß der Divisionsrechnung durchführbar. Bei diskontinuierlichen Produktionsprozessen tritt regelmäßig eine Unterbrechung des Produktionsablaufs ein, die in den technologischen Bedingungen des Verfahrens begründet ist. So kann in einem
Schmelzprozess wegen des begrenzten Fassungsvermögens des
Schmelzofens nur eine bestimmte Menge an Produkten, eine Charge, erstellt
werden. Anschließend muss ein neuer Produktionsprozess in Gang gesetzt
werden. Wesentliche Unterbrechungen ergeben sich ferner durch die
Umstellung der Produktionsanlagen für die Fertigung anderer Produktarten.
Derartige Umrüstungen sind für die Werkstattfertigung typisch. Jedoch
können sie auch bei Fließfertigung auftreten, wenn zum Beispiel auf einer
Fließstraße nacheinander verschiedene Sorten hergestellt werden. Durch die
201 Vgl. KOSIOL, E. (Einführung), S. 190; RIEBEL, P. (Erzeugungsverfahren), S. 55 ff.
C. Kosten- und Erlösträgerstückrechnung 189
Umstellung der Produktionsanlagen entstehen Kosten. Somit hängen die auf
die einzelne Produkteinheit entfallenden Kosten auch von der Gütermenge
ab, die in einer Charge oder in einem Los ohne Unterbrechung des
Produktionsablaufs miteinander bzw. hintereinander erzeugt wird. Es kann
daher bei diskontinuierlichen Produktionsverfahren notwendig sein, "für jede
Erzeugnisart so viele Kostenträger zu führen, wie einzelne Abschnitte in der
Herstellung auftreten"202.
IV. Probleme und Verfahren der Erlösträgerstückrechnung
Die Erlösträgerstückrechnung lässt sich ohne Schwierigkeiten vornehmen,
soweit Erlöse den Produkteinheiten direkt zurechenbar sind. Dann erhält
man die konstanten Stückerlöse unmittelbar aus der Erlösartenrechnung. Sie
sind dort entweder für das einzelne Stück erfasst oder der Gesamtbetrag für
eine verkaufte Menge lässt sich proportional den jeweiligen Einheiten zurechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass einerseits das betreffende Gut in beliebiger Menge und Kombination mit anderen Gütern absetzbar ist und andererseits die Erlöse je Einheit unabhängig von den Bestellmengen des Kunden bei
diesem und anderen Gütern sind203.
Verteilungsprobleme treten auf, sobald für eine oder mehrere Produktarten
Gemeinerlöse anfallen. Ihre Ursachen liegen darin, dass eine oder mehrere
der genannten Voraussetzungen für eine direkte Zurechenbarkeit verletzt
sind. So kann es sich um mengenmäßig gekoppelte Angebote handeln oder
können Mindestabnahmemengen festgelegt sein. Dies bedeutet, dass der
Kunde die Produkte nur in vorgegebenen 'Päckchen' erhält oder ein Kauf von
Einzelprodukten ausgeschlossen wird, weil beispielsweise die Herstellung
eines Einzelstücks oder eines sehr kleinen Loses im Hinblick auf die Rüstkosten zu teuer bzw. das Ausschussrisiko zu hoch ist. Ferner können abnahmemengenunabhängige Fest- oder Mindestentgelte je Periode oder Auftrag
verlangt werden. Hierzu gehören z.B. Pauscherlöse für das Abonnement von
Zeitungen sowie Zeitschriften oder Mindestentgelte für Pacht- bzw. Lizenzverträge. Ein Verbund zwischen den Erlösen je Produkteinheit liegt auch
bei mengenabhängigen Preisen vor. Mindermengenzuschläge, gestaffelte
Preise und Mengenrabatte führen dazu, dass der Erlös für das einzelne Stück
davon abhängt, wie viel Stück insgesamt abgenommen werden. Damit ist er
nicht mehr der jeweiligen Produkteinheit eindeutig zurechenbar. In den
skizzierten Fällen betrifft der Verbund die verkauften Einheiten einer Produktart. Darüber hinaus können Angebots- oder Nachfrageverbunde zwischen verschiedenen Produktarten bestehen. Ein Beispiel für das erstere sind
Kombinations- oder Kopplungsgeschäfte, in denen mehrere Artikel z.B. zu
einer Kosmetikpackung oder einem Geschenkkorb zusammengefasst werden.
Ein auf verschiedene Güterarten bezogener Nachfrageverbund liegt insbesondere bei Boni, Rabatten und Festentgelten vor, die für mehrere Produktarten zusammen gewährt werden. Dieser ist zwar auf das Angebot des
202 KOSIOL, E. (Kalkulation), S. 184.
203 Vgl. RIEBEL, P. (Einzelkostenrechnung), S. 110 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Dieses Standardwerk liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über die Aufgaben, Techniken und Systeme der Kosten- und Erlösrechnung. Zunächst führt es in die Grundlagen ermittlungsorientierter Systeme ein. Dazu gehören die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ein Spektrum, das in jeder Vorlesung zur Kostenrechnung gelehrt wird. Daran schließt sich die Darstellung planungs- und verhaltenssteuerungsorientierter Systeme an. Dabei handelt es sich um Methoden wie Prozesskosten-, Grenzplankosten- oder Deckungsbeitragsrechnungen und Target Costing, die im Alltag von höchster praktischer Relevanz sind. Abgeschlossen wird das Buch durch die Behandlung aktueller Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Kostenrechnung. Hierbei spielen insbesondere die Herausforderungen der Preisregulierung bei den Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkten eine große Rolle.
Die Autoren
Prof. Dr. Marcell Schweitzer lehrte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Ulrich Küpper ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Controlling an der LMU in München.