8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik 309
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 308
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8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik
Der Budgetierung liegen verschiedene Problemstellungen zugrunde, die bei einer
kritischen Würdigung aus Sicht der Wissenschaft und Praxis zu berücksichtigen
sind.
Die einzelnen Kommunikationsinstrumente stehen im Budgetierungswettbewerb
untereinander; es existiert ein Wettbewerb beispielsweise zwischen Mediawerbung
und Verkaufsförderung. Einige Kommunikationsinstrumente hingegen weisen in
der Regel ein relativ konstantes Budget auf, in denen das Budget über Perioden
hinweg fortgeführt wird, z. B. Sponsoring, Messen und Ausstellungen. Diese stehen bei vielen Unternehmen in keinem Wettbewerb zu den anderen Kommunikationsinstrumenten um knappe finanzielle Mittel. Die Methode der Fortschreibung
ist einfach, beinhaltet jedoch z. B. das Problem, dass Kommunikationsinstrumente
auch weiterhin ein hohes Budget zugesprochen bekommen, auch wenn die Bedeutung des Kommunikationsinstrumentes zur Zielerreichung nicht mehr in dem
Maße wie früher gegeben ist. Es ist demnach nicht immer sinnvoll, die Fortschreibungen früherer Budgets zu verfolgen (Steinmann/Schreyögg 2005). Daher prüft
die Methode des Zero-based-Budgeting für jede Periode alle kommunikationspolitischen Aktivitäten und deren benötigten Aufwand an finanziellen Mitteln neu.
Im Folgenden werden weitere zentrale Probleme aufgeführt. Es ist dabei zu beachten, dass die einzelnen Probleme sich gegenseitig beeinflussen und daher nicht
unabhängig voneinander zu betrachten sind. Die Probleme in der Budgetierung
sind in zwei Teilbereiche einzuteilen. Zum einen in Probleme, die bei der Anwendung der Budgetierungsverfahren entstehen und zum anderen in organisatorische
Probleme, die mit dem Prinzip der Budgetierung verbunden sind.
Zunächst treten Probleme auf, die mit der Anwendung der Budgetierungsverfahren direkt oder indirekt zusammenhängen. Hierbei stehen folgende Probleme im
Mittelpunkt (Korndörfer 1966, S. 95 ff.; Kleinert 1981, S. 6 ff.):
• Datenproblem: Die analytischen Budgetierungsverfahren benötigen in ihrer Anwendung eine Vielzahl von quantitativen und qualitativen Daten. Beispielsweise beinhalten dynamische Verfahren aufwändige Zeitreihenanalysen. Dadurch
wird einerseits eine größere Realitätsnähe der Ansätze ermöglicht, anderseits
sind die relevanten Daten in vielen Unternehmen meist nur mit erheblichem
Aufwand zu beschaffen.
• Komplexitätsproblem: Die Komplexität von Budgetierungsansätzen, die unter
anderem durch eine große Datenmenge entsteht, führt zu einer umfangreichen
und schwierigen Handhabung.
• Messproblem: Insbesondere bei analytischen Verfahren besteht der Anspruch,
dass die Zielgrößen und Parameter sachlich, zeitlich und räumlich korrekt gemessen werden. Zudem ist der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang exakt wiederzugeben, wobei beispielsweise die Reagibilität ökonomischer Zielgrößen auf
den Werbeeinsatz zu überprüfen ist.
• Interdependenzproblem: Bei der Planung des Budgets können wechselseitige
Beziehungen auftreten, die die Entscheidungen von Budgethöhe und Kommunikationszielen beeinflussen. Diese erfolgen auf verschiedenen Ebenen; so hat
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8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik310
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die Budgetierung bzw. die Zielsetzung auf der Ebene des Marketingmix Einfluss auf die Budgethöhe bzw. Ziele der einzelnen kommunikationspolitischen
Instrumente. Innerhalb des Kommunikationsmix sind Interdependenzen bei
der Budgetverteilung zwischen den einzelnen Instrumenten möglich, d. h., die
Budgetierung in der Mediawerbung ist mit dem in der Verkaufsförderung abzustimmen. Hinzu kommen Interdependenzen innerhalb eines Kommunikationsinstrumentes, wie beispielsweise die Intramediaselektion in der Mediawerbung.
Des Weiteren treten möglicherweise auch Interdependenzen mit dem Budgetierungsverhalten und Zielen der Konkurrenz auf.
• Unsicherheitsproblem: Die Auswirkungen der Budgetierung sind nicht immer
vollständig abzuschätzen, da insbesondere die heuristischen Verfahren auf subjektiven Einschätzungen und Erfahrungen beruhen. Unerwartete Einflussgrö-
ßen, die unternehmensintern oder -extern entstehen, wirken störend auf den
Planungsprozess der Budgetierung. Insbesondere rufen Reaktionen der Konkurrenz kurzfristige Änderungen des eigenen Budgetierungsverhaltens hervor.
• Wirkungsproblem: Störende und nicht vorhersehbare Einflussgrößen haben
Auswirkungen auf den Planungsverlauf der Budgetierung und beeinträchtigen
damit die Wirksamkeit der Werbeaktion. So sind beispielsweise mit der eingesetzten Budgethöhe aufgrund von psychologischen Wirkungen bei Konsumenten
oder nicht adäquat gewählter Instrumente die geplanten Zielen (z. B. Umsatzsteigerung, Marktanteilssteigerung) nicht in angemessener Weise zu erreichen.
• Kontrollproblem: Je umfangreicher die Budgetierungsverfahren sind, d. h., je
mehr Variablen zu bestimmen sind, desto aufwändiger wird es diese nachzuvollziehen und in ihrer Wirkung zu kontrollieren. Zudem ist die Wirkung der Variablen der Budgethöhe auf die ökonomische Zielgröße in der Praxis nur schwer zu
kontrollieren, da die Wirkungszusammenhänge nicht ohne größeren Aufwand
von anderen Einflussvariablen, z. B. Änderung der Marktsituation, eliminiert
werden. Der Erfolg des eingesetzten Budgets und der eingesetzten Instrumente
ist beispielsweise im Rahmen der Werbeerfolgskontrolle durch Marktforschungsaktivitäten zu erheben.
Das Prinzip der Budgetierung ist unmittelbar mit Fragestellungen der Aufbau- und
Ablauforganisation verbunden. Mit der Budgetierung in der Kommunikation treten damit auch organisatorische Probleme auf. Drei Aspekte seien hervorgehoben
(Steinmann/Schreyögg 2005):
(1) Problem des Budgetdenkens
Ist die festgelegte Budgethöhe am Ende einer Periode noch nicht ausgegeben,
besteht die Tendenz, noch nicht aufgewandte Beträge zu verausgaben, obwohl
dies zur Zielerreichung nicht notwendig wäre. Grund hierfür ist, dass Neubewilligungen für ein höheres Budget schwer zu erhalten sind und Budgets häufig
danach verteilt werden, wie die vorherigen ausgeschöpft wurden („Prinzip der
Fortschreibung“).
(2) Problem der kurzfristigen Orientierung
Häufig implizieren Budgets den Anspruch, dass die Vorgaben einzuhalten sind.
Budgets führen somit zu einer kurzfristigen Orientierung. Dies ist unter anderem
durch das Budgetdenken bedingt, da Aufwendungen meist nur getätigt werden,
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um in derselben Periode einen Gewinn zu erzielen. Dabei werden langfristige
Maßnahmen oft nicht eingeplant.
(3) Problem des Bereichsdenkens
Die einzelnen Budgets innerhalb der Kommunikationspolitik sind aufeinander
abzustimmen. Bereichsdenken bedingt die Konzentration auf die einzelnen Einheiten und dafür notwendigen Maßnahmen, ohne auf die Abstimmung mit anderen
Bereichen zu achten. Dies gilt im besonderen Maße auch für die verschiedenen
Fachabteilungen der Kommunikation.
Neben der Bestimmung der Budgethöhe umfasst die Budgetierung in der Kommunikationspolitik – wie eingangs erläutert – auch die Budgetallokation, d. h. die
Verteilung des Budgets in sachlicher und zeitlicher Hinsicht, auf die im Folgenden
näher eingegangen wird.
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9
Inhaltsverzeichnis
9.1 Strukturierung des Allokationsproblems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
9.2 Interinstrumentelle Allokation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
9.2.1 Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
9.2.2 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
9.3 Intermediaselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
9.3.1 Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
9.3.2 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
9.4 Intramediaselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
9.4.1 Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
9.4.1.1 Nutzenorientierte Entscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
9.4.1.2 Wirtschaftlichkeitsorientierte Entscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . 344
9.4.2 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
9.5 Zeitlicher Kommunikationseinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
9.6 Besonderheiten der Budgetallokation bei verschiedenen
Kommunikationsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
Budgetallokation in der
Kommunikationspolitik
9 Budgetallokation in der Kommunikationspolitik
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
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»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage