Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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Inhaltsverzeichnis
3.1 Begriff der Integrierten Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.2 Konzepte der Integrierten Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
3.3 Formen der Integrierten Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
3.4 Aufgaben und Bezugsobjekte einer Integrierten Kommunikation . . . 106
3.5 Kernelemente einer Strategie der Integrierten Kommunikation . . . . . 111
3.6 Bausteine eines Konzeptpapiers der Integrierten Kommunikation . . . 113
3.7 Integration von Kommunikationszielen, -botschaften und
- instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
3.8 Planungselemente im Einsatz von Kommunikationsinstrumenten. . . 128
Integrierte Kommunikation als
Kommunikationsstrategie
3 Integrierte Kommunikation als Kommunikationsstrategie
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3.1 Begriff der Integrierten Kommunikation
In der Kommunikationsliteratur – insbesondere in der Literatur zur Corporate
Identity – wird immer wieder die Forderung nach einer Integrierten Kommunikation gestellt, ohne den Begriff jedoch eindeutig und umfassend zu definieren. Auch
in der Praxis herrscht oftmals ein diffuses und divergierendes Verständnis über
den Begriff der Integrierten Kommunikation (Bruhn/Zimmermann 1993). Vielfach
besteht auch eine nur unscharfe Trennung zwischen verschiedenen kommunikationspolitischen Leitkonzepten, wie beispielsweise Integrierte Kommunikation,
Corporate Communications und Corporate Identity. Während Corporate Communications als Koordinationskonzept die Koordination von Unternehmensidentität,
Unternehmenskultur, Erscheinungsbild und Kommunikationsinstrumenten anstrebt (Demuth 1989), wird Corporate Identity als Orientierungskonzept, bestehend
aus den Elementen Corporate Communications, Corporate Design und Corporate
Behaviour, verstanden, das auf die Herstellung eines schlüssigen Zusammenhangs
von Erscheinung, Worten und Taten eines Unternehmens mit seinen spezifischen
Besonderheiten ausgerichtet ist (Wiedmann 1987; 1988; Birkigt/Stadler/Funck 2002).
Insbesondere die Corporate-Identity-Diskussion, die seit Jahrzehnten international
geführt wird, hat das Bewusstsein für die Notwendigkeit zur Integration aller
Kommunikationsaktivitäten und dem unternehmerischen Verhalten geschärft sowie wertvolle Beiträge für die Reflektion über „Unternehmenskulturen“ geleistet.
Für die konkrete inhaltliche und planerische Ausgestaltung einer Integration der
Kommunikationsarbeit gibt sie jedoch nur bedingt Hilfestellung, da sie die Problemstellung der Integration häufig auf die formale Integration (Corporate Design)
reduziert (vgl. ausführlich Bruhn 2009a). An dieser Schwachstelle setzt das Konzept der Integrierten Kommunikation an, indem versucht wird, eine ganzheitliche
Integration der Kommunikation in formaler, zeitlicher und insbesondere auch
inhaltlicher Hinsicht vorzunehmen. Zunächst wird auf das Phänomen der Integration und die Vielfalt von Kommunikationsprozessen als Ausgangspunkt der
Integration eingegangen, bevor eine genaue begriffliche Definition der Integrierten
Kommunikation vorgestellt wird.
Der Begriff der Integration ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur von zentraler Bedeutung. Die Diskussion über die Notwendigkeit eines „integrierten Managements“ (Bleicher 2011), eines „integrierten Marketing“ (Busch/Dögl/Unger 2008;
Kotler/Keller 2009) bzw. einer integrierten Marketingpolitik belegen dies. Insbesondere im Zusammenhang mit organisationstheoretischen Fragestellungen ist der
Begriff der Integration häufig diskutiert worden. Seit den 1960er und 1970er Jahren wird in der Organisationstheorie eine intensive Diskussion über den Einfluss
der Umwelt auf die Organisationsstruktur geführt. Die Diskussion wurde durch
Lawrence und Lorsch (1967) initiiert und später von Khandwalla (1977) fortgeführt.
Hauptaugenmerk dieser Diskussion galt Umweltkonstellationen, insbesondere
3.1 Begriff und Formen einer Integrierten Kommunikation
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Unsicherheiten über die Entwicklung der Umwelt, die zu erhöhten Planungsrisiken
und damit einhergehenden Entscheidungsunsicherheiten führen.
Dies äußert sich heute konkret in dem erhöhten Wettbewerbsdruck, der Dynamik
der Medienmärkte, dem Anspruchswandel auf Seite der Kunden, der Globalisierung und Internationalisierung, der Technologie- und Ökologiedynamik u. a. m.
Aufgrund dieser Planungsunsicherheiten tendieren Unternehmen dazu, die Ungewissheit durch Differenzierung zu reduzieren (Differenzierungsaspekt). Im Kontext des Marketing heißt dies, dass Unternehmen in der Regel versuchen, durch
einen differenzierten Einsatz der Marketinginstrumente der unsicheren Umwelt
zu begegnen. Die differenzierte Ansprache von Teilmärkten wird als besonderes
Merkmal des Marketing angesehen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012). Sie äußert
sich z. B. durch eine zunehmende Produkt-, Marken- und auch Kommunikationsdifferenzierung.
Eine zunehmende Differenzierung hat jedoch – neben zu erwartenden Koordinationsproblemen – zur Konsequenz, dass Unternehmen den Fokus für das gesamte Unternehmen und die Beziehungen zu den Anspruchsgruppen verlieren, so
dass die Integration wiederum dringend erforderlich wird (Integrationsaspekt).
Um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen
eingehen und reagieren zu können, ist eine zielgruppengerechte Kommunikationsansprache unabdingbar. Dies hat einen differenzierten Einsatz verschiedener
Kommunika tionsinstrumente für unterschiedliche Zielgruppen zur Folge. Grundsätzlich kann die Aussage getroffen werden: Je höher der Differenzierungsgrad
des Instrumenteeinsatzes, desto größer ist der Bedarf an Integration dieser Instrumente, da unterschiedlichen Zielgruppen das gleiche konsistente und kongruente
Unternehmens image usw. zu vermitteln ist. Durch die Integration wird versucht,
einer zu starken Differenzierung der Marketinginstrumente entgegenzuwirken
und durch einen synergetischen Instrumenteeinsatz den Erfolg der Kommunikations- und Marketingarbeit zu erhöhen. Diskussionen über die Notwendigkeit
eines „Integrierten Marketing“ (z. B. Busch/Dögl/Unger 2008; Kotler/Keller 2009; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012) belegen dies. Integration kann in diesem Zusammenhang organisa tionstheoretisch allgemein als ein Prozess verstanden werden, der
die Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Organisationseinheiten zum Ziel hat (Lawrence/Lorsch 1967). In Schaubild 3-1 sind die Zusammenhänge zwischen organisationstheoretischen Erkenntnissen und Integrationsbedarf
dargestellt.
Wird der organisationstheoretische Gedanke zur Integration auf das Problemfeld
der Kommunikation übertragen, so stellt die in vielen Unternehmen vorhandene
Vielfalt der Kommunikationsformen, -träger und -prozesse als Folge der erschwerten externen Kommunikationsbedingungen (z. B. gestiegene Konsumentenansprüche, technologische Dynamik, Atomisierung der Medien usw.) den Ausgangspunkt
der Integrierten Kommunikation dar. Mögliche Kommunikationsformen lassen
sich durch unterschiedliche Kriterien systematisieren, wie z. B. die folgenden Kriterien:
• Art (persönliche, unpersönliche Kommunikation),
• Intensität (intensive, eindringliche, passive Kommunikation),
• Häufigkeit (einmalige, mehrmalige, sporadische Kommunikation),
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• Wirkung (affektive, kognitive oder konative Reaktionen bei den Adressaten)
sowie der
• Beteiligungsgrad der Kommunikation (einseitige, wechselseitige Kommunikation).
Neben verschiedenen Kommunikationsformen können Kommunikationssysteme
auch durch unterschiedliche Kommunikationsteilnehmer geprägt sein, hier vor
allem die folgenden Gruppen:
• das Management,
• die Mitarbeitenden sowie
• diverse externe Anspruchsgruppen.
Schließlich lassen sich in Unternehmen auch unterschiedliche Kommunikationsprozesse feststellen, die nach der Richtung der Kommunikation wie folgt systematisiert werden können:
• Aufwärtsgerichtete Kommunikationsprozesse,
• Seitwärtsgerichtete Kommunikationsprozesse,
• Abwärtsgerichtete Kommunikationsprozesse.
Die Unternehmenspraxis zeigt, dass die Vielfalt der Kommunikationsprozesse und
die Komplexität der Kommunikationsarbeit zu Defiziten in der Kommunikation
führen. Sie treten auf, wenn kommunikative Maßnahmen inhaltlich, formal und/
oder zeitlich nicht miteinander abgestimmt sind. Die Lokalisierung von Kommunikationsdefiziten bietet somit einen ersten Ansatzpunkt zur Identifikation des
Integrationsbedarfs in Unternehmen. Als Grundlage der Systematisierung von
Defiziten der Kommunikation können die Beziehungen zwischen dem Ort der
Kommunikation (interne und externe Kommunikation) sowie der Ebene der Kommunikation (horizontale und vertikale Kommunikation) herangezogen werden.
KoordinationsproblemeErhöhte Planungsrisiken
DifferenzierungUnsicherheit Re-Integrationdes Umfelds
Integriertes Marketing
Integrierte Markenpolitik
Produktdifferenzierung
Markendifferenzierung
Marktturbulenzen
Wettbewerbsdruck
Medienvielfalt
Deregulierung
Integrierte Kommunikation
Integrierte Preispolitik
Kommunikationsdifferenzierung
Preisdifferenzierung
Technologiedynamik
Polarisierung
Marktkonzentration
Integrierte VertriebspolitikVertriebsdifferenzierungGlobalisierung
Schaubild 3-1: Organisationstheoretische Interpretation des Integrationsbedarfs von
Marketinginstrumenten (Beispiele)
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Auf Basis dieser beiden Merkmale sind in Schaubild 3-2 die verschiedenen Bereiche
der Entstehung von Defiziten in der Kommunikation wiedergegeben. Dabei werden sechs Bereiche unterschieden, die Kommunikationsdefizite aufweisen können.
Diese möglichen Defizite werden im Folgenden beispielhaft dargestellt:
Beispiele zum Abstimmungsbedarf und Bereiche der Entstehung von Kommunikationsdefiziten (vgl. Schaubild 3-2):
Bereich 1: Das klassische Kommunikationsdefizit besteht in Unternehmen in der
Abstimmung zwischen der internen und externen Kommunikation. Es entsteht,
wenn Mitarbeitende über geplante Maßnahmen der Marktkommunikation (z. B.
Mediawerbung, Pressearbeit) nicht informiert werden. So schlägt beispielsweise die
Werbekampagne eines Unternehmens, das sein hohes Qualitäts- und Serviceniveau
anpreist, fehl, wenn dieser Qualitätsgedanke nicht allen Mitarbeitenden vermittelt
wird. Das Ergebnis sind Kunden mit überhöhten und unbefriedigten Erwartungen
sowie demotivierte Mitarbeitende, da sich diese nicht auf die von ihnen erwartete
Leistung einstellen konnten.
Bereich 2: Im Rahmen der internen Kommunikation sind intensive horizontale Abstimmungsprozesse insbesondere innerhalb und zwischen verschiedenen Abteilungen erforderlich. Hier entstehen etwa dadurch Kommunikationsdefizite, dass sich
die verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens untereinander nicht oder nur
teilweise verständigen; so beispielsweise, wenn ein Qualitätsanspruch oder eine
Produktinnovation nur der Vertriebsabteilung bekannt gemacht wird, nicht aber
anderen Abteilungen wie den Kommunikationsabteilungen oder der für die Ausund Weiterbildung zuständigen Personalabteilung.
Bereich 3: Ferner sind in der internen Kommunikation vertikale Kommunikationsprozesse erforderlich, vor allem die Kommunikation zwischen verschiedenen Unternehmenshierarchien. Es entstehen Kommunikationsdefizite, wenn Inhalte und Formen
der Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften der Zentrale
eines Unternehmens mit Mitarbeitenden und Führungskräften der dezentralen
Einheiten nicht abgestimmt oder Informationen zu spät oder in unzureichendem
Maße weitergegeben werden. Auch hier besteht die Gefahr eines uneinheitlichen
Unternehmensauftritts.
Interne
Kommunikation
Horizontale
Kommunikation
Externe
Kommunikation
Vertikale
Kommunikation
5
2
3 4
1 6
Schaubild 3-2: Abstimmungsbedarf und Bereiche der Entstehung von Defiziten in
der Kommunikation (Bruhn 2009a, S. 15)
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Bereich 4: Die externe Kommunikation ist die marktgerichtete Kommunikation,
für die ein sehr vielfältiger Abstimmungsbedarf besteht. So ergibt sich auf der horizontalen Ebene die Notwendigkeit der Abstimmung, weil ein Unternehmen in
der Regel unterschiedliche marktbezogene Kommunikationsinstrumente einsetzt,
die im Inhalt und der Ansprache miteinander zu koordinieren sind. Kommunikationsdefizite liegen vor, wenn etwa der Werbeleiter den hohen Preis einer Produktoder Dienstleistung mit dem überdurchschnittlich hohen Serviceniveau durch eine
Kampagne rechtfertigt, in einer Verkaufsförderungsaktion aber zur selben Zeit mit
Sonderpreisangeboten gelockt wird. Besonderer Aufmerksamkeit im Kontext der
externen Kommunikation bedarf die Integration dialogorientierter Kommunikationsinstrumente in den Kommunikationsmix. Häufig entstehen Kommunikationsdefizite, wenn keine bewusste Abstimmung mit den einseitigen Kommunikationsinstrumenten erfolgt (wenn z. B. die Aussagen in der Fernsehwerbung nicht mit der
Call-Center-Kommunikation übereinstimmen). Da dialogorientierte Kommunikationsinstrumente individuell zu gestalten und weniger planbar sind als einseitige
Kommunikationsinstrumente, stellen die Integrationsaufgaben in diesem Bereich
einen besonders hohen Anspruch. Die Notwendigkeit einer Abstimmung der kommunikativen Maßnahmen wird ferner durch den Einsatz unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente im Verlauf des Beziehungslebenszyklus impliziert (Drummond
2001, S. 15; Bruhn 2009a). Kommunikationsdefizite ergeben sich hier vor allem, wenn
die Instrumente innerhalb einer Phase, beispielsweise während der Anbahnung oder
des Aufbaus einer Beziehung oder auch zur Rückgewinnung von Kunden, nicht aufeinander abgestimmt werden.
Bereich 5: Darüber hinaus kann die externe Kommunikation auch einen Abstimmungsbedarf in vertikaler Richtung aufweisen, insbesondere in mehrstufigen Märkten. Sind Absatzmittler (z. B. externe Vertreter, Filialen, Händler) bei der Versorgung
der Endabnehmer mit den Unternehmensleistungen zwischengeschaltet, dann bestehen potenzielle Kommunikationsdefizite, wenn ihnen die zu kommunizierenden
Inhalte, wie der besondere USP oder neue Leistungsspezifikationen, nicht mitgeteilt
werden.
Bereich 6: Die Abstimmung zwischen der horizontalen und vertikalen Kommunikation betrifft zwei Bereiche. Zunächst sind unternehmensintern die vertikalen Kommunikationsprozesse auf die horizontalen Ebenen zu übertragen. Beschließt das
Management z. B. das Angebot neuer Leistungsbereiche, so ist dieses zusätzliche
Leistungsangebot über alle Unternehmensabteilungen hinweg bekannt zu machen.
Weiterhin sind marktbezogen die horizontalen Kommunikationsprozesse auch auf
die vertikalen Marktebenen zu übertragen und abzustimmen, so beispielsweise die
Abstimmung im Einsatz von Prospekten, Direct-Marketing-Aktionen, Verkaufsförderungsaktionen u. a. m., die jeder nachgelagerten Handelsstufe bekannt zu geben sind.
Die hier aufgeführten und für die Kommunikationspraxis häufig typischen Kommunikationsdefizite belegen die Notwendigkeit einer Integrierten Kommunikation
und zeigen auch das breite Spektrum der Kommunikation von Unternehmen sowie
die damit verbundenen Integrationspotenziale auf. In Anlehnung an die Begriffsauffassung der Integration und die spezifische Ausgangslage der Kommunikation
wird daher folgende Definition der Integrierten Kommunikation zugrunde gelegt:
Integrierte Kommunikation ist ein strategischer und operativer Prozess der
Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist,
aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation
von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der
Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmens bzw. eines Bezugsobjektes der Kommunikation zu vermitteln (Bruhn 2009a, S. 22).
3 Integrierte Kommunikation als Kommunikationsstrategie92
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Mit diesem Begriffsverständnis der Integrierten Kommunikation sind verschiedene Merkmale verbunden. Acht Aspekte lassen sich besonders hervorheben:
(1) Integrierte Kommunikation ist ein Ziel der Kommunikation. Sie soll eine strategische Positionierung des Unternehmens bzw. einer Marke im Kommunikationswettbewerb und die Nutzung der Kommunikation als Wettbewerbsfaktor
und integraler Bestandteil der Marketingstrategie ermöglichen.
(2) Integrierte Kommunikation ist ein Managementprozess, bei dem die Kommunikationsaktivitäten in eine bestimmte Richtung hin zu analysieren, planen,
umsetzen und kontrollieren sind. Notwendig dafür sind spezielle Instrumente
der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, die die Integration ermöglichen.
(3) Integrierte Kommunikation ist in Abhängigkeit von der Markenstrategie eines
Unternehmens zu gestalten. Die Markenstrategie ist eine vorgelagerte strategische Marketingentscheidung, der die Kommunikationsplanung zu folgen hat.
In Abhängigkeit von der Markenstrategie definiert sich auch das Bezugsobjekt
der Integrierten Kommunikation. Neben Einzelmarken können Produktgruppen aber auch Geschäftsbereiche oder das Unternehmen als Ganzes kommunikativ im Markt profiliert werden und somit Gegenstand der Integrierten
Kommunikation sein.
(4) Integrierte Kommunikation umfasst sämtliche internen und externen Kommunikationsinstrumente. Um die unterschiedlichen Kommunikationsinstrumente
sinnvoll zu integrieren, sind deren spezifische Funktionen, Zielgruppen, Aufgaben und ihre Beziehungen untereinander genau zu erfassen und zu analysieren.
(5) Integrierte Kommunikation bezieht sich auf sämtliche Zielgruppen des Unternehmens. Sowohl externe als auch interne Anspruchsgruppen (Stakeholder)
werden im Rahmen des Prozesses der Integrierten Kommunikation berücksichtigt.
(6) Integrierte Kommunikation ist darauf ausgerichtet, eine Einheit in der Kommunikation zu schaffen. Diese Einheit stellt die gemeinsame übergeordnete
Zielrichtung und den Orientierungsrahmen für die Integration sämtlicher
Kommunikationsinstrumente dar.
(7) Integrierte Kommunikation steigert die Effizienz und Effektivität der Kommunikation. Die Wirksamkeit der Integrierten Kommunikationsarbeit ist daran zu
messen, ob durch den gemeinsamen Auftritt Synergiewirkungen erzielt werden
und damit ein effektiverer sowie effizienterer Einsatz des Kommunikationsbudgets erfolgt.
(8) Integrierte Kommunikation ist im Ergebnis darauf bezogen, ein inhaltlich,
formal und zeitlich einheitliches Erscheinungsbild bei den Zielgruppen zu erzeugen. Ziel ist es, durch eine prägnante, in sich widerspruchsfreie und damit
glaubwürdige Kommunikation das Entscheidungsverhalten von Kunden positiv zu beeinflussen.
Die Realisierung eines einheitlichen Erscheinungsbildes stellt an sich keinen Nutzen dar, der eine integrierte Kommunikationsarbeit aus Unternehmenssicht rechtfertigen würde. Vielmehr ist aus Perspektive der Praxis von Bedeutung, wie durch
eine Integrierte Kommunikation Wettbewerbsvorteile im Kommunikationsmarkt
erlangt werden können. Ansatzpunkte zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen
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lassen sich zum einen unternehmensintern in der Phase der Entwicklung eines integrierten Kommunikationsprogramms sowie zum anderen unternehmensextern
in der Phase der Wirkung der Kommunikationsaktivitäten bei den Zielgruppen
finden. Demnach werden im Folgenden auch die Ziele der Integrierten Kommunikation, wie sie in unterschiedlichen empirischen Studien (z. B. Duncan/Everett
1993; Schultz/Kitchen 1997; Kitchen/Schultz 1999; Bruhn/Boenigk 1999; Angerer/Essinger
2001; Hölscher Market Research Consultant 2003; Stumpf 2005; Bruhn 2006) erhoben
wurden, nach der Entwicklungs- (intern) und Wirkungsphase (extern) kategorisiert
(vgl. Ahlers 2006).
In der Entwicklungsphase der Integrierten Kommunikation sind bedeutende Zielsetzungen der Integrierten Kommunikation in der Vermeidung von Doppelarbeiten zu sehen sowie einer besseren Koordination der mit Kommunikationsaufgaben
betrauten Abteilungen. Auf diesem Wege werden Effizienzsteigerungen in der
Kommunikationsarbeit und die Ausnutzung von Synergieeffekten angestrebt.
Hierzu trägt indirekt auch eine Verbesserung der Motivation und Identifikation
der Mitarbeitenden durch eine integrierte Kommunikationsarbeit bei.
In der Wirkungsphase der Integrierten Kommunikation sind die Ziele primär auf
die Kommunikationseffektivität ausgerichtet und die zentrale Zielsetzung besteht
darin, durch das Zusammenwirken der einzelnen Kommunikationsinstrumente
eine sich potenzierende Kommunikationswirkung zu erreichen. Ein eindeutiges
Unternehmens- bzw. Markenbild in der Wahrnehmung der Zielgruppen, die kommunikative Differenzierung im Wettbewerb sowie die Erzeugung von Lerneffekten
bei den Zielgruppen hinsichtlich der Kommunikationsbotschaften unterstützen
dieses Ziel. Darüber hinaus lässt sich durch die Vermeidung von Widersprüchen
zwischen Kommunikationsbotschaften das Vertrauen der Zielgruppen steigern.
Insgesamt betrachtet zeigen die Ziele während der Wirkungsphase unmittelbar
den Zusammenhang zum definitorischen Ziel der Integrierten Kommunikation
auf, da sie ohne die Erzeugung eines einheitlichen Erscheinungsbildes nicht zu
realisieren wären.
Neben den genannten psychologischen Wirkungen sind während der Entwicklungs- und Wirkungsphase der Integrierten Kommunikation auch ökonomische
Wirkungen zu erwarten, die sich unternehmensintern in erster Linie in sinkenden
Kosten der Entwicklung einer Kommunikationskampagne sowie unternehmensextern z. B. in steigenden Absatzzahlen ausdrücken (Smith 2004; Aerni/Bruhn 2008).
Aufgrund der Schwierigkeiten einer Erfolgskontrolle von Kommunikationsmaßnahmen im Allgemeinen (z. B. Steffenhagen 2000; Bruhn 2010a) und der Integrierten Kommunikation im Besonderen (Hermanns/Püttmann 1993; Schultz/Kitchen
2000; Kliatchko 2001; Schultz 2004; Swain 2004; Esch 2006) ist der Nachweis eines
Zusammenhangs zwischen monetären Größen und Kommunikationsaktivitäten
jedoch problematisch. Schaubild 3-3 fasst die Ziele der Integrierten Kommunikation, strukturiert nach den Zielkategorien sowie den Phasen der Entwicklung und
Wirkung, zusammen.
3 Integrierte Kommunikation als Kommunikationsstrategie94
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3.2 Konzepte der Integrierten Kommunikation
Das Begriffsverständnis, das im Folgenden zugrunde gelegt wird, basiert damit
auf einer betriebswirtschaftlichen Sicht der Kommunikation, für deren Optimierung Methoden aus der Managementwissenschaft adaptiert wurden. Bei Betrachtung aller bekannten Konzepte der Integrierten Kommunikation, die bis heute von
Forschern in Deutschland und in den USA erarbeitet wurden, ähneln sich einige
bezüglich ihres Ausgangspunktes (vgl. Schaubild 3-4) (Bruhn 2009a). Die Planungsansätze von Bruhn, Zerfaß, Grunig et al. und der IMC-Community in den USA gehen
von der bewusst strategischen Konstruktion der Unternehmenspositionierung
– abgeleitet von den Unternehmenszielen – aus. Sie unterscheiden sich jedoch in
Bezug auf ihre Zielsetzung und Umsetzungsnähe.
Der Ansatz, der an der Northwestern University von Caywood, Schultz und Wang
entwickelt wurde, kann als marketingzentrierter Planungsansatz der Kommunikation von Unternehmen bezeichnet werden, der sich letztendlich fast ausschließlich an der Bezugsgruppe der Kunden orientiert. Integration wird aus dem
Blickwinkel der Kunden organisiert. Das Northwestern-Modell stützt sich auf den
Einsatz von Informationstechnologien und Datenbanken, die das Kennenlernen
der Kunden und die darauf basierende Persönliche Kommunikation mit Kunden
ermöglichen.
Bruhn versucht anhand der Adaption der Methoden aus der Managementlehre,
der Marketingwissenschaft und der Betriebswirtschaftslehre konkrete Schritte
der Umsetzung zu skizzieren und anzuregen. Er konzentriert sich dabei auf die
Frage der Auswahl und des optimierten, gemeinsamen Einsatzes der Kommunikationsinstrumente.
Grunig et al. erarbeitet im Grunde ein Modell der Public Relations, das jedoch das
gesamte Kommunikationsmanagement zwischen einer Organisation und ihren
Bezugsgruppen umfasst, wodurch es zu einem Ansatz der Integrierten Kommunikation wird.
3.2 Konzepte der Integrierten Kommunikation
Zeithorizont
Zielkategorie
Entwicklungsphase der Integrierten
Kommunikation
Wirkungsphase der Integrierten
Kommunikation
Psychologische
Wirkungen
• Motivationssteigerung der Mitarbeitenden
• Zunehmende Identifikation der
Mitarbeitenden mit dem Unternehmen
bzw. dem Bezugsobjekt der
Kommunikation
• Einheitliches Erscheinungsbild
• Verstärkung der Kommunikationswirkung
• Kommunikative Differenzierung im Wettbewerb
• Lerneffekte bei den Zielgruppen
• Aufbau von Vertrauen
Ökonomische
Wirkungen
• Sinkende Kosten durch Vermeidung von
Doppelarbeiten
• Effizienzsteigerung der
Kommunikationsarbeit
• Steigende Absatzzahlen und Erlöse
• Steigende Gewinne
• Zunehmender Marktanteil
Schaubild 3-3: Ziele der Integrierten Kommunikation in der Entwicklungs- und
Wirkungsphase (Ahlers 2006, S. 5)
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
Studenten, Wissenschaftler und Praktiker im Management, Werbung und Vertrieb.
»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage