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kationspolitischer Instrumente mit unterschiedlicher Intensität usw. Schaubild 8-2
zeigt das Ergebnis einer von Farris/Buzzell (Farris/Buzzell 1979) durchgeführten
Studie zu relevanten Einflussgrößen für das Werbebudget. Diese Einflussgrößen
können jedoch ebenso auf die Budgetierungshöhe für die anderen Instrumente der
Kommunikationspolitik einwirken.
Allerdings geben die Ergebnisse dieser Studie nur einen groben Hinweis auf die
festzulegende Höhe des Kommunikationsbudgets, denn zum einen werden sowohl
die abhängige Variable (Budgethöhe) als auch die unabhängigen Variablen (Einflussgrößen) lediglich qualitativ erfasst, wodurch allenfalls normative Aussagen
möglich sind. Zum anderen werden das gemeinsame Auftreten verschiedener
Ausprägungen der Einflussgrößen („Verbundeffekte“) und deren Auswirkungen
auf die Höhe des Kommunikationsbudgets nicht untersucht.
8.2 Methoden zur Bestimmung des
Kommunikationsbudgets
Für die Festlegung des Kommunikationsbudgets wird eine Vielzahl von Verfahren
vorgeschlagen. Die Ansätze der Budgetierung sind in der Mediawerbung entstanden und werden auch im Folgenden in diesem Zusammenhang diskutiert. Jedoch
sind die dargestellten Verfahren zum Teil auch auf andere Kommunikationsinstru-
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets
Höhe des Werbebudgets
Einussgrößen
Reduzierend Steigernd
klein großZahl der Endabnehmer
groß kleinDurchschnittliche Einkaufsmengen
gering umfassendZusätzliches Serviceangebot
niedrig hochAbsatzanteil über den Handel
niedrig hochPreis
niedrig hochStückdeckungsbeitrag
hoch niedrigMarktanteil
niedrig hochUmsatzanteil neuer Produkte
niedrig hochStandardisierungsgrad der Produkte
Schaubild 8-2: Einflussgrößen für die Höhe des Werbebudgets
(Farris/Buzzell 1979, S. 114 ff.)
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mente übertragbar. Grundsätzlich lassen sich zwei Ansatzpunkte zur Budgetierung
in der Kommunikationspolitik unterscheiden:
(1) Heuristische Ansätze der Budgetierung,
(2) Analytische Ansätze der Budgetierung.
Schaubild 8-3 zeigt eine Systematik zur Unterscheidung der in der Literatur und
Praxis angebotenen Ansätze der Kommunikationsbudgetierung im Überblick.
8.2.1 Heuristische Ansätze der Budgetierung
In der Praxis dominieren die heuristischen Ansätze zur Budgetierung in der
Kommunikationspolitik. Dies ist vor allem auf die Schwierigkeiten und Kosten
der Informationsbeschaffung für anspruchsvollere Ansätze sowie auf die hohe
Komplexität zugrunde liegender Wirkungszusammenhänge zurückzuführen. Die
heuristischen Ansätze beruhen meist sehr subjektiv auf den Erfahrungen und dem
Gespür des Kommunikationstreibenden. Im Gegensatz zu analytischen Ansätzen
basieren heuristische Ansätze nicht auf der Modellierung des Zusammenhangs
zwischen Kommunikationsbudget und Kommunikationszielgrößen. Aufgrund
der Vernachlässigung dieser funktionalen Zusammenhänge suchen heuristische
Ansätze nicht nach „optimalen“, sondern nach „befriedigenden“ (Näherungs-)
Lösungen.
Gemäß Schaubild 8-3 werden im Folgenden die heuristischen Ansätze vorgestellt
(Tietz/Zentes 1980; Rogge 2004; Kotler/Keller/Bliemel 2007).
Das einfachste Verfahren zur Budgetbestimmung besteht darin, einen bestimmten
Prozentsatz von einer Bezugsgröße (auch „Verhältnismethode“ genannt) als Kommunikationsbudget festzulegen. Als Bezugsgröße sind die folgenden drei Größen
heranzuziehen:
(1) Absatz – als vergangene Werte,
(2) Umsatz – als Durchschnittswerte der Vergangenheit,
(3) Gewinn – als geplante Werte.
Für die Festlegung der Höhe des Kommunikationsbudgets können sich die Bezugsgrößen an dem vergangenen Wert des letzten Jahres, an Durchschnittswerten der Vergangenheit oder an geplanten Werten orientieren. Die Besonderheit
bei der Ausrichtung der Budgethöhe an Absatzmengen liegt in der Festlegung eines konstanten Kostenbetrages der Kommunikation für eine Produkteinheit. Die
Budgethöhe resultiert dann aus der Multiplikation des Kostenbetrages mit der
(durchschnittlichen) Absatzmenge vergangener oder zukünftiger Planungsperioden. Diese Budgetierungsmethode wird auch als Festbetrag-Pro-Stück-Methode
(„Method-per-Unit“) bezeichnet und hat sich in einigen Branchen (z. B. bei Automobilen, Büchern) stark verbreitet. Bei der Ausrichtung der Budgethöhe am Umsatz
bzw. Gewinn („Percentage-of-Sales-Method“ bzw. „Percentage-of-Profit-Method“)
wird das Kommunikationsbudget als fester Prozentsatz des vergangenen, derzeitigen oder künftig erwarteten Umsatzes bzw. Gewinns bestimmt. Die Festlegung
der Höhe des Prozentsatzes kann sich an Erfahrungswerten der Vergangenheit
oder an Werten vergleichbarer Unternehmen bzw. Wettbewerbern orientieren.
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Ansätze der
Kommunikationsbudgetierung
Analytische AnsätzeHeuristische Ansätze
Art der Ansätze in
Abhängigkeit von
folgenden Faktoren
Unternehmensbezogene Ansätze
• Prozentsatz einer
Bezugsgröße
• Residualgröße
Art der Ansätze in
Abhängigkeit von
folgenden Faktoren
Konkurrenzbezogene Ansätze
Marktbezogene
Ansätze
• Werbeanteil-
Marktanteil-
Methode
• Wettbewerb-
Paritäts-Methode
Ziel-Maßnahmen-
Kalkulation
Anzahl der
Produkte
Anzahl der
Planungsperioden
Zielgröße
Ablauf der
Optimierung
Verlauf der
Wirkungsfunktion
Beachtung von
Zeitaspekten
Sicherheitsgrad der
Wirkungsbeziehung
Anzahl der
Marketinginstrumente
Beachtung weiterer
Einussfaktoren
• Einproduktfall
• Mehrproduktfall
• Einperiodisch
• Mehrperiodisch
• Gewinn
• Absatz/Umsatz
• Marktanteil
• Sukzessiv
• Simultan
• Linear
• Nicht-linear
• Statisch
• Dynamisch
• Deterministisch
• Stochastisch
• Monoinstrumental
• Polyinstrumental
• Konkurrenzaktivitäten
• Rahmenbedingungen
Schaubild 8-3: Ansätze der Kommunikationsbudgetierung
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Die Vorteile der Ausrichtung des Budgets am Prozentsatz einer Bezugsgröße liegen in der einfachen Handhabung und der geringen Komplexität des Verfahrens.
Diese Ausrichtung ist deswegen das in der Praxis, in Bezug auf alle Kommunikationsinstrumente, am häufigsten zu beobachtende Verfahren (Meffert 2007). In
den einzelnen Unternehmen und Branchen, aber auch innerhalb einer Branche,
ist eine Vielzahl an Budget-Umsatz-Verhältnissen zu beobachten. So betragen diese etwa 10 bis 20 Prozent des Umsatzes bei Industrieausrüstungen und etwa 30
bis 50 Prozent des Umsatzes im Kosmetikbereich (Kotler/Keller/Bliemel 2007). Die
Vorteile des Prozentsatzes vom Gewinn sind die Berücksichtigung von Erfolgsgrößen. Der Nachteil dieser Verfahren ist die Umkehrung des zu postulierenden
Kausalzusammenhangs. In diesem Fall bestimmt beispielsweise der Umsatz das
Budget und nicht, wie es eigentlich notwendig wäre, das Budget (Ursache) den
Umsatz (Wirkung). Dies kann eine prozyklische Budgetierung zur Folge haben:
In umsatzschwachen Planungsperioden erfolgt eine niedrige Budgetierung et vice
versa, was zu sich selbst verstärkenden Negativentwicklungen führt. Zudem ist die
Festlegung des Prozentsatzes problematisch. Dieser ist logisch nicht begründbar
und im Allgemeinen willkürlich. Darüber hinaus vernachlässigt ein konstanter
Prozentsatz kommunikationsstrategische Überlegungen. Dies bedingt, dass marktanteilsstarke Produkte eine überhöhte und marktanteilsschwache Produkte eine
zu geringe Budgetierung erfahren. Des Weiteren bieten die unterschiedlichen Gewinnbegriffe im Allgemeinen keine zuverlässige Information über die eigentlichen
Erfolge der Produkte.
Bei der Ausrichtung des Budgets an verfügbaren Finanzmitteln („All-You-Can-
Afford-Method“ bzw. „Restwertmethode“) ergibt sich die Höhe des Budgets als
Residualgröße der Gewinnplanung. Hierbei werden zunächst alle nicht-kommunikationsbezogenen Plangrößen, z. B. Absatzmengen, Preise, Nicht-Marketing-
Kosten sowie der geforderte Gewinn, festgelegt. Die Höhe des Budgets für kommunikationspolitische Maßnahmen ergibt sich dann aus den noch verfügbaren
Finanzmitteln, d. h., wenn alle übrigen Kosten gedeckt sind und der angestrebte
Gewinn erreicht ist.
Die leichte Handhabung und die Berücksichtigung von Erfolgsgrößen stellen
Vorteile dieses Verfahrens dar. Der Nachteil besteht darin, dass kein Zusammenhang zur kommunikativen Aufgabe und zur Kommunikationsstrategie besteht.
Zudem wird der kausale Zusammenhang zwischen dem Kommunikationsbudget und erzielten Absatz bzw. Gewinn nicht beachtet. Dies führt dazu, dass bei
einer schlechten Absatzlage nur geringe Budgets zur Verfügung stehen; in einer
solchen Situation kann es jedoch erforderlich sein, durch einen Mehraufwand an
kommunikativen Maßnahmen zu versuchen, zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens beizutragen. Der fehlende Marktbezug sowie die
rein buchhalterische Ermittlung der Budgethöhe sind als weitere Nachteile zu
nennen.
Als konkurrenzbezogener Ansatz setzt die Werbeanteil-Marktanteil-Methode die
festzulegende Budgethöhe des werbetreibenden Unternehmens in Beziehung zum
vergangenen, gegenwärtigen oder geplanten Marktanteil. Voraussetzung für die
Durchführung des Verfahrens ist die Kenntnis der gesamten Werbeaufwendungen
einer Branche und des eigenen Marktanteils. Verfolgt das werbetreibende Unter-
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nehmen eine eher passive Strategie, so wird ein dem Marktanteil entsprechender
Werbeanteil als Werbebudget gewählt. Liegt der die Budgethöhe bestimmende
Werbeanteil über dem Marktanteil, so ist dies als Indikator für eine offensiv-aktive
Werbestrategie aufzufassen.
Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass mit dem Marktanteil eine zentrale
marktbezogene Erfolgsgröße zur Budgetierung herangezogen wird. Der Marktanteil repräsentiert in vielen Märkten die zentrale Schlüsselgröße, die durch die
Höhe der Budgetierung verändert werden kann. Der Nachteil ist jedoch in der
willkürlichen Wahl der Höhe des Werbeanteils sowie in der Unsicherheit bei
der Ermittlung der Marktanteile anzusehen. In vielen Märkten sind Daten über
Marktanteile nicht bekannt. Darüber hinaus werden Besonderheiten in den kommunikativen Situationen sowie die Orientierung an Kommunikationszielen nicht
berücksichtigt.
Einen weiteren konkurrenzbezogenen Ansatz stellt die Wettbewerb-Paritäts-Methode („Competitive-Parity-Method“) dar. Bei dieser Methode orientiert sich die
Höhe des eigenen Budgets für kommunikationspolitische Maßnahmen an den
Ausgaben der Konkurrenz. Das Verfahren beruht auf der Überlegung, dass ein
Unternehmen mindestens die gleichen Kommunikationsanstrengungen wie die
Konkurrenz durchzuführen hat, um den Marktanteil zu halten. Die Ermittlung
der Budgethöhe geschieht anhand von Kennzahlen der Konkurrenz mit Hilfe folgender Bezugsgrößen:
• Anteil der Kommunikationsaufwendungen der Konkurrenz in Relation zum
Umsatz,
• Anteil der Kommunikationsaufwendungen der Konkurrenz in Relation zum
Gewinn,
• Werbeaufwendungen einzelner Konkurrenten,
• Durchschnittswert der Werbeaufwendungen der Branche.
In der Praxis erfolgt die Budgetierung meistens mittels eines durchschnittlichen,
branchenüblichen Wertes aus der Vergangenheit. Diese Budgetierungsmethode ist
durch das Streben nach einem bestimmten „Share of Advertising“ gekennzeichnet.
Der „Share of Advertising“ bezeichnet die monetären Werbeaufwendungen
des einzelnen Werbetreibenden am gesamten Werbeaufkommen der Branche.
Der Vorteil dieser Methode liegt in der expliziten Berücksichtigung von Konkurrenzaktivitäten zur Festlegung der Budgethöhe. Als Nachteil ist anzuführen, dass
es jedoch nicht unproblematisch ist, umfassende Informationen bezüglich der Konkurrenzaktivitäten zu beschaffen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich
einzelne Unternehmen in unterschiedlichen kommunikationsbezogenen Situationen befinden. Auch hier erfolgt die Budgetierung vollkommen unabhängig von
formulierten Kommunikationszielen, so dass die Wettbewerb-Paritäts-Methode
relativ grob, willkürlich und vor allem nicht zielführend ist. Dieses Verfahren wird
häufig bei der Budgetierung der Verkaufsförderung angewendet, besonders auf
oligopolistischen Märkten, aber auch als Verfahren der Budgetierung bei Messen
und Ausstellungen.
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Die Ziel-Maßnahmen-Kalkulation wird in der Literatur häufig auch als Ziel-Aufgaben-Methode („Objective-and-Task-Method“) bezeichnet. Dieser Begriff kennzeichnet das Verfahren jedoch nicht treffend. Die Ziel-Maßnahmen-Kalkulation
ist ein sukzessives Verfahren, bei dem zunächst die Kommunikationsziele festlegt
werden, um danach die zur Zielerreichung notwendigen Kosten für die benötigten Kommunikationsmaßnahmen zu bestimmen. Dies erfordert eine umfassende
Kenntnis über die zugrunde liegende Verknüpfung von Kommunikationsmaßnahmen und Zielerreichungsgrad. Diese funktionale Verknüpfung wird Werbewirkungsfunktion (allgemein: Marktreaktionsfunktion; vgl. Abschnitt 1.2.5) genannt. Einflussgrößen der Zielerreichung sind dabei gestalterische Maßnahmen,
die Belegung von Kommunikationsinstrumenten sowie die Einschalthäufigkeit
in ausgewählten Medien. In einem weiteren Schritt werden die Kosten für die
Durchführung dieser Kommunikationsmaßnahmen kalkuliert. Darauf aufbauend erfolgt eine Prüfung, ob die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen
finanzierbar sind. Ist die Kommunikationskampagne finanzierbar, so wird das
entsprechende Budget zur Verfügung gestellt. Ansonsten ist eine Modifizierung
der Kommunikationsziele durchzuführen und der Ablauf wiederholt sich nach
dem beschriebenen Muster (vgl. Schaubild 8-4).
Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in der logischen Begründung der Budgetbestimmung sowie der einfachen Handhabung. Es ist die einzige in der Praxis
angewandte Heuristik, die ein rationales Verfahren zur Budgetierung darstellt.
Hier werden die funktionalen Zusammenhänge jedoch nicht modelliert, sondern
die Wirkungszusammenhänge beruhen ausschließlich auf Basis von Erfahrungen
des Entscheiders. Zudem wird explizit die unternehmerische Situation berücksichtigt, da die unternehmensindividuellen kommunikationspolitischen Ziele der
Ausgangspunkt für die Budgetplanung darstellen. Als Nachteil sind die Schwierigkeiten bei der Kalkulation der Kosten für die Erreichung der kommunika tionspolitischen Ziele aufzuführen. Dafür werden ausreichend Informationen und
Erfahrungswerte über die Wirkungen einzelner Kommunikationsinstrumente
vorausgesetzt.
Beispiel: Heuristische Budgetierungsansätze
Bei einem börsennotierten Ein-Produkt-Unternehmen steht die Bestimmung des
Werbebudgets für das nächste Jahr (t+1) an. Folgende Informationen liegen den
Entscheidungsträgern vor (Schnettler/Wendt 2003, S. 22 ff.):
• Verhältnismethode: Auf Basis von Erfahrungswerten wird festgelegt, 10 Prozent
des (letztjährigen/durchschnittlichen/angestrebten) Umsatzes für das Werbebudget im Folgejahr anzusetzen.
Basis letztjähriger Umsatz: 0,1 · 38 Mio. = 3,8 Mio. GE Werbebudget
Basis durchschnittlicher Umsatz der letzten zwei Jahre
und des aktuellen Jahres: 0,1 · 38,5 Mio. = 3,85 Mio. GE Werbebudget
Basis geplanter Umsatz: 0,1 · 41,8 Mio. = 4,18 Mio. GE Werbebudget
• Festbetrag-Pro-Stück-Methode: Es wird festgelegt, pro verkaufter Einheit 0,1 GE
in Werbung zu investieren. Die Unternehmensleitung orientiert sich dabei an dem
angestrebten Absatz des Folgejahres.
Basis angestrebter Absatz: 0,1 · 44 Mio. ME = 4,4 Mio. GE Werbebudget
• Restwertmethode: Das Unternehmen rechnet für das folgende Jahr mit einem
Gewinn von 13 Mio. GE. Das Unternehmen plant 5 Mio. EUR Rücklagen zu bilden
sowie 3,5 Mio. GE an die Aktionäre auszuschütten.
13 Mio. GE – 5 Mio. GE – 3,5 Mio. GE = 4,5 Mio. GE Werbebudget
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Ausgangssituation: Relaunch der Spirituosen-Marke »Old but good«(1)
Ziel: „Steigerung der gestützten Markenbekanntheit in der Zielgruppe X
von 50% auf 60% innerhalb der nächsten 3 Monate“
Die Marktforschung ergibt eine Größe der Zielgruppe X in Deutschland von 13,7 Mio. Personen
und Ø 10 Botschaftskontakte einer Zielperson, um den angestrebten Bekanntheitsgrad zu
erreichen. Das heißt, mit den geplanten Maßnahmen müssen 137 Mio. Kontakte in der
Zielgruppe erreicht werden.
(2)
(3)
Folgende Kommunikationsinstrumente und -maßnahmen sind geplant. Ausgehend von einer
Reichweite (RW)* und einem Tausenderkontaktpreis (TKP)** ergeben sich voraussichtlich diese
Kosten:
(4) (5)
Klassische Werbung
TV-Spots
Zeitschriftenanzeigen
Hörfunk-Spots
Instrument/Maßnahme RW TKP Kosten
55 Mio.
30 Mio.
35 Mio.
17,10 €
10,11 €
3,47 €
940.500 €
303.300 €
121.450 €
*RW
Sponsoring
Trikotsponsoring
Direktkommunikation
E-Mail-Newsletter
Gesamt
12 Mio.
5 Mio.
137 Mio.
3,80 €
0,15 €
45.600 €
750 €
1.412.000 €
Abgleich des geplanten Budgets (Bp) mit der Budgethöchstgrenze (Bmax):
Durchführung der geplanten Maßnahmen
: Anzahl der Kontakte, die in der Zielgruppe erreicht werden
**TKP: Kosten, um bei 1.000 Zielpersonen einen Kontakt zu erzielen
(6)
Anpassung der Ziele oder Änderung der geplanten Maßnahmenb) Bp > Bmax
a) Bp < Bmax
Durchführung der geplanten Maßnahmen
Schaubild 8-4: Beispiel einer Ziel-Maßnahmen-Kalkulation
(Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 646)
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• Wettbewerb-Paritäts-Methode: Der stärkste Konkurrent des Unternehmens hat im
vergangenen Jahr 4 Mio. GE für Werbung ausgegeben. Das Unternehmen hat sich
zum Ziel gesetzt, dass das eigene Werbebudget immer 120 Prozent des Werbeetats
des stärksten Konkurrenten beträgt.
1,2 · 4 Mio. GE = 4,8 Mio. GE Werbebudget
• Werbeanteil-Marktanteil-Methode: Das gesamte Werbeaufkommen der Branche
betrug im vergangenen Jahr 80 Mio. GE. Das Unternehmen hat einen Marktanteil von 7 Prozent. Das Unternehmen beabsichtigt, dass der Anteil der eigenen
Werbaufwendungen (Werbebudget bezogen auf die Gesamtaufwendungen der
Branche für Werbung) dem Marktanteil des Unternehmens entspricht.
0,07 · 80 Mio. GE = 5,6 GE Werbebudget
• Ziel-Maßnahmen-Methode: Das Unternehmen hat in diesem Jahr 36 Mio. ME seines Produktes verkauft. Das Unternehmen strebt an, durch die Werbeanstrengungen die Absatzmenge im folgenden Jahr auf 44 Mio. ME zu steigern, d. h.
eine Steigerung des Absatzes um 8 Mio. ME. Auf Basis einer Analyse der Werbewirkungsfunktion kommt das Unternehmen zum Ergebnis, dass Werbeaufwendungen in Höhe von 5,7 Mio. GE notwendig sind, um das Absatzziel von 44 Mio.
ME zu erreichen. Da 5,7 Mio. GE noch im finanziellen Rahmen des Unternehmens
sind, werden folglich für das kommende Jahr 5,7 Mio. GE als Werbebudget festgelegt.
Werden heuristische Ansätze insgesamt einer kritischen Würdigung unterzogen,
so sind der geringe Informationsbedarf und die einfache Handhabung hervorzuheben. Diese Ansätze sind jedoch sehr grob und ungenau. Sie sind „Faustregeln“,
nicht theoretisch oder empirisch fundiert und liefern kaum logische und somit
rationale Begründungen über die Festlegung der Budgethöhe. Die Prozentsatz-
Methoden finden in der Praxis die häufigste Anwendung bei allen Kommunikationsinstrumenten. Bis auf die Ziel-Maßnahmen-Kalkulation vernachlässigen alle
Verfahren die Wirkungszusammenhänge zwischen Kommunikationsaktivitäten
und Zielerreichungsgraden. Die Ziel-Maßnahmen-Kalkulation entspricht demnach
am ehesten den Anforderungen an ein sachlogisches und zielführendes Budgetierungsverfahren. Dem ist hinzuzufügen, dass – empirischen Untersuchungen
zu Folge – in der Praxis häufig nicht nur eine heuristische Methode im Unternehmen zur Anwendung kommt, sondern dass verschiedene Methoden simultan, d. h.
kombiniert, zur Festlegung der Budgethöhe eingesetzt werden (Polifke/Siems 1996).
Da die heuristischen Verfahren im Allgemeinen den kommunikationspolitischen
Zielsetzungen nur zufällig gerecht werden können, hat dies zur Entwicklung analytischer Ansätze geführt, um Budgetentscheidungen in der Kommunikationspolitik zu optimieren.
8.2.2 Analytische Ansätze der Budgetierung
Die analytischen bzw. theoretischen Ansätze zur Budgetierung wurden vor allem
für die Mediawerbung entwickelt. Aufgrund des notwendigen umfangreichen
Informationsbedarfs und einem hohen Planungsaufwand werden diese Verfahren
meist nur von größeren Unternehmen im Konsumgüterbereich angewendet, bei
denen die erforderlichen Informationen in Form von Paneldaten vorhanden sind.
Im Folgenden werden ausgewählte analytische Ansätze aus der Mediawerbung
dargestellt.
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 279
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In den letzten Jahren wurden analytische Ansätze der Werbebudgetierung in zahlreicher Hinsicht erweitert und verfeinert, um den komplexen Ansprüchen der
Werberealität näher zu kommen. Neben den hier im Folgenden aufgeführten Ansätzen liegen unter anderem noch Modellentwicklungen von Bass (Bass 1969) sowie
darauf aufbauende Modellvarianten von Horsky/Simon 1983, Kalish 1983, Kamakura/
Balasubramanian 1988, Jain/Rao 1990, sowie anderen Modelle von Dean 1951 und Rasmussen 1952, sowie King 1967, Lodish 1971, Hammann 1974, Näslund 1979, Simon 1979
als Variante des Modells von Koyck 1954, Rogge 1977, Tull et al. 1986, Weiss/Weinberg/
Windale 1983 und in einer Erweiterung Kanetkar/Weinberg/Weiss 1986 und Pechtl
1991 vor (vgl. dazu Korndörfer 1966; Tietz/Zentes 1980; Schmalen 1992; Rogge 2004).
Die folgenden Modelle wurden exemplarisch ausgewählt:
(1) Marginalanalytisches Modell
(2) Dorfman-Steiner-Modell
(3) Lambin-Modell
(4) Weinberg-Modell
(5) ADBUDG-Modell von Little
(6) Koyck-Modell
(7) Vidale-Wolfe-Modell
(8) Kuehn-Modell
Die verschiedenen analytischen Ansätze sind anhand verschiedener Faktoren zu
charakterisieren, die bereits in Schaubild 8-3 dargestellt wurden, und im Folgenden
näher erläutert werden.
In einer ersten Differenzierung unterteilen sich die verschiedenen Verfahren nach
der Anzahl der einbezogenen Produkte. Verfahren beziehen sich bei ihrer Kalkulation des Werbebudgets entweder nur auf ein Produkt oder auf mehrere Produkte.
Zur Vereinfachung der Budgetierungsverfahren wird meist, z. B. beim Modell von
Dorfman/Steiner oder dem Weinberg-Modell, der Einproduktfall betrachtet. Damit
bleiben komplementäre oder substituierende Interdependenzen bei der Budgetaufteilung im Absatzprogramm unberücksichtigt. Das Modell von Kuehn hingegen
bezieht mehrere Produkte in die Berechnung des optimalen Werbebudgets mit ein
und betrachtet Interdependenzen zwischen den einzelnen Produkten.
Wird die Anzahl von betrachteten Planungsperioden als weiteres Unterscheidungsmerkmal herangezogen, so lassen sich einperiodische und mehrperiodische
Modelle unterscheiden. In einperiodischen Modellen beschränkt sich die Analyse der Werbewirkungen auf die Budgetentscheidungen einer Periode, während
mehrperiodische Modelle hingegen Budgetentscheidungen mehrerer Perioden
berücksichtigen. Das Modell von Dorfman/Steiner ist ein einperiodisches Modell,
bei dem die Budgetplanung auf eine Periode beschränkt ist. Das Koyck-Modell ist
ein mehrperiodisches Modell, das die Budgetentscheidung unter Berücksichtigung
von Periodeninterdependenzen festlegt.
Die analytischen Verfahren haben unterschiedliche ökonomische Größen zum
Ziel. Sie unterscheiden Zielgrößen, z. B. Gewinn, Umsatz, Absatz oder Marktanteil.
So orientiert sich das Standardmodell der klassischen Marginalanalyse an der
Gewinnmaximierung, während das Weinberg-Modell und das Modell von Little
den Marktanteil als Zielgröße verwenden. In diesem Zusammenhang ist zwischen
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik280
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zielorientierten Ansätzen und Optimierungsmodellen zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Die Aufgabe von zielorientierten
Ansätzen besteht darin, das Werbebudget so zu bestimmen, dass ein vorher gesetztes Ziel, z. B. ein bestimmter Marktanteil, erreicht wird. Optimierungsmodelle hingegen versuchen, jene Höhe des Werbebudgets zu bestimmen, bei der der
Gewinn maximal wird.
Weiterhin kann der Ablauf der Berechnung bei den analytischen Verfahren unterschiedlich sein. Die Verfahren haben entweder eine sukzessive oder simultane
Vorgehensweise bei den Ablaufschritten zur Bestimmung des (optimalen) Budgets
und zur Erreichung der ökonomischen Zielgröße. Der marginalanalytische Ansatz
optimiert beispielsweise den Einsatz der anderen Marketinginstrumente simultan,
während das Kuehn-Modell eine sukzessive Optimierung der einzelnen Variablen
beinhaltet.
Analytische Budgetierungsansätze basieren in der Regel auf der Ermittlung von
Werbe-(Markt-)reaktionsfunktionen. Diese können linear oder nicht-linear abgebildet werden. Dabei erfolgt vor dem Hintergrund bestimmter Annahmen eine
modellhafte Abbildung des funktionalen Zusammenhangs zwischen der Höhe
des Kommunikationsbudgets und dem Erreichungsgrad einer Zielgröße der Kommunikation.
Mit Hilfe mathematischer Lösungsalgorithmen bieten viele der analytischen Ansätze, unter Berücksichtigung verschiedener Annahmen, optimale Lösungen. Das
zentrale Problem dieser Ansätze liegt darin, im Einzelfall den zugrunde liegenden
Wirkungszusammenhang valide abzubilden. Dies ist weniger ein mathematischtheoretisches Problem – mittels entsprechender Softwareangebote können komplexe Wirkungszusammenhänge modelliert werden – als vielmehr ein praktisches
Problem, da
• die notwendige Informationsbeschaffung mit einem hohen empirischen Forschungsaufwand verbunden ist und
• die Wirkungen des eingesetzten Werbebudgets auf das Konsumentenverhalten,
das für die Realisierung ökonomischer Werbeziele ausschlaggebend ist, aufgrund unterschiedlicher Prädispositionen der Adressaten nicht bzw. nur ansatzweise exakt ermittelt werden können.
Die in der Literatur oft verbreitete Aussage, der Einsatz von Werbereaktionsfunktionen führe zu optimalen Werbebudgets, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen gültig. Werbereaktionsfunktionen modellieren Wirkungszusammenhänge
unter bestimmten Annahmen. Neben einer mathematisch exakten Abbildung sind
an Werbereaktionsfunktionen folgende Anforderungen zu stellen, damit sie zur
optimalen Werbebudgetierung führen:
• Es ist notwendig, dass die zugrunde liegenden Annahmen vollständig und
realitätsgetreu sind. Dies setzt umfassende Kenntnisse über zukünftige Verhaltensweisen der Zielpersonen in Abhängigkeit werblicher und nicht werblicher Aktivitäten der Unternehmung, sämtlicher Konkurrenzaktivitäten sowie
situationaler Einflussgrößen voraus.
• Der Wirkungszusammenhang zwischen Budgethöhe und Zielerreichungsgrad
ist realitätsgetreu abzubilden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Einfluss
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 281
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des Werbebudgets auf die Erreichung ökonomischer Ziele vollkommen isoliert
werden kann.
Die Isolation werblicher Einflüsse auf die Veränderung ökonomischer Größen sowie die empirische Ermittlung des Konsumentenverhaltens ist jedoch mit großen
Schwierigkeiten verbunden, so dass die Realisierung eines optimalen Werbebudgets nicht gewährleistet werden kann. Schmalen (Schmalen 1992) stellt zu Recht fest,
dass der Einsatz von Werbereaktionsfunktionen zur Werbebudgetierung nicht
notwendigerweise zu optimalen Lösungen führt. Sie sind jedoch in der Lage, den
Entscheidungsträger in einer bestimmten Situation bei der Suche nach dem optimalen Werbebudget zu unterstützen.
Zunächst ist der Verlauf von Werbewirkungsfunktionen aus theoretischen bzw.
Plausibilitätsüberlegungen abzuleiten. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass
mit steigenden Werbeausgaben höhere ökonomische Werbeziele (Umsatz, Absatz,
Gewinn u. a. m.) zu realisieren sind. Ein linearer oder progressiver Zusammenhang zwischen der Höhe des Werbebudgets und beispielsweise des Absatzes als
Zielinhalt würde jedoch dazu führen, dass eine Steigerung werblicher Ausgaben
den Absatz unendlich groß werden ließe. Generell ist davon auszugehen, dass
die Wirkung der Mediawerbung auf den Absatz sowie auf jede andere Zielgröße
begrenzt ist und nicht unendlich (linear) gesteigert werden kann. Zur Abbildung
des Zusammenhangs zwischen Budgethöhe und ökonomischen Wirkungen sind
daher nur konkave oder s-förmige Werbewirkungsfunktionen sinnvoll (Schmalen
1992; Simon/Möhrle 1993; Homburg/Krohmer 2009).
Bei einem konkaven bzw. degressiven Verlauf nimmt die Grenzwirkung von Beginn an ab, bei einem s-förmigen Verlauf nimmt sie erst progressiv zu und ab
einer bestimmten Budgethöhe wieder ab. Dabei kann die Werbewirkungsfunktion sowohl einen positiven Schnittpunkt mit der Werbebudgetachse (in diesem
Fall ist ein bestimmter Mindestwerbeeinsatz notwendig, um überhaupt eine
ökonomische Wirkung zu erzielen) als auch mit der Wirkungsachse aufweisen
(in diesem Fall werden auch ohne werblichen Einsatz ökonomische Wirkungen
erzielt). In Schaubild 8-4 ist jeweils ein Beispiel dargestellt, wobei in den beiden
hier skizzierten Fällen ein Grundabsatz auch ohne Werbung unterstellt wird.
Der degressiv steigende Verlauf der Werbewirkungsfunktion beruht auf der Einsicht, dass mit zunehmenden Werbeaufwand, d. h. im degressiven Bereich des
Kurvenverlaufs, der Marktwiderstand zunimmt. Es treten Sättigungserscheinungen in Kraft, d. h., eine zusätzliche Steigerung des Budgets führt nur noch
zu einer unterdurchschnittlichen Wirkungssteigerung. Hier treten immer resistentere Käuferschichten und Sättigungsgrenzen bei den Stammkäufern auf.
Beim s-förmigen Kurvenverlauf wird hingegen davon ausgegangen, dass bei geringem Kommunikationsaufwand der Absatzerfolg aufgrund unzureichender
Wahrnehmung der Kommunikationsaktivitäten von den Umworbenen ausbleibt.
Ein überproportionaler Werbemitteleinsatz führt zu einer zunächst überproportionalen Wirkung (Schmalen 1992).
In Modellen zur Werbebudgetierung finden sich beide Verläufe wieder, wobei
empirischen Untersuchungen zufolge ein konkaver Funktionstyp zu besseren Anpassungen führt (Simon/Arndt 1980; Aaker/Carman 1982; Lilien/Kotler/Moorthy 1992;
Schmalen 1992; Simon/Möhrle 1993).
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik282
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In diesem Zusammenhang sei nochmals auf Schaubild 1-15 in Abschnitt 1.2.5 verwiesen, in dem auf verschiedene Typen von Marktreaktionsfunktionen und auch
unterschiedliche Funktionsverläufe hingewiesen wurde. Die Reaktionsfunktionen
von Typ I, II und IV sind im Vorfeld zu erarbeiten, um das Budgetierungsproblem
als Marktreaktionsfunktion von Typ III lösen zu können.
Die Beachtung von Zeitaspekten führt zu einer Einteilung in statische und dynamische Modelle. Bei statischen Modellen erfolgt die Analyse der Werbewirkung
ohne Berücksichtigung von Zeitaspekten der Vergangenheit, d. h. periodenbezogene Interdependenzen bleiben unbeachtet. Dynamische Modelle berücksichtigen
hingegen Wirkungseffekte aus der Vergangenheit für zukünftige Perioden. Hierbei
werden drei Arten von wirkungsdynamischen Effekten unterschieden:
(1) Wirkungsverzögerungen (direkter Carry-over-Effekt),
(2) Wirkungsübertragungen (indirekter Carry-over-Effekt),
(3) Zeitlicher Wirkungsverbund.
(1) Wirkungsverzögerungen
Wirkungsverzögerungen (direkter Carry-over-Effekt) äußern sich darin, dass Ver-
änderungen ökonomischer Größen erst nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne
(Timelags) zu beobachten sind. Dies ist wie folgt zu begründen:
• Werbung ändert die Einstellung der Konsumenten; aufgrund momentan fehlender Kaufkraft oder aus spekulativen Gründen (Preissenkungserwartung) kommt
es jedoch erst später zu Kaufhandlungen („Delayed Response Effect“) (Kotler
1971; Schmalen 1992).
• Erst nach mehrfacher Wiederholung eines Werbeimpulses wird eine „Lernschwelle“ überschritten, die zur erstrebten Einstellungsänderung und damit zu
Käufen führt (Palda 1965; Schmalen 1992). Dies ist vorrangig für die Werbung neu
Werbebudget A Werbebudget A
Absatz q
konkave
Werbereaktionsfunktion
= Sättigungsmenge
s-förmige
Werbereaktionsfunktion
Absatz q
q
q
q
Schaubild 8-5: Konkave und s-förmige Werbereaktionsfunktion
(Simon/Möhrle 1993, S. 310)
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 283
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einzuführender High-Involvement-Produkte kennzeichnend. Der Kauf dieser
Produkte wird in besonderem Maße von der rationalen Einstellung zum Produkt
gesteuert. Die Herausbildung der für den Kauf notwendigen Einstellungswerte erfolgt meist über einen längeren Zeitraum hinweg. Neben einer vorrangig
informativ ausgerichteten Werbung ist insbesondere ein kontinuierlich hoher
Werbeeinsatz erforderlich, um die für einen Kauf notwendigen Einstellungswerte zu realisieren.
(2) Wirkungsübertragungen
Der Einsatz des Werbebudgets entfaltet seine Wirkungen im Regelfall nicht nur
zeitpunktbezogen, sondern es sind vielfach zeitliche und sachliche Ausstrahlungseffekte zu beobachten. Dies bedeutet, dass Wirkungen des Budgeteinsatzes auch
nach Ablauf einer längeren Zeitspanne unter Umständen noch zu beobachten sind
(zeitlicher Ausstrahlungseffekt) bzw. Wirkungen auf andere Produktvarianten entfaltet werden (sachlicher Ausstrahlungseffekt). Da die Wirkungen des Budgeteinsatzes (zeitlich und sachlich) „transportiert“ werden, wird diese Art beobachtbarer
Wirkungsdynamik auch als Wirkungsübertragung (indirekter Carry-over-Effekt)
bezeichnet. Dies ist wie folgt zu begründen:
• Der Einsatz der Mediawerbung steigert indirekt, z. B. über Wiederholungskäufe
oder Mund-zu-Mund Werbung, die Nachfrage in künftigen Perioden („Customer
Holdover Effect“) (Hruschka 1996, S. 31).
• Die Anzahl der Innovatoren und Imitatorenkäufe aller bisherigen Perioden beeinflussen den Umfang der Imitatorenkäufe in der laufenden Periode.
(3) Zeitlicher Wirkungsverbund
Häufig erfordert die Realisierung ökonomischer Wirkungen ein Zusammenspiel
bestimmter Budgethöhen über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Dieses Phänomen wird auch als zeitlicher Wirkungsverbund bezeichnet. Die angestrebten
finalen Wirkungen setzen in verschiedenen Perioden unterschiedliche Mindestbudgets voraus. So ist es beispielsweise denkbar, dass ein über mehrere Perioden
gleichbleibendes Budget in der Vergangenheit noch zu keinerlei finalen Wirkungen
bei den Zielpersonen geführt hat. Erst der Einsatz eines bestimmten Werbebudgets
der letzten Periode ruft dann finale Reaktionen hervor und führt zu Veränderungen ökonomischer Größen. Diese Veränderungen sind jedoch nicht ausschließlich
auf die Budgethöhe der letzten Periode zurückzuführen, sondern sie sind als „gebündelte Wirkung“ aus dem monetären Werbeeinsatz aller vergangenen Perioden
anzusehen. Das Dorfman-Steiner-Theorem ist ein statisches Modell, während das
Koyck-Modell dynamisch ist und zum einen Wirkungsverzögerungen und zum
anderen Wirkungsübertragungen beinhaltet.
Werden analytische Ansätze der Werbebudgetierung zudem nach dem Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehungen unterschieden, so ist zwischen deterministischen und stochastischen Modellen zu unterscheiden. Deterministische Modelle
sind dadurch gekennzeichnet, dass jeder möglichen Budgethöhe eine eindeutige,
spezifizierte ökonomische Werbewirkung gegenübersteht. Bei diesen Modellen
ist daher die Annahme eines vollständigen Informationsstandes zu treffen. Stochastische Modelle ordnen den (potenziell erzielbaren) ökonomischen Wirkungen
Eintrittswahrscheinlichkeiten zu; sie beziehen sich damit auf Risikosituationen.
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik284
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Dieser Modellkategorie werden auch jene Ansätze zugeordnet, die sich auf Unsicherheitssituationen beziehen, d. h. auf Fälle, in denen Wahrscheinlichkeiten nicht
angegeben werden. Hierzu zählen die Modelle von Kuehn und Little, während das
Weinberg-Modell ein deterministisches Verfahren darstellt.
Des Weiteren sind Budgetierungsverfahren anhand der Anzahl der einbezogenen
Marketinginstrumente zu unterscheiden. So lassen sich diese in monoinstrumentelle und polyinstrumentelle Modelle einteilen. Im Rahmen monoinstrumenteller
Modelle wird nur der Einfluss einer unabhängigen Variablen (hier das Werbebudget) auf die Veränderung ökonomischer Größen untersucht. Polyinstrumentelle
Modelle beziehen gleichzeitig auch andere Marketinginstrumente in die Betrachtung ein. Solche Modelle werden auch als Marketingmix-Modelle bezeichnet. Während die Ansätze von Dorfman-Steiner und Lambin andere Marketinginstrumente,
z. B. den Preis, berücksichtigen, wirken in dem Modell von Weinberg keine weiteren
Marketingvariablen auf die Veränderung der ökonomischen Größe.
Die Einbindung weiterer Einflussfaktoren, beispielsweise Konkurrenzaktivitäten
oder sonstige Rahmenbedingungen, wird bei den analytischen Verfahren ebenfalls
unterschiedlich vorgenommen. So berücksichtigt z. B. das Modell von Weinberg
explizit die Aktivitäten der Konkurrenz, während das Modell von Little keinen
Einfluss von Konkurrenzaktivitäten auf die Veränderung der ökonomischen Zielgröße unterstellt.
Im Folgenden werden ausgewählte Modelle der Werbebudgetierung kurz dargestellt, an einem Beispiel demonstriert sowie einer kritischen Würdigung unterzogen.
(1) Marginalanalytisches Modell
Das marginalanalytische Modell ist das Standardmodell der klassischen Marginalanalyse (Korndörfer 1966; Meffert/Freter 1974a; Simon 1981; Schmalen 1992; Simon/
Möhrle 1993; Rogge 2004). Bei der Berechnung des optimalen Budgets werden Einproduktunternehmen betrachtet, so dass keine Interdependenzen bei der Budgetaufteilung zwischen einzelnen Produkten eines Unternehmens entstehen. Bei der
hier vorgestellten Form des marginalanalytischen Modells handelt es sich um ein
statisches Modell, d. h., über eine Periode hinausgehende Werbewirkungen bleiben unberücksichtigt. Grundsätzlich können marginalanalytische Modelle jedoch
auch dynamischer Natur sein. Die marginalanalytischen Ansätze basieren zumeist
auf dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Unternehmen, die diesem Modell bei
ihrer Budgetierung folgen, erhöhen ihre Werbeausgaben, wenn sie dadurch einen
Gewinnzuwachs erzielen. Das optimale Werbebudget ist dann erreicht, wenn die
Grenzkosten, bezogen auf die durch den Werbeaufwand zusätzlich abgesetzte Produkteinheit, gleich den dieser Einheit zugehörigen Grenzerlösen sind. Der Ablauf
der Optimierung des Modells erfolgt simultan, d. h., die Optimierung der anderen
Variablen zur Berechnung geschieht gleichzeitig. Der Verlauf der Wirkungs funktion ist im einfachen marginalanalytischen Modell nicht-linear. Der Sicherheitsgrad
der Wirkungsbeziehung ist deterministisch und somit ist jeder Budgethöhe eine
eindeutige Werbewirkung zuzurechnen. Weiterhin wird der Preis als weiteres Marketinginstrument nur eingeschränkt berücksichtigt, da die Gleichgewichtslösung
nur für den Monopolfall gilt (Korndörfer 1966). Konkurrenzaktivitäten und weitere
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 285
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25.10.2012 Druckdaten Seite 284
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Rahmenbedingungen werden bei der Berechnung des optimalen Werbebudgets
nicht berücksichtigt.
Wird die Absatzmenge mit x, der gegebene Preis mit p, die Produktionskosten
mit C, der Gewinn mit G und das Werbebudget mit W bezeichnet, so lautet die zu
optimierende Gewinnfunktion:
(1) G = p · X(W) – C(x(W)) – W
Gemäß den Optimalitätsbedingungen der Marginalanalyse wird die Funktion
nach W abgeleitet und gleich Null gesetzt. Dabei ist anzunehmen, dass die Absatzmenge (x) auch eine Funktion des Werbebudgets ist, d. h. C(x) = C(x(W)):
(2) = ? ? =
dG dx dC dx
p 1 0
dW dW dx dW
Während ?
dx
p
dW
den Grenzerlös darstellt, gibt der zweite und dritte Summand die
Grenzkosten der Produktion und der Werbeaufwendungen wieder.
Für eine Vereinfachung wird der Ausdruck der Werbeelastizität l eingeführt:
(3) ? = = ?
prozentuale Absatzänderung dx W
prozentuale Werbeänderung dW X
Die Werbeelastizität (l) gibt an, um wie viel Einheiten sich die abhängige Variable
(hier der Absatz) ändert, wenn das Werbebudget um eine Einheit variiert wird.
Diese nimmt in der Regel positive Werte an, da erhöhte Kommunikationsaufwendungen im Allgemeinen mit einem verstärkten Absatz einhergehen. Steigt beispielsweise bei einer Erhöhung des Kommunikationsbudgets um 10 Prozent der
Absatz um 1 Prozent, dann beträgt die Werbeelastizität 0,1. Durch Einsetzen der
Werbeelastizität (l) vereinfacht sich die Optimalitätsbedingung zu:
(4) = ?? ? ?? ? =
dG X dC X
p 1 0
dW W dx W
Nach einer weiteren Vereinfachung lautet die Optimalitätsbedingung:
(5) W* = l · (p – C’) · x
mit ? =
dC
C
dx
als Grenzkosten der Absatzmenge.
Das Werbebudget ist demnach dann optimal, wenn seine Höhe dem Produkt aus
Werbeelastizität und Deckungsbeitrag entspricht. Der Deckungsbeitrag ist dabei definiert als Produkt aus dem Stückdeckungsbeitrag und der Absatzmenge.
Des Weiteren ist beim marginalanalytischen Modell die Höhe des Werbebudgets
abhängig von der Werbeelastizität, der Stückzahl und dem Stückerlös. Das Werbebudget ist demnach zu steigern, je empfänglicher der Nachfrager für Werbemaßnahmen ist und/oder je höher die Stückerlöse und/oder die Stückzahlen sind.
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik286
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Beispiel: Berechnung des optimalen Werbebudgets nach dem marginalanalytischen
Modell
Ein Unternehmen in der Kosmetikbranche stellt Gesichtscreme her. Für das Produkt
„Face“ wird zur Einführung einer neuen Werbekampagne das optimale Werbebudget gesucht. Folgende Angaben für das Produkt sind gegeben:
Absatzmenge: x = 5.000.000 ME
Kostenfunktion: C(x) = 7x + 1.000.000 mit
dC
C 7
dx
? = =
Stückpreis: p = 15 GE
Werbeelastizität: l = 0,1
Die Bedingung für das optimale Werbebudget lautet: W* = l (p – C’) x
Die Grenzkosten der Absatzmenge betragen nach Ableitung der Kostenfunktion:
C’ = 7
Daraus ergibt sich die optimale Budgethöhe für das Produkt „Face“:
W* = 0,1 · (15 – 7) · 5.000.000 = 4.000.000 GE
Die Vorteile des marginalanalytischen Ansatzes sind zum einen die formaltheoretisch exakte Ableitung des optimalen Budgets. Zum anderen werden Interdependenzen zu anderen Variablen des Marketingmix zumindest teilweise erfasst, z. B.
die Berücksichtigung des Preises unter Monopolbedingungen des Marktes (Korndörfer 1966; Meffert/Freter 1974a). Der Nachteil des marginalanalytischen Modells
besteht in der Annahme der Stetigkeit und mehrmaligen Differenzierbarkeit der
Funktion. Dies sind in der Praxis schwer erfüllbare Voraussetzungen für die Beziehung zwischen ökonomischen Größen. Zudem werden bei der Gewinnmaximierung einschränkende Restriktionen, z. B. Kapazitäten oder finanzielle Mittel, nicht
berücksichtigt, d. h., das Optimum kann außerhalb des zulässigen Lösungsbereichs
liegen (Korndörfer 1966; Meffert/Freter 1974a). Weiterhin entstehen eventuell Zurechnungsprobleme, da die Werbewirkung am Umsatz gemessen wird, der marginalanalytische Ansatz jedoch das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgt. Der Einfluss
von Konkurrenzmaßnahmen wird bei diesem Ansatz ebenfalls vernachlässigt.
Dieses Modell betrachtet nur Einproduktunternehmen, dabei werden komplementäre oder sukzessive Beziehungen im Absatzprogramm eines Unternehmens nicht
erfasst. Bei dem marginalanalytischen Ansatz bleiben Wirkungsverzögerungen
unberücksichtigt. Zudem benötigen diese Ansätze einen hohen Aufwand an Informationen und werden deshalb in der Praxis nicht häufig verwendet.
(2) Dorfman-Steiner-Modell
Beim Dorfman-Steiner-Modell (Dorfman/Steiner 1954) handelt es sich um eine Erweiterung des marginalanalytischen Standardmodells, da hier neben dem gewinnmaximalen Werbebudget gleichzeitig der gewinnmaximale Preis ermittelt
wird (Simon 2008). Dieses Modell betrachtet ebenfalls nur Einproduktunternehmen zur Berechnung des optimalen Werbebudgets. Die verfolgte Zielgröße ist
die Gewinnmaximierung. Der Ablauf der Optimierung des Modells ist sukzessiv,
d. h., die Ablaufschritte zur Berechnung erfolgen nacheinander. Der Verlauf der
Wirkungsfunktion ist nicht-linear. Es handelt sich um ein statisches Modell, da
über eine Periode hinausgehende Werbewirkungen unberücksichtigt bleiben. Der
Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehung ist deterministisch und somit ist jeder
Budgethöhe eine eindeutige Werbewirkung zuzurechnen. Des Weiteren werden
andere Marketinginstrumente, z. B. der Preis und die Produktpolitik, einbezogen,
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 287
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25.10.2012 Druckdaten Seite 286
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25.10.2012 Druckdaten Seite 287
so dass von einem polyinstrumentellen Modell zu sprechen ist. Konkurrenzaktivitäten und andere Rahmenbedingungen finden bei der Berechnung des optimalen
Werbebudgets keine explizite Beachtung. Als Ausgangspunkt gilt folgende Wirkungsfunktion:
(1) x = x (p, W, Q)
Bei der zu maximierenden Gewinnfunktion, identisch mit der in Gleichung (1)
beim marginalanalytischen Modell, ist von der Prämisse auszugehen, dass die Absatzmenge im Rahmen des Dorfman-Steiner-Theorems von der Werbebudget- und
Preishöhe sowie Produktqualität (Q) abhängig ist (Gleichung 1). Bei der Gewinnmaximierung werden jedoch nicht alle drei, sondern nur zwei Variablen berücksichtigt. Die Produktqualität wird konstant gehalten. Die partielle Ableitung der
Gewinnfunktion nach (W) liefert das gewinnmaximale Werbebudget, dargestellt
in Gleichung (5) des marginalanalytischen Modells. Die Ableitung der Gewinnfunktion nach (p) bestimmt den gewinnmaximalen Preis dargestellt in Gleichung
(6). Die Berechnung des gewinnmaximalen Preises ergibt sich wie folgt:
(2) G = p · x(p) – C(x(p)) – W
(3) = ? + ? =
dG dx dC dx
p x(p) 0
dp dp dx dp
Für eine Vereinfachung wird neben der Werbeelastizität (l) die Preiselastizität (e)
eingeführt:
(4) ? = = ?
prozentuale Absatz nderung dx P
prozentuale Preis nderung dp
ä
ä X
Durch Einsetzen der Preiselastizität (e) vereinfacht sich die Optimalitätsbedingung
zu:
(5) = ? ? + ? ?? =
dG dC x
x x(p) 0
dp dx p
Gleichung (5) lässt sich weiter vereinfachen:
(6)
? ?=
+ ?
*p C
1
mit (e) als Preiselastizität.
Wird diese Bedingung in Gleichung (5) des marginalanalytischen Modells eingesetzt, so ergibt sich durch Umformen folgendes Verhältnis:
(7)
?
=
? ?
*
*
w
p x
Das Dorfman-Steiner-Theorem sagt demnach aus, dass die optimale Werbebudgethöhe dann gegeben ist, wenn das Verhältnis von Werbebudget und Umsatz gleich
dem Verhältnis von Werbe- und Preiselastizität ist. Das Dorfman-Steiner-Theorem
kommt somit zu dem Schluss, dass das Verhältnis von werbepolitischen Maßnahmen zu preispolitischen Maßnahmen (z. B. Rabattaktionen) in einem Unternehmen
davon abhängt, ob die Nachfrager empfänglicher für Werbeaufwendungen oder
Preisaktionen sind. Zur Nutzung des Dorfman-Steiner-Theorems als Entscheidungsregel ist es notwendig, dass beide Elastizitäten bekannt und konstant sind. Verfügt
der Werbetreibende über einschlägige Marktkenntnisse, so sind die Elastizitäten
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25.10.2012 Druckdaten Seite 289
relativ gut abzuschätzen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, sie mittels Werbetests, Expertenurteilen oder Analyse vorhandener Marktdaten zu ermitteln. Assmus
et al. fanden für die Werbeelastizität im Rahmen einer Metaanalyse bisheriger
empirischer Studien beispielsweise einen Durchschnittswert von 0,22 (Assmus/
Farley/Lehmann 1984).
Sind beispielsweise die Werbeelastizität l = 0,1 und die Preiselastizität e = – 2 –
dies sind realistische Werte für Konsumgüter (Tellis 1988, S. 331 ff.; Sethuraman/
Tellis 1991, S. 160 ff.) –, so ist es optimal, 5 Prozent (| 0,1/– 2 | = 0,05) des Umsatzes
für die Werbung auszugeben. Durch Umformung der Gleichung (7) ergibt sich die
optimale Werbung pro Stück:
(8)
?
= ?
?
*
*w p
x
Liegen konstante Elastizitäten vor, so verhält sich die Budgethöhe proportional
zum Preis. Die Kennzahl „Werbung pro Stück“ liegt bei Automobilen z. B. im Bereich mehrerer 100 EUR (Simon 2008).
Damit wird bestätigt, dass ein „Prozentsatz vom Umsatz“ bzw. ein „Festbetrag pro
Stück“ als optimales Werbebudget existiert. Allerdings ermöglichen die vorstehend
erläuterten Heuristiken in keiner Weise dessen Bestimmung. Darüber hinaus sind
durch die Kenntnis der Werbeelastizität auch Rückschlüsse auf die produktbezogene Werbebudgetierung zu ziehen, um eine bessere Budgetallokation auf einzelne
Produkte vorzunehmen: Der Wert (Elastizität · Deckungsbeitrag/zugeteiltes Werbebudget) hat über alle Produkte ungefähr gleich zu sein (Broadbent 1989).
Beispiel: Berechnung des optimalen Werbebudgets nach dem
Dorfman-Steiner-Modell
Ein Unternehmen produziert Heimwerkerutensilien. Zur Umsatzsteigerung wird ein
neues Produkt eingeführt. Für die neue Bohrmaschine sind der gewinnmaximale
Preis und das gewinnmaximale Werbebudget zur Einführung einer neuen Werbekampagne zu errechnen. Folgende Angaben für das Produkt sind gegeben:
Absatzmenge: x = 100.000 ME
Kostenfunktion: C(x) = 35 x + 2.000.000 mit
dC
C 35
dx
? = =
Werbeelastizität: l = 0,05
Preiselastizität: e = – 2
Die Gleichung (6) liefert den gewinnmaximalen Preis mit *
2
p 35 70
1 ( 2)
?
= ? =
+ ?
.
Durch das Einsetzen in die Formel zur Bestimmung der optimalen Budgethöhe ergibt sich das optimale Budget für die neue Bohrmaschine von W* = 0,05 · (70 – 35) ·
100.000 = 175.000 GE. Die optimale Budgethöhe ist somit gleich dem Verhältnis von
Werbeelastizität zu Preiselastizität (Gleichung (7)):
*
*
W 175.000 0,05
0,025 0,025
p x 70 100.000 2
?
= ? = ? =
? ? ? ?
.
Um das optimale Budget pro Stück zu erhalten, ergibt dies, eingesetzt in Gleichung
(8):
175.000 0,05
70 1,75 1,75
100.000 2
= ? ? =
?
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 289
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Die Vor- und Nachteile des marginalanalytischen Standardmodells gelten ebenso für das Dorfman-Steiner-Theorem. Weitere Vorteile des Dorfman-Steiner-Modells liegen jedoch in der verbesserten Ermittlung des gewinnmaximalen Preises. Weiterhin werden produktpolitische Aspekte berücksichtigt. Mit Hilfe der
Werbeelastizität und der Preiselastizität ist zudem der Einfluss von Preis- und
Budgetveränderungen zur Ermittlung von Gleichgewichtsbedingungen für ein
gewinnmaximales Werbebudget festzustellen (Kleinert 1981).
(3) Lambin-Modell
Der Ansatz von Lambin (Lambin 1968) baut auf den theoretischen Ansätzen des
Dorfman-Steiner-Theorems auf und gehört demnach zu den marginalanalytischen
Modellen. Das Modell geht von einem Einproduktfall aus und ist mehrperiodisch,
d. h., die Analyse der Werbewirkungen bezieht sich auf die Budgetentscheidungen
mehrerer Perioden. Dabei ist der Absatz die relevante Zielgröße. Der Ablauf der
Optimierung des Modells erfolgt sukzessiv, d. h., die Ablaufschritte zur Berechnung der Variablen erfolgen nacheinander. Der Werbewirkungsverlauf ist nichtlinear, da hier eine semi-logarithmische Funktion zwischen der Höhe des Werbebudgets und dem Absatz gegeben ist. Die Betrachtung des Modells beinhaltet eine
längerfristige Sichtweise, dabei werden dynamische Wirkungseffekte analog zum
Modell von Koyck berücksichtigt. Der Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehung ist
deterministisch. Weitere Marketinginstrumente, z. B. Preis und Vertrieb, werden
bei diesem Modell berücksichtigt, ebenso Konkurrenzaktivitäten und weitere Rahmenbedingungen.
Das Modell unterstellt zunächst, dass der Absatz eine Funktion (xt) diverser Grö-
ßen ist:
(1) xt = F (yt, ht, xt–1, st, ?dt, ?pt, ut)
wobei:
xt = Verkaufseinheiten pro 1.000 möglichen Kunden
yt = Reales, verfügbares privates Einkommen pro 1.000 möglichen Kunden
ht = Wetter: saisonale Schwankungen
xt–1 = Goodwill: wirkungsdynamische Effekte
st = Werbeausgaben pro 1.000 möglichen Kunden
?dt = Änderung der Besuchshäufigkeiten in den Verkaufsstellen
?pt = Preisänderungen des Einzelhandels
ut = Störgröße oder unerklärte Variation
Die konkrete Nachfragefunktion wird dabei als semi-logarithmisches Modell wie
folgt formuliert:
(2) xt = k + b1 log yt + b2 xt–1 + b3 log st + b4 log ?dt + b5 ht + b6 ?pt + ut
Die Konstante k beinhaltet den Einfluss der anderen umfeldbedingten und entscheidungsunabhängigen Variablen und somit den von der Werbung unabhängigen Absatz. Der Term b3 log st ist das marginale Produkt, das für Werbung ausgegeben wird, multipliziert mit log st dem ausgesuchten Betrag für Werbung. Der
Ausdruck b2 xt–1 steht für die Wirkungsverzögerung analog zum Koyck-Modell.
Um anhand dieses Modells das Werbebudget zu planen, sind zunächst die Parameter yt, ?dt, ?pt und ht zu schätzen. Danach kann der partikulare Einfluss dieser
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik290
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Variablen auf den Absatz vorhergesagt und mit in die Konstante k aufgenommen
werden, die dann als k’ bezeichnet wird. Damit reduziert sich die Ausgangsfunktion auf:
(3) xt = k’ + b2 xt–1 + b3 log st
Durch die Umbenennung der Parameter b2 und b3 in b und l ergibt sich folgende
Gleichung mit l als die Einflussrate des Goodwill:
(4) xt = k’ + b log st + l xt–1
Da k bereits ermittelt wurde und der Absatz der Vorperiode (xt–1) als bekannt
vorausgesetzt wird, ist noch die Einflussrate des Goodwill zu schätzen. Um das
Werbebudget zu berechnen, ist die Gleichung (4) nach log st aufzulösen.
Zudem wird die Veränderung des Absatzes ? x (? xt = xt – xt–1) mit der Subtraktion
von xt–1 auf beiden Seiten festgestellt. Mit (1 – l) als die Verfallsrate des Goodwill
lautet die Gleichung:
(5) xt – xt–1 = k’ + b log st – (1 – l) xt–1
Beispiel: Berechnung des mögliches Absatzes bei einem gegebenen Werbebudget
nach dem Lambin-Modell
Ein Unternehmen stellt Waschmittel her. Bei einem gegebenen Werbebudget pro
1.000 möglichen Kunden von 200.000 GE möchte es seinen damit möglichen Absatz
der gegenwärtigen Periode errechnen.
Gegeben sind:
Die Einflussrate des Goodwill der Vorperiode: l = 0,1
Der von der Werbung unabhängige Absatz: k’ = 2.000 ME
Einfluss des Werbebudgets auf den Absatz: b = 350
Absatz der Vorperiode: xt–1 = 4.000 ME
xt = k’ + b log st + l xt–1
= 2.000 + 350 log 200.000 + 0,1 · 4.000
= 2.000 + 1.855 + 400 = 4.255
Bei einem Werbebudget von 200.000 GE pro 1.000 möglichen Kunden ergibt sich ein
Absatz in der gleichen Periode von 4.255 ME pro 1.000 möglichen Kunden.
Die Vorteile des Modells liegen in der dynamischen Betrachtung, d. h., es wird
die Auswirkung der Werbung auf den gegenwärtigen und zukünftigen Absatz
beachtet. Es sind grundsätzliche Hinweise über das Werbeverhalten von Unternehmen in oligopolistischen Märkten zu finden (Kleinert 1981). Zudem erfolgt eine
Berücksichtigung anderer Variablen des Marketingmix, z. B. Preis-, Produkt- und
Vertriebspolitik. Hinzu kommt die Betrachtung von Werbeaktivitäten der Konkurrenz, da sie das eigene Werbeverhalten beeinflussen. Die Marketinginstrumente
werden hier in Relation zu den Konkurrenzaktivitäten gesehen. Durch die Abhängigkeit der Intensität der Konkurrenzwerbung ist auf oligopolistischen Märkten
eine deutliche Angleichung der Marketingaktivitäten zu beobachten (Meffert/Freter
1974a; Kleinert 1981). Weiterhin werden Variablen des Marktes sowie Zufallsfehler bzw. Störgrößen in die Berechnung des Modells aufgenommen. Der Nachteil
des Modells ist die Komplexität und somit die aufwändige Handhabung. Zudem
ist die Genauigkeit der hypothetisch unterstellten bzw. ermittelten postulierten
Wirkungszusammenhänge fraglich. Die Verwendung historisch gestützter Daten
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 291
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ist zur Erklärung des Modells nicht gut geeignet, wenn sich die Höhe des Werbebudgets der Vergangenheit ausschließlich auf die jeweiligen Vorjahresumsätze
bezieht (Kleinert 1981).
(4) Weinberg-Modell
Einen anderen Ansatz zur analytischen Werbebudgetierung stellt das Weinberg-
Modell dar (Weinberg 1960). In diesem Modell wird wiederum nur ein Produkt für
die Berechnung des Werbebudgets betrachtet. Des Weiteren handelt es sich um
ein einperiodisches Modell. Ausgangspunkt des Modells ist das Ziel der Marktanteilssteigerung. Der Ansatz beruht auf der Annahme, dass Werbung für ein
bereits eingeführtes Produkt auf einem gesättigten Markt keinen Einfluss auf den
Branchenumsatz hat, sondern lediglich die Aufteilung des Marktes innerhalb einer
Branche und somit die Marktanteile verändert (Schweiger/Schrattenecker 2009). Die
Steigerung des Marktanteils ist nach diesem Modell abhängig von der Höhe des
eigenen Werbebudgets und dem Ausmaß der werblichen Aktivitäten der Konkurrenz. Mit dem Ansatz kann die Frage beantwortet werden, wie hoch ein Werbebudget zu sein hat, um eine bestimmte angestrebte Marktanteilssteigerung zu erzielen;
eine gewinnmaximale Budgetfestlegung, wie bei marginalanalytischen Modellen
oder eine Marktanteilsmaximierung, hat das Modell nicht zum Ziel. Das Modell
von Weinberg lässt sich jedoch auch für eine Produktneueinführung adaptieren,
worauf hier jedoch nicht näher eingegangen wird. Der Ablauf der Berechnung
erfolgt sukzessiv und der Verlauf der Wirkungsfunktion ist nicht-linear. Ferner
ist das Modell statisch, da keine Wirkungen von Werbemaßnahmen aus der Vergangenheit berücksichtigt werden. Der Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehung
ist deterministisch und somit kann jeder Budgethöhe eine eindeutige Werbewirkung zugerechnet werden. Es handelt sich um ein monoinstrumentelles Modell,
da keine weiteren Marketinginstrumente einbezogen werden. Es berücksichtigt
Konkurrenzaktivitäten, indem die Marktanteilssteigerung als zentrale Zielgröße
nicht nur durch die Höhe des eigenen Werbebudgets, sondern auch durch die
entsprechenden Budgethöhen der Konkurrenz erklärt wird. Insbesondere auf gesättigten Märkten mit konstantem Marktvolumen hat die eigene Budgethöhe sowie
die Budgets der Konkurrenten eher einen Einfluss auf die jeweiligen Marktanteile
als auf die Gesamtumsätze im betreffenden Markt (Meffert/Freter 1974a). Weitere
Rahmenbedingungen werden nicht berücksichtigt.
Die Marktanteilsänderung ist abhängig von der so genannten „Konkurrenzänderungsrate“ (e) (Competitive Exchange Rate). Die Konkurrenzänderungsrate gibt
das Verhältnis des Anteils der eigenen Werbeausgaben (Wu) am eigenen Umsatz
(Uu) zum Anteil der Werbeausgaben der Konkurrenz (Wk) an der Umsatzhöhe der
Konkurrenz (Uk) an:
(1) = u k
u k
W W
e :
U U
Ist der Wert (e) für das werbetreibende Unternehmen kleiner als Eins, so ist der
prozentuale Anteil des Werbebudgets am Unternehmensumsatz geringer als derjenige der Konkurrenten et vice versa. Unter der Annahme, dass alle Unternehmen
der Branche die gleiche Werbeproduktivität erzielen (hinsichtlich Kreativität, Mediawirkung usw.), steigt der Marktanteil bei e > 1 an, bei e < 1 hingegen sinkt er.
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Die Marktanteilsveränderung (Mu) des werbetreibenden Unternehmens ist eine
Funktion der Konkurrenzänderungsrate. Empirische Untersuchungen Weinbergs
ergaben eine signifikante Abhängigkeit der Marktanteilsveränderung (Mu) vom
Logarithmus der Konkurrenzänderungsrate (e), für deren funktionale Beziehung
er folgenden Ausdruck angibt:
(2) Mu = a · log e – b,
wobei (a) und (b) Konstanten sind (Regressionskoeffizienten) und im konkreten
Fall mit einer Regressionsanalyse ermittelt werden. Der Marktanteil steigt demnach
mit einer steigenden Konkurrenzänderungsrate et vice versa. Gelten die ermittelten
historischen Werte auch für die Zukunft und werden der Branchenumsatz sowie
die Werbeausgaben der Konkurrenten geschätzt, dann kann jenes Werbebudget
ermittelt werden, das nötig ist, um in der nächsten Periode eine bestimmte Marktanteilssteigerung zu generieren.
Eine einfache Umformung der Gleichung (1) ergibt:
(3) = ? ? ku u
k
W
W e U
U
Im Fall, dass ein Unternehmen seinen Marktanteil im kommenden Jahr steigern
will, sind zur Berechnung seines für die Marktanteilssteigerung benötigten Werbebudgets (Wu) präzise Prognosen über die Werbeausgaben der Konkurrenz (Wk)
und den Gesamtumsatz der Konkurrenz (Uk) für das kommende Jahr nötig. Zur
Berechnung der Konkurrenzänderungsrate wird auf Vergangenheitsdaten, aktuelle Daten oder Schätzungen zurückzugreifen sein.
Beispiel: Berechnung des notwendigen Werbebudgets zur Erreichung einer
bestimmten Marktanteilssteigerung nach dem Weinberg-Modell
Ein Unternehmen im Food-Bereich produziert zuckerfreie Kaugummis. Die Kommunikationsabteilung möchte für das Produkt „Medgum“ das optimale Werbebudget
festlegen. Das optimale Werbebudget ergibt sich aus der gewünschten Marktanteilssteigerung:
Umsatz der Konkurrenz in t: Uk = 4 Mio. GE
Werbeausgaben der Konkurrenz in t: Wk = 0,3 Mio. GE
Eigener Umsatz in t: Uu = 1 Mio. GE
Eigene Werbeausgaben in t: Wu = 0,12 Mio. GE
Zunächst wird daraus die Konkurrenzänderungsrate errechnet:
0,22 0,30
e 1,6
2 4
= ÷ =
Umsatz der Konkurrenz in t + 1 (Prämisse gesättigter Markt) Uk = 3,9 Mio. GE
Geschätzte Werbeausgaben der Konkurrenz in t + 1 Wk = 0,4 Mio. GE
Konkurrenzänderungsrate: e = 1,6
Annahme: Marktanteil in t: Ma = 20 Prozent
Ziel des Unternehmens für das Jahr t + 1 ist eine Steigerung des bisherigen Marktanteils des Kaugummis um 10 Prozent, d. h. im Jahr t + 1 ist ein geplanter Umsatz in
Höhe von 1,1 Mio. GE (20 Prozent · (1 + 0,1) = 22 Prozent) zu erreichen.
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 293
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Ist es das Ziel, dass der eigene Marktanteil in der nächsten Periode (t + 1) 22 Prozent
beträgt, dann errechnet sich das Werbebudget wie folgt:
k
u u
k
W 0,4
W e U 1,6 1,1 0,1805 Mio. GE
U 3,9
= ? ? = ? ? =
Das Werbebudget für das zuckerfreie Kaugummi „Medgum“ hat in der Periode
t + 1 0,1805 Mio. GE zu betragen, um eine Marktanteilssteigerung von 10 Prozent
zu realisieren.
Der Vorteil des Weinberg-Modells ist, dass das Ziel einer bestimmten Marktanteilssteigerung explizit betrachtet wird. Dies kommt, bei Festlegung eines bestimmten
Marktanteils, unter Umständen dem unternehmerischen Gedanken näher als dem
der Gewinnmaximierung. Zudem werden Konkurrenzaktivitäten explizit berücksichtigt. Der Ansatz verfolgt eine realistische Zielsetzung und benötigt weniger
Informationen als die marginalanalytischen Ansätze. Der Nachteil besteht darin,
dass sich der Marktanteil als Zielgröße nicht für die Festlegung der Budgethöhe
eignet, da eine übermäßige Marktanteilssteigerung nur mit eventuell überhöhten Werbeaufwendungen und damit auch sinkenden Gewinnen zu erreichen ist
(Korndörfer 1966; Meffert/Freter 1974a; Kleinert 1981). Zur Gewinnmaximierung ist
es notwendig, dass jener Punkt bekannt ist, bei dem es sich lohnt, den Marktanteil durch verstärkte Werbung auszudehnen; darüber macht das Modell jedoch
keine Aussagen. Des Weiteren vernachlässigt das Modell die Einwirkungen anderer Marketinginstrumente zur Steigerung des Marktanteils. Dabei wird der
Umsatz der Vergangenheit allein der Werbung zugerechnet; dies ist jedoch eine
Vernachlässigung anderer Variablen, die den Umsatz mit beeinflussen. Zudem
ist die Konkurrenzänderungsrate eine globale Größe unter der Annahme, dass
die eigene Werbung sowie die der Konkurrenz in Zukunft genauso produktiv
bzw. wirksam ist wie in der Vergangenheit. Darüber hinaus beachtet das Modell
keine Unterschiede in der Qualität der zukünftigen Werbung, obwohl diese in
der Realität zweifelsohne vorhanden sind. Schwierigkeiten entstehen zudem bei
der Beschaffung bzw. Schätzung der Werbeausgaben der Konkurrenz sowie der
erforderlichen Vergangenheitsdaten für die Konkurrenzänderungsrate (Korndörfer
1966; Meffert/Freter 1974a).
(5) ADBUDG-Modell von Little
Das ADBUDG-Modell von Little (Little 1970) hat – analog zum Modell von Weinberg
– zum Ziel, den Zusammenhang zwischen der Höhe der Werbeausgaben und dem
daraus resultierenden Marktanteil zu ermitteln. Es handelt sich folglich um einen
zielorientierten Ansatz zur Planung des Werbebudgets: Das Modell gibt Auskunft
darüber, welche Werbeausgaben für einen angestrebten Marktanteil nötig sind. Der
zentrale Unterschied zum bereits vorgestellten Modell von Weinberg besteht zum
einen in der Modellformulierung, zum anderen in der von Little vorgeschlagen
pragmatischen Möglichkeiten der Datengewinnung durch subjektive Managementschätzung, wie es im Folgenden noch näher zu erläutern sein wird. Das Modell
betrachtet zur Erstellung des Werbebudgets nur Einproduktunternehmen. Es handelt sich um ein einperiodisches Modell. Der Ablauf der Berechnung ist sukzessive
angelegt, d. h., die Ablaufschritte erfolgen nacheinander. Das ADBUDG-Modell
nimmt eine s-förmige oder degressiv ansteigende Werbewirkungsfunktion an, d. h.,
es wird ein nicht-linearer funktionaler Zusammenhang zwischen Werbeaufwand
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und Marktanteil unterstellt. Der Ausgangspunkt ist eine statische Betrachtung, die
keine wirkungsdynamischen Effekte berücksichtigt. Jedoch kann eine Erweiterung
zu einem dynamischen Modell führen, das Einflüsse der vergangenen Perioden
auf den Marktanteil der Folgeperiode beachtet. Der Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehung ist stochastisch und damit werden ökonomischen Wirkungen Eintrittwahrscheinlichkeiten zugeordnet. Ferner erfolgt in der Grundform des Modells
keine Beachtung weiterer Marketinginstrumente, außer dem Einfluss des Werbebudgets auf den Marktanteil, womit es sich um ein monoinstrumentelles Modell
handelt. Jedoch lassen sich die Wirkungen anderer Marketinginstrumente in das
Modell integrieren (Krautter 1973; Kleinert 1981) Konkurrenzaktivitäten und weitere
Rahmenbedingungen werden bei der Berechnung der ökonomischen Zielgröße in
den Ausgangsformeln nicht mit einbezogen; das Modell kann jedoch auch hier um
diese Einflussgrößen erweitert werden.
Das Modell geht von folgenden Prämissen aus (Krautter 1973, S. 111):
• Die Marktanteilsänderungen aufgrund von Budgetvariationen können vom Manager geschätzt werden.
• Ohne Werbebudgetänderung ändert sich auch der Marktanteil nicht.
• Würde ein Unternehmen nie wieder Werbung betreiben, ginge der Marktanteil
langfristig gegen einen festen Wert (MAmin).
• Würde ein Unternehmen das Werbebudget unendlich erhöhen, kann dennoch
ein Markteinteil von (MAmax) nicht überschritten werden.
Diese Prämissen prägen die Modellstruktur. Für die Ableitung der Werbewirkungsfunktion sind folgende Informationen notwendig (Krautter 1973, S. 119 f.):
• Minimaler Marktanteil, der am Ende der Periode auch dann realisiert wird, wenn
der Werbeaufwand in der Periode den Wert Null hat (MAmin).
• Maximal möglicher Marktanteil, bei dem eine Sättigung mit extrem hohen Werbeaufwendungen (MAmax) erreicht wird.
• Werbeaufwand, der zur Erhaltung des derzeitigen Marktanteils notwendig ist
(MAErh).
• Marktanteil, der durch eine 50-prozentige-Erhöhung der Werbeaufwendungen
erreicht wird (MA+50 Prozent).
Auf Basis dieser Informationen kann die Werbewirkungsfunktion errechnet werden:
(1)
?
?= + ? ? +min max min
W
MA MA (MA MA )
6 W
(MAmin) beschreibt den minimalen Marktanteil, der ohne jegliche Werbung realisiert wird. Der zweite Ausdruck der Werbewirkungsfunktion beschreibt den
Werbeeffekt. (d) und (g) stellen Parameter der Werbewirkung dar. Die Steigung der
Funktion wird durch die Variable (g) beeinflusst. Ist g > 1, hat die Funktion einen sförmigen Verlauf, und bei 0 < g < 1 ist der Verlauf der Funktion degressiv. Ein hohes
(d) führt zu einer geringen Elastizität des Werbeeffektes et vice versa (Meffert 2007).
Das Besondere an diesem Modell ist, dass die meisten Parameter durch subjektive
Schätzungen des Anwenders festgelegt werden. Hierzu findet ein „Frage-Antwort-
Dialog“ mit dem Computer statt (Kleinert 1981). Die Parameter, die auf diese Weise
nicht bestimmbar sind, insbesondere (d) und (g), werden vom Computer durch
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ein Gleichungssystem berechnet. Sie werden daher, wenn auch indirekt, ebenfalls
durch den Anwender festgelegt, indem sie von den eingegebenen Daten abgeleitet
werden. Der Funktionsverlauf wird also vom Manager selbst durch seinen individuellen Dateninput bestimmt (Kleinert 1978; 1981; Landwehr 1988). Der Zusammenhang zwischen Werbeaufwendungen und Marktanteilsveränderungen ist in
Schaubild 8-6 wiedergegeben.
Das Modell ist flexibel gegenüber Erweiterungsmöglichkeiten. So kann beispielsweise eine Dynamisierung zur Einbeziehung von Carry-over-Effekten erfolgen.
Dazu sind noch folgende Annahmen zu treffen:
• Wird keine Werbung mehr betrieben, sinkt der Marktanteil auf einen langfristigen minimalen Marktanteil, der auch den Wert Null annehmen kann.
• Der Verfall innerhalb einer Periode verläuft konstant, d. h., die Lücke zwischen
dem derzeitigen Marktanteil und dem langfristigen minimalen Marktanteil
bleibt gleich, z. B. kann der Verfall exponentiell verlaufen.
• Der Verfall bestimmt das Minimum für die Periode.
• Die Differenz des aus der Werbung resultierenden minimalen und maximalen
Markanteils (MAmax – MAmin) bleibt konstant, d. h., die Werbewirkungsfunktion
ändert ihren Verlauf nicht, nur der Ordinatenabschnitt verschiebt sich.
Die Werbewirkungsfunktion ändert sich dann folgendermaßen:
(2) ( ) ( )
?
? ?= + ? ? ? + ? ? +t min t 1 min max min
W
MA MA MA MA MA –MA
W
Werbeaufwand (GE)
Marktanteil (%)
WErh W+50%
MA
MAErh
MAmin
MAmax
Schaubild 8-6: Werbewirkungsfunktion des ADBUDG-Modells
(Little 1970, S. 472)
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Dabei ist (a) der Parameter, der die Höhe des Einflusses des aus der Werbung resultierenden Marktanteils der Vorperiode auf den jetzigen Marktanteil ausdrückt.
Beispiel: Berechnung des Werbebudgets nach dem ADBUDG-Modell von Little
Ein Unternehmen möchte seinen Marktanteil für das Markenparfum „Duft“ steigern.
Der Marktanteil des letzten Jahres betrug 12 Prozent. Zur Steigerung des Marktanteils des Parfums steht für die Werbekampagne dieser Periode ein Budget von 8 Mio.
GE zur Verfügung. Weiterhin sind folgende Angaben gegeben:
MAmin = 5 Prozent, MAmax = 20 Prozent, MAt–1 = 12 Prozent
Mit Hilfe eines Frage-Antwort-Dialoges mit einem Computerprogramms wurden
folgende Parameter ermittelt: a = 0,1, d = 25.000 und g = 0,7
( ) ( )
0,7
t 0,7
8 Mio
MA 5 0,1 12 5 20 5
25.000 8 Mio
5 0,1 7 15 0,73
16,65
= + ? ? + ? ?
+
= + ? + ?
=
Mit einem Werbebudget von 8 Mio. GE lässt sich ein Marktanteil für das Produkt
„Duft“ von zirka 16,7 Prozent erreichen.
Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der einfachen Anwendung und der leichten
Handhabung eines (dynamischen) Modells. Hinzu kommt die klare Strukturierung und die einfache Informationsbeschaffung der benötigten Daten. In der Praxis ist dieses Modell daher weit verbreitet, da es möglich ist, nicht vorhandene
Daten für die Aufstellung der Gleichung subjektiv mit Hilfe des Frage-Antwort-
Dialoges mit einem Computerprogramm zu schätzen. Diese subjektive Schätzung
erhöht die Akzeptanz der Anwendung von quantitativen Verfahren (Zentes 1982).
Der Ansatz ist zudem flexibel gegenüber Erweiterungsmöglichkeiten. Neben der
Dynamisierung des Ansatzes können zusätzlich noch weitere Parameter, z. B. Einsatz von anderen Marketinginstrumenten, wie Preis, Vertrieb oder Produktveränderung sowie unternehmensunabhängige Einflüsse, z. B. Saisonschwankungen
oder Konkurrenzaktivitäten, in Form von zu ermittelnden Gewichtungsfaktoren
mit in die Berechnung aufgenommen werden (Kleinert 1981). Der Nachteil der möglichen Subjektivität des ADBUDG-Modells stellt jedoch einen Widerspruch zu der
angestrebten Objektivität der analytischen Modelle dar (Landwehr 1988).
(6) Koyck-Modell
Das Koyck-Modell (Koyck 1954) stellt den wohl bekanntesten Ansatz zur dynamischen Werbebudgetierung dar. Koyck versuchte mit als Erster, ganz allgemein dynamische Effekte in Unternehmen zu formulieren; vor allem Palda übertrug diese
Ansätze dann auf die Werbewirkung (Palda 1965). Die Grundannahme des Koyck-
Modells ist, dass eine Werbekampagne, die als Werbeausgabe angesehen werden
kann, sich nicht nur in der aktuellen Periode, sondern auch in allen Folgeperioden
positiv auf den Absatz auswirkt (Carry-over-Effekt). Das Modell geht jedoch von
abnehmenden Werbewirkungen im Zeitverlauf aus. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der aktuelle Absatz durch aktuelle und vorherige Werbekampagnen
beeinflusst wird. Der Absatz ist somit die relevante Zielgröße im Modell. Das Modell geht von einem Einproduktfall aus. Der Ablauf der Optimierung des Modells
erfolgt sukzessiv, d. h. die Ablaufschritte zur Berechnung erfolgen nacheinander.
Der Werbewirkungsverlauf ist nicht-linear. Weiterhin werden, außer dem Einfluss
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25.10.2012 Druckdaten Seite 297
des Werbebudgets auf den Absatz, keine anderen Marketinginstrumente betrachtet, womit es sich um ein monoinstrumentelles Modell handelt. Außerdem bleiben
Konkurrenzaktivitäten sowie sonstige Rahmenbedingungen bei der Ermittlung
des Einflusses der Werbeausgaben auf den Absatz unberücksichtigt.
Unter Berücksichtigung der wirkungsdynamischen Effekte kann der Absatz in
Periode t folgendermaßen formuliert werden:
(1)
?
?
=
= + ? jt t j
j 0
x a b c .W
wobei:
a, b = const. > 0
0 < c = const. < 1 als die „Gewichtung“ der Werbungsperioden, d. h., mit wachsendem (c) intensiviert sich der Carry-over-Effekt
t = betrachtete Periode
j = Anzahl vergangener Perioden
Verbal bedeutet dies, dass der Absatz in Periode t aus einem von der Werbung
unabhängigen Basisabsatz (a), durch aktuelle Werbung erzeugten Absatz (j = 0)
und durch Werbung in allen Vorperioden (j = 1,2, …,?) erzeugten Absatz resultiert.
Dadurch, dass (j) beim Parameter (c) im Exponenten steht, wird eine im Zeitablauf
abnehmende Werbewirkung unterstellt.
Gleichung (1) lässt sich wie folgt transformieren („Koyck-Transformation“) (Lilien/
Kotler 1983):
Wenn für (xt) gilt:
(2) xt = a + b · Wt + bc · Wt–1 + bc2 · Wt–2 + …
Dann gilt für (xt–1):
(3) xt–1 = a + b · Wt–1 + bc · Wt–2 + …
Multiplikation von Gleichung (4) mit (c) ergibt:
(4) c · xt–1 = c · a + c · b · Wt–1 + bc2 · Wt–2 + …
Bei Subtraktion der Gleichung (5) von Gleichung (3) ergibt sich:
(5) xt – c · xt–1 = (a – c · a) + b · Wt bzw.
(6) xt = a · (1 – c) + b · Wt + c · xt–1
Auch diese Gleichung zeigt, dass der Absatz (xt) der Periode t sich additiv aus
verschiedenen Faktoren zusammensetzt:
• Einem von Werbung unabhängigen Basisabsatz (a),
• Durch aktuelle Werbung erzeugten Absatz (bWt) und
• Durch Werbung aller Vorperioden erzeugter Absatz (xt–1) (Carry-over-Effekt).
Die Konstante (c) in Gleichung (6) kann als Wiederkaufrate der Käufern der Vorperiode interpretiert werden. Je nach Schreibweise des Koyck-Modells lässt sich die
modellierte Dynamik durch wirkungsverzögerte oder -übertragende Werbewirkung erklären. Es ist folglich zu beachten, dass zwischen Modellerklärung und
Modellstruktur kein eindeutiger Zusammenhang zu bestehen hat.
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik298
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Beispiel: Berechnung des Werbebudgets nach dem Koyck-Modell
Ein Hersteller von Büromöbeln möchte den allgemein rückläufigen Umsatz durch
ein im Januar neu ins Sortiment aufgenommene Modell „Sekretär“ wieder steigern.
Eine vor der Einführung in Auftrag gegebene Marktforschungsstudie hat ergeben,
dass der von der Werbung unabhängige Grundabsatz a für das Modell „Sekretär“
zirka 245.000 ME betragen wird. Die Studie schätzt die Parameter b und c aufgrund
von regressierten Datenreihen des Absatzes und der Werbeausgaben eines Konkurrenzproduktes auf 2 bzw. 0,6.
Für die Wirkungsverzögerung gilt:
j
t t j
j 0
x 245.000 2 0,6 W
?
?
=
= + ??
Durch Einsetzen von W in die Gleichung ergeben sich für das Modell „Sekretär“
folgende Absatzzahlen:
Werbeausgaben W Absatz x
Januar 25.000 295.000
Februar 19.000 313.000
März 21.000 327.800
April 16.000 326.680
Mai 14.000 322.000
Juni 8.000 307.200
Juli 7.000 296.330
Für die Wirkungsübertragung gilt:
xt = 245.000 (1 – 0,6) + 2 Wt + 0,6 xt–1
mit: a = 245.000
c = 0,6 (~Wiederkaufrate von Käufern der Vorperiode)
b = 2
ergeben sich folgende Absatzzahlen für das Modell „Sekretär“ bei gegebenen Werbeausgaben:
Werbeausgaben W Absatz x
Januar 25.000 148.000
Februar 19.000 224.800
März 21.000 274.880
April 16.000 294.928
Mai 14.000 302.957
Juni 8.000 295.774
Juli 7.000 289.464
Der Vorteil des Koyck-Modells liegt in der hohen Realitätsnähe aufgrund der dynamischen Betrachtung. Der Nachteil des Modells ist darin zu sehen, dass der Einfluss weiterer Marketinginstrumente nicht berücksichtigt wird, sondern der Absatz
nur von den Werbeausgaben bedingt wird (Kleinert 1981). In der Betrachtung stehen
hier Einproduktunternehmen, realitätsnahe Faktoren, z. B. komplementäre und
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 299
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25.10.2012 Druckdaten Seite 298
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 299
sukzessive Beziehungen im Absatzprogramm, werden nicht erfasst. Weiterhin
bleiben Konkurrenzaktivitäten unberücksichtigt, obwohl diese einen erheblichen
Einfluss auf den eigenen Absatz haben können. Strukturveränderungen des Marktes im Zeitablauf finden bei diesem Modell keine hinreichende Berücksichtigung
(Kleinert 1981). Zudem kann in der Realität ein anfänglicher starker Anstieg der
Werbewirkung auf den Absatz möglich sein; dies wird durch die Formel jedoch
nicht erklärt.
(7) Vidale-Wolfe-Modell
Das Vidale-Wolfe-Modell (Vidale/Wolfe 1957) geht von einem Einproduktfall aus.
Die Berechnung erfolgt sukzessiv. Der Werbewirkungsverlauf ist nicht-linear. Es
handelt sich um ein dynamisches Modell, das durch Beachtung eines vorhandenen,
aber im Zeitverlauf rückgängigen Goodwills zeitliche Carry-over-Effekte indirekt
berücksichtigt. Der Sicherheitsgrad der Wirkungsbeziehung ist deterministisch
und damit kann jeder möglichen Budgethöhe eine bestimmte ökonomische Werbewirkung zugeordnet werden. Weitere Marketinginstrumente sind nicht in die
Berechnung einbezogen. Die Berücksichtigung von Konkurrenzaktivitäten erfolgt
nicht explizit, es wird jedoch ein Einfluss impliziert. Zudem werden sonstige Rahmenbedingungen nicht weiter betrachtet.
Das Modell beschreibt die Veränderung des Umsatzes im Zeitablauf in Abhängigkeit von den zeitpunktabhängigen Werbeausgaben und kann z. B. zur Beantwortung der Frage hinzugezogen werden, welches Werbebudget notwendig ist, um ein
bestimmtes Umsatzniveau zu halten. Der Umsatz ist somit die relevante Zielgröße.
Das Modell beruht auf der Grundlage von empirischen Untersuchungen, die zu
folgenden Ergebnissen gekommen sind (Vidale/Wolfe 1957, S. 370 ff., 380 f.):
• Wird ein Produkt nicht mehr beworben, so sinkt der Absatz und damit auch der
Umsatz dieses Produktes im Zeitablauf.
• Eine Umsatzsteigerung durch Werbung ist nur bis zu einem gewissen Sättigungsniveau möglich.
Entsprechend dem Modell wird die Beziehung zwischen Umsatzhöhe und Werbeausgaben von drei Faktoren determiniert, die je nach Produktart verschieden
sind (Meffert/Freter 1974b, S. 66):
• Umsatz-Abnahmerate (l)
• Sättigungsniveau (M)
• Wirkungskonstante (r)
Die Umsatz-Abnahmerate (l) bezeichnet jenen Anteil, um den die Umsätze (U)
bei einem Aussetzen der Werbung in einer bestimmten Zeitperiode zurückgehen.
Die Gründe dafür sind vor allem im Wechseln der Marke sowie in verringerten
Kaufhäufigkeiten zu sehen. Dieser Zusammenhang lässt sich in einer Exponentialfunktion formalisieren:
(1) Ut = U0 · el · t
Die Höhe der Umsatz-Abnahmerate (l) im Exponenten hängt von einer Vielzahl
verschiedener Faktoren ab. Sie ist jedoch besonders hoch, wenn das Produkt einem schnell fortschreitenden Veralterungsprozess und/oder starkem Wettbewerb
ausgesetzt ist.
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik300
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Das Sättigungsniveau (M) bezeichnet den Umsatz, der mit Hilfe eines ganz bestimmten Werbeeinsatzes maximal erreichbar ist. Es lässt sich jedoch durch andere Werbeaktivitäten, z. B. durch die Wahl neuer Medienkombinationen oder den
Einsatz bestimmter Werbemittel, verändern.
Die Wirkungskonstante (r) bezeichnet die auf den Einsatz einer zusätzlichen Werbeeinheit zurückzuführenden Umsätze unter der Voraussetzung, dass die bisherigen Umsätze gleich Null waren. Bei einem Umsatz in t0 von Null und in t1 von z. B.
20.000 GE bei einem Werbeaufwand von 10.000 GE beträgt die Wirkungskonstante:
= =
20.000 GE
r 2
10.000 GE
Da die Zahl der potenziellen Kunden, die mittels des Werbeeinsatzes zusätzlich
angesprochen werden, bei einer Annäherung an das Sättigungsniveau immer mehr
abnimmt, sinkt auch der zusätzliche Umsatz pro Werbe-GE. Dies erfolgt im Vidale-
Wolfe-Modell gemäß dem Ausdruck:
(2)
?
? t
M U
r
M
Die Wirkung bei den Nicht-Kunden ist zwar konstant, aber es bleiben immer weniger Kunden übrig, die über den Werbeeinsatz gewonnen werden können.
Die durch den Einsatz des Werbebudgets (W) induzierten Umsatzreaktionen im
Zeitablauf (dU/dt) lassen sich damit durch folgende Gleichung wiedergeben:
(3)
?
= ? ?? ?tt t
dU (M U )
r W U
dt M
Dabei steht (Ut) für den Umsatz in Periode t, (dU/dt) für die Änderung des Umsatzes im Zeitablauf und Wt für das Werbebudget in Periode t. Es wird deutlich, dass
die Umsatzveränderungen immer von zwei gegenläufigen Effekten abhängig sind.
Zum einen werden durch den Einsatz der Werbung zusätzliche Kunden zum Kauf
des betreffenden Produktes angezogen. Dabei hängt der mit diesen Neukunden
getätigte Umsatz von der Wirkungskonstante (r), der Höhe des Werbebudgets (W)
und dem erreichten Anteil am Sättigungsniveau (M) ab. Die Zunahme des durch
Werbung induzierten Umsatzes ist dabei umso geringer, je näher der Umsatz bereits bei der Sättigungsmenge liegt (abnehmende Grenzerträge). Zum anderen geht
in jeder Periode ein konstanter Anteil bisheriger Kunden verloren (l · Ut), der mit
Höhe des bereits erreichten Umsatzvolumens steigt.
Vidale/Wolfe leiten nunmehr die Budgethöhe ab, die den Umsatz auf der erreichten
Höhe hält (dU/dt = 0), d. h., die Differenz zwischen dem zusätzlichen Umsatz mit
Neukunden und den Umsatzverlusten durch Markenwechsel usw. Null werden
lässt, also genau den Absatzrückgang (l · Ut) ausgleicht. Dazu wird Gleichung (3)
umformuliert, gleich Null gesetzt und nach (W) aufgelöst. Es ergibt sich:
(4)
? ? ?
=
?
t
t
t
U M
W
r(M U )
Gleichung (4) verdeutlicht, dass das zum Halten eines bestimmten Umsatzniveaus
erforderliche Werbebudget umso größer ist,
• je mehr Kunden bzw. Umsätze pro Periode verloren gehen (l · Ut),
• je geringer die Wirkung der aktuellen Werbung ist (r) ’
• je näher der Umsatz am Sättigungsniveau (M) liegt.
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 301
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 300
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 301
Beispiel: Berechnung des Werbebudgets, um den Umsatz konstant zu halten, nach
dem Vidale-Wolfe-Modell
Ein Hersteller für Sportgeräte möchte das Werbebudget (Wt) für das Surfbrett „Sunshine“ berechnen, das notwendig ist, denselben Umsatz wie im Vorjahr zu erzielen.
Dazu sind folgende Angaben gegeben:
Umsatz in Periode t: Ut = 12 Mio. GE
Maximal möglicher Umsatz
in Periode t: Mt = 32 Mio. GE (Sättigungsniveau)
Umsatzsteigerung pro zusätzlicher
Werbeausgabe: r = 3 (Wirkungskonstante)
Anteil verlorengehender Kunden
in Periode t: l = 0,006 (Umsatz-Abnahmerate)
Errechnen des Werbebudgets bei konstantem Umsatz:
t
(32 Mio. 12 Mio.)
0 3 W 0,006 12 Mio.
32 Mio.
?
= ? ? ? ?
Auflösen nach Wt:
t
0,006 12Mio. 32Mio.
W 24.000 1,6 38.400 GE
3 (32Mio. 12Mio.)
?
= ? = ? =
?
Um den Umsatz für das Produkt „Sunshine“ konstant zu halten, sind 38.400 GE für
Werbung aufzuwenden.
Der Vorteil des Modells von Vidale/Wolfe besteht in der anschaulichen Darstellung der Wirkungsmöglichkeiten der Werbung durch die drei Parameter Umsatz-
Abnahmerate, Sättigungsniveau und Wirkungskonstante. Die Verringerung der
Werbewirkung im Zeitablauf ist in der Realität gegeben und wird durch das Modell
sehr gut abgebildet (Korndörfer 1966). Der dynamische Aspekt dieses Modells liefert
eine höhere Realitätsnähe. Die Nachteile des Modells liegen in der empirischen Bestimmung, die erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Um die Umsatz-Abnahmerate
bestimmen zu können, entsteht ein erheblicher Aufwand bei der Informationsbeschaffung; dazu ist gegebenenfalls die Werbung ganz auszusetzen (Meffert/Freter
1974b; Kleinert 1981). Weiterhin bleiben die anderen Parameter in der Realität nicht
konstant, da die Marktverhältnisse einem ständigen Veränderungsprozess unterliegen. Zudem führt die alleinige Ansprache der potenziellen Kunden (M – Ut)
zu einer Vernachlässigung der aktuellen Kunden (Meffert/Freter 1974b). Die Annahme, dass die Werbung nur bei Nicht-Kunden wirkt, vernachlässigt Wiederholungskäufe bei bereits bestehenden Kunden. Weiterhin wird bei allen Kunden
eine konstante Verbrauchsrate vorausgesetzt, d. h., alle Kunden haben die gleiche
Bedeutung und jeder nimmt die gleiche Menge ab. Dies beinhaltet jedoch auch,
dass der Mengen umsatz pro Käufer nicht gesteigert wird. Bei bestimmten Produkten wie beispielsweise Zahnpasta oder Seife erscheint das Modell daher brauchbar. Schwierig gestaltet sich jedoch die Anwendbarkeit bei Produkten, bei denen
die Verbrauchsrate nicht konstant ist (z. B. alkoholische Getränke). Ein weiterer
Nachteil ist die Vernachlässigung weiterer Marketinginstrumente. Der Umsatz ist
jedoch auf den Einsatz aller Marketinginstrumente zurückzuführen. Aktivitäten
der Konkurrenz werden nicht explizit berücksichtigt; eine starke Konkurrenzwerbung impliziert jedoch einen Einfluss auf die Parameter des Modells (Meffert/
Freter 1974b; Kleinert 1981).
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik302
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(8) Modell von Kuehn
Das Modell von Kuehn (1961) – das als eines der komplexesten Modelle zur Bestimmung des Werbebudgets gilt – ist eines der wenigen, das Mehrproduktfälle
betrachtet, also Budgetentscheidungen unter Berücksichtigung mehrerer Produkte
im Absatzprogramm und deren Interdependenzen. Es ist mehrperiodisch; damit
bezieht sich die Analyse der Werbewirkungen auf die Budgetentscheidungen mehrerer Perioden. Als zu verfolgende Zielgröße gilt der Gewinn, der zu maximieren
ist. Die Optimierung der anderen Marketingmixinstrumente erfolgt sukzessiv. Der
Werbewirkungsverlauf ist nicht-linear. Es ist ein dynamisches Modell, das zeitliche
Wirkungseffekte einbezieht. Im Rahmen des Sicherheitsgrades der Wirkungsbeziehung werden über den Markenwechsel stochastische Aspekte des Käuferverhaltens
berücksichtigt, d. h., ökonomischen Wirkungen werden Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet. Weitere Marketinginstrumente, z. B. Preis und Vertrieb sowie
bestehende Interdependenzen, werden explizit in die Berechnung aufgenommen.
Im Modell erfolgt die Berücksichtigung von Konkurrenzaktivitäten, indem die
Werbeausgaben und die Werbewirkung des Marketingmix der Konkurrenz erfasst
werden. Weitere Rahmenbedingungen werden nicht mit einbezogen.
Die optimale Budgethöhe bestimmt sich aus der Zielfunktion, die eine Maximierung gegenwärtiger und zukünftiger diskontierter Gewinne betrachtet. Die Zielfunktion ist die abgezinste Differenzsumme der zeitlich verzögerten Werbeumsätze und der Werbekosten (Kuehn 1961, 310 ff.; Meffert/Freter 1974b, S. 66 ff.; Tietz/
Zentes 1980, S. 299; Rogge 2004, S. 159):
(1)
? ?
= + =
= ? ? ? ?? ?t Ti i i ,t i ,T
t L 1 T 1
G (q m x ) q W
wobei:
Gi = Erzielter Gewinn durch die Marke i
q = Diskontierungsfaktor
mi = (konstanter) Bruttostückgewinn (ohne Werbekosten)
xi, t = Absatz der Marke i in der Periode t
Wi, T = Werbebudget für die Marke i in der Periode T
L = Timelag der Werbewirkung zwischen einem Einsatz der Werbung in T
und einer Wirkung in t
Die Optimumbestimmung erfolgt – wie in vielen anderen Modellen – durch erste Ableitung der Gewinnfunktion nach den Werbeausgaben mit anschließender
Nullsetzung der Gleichung. Die Besonderheit des Kuehn’schen Ansatzes liegt in der
Anwendung von Markoff-Ketten zur Beschreibung von Markenwechselverhalten
der Nachfrager. Ganz allgemein handelt es sich bei Markoff-Ketten um einen nach
Markoff benannten stochastischen Prozess, bei dem die Wahrscheinlichkeit eines
Zustands durch die Wahrscheinlichkeit des vorangegangenen Zustands determiniert wird (Bruhn/Siems 2004). Bei der Ableitung des werbebedingten Absatzes
werden im Kuehn-Modell auf Basis des Markoff-Ansatzes die Wahrscheinlichkeit
von Markenwechselverhalten berücksichtigt.
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 303
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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Der Absatz der Marke (i) in Periode t (xi, t) setzt sich im Kuehn-Modell wie folgt
zusammen:
• Absätze der Vorperiode multipliziert mit der betreffenden Wiederkaufswahrscheinlichkeit (ri · xi,t–1), wobei (ri) über die Zeit konstant zu sein hat.
• Gewinnbarer Anteil an Markenwechslern (Zi,T), der durch den Einsatz der Marketingaktivitäten gewonnen werden kann. Die Absätze an potenzielle Markenwechsler ergeben sich durch den Branchenabsatz der Vorperiode (It–1), multipliziert mit der durchschnittlichen Abnahmerate der Markentreue der Branche
(1 – r–t).
Der markenbezogene Absatz einer Periode kommt demnach durch die Käufer der
Vorperiode zustande, die die Marke wiederkaufen, und dem Anteil aller potenziellen Markenwechslern, die für die eigene Marke gewonnen werden. Die grundlegende Absatzfunktion im Kuehn-Modell lautet:
(2) xi,t = ri · xi,t–1 + It–1 (1 – r
–
t) · Zi,T
Der Anteil aller potenziellen Markenwechsler (Zi,T) wird durch den Einsatz des
absatzpolitischen Marketinginstrumentariums (Produkt, Preis, Vertrieb, Werbung)
und den Interaktionseffekten durch den gemeinsamen Einsatz dieser Instrumente
beeinflusst. Mit (PDA)i / ?(PDA)i ist der Anteil an Markenwechslern zu bezeichnen, der durch den gemeinsamen Einsatz von Preis, Vertrieb und Werbung angezogen wird; (PD)i / ?(PD)i hingegen beschreibt den Anteil an Markenwechslern,
die durch den alleinigen Einsatz der Preis- und Vertriebspolitik erreicht werden:
(3) = = ?
? ?
t t
i ,T pd pda
i i
(PD) (PDA)
Z b b
(PD) (PDA)
Der jeweilige Anteil beider Einflussvariablen auf (Zi,T), d. h. deren Gewichtung,
wird durch (bpd) und (bpda) bestimmt, die sich in der Summe zu Eins addieren.
Durch Umformung und Einsetzen der Gleichung (3) in Gleichung (2) wird folgender Term gebildet:
(4) ? ? ?= ? + ? ? ? + ? ? ? ?
t
i ,t i i ,t 1 t 1 pd i t 1 pda
i
(PDA)
x r x I (1 r) b (PD) I (1 r) b
(PDA)
Der Anteil an potenziellen Markenwechslern, der durch den gemeinsamen Einsatz
von Preis, Vertrieb und Werbung angezogen wird, kann wie folgt umformuliert
werden:
(5)
? ?
= =
? ? + ? ? + ? ? ?
i i i i i
i i i c i c i i c i
(PDA) (PD) A (PD) A
(PDA) (PD) A (PD) (1 A ) (PD) (PD) A (PD) A
Der Anteil der potenziellen Markenwechsler, der ausschließlich über Werbemaßnahmen gewonnen werden könnte, wenn Werbung die einzige Einflussgröße wäre,
wird mit (Ai,t) bezeichnet. (PDc) hingegen beschreibt den Anteil an potenziellen
Markenwechslern, wenn es keine weiteren Einflussgrößen außer Preis und Vertrieb gäbe.
Ferner berücksichtigt die Absatzfunktion im Kuehn-Modell den Einfluss von kundenbezogenen Marktein- und Marktaustritten auf den Gesamtabsatz der Marke
sowie die daraus resultierende Wahrscheinlichkeit (e), dass Kunden im Markt bleiben. Der Markteintritt neuer Kunden wird als Bruchteil des Marktumfangs der
Vorperiode ausgedrückt (g), zu den potenziellen Markenwechslern addiert und auf
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik304
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die einzelnen Marken im Verhältnis der jeweils gewinnbaren Markenwechslern
verteilt. Was die Marktaustritte betrifft, so wird eine für alle Marken konstante
Kundenaustrittsrate unterstellt. Auf Basis der Berücksichtigung von Marktein- und
Marktaustritten kann die Gleichung (4) wie folgt erweitert werden:
(6)
? ?
?
= ? ? + + ? ? ? ?
+ ? + ? ? ? ?
?
i ,t i i ,t 1 t 1 t pd i
i
t 1 t pda
i
x r e x I [g (1 r ) e] b (PD)
(PDA)
I g (1 r ) e b
(PDA)
Die Größe der Veränderung des Branchenabsatzes von einer Periode zur nächsten
durch Marktein- und Marktaustritten, d. h. die Marktwachstumsrate, wird mit (k)
ausgedrückt, wobei (It–1) für den Branchenabsatz der Vorperiode und I0 für den
Branchenabsatz in einer festzulegenden Periode steht.
(7) It = k · It–1 bzw.
(8) It–1 = kt–1 · I0
Mit Hilfe der Gleichung (8) und (5) kann die Gleichung (6) wie folgt erweitert
werden:
(9)
?
? ?
?
= ? ? + ? ? ? ? ?
?
+ ? ? ? ? ?
+ ? ?
t 1
i ,t 1 i i ,t 1 0 pd i
t 1 i i ,T
0 t pda
c i i ,T c i ,T
x r e x I k (k r e) b (PD)
(PD.) A
I k (k r e) b
(PD) (PD) A (PD) A
Weiterhin finden dynamische Wirkungseffekte vergangener Perioden, d. h. die
zeitverzögerte Werbewirkung, Berücksichtigung im Kuehn-Modell. Dies erhöht
weiter die Komplexität des Modells, aber auch zugleich dessen Realitätsnähe.
(10) t = T + L
wobei:
T = Zeitpunkt des Werbeeinsatzes
t = Zeitpunkt, an dem Werbeeinsatz wirksam wird
L = Timelag zwischen Periode T und t
Werden dynamische Wirkungseffekte in der Absatzfunktion berücksichtigt, so
ergibt sich:
(11)
?
? ?
+
=
?
? ? + +
+
=
= ? ? + ? ? ? ? ? ? ?
?
+ ? ? ? ? ? ?
+ ? ?
?
? k
t 1
t t T 1 T
i,t i i ,0 0 pd i i T 1
T 0
t L
t L T L T 1 i i ,T
0 pda i T 1
T 1 c i c i ,T
x (r e) x I b (PD) (r e) k (k r e)
(PD) A
I b (r e) (k r e)
(PD) [(PD) (PD) ] A
Ausgangspunkt für die Ableitung der Werbekosten (Wi,T) für die eigene Marke ist
im Kuehn-Modell die Gleichung:
(12) =
i ,T c,T
i,T i ,T c,T c,T
A A
W E W E
wobei:
• Wi,T die Werbeausgaben für die Marke (i) bzw. die Werbeausgaben der Konkurrenz (Wc,T) bezeichnet,
• Ei,T bzw. Ec,T die Wirksamkeit der Werbung zum Zeitpunkt des Werbeeinsatzes
(T) ausdrückt.
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 305
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Durch Auflösen der Gleichung nach (Wi,T) und Umschreibung des Ausdrucks (Ac,t)
in (1–Ai,T) ergeben sich die Werbekosten der Marke (i):
(13) = ? ?
?
c,T i,T
i ,T c,T
i,T i ,T
E A
W W
E 1 A
Zur Ableitung des optimalen Werbebudgets werden die Absatzfunktion der Marke
(i) (Gleichung (11)) und die Werbekosten (Gleichung (13)) in die Gewinnfunktion
(Gleichung (1)) eingesetzt. Dabei ergibt sich:
(13)
? ?
? ?
= +
= + =
?
? ? + +
+
=
?
=
? ? ? + ? ? ? ? ? ?
?
+ ? ? ? ? ?
+ ? ?
? ? ?
?
?
?
?
?
k
t 1
t t t T 1 T
i i i i ,0 0 pd i i T 1
t L 1 T 0
t L
t L 1 L T 1 i i i ,T
0 pda i L T
T 1 c i c i ,T
T c,T i,T
c,T
T 1 i,T i ,T
G [q m (re) x I b (PD) (re) k (k r e)
(PD ) A
I b (re) (k r e)
(PD) [(PD) (PD) ] A
E A
q W
E 1 A
Wobei:
qi = Diskontierungsfaktor
mi = Konstanter Bruttostückgewinn
ri = Konstante Wiederkaufwahrscheinlichkeit
e = Wahrscheinlichkeit am Markt zu bleiben
rie = Anteil der Kunden, die die Marke (i) in der Periode t – 1 kauften und
die die Marke in Periode t mit Sicherheit wieder kaufen aufgrund von
Markenloyalität
xi,0 = Absätze der Marke (i) in der Periode t = 0
I0 = Branchenumsatz in einer Periode t = 0
bpd = Anteil der potenziellen Markenwechsler, der aufgrund von Preis und
Vertrieb alleine gewonnen wird
bpda = Relativer Einfluss als Anteil der Markenwechsler, der durch Preis,
Vertrieb und Werbung angezogen wird;
es gilt: bpda + bpd = 1
T = Zeitpunkt des Werbeeinsatzes
t = Zeitpunkt, an dem die Werbung wirksam wird
L = Timelag zwischen Periode T und t
k = das Wachstum einer Branche in einer Periode, mit: k = e + g, wobei
g = Markteintritt neuer Kunden als Bruchteil des Marktumfangs der Vorperiode
Ai,T = Teil der potenziellen Markenwechsler, der durch die Marke (i) in der
Periode T gewonnen würde, wenn die Werbung alleinige Einflussgröße wäre
PDi = Anteil der potenziellen Markenwechsler, der durch die Marke (i) gewonnen würde, wenn Preis und Vertrieb die einzigen Einflussgrößen
wären
PDc = Teil der potenziellen Markenwechsler, der durch die Konkurrenzmarken gewonnen würde, wenn der Preis und Vertrieb die einzigen
Einflussgrößen wäre; es gilt: PDi + PDc = 1
Wc,T = Werbeausgaben der Konkurrenzmarken in der Periode T
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik306
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Ec,T = Wirksamkeit der Konkurrenzwerbung in Periode T
Ei,T = Wirksamkeit der eigenen Werbung in Periode T
r–T+1e = Anteil des Marktes in Periode T, der in Periode t die Marke (i) auf
jeden Fall kaufen wird, zuzüglich des Anteil der in Periode t die
Konkurrenzmarke kaufen wird
k – r–T+1e = Anteil des Marktes in Periode t, der für keinen der beiden Produkte
gewonnen werden kann
Durch Ableitung der Gewinnfunktion (Gleichung (13)) nach den Werbekosten und
Nullsetzen der ersten Ableitung ergibt sich nach Auflösung zu den Werbeausgaben
Wi,T folgender Ausdruck zur Ermittlung des optimalen Werbebudgets:
(14)
?
+
? ?? ?
? ?= ? ?
? ?
? ? ?
? ??
?
? ? ? ?
?
L T 1
i 0 pda L T
i,T c,T
cT i R R R R
m I b (k r e)(q k) k 1
W W
W (1 q r e) E (PD) E (PD)
Mit = iR
c
PD
PD
PD
als die Rate der Verkaufsanstrengungen (mit Ausnahme der
Werbung) und = iR
c
E
E
E
als die Effektivität der Werbung im Verhältnis zu denjenigen der Konkurrenz.
Das Werbekostenbudget ist umso höher,
• je höher die Werbeausgaben der Konkurrenz sind,
• je höher die Gewinnspanne (vor Werbung) für die Marke (i) ist,
• je höher der Gesamtumsatz der Branche ist,
• je höher der Anteil der potenziellen Markenwechsler bzw. der Anteil loyale Käufer der eigenen Marke ist,
• je höher die Werbewirksamkeit ist.
Beispiel: Berechnung des optimalen Werbebudgets nach dem Kuehn-Modell
Ein bekannter Markenartikelhersteller produziert Taschenrechner. Für die Periode
T ist nun das Werbebudget zu bestimmen. Dabei sind gegeben:
1
i,T
40 700000 0,75 0,28 (0,9 1,2) 1,2 1
W 3.000.000
3.000.000 (1 0,9 0,8 0,9) 1,4 0,667 1,4 0,667
7.620.480
3.000.000 1,07 3.000.000 [2,78 1,07] 5.130.000
986.092,8
? ?? ? ? ? ? ?
= ? ? ? ?
? ? ? ? ? ? ?? ?? ?
? ?
= ? ? = ? ? =? ?
? ?? ?
Das Werbebudget des Markenartikelherstellers beträgt 5.130.00 GE.
Das Kuehn-Modell bietet den Vorteil, ähnlich wie das Koyck-Modell, dass es explizit die Werbewirkung auf den Umsatz der zukünftigen Perioden sowie Timelags berücksichtigt. Eine Vielzahl von Einflussfaktoren sind bei der Budgetfestlegung zu beachten und begründen die Realitätsnähe. Die Interdependenzen der
Marketinginstrumente, z. B. Preis und Vertrieb, sind berücksichtigt, so dass die
Optimierung des Budgets nicht isoliert betrachtet wird. Ein weiterer Aspekt ist
die Betrachtung von Konkurrenzaktivitäten, die vor allem auf oligopolistischen
Märkten eine zentrale Rolle einnehmen. Die Besonderheit des Ansatzes ist, dass
die Wirkungen eigener Aktivitäten nicht in absoluten Zahlen angegeben werden,
sondern eine Wirkungsrelation in Bezug auf Konkurrenzaktivitäten betrachtet
8.2 Methoden zur Bestimmung des Kommunikationsbudgets 307
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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wird. Zudem werden gewisse „Vergessenseffekte“ über die Markentreue und den
Markenwechsel betrachtet. Der zentrale Nachteil ist jedoch im erheblichen Informationsaufwand und hohen Komplexitätsgrad des Modells zu sehen. Zudem ist
das Ziel der Gewinnmaximierung – wie bei vielen der vorgestellten Modelle – kritisch zu betrachten, da der Gewinn nicht allein der Werbewirkung zuzuordnen ist.
Die Aufteilung der gewinnbaren potenziellen Markenwechsler auf die einzelnen
Marketinginstrumente ist nicht zufrieden stellend gelöst. Wie bei den marginalanalytischen Ansätzen setzt auch hier die differenzierte Gewinnfunktion nach
den Werbeausgaben einen stetigen und differenzierbaren Funktionsverlauf voraus
(Meffert/Freter 1974b).
Schaubild 8-7 zeigt zusammenfassend einen Überblick über die gängigen analytischen Verfahren der Werbebudgetierung. Dabei wird jedes Verfahren anhand
der einbezogenen Analysekriterien charakterisiert, um die Leistungsfähigkeit der
einzelnen Verfahren transparent zu machen.
Die dargestellten analytischen Ansätze der Werbebudgetierung erfassen die unterschiedlichen realen Entscheidungssituationen, wobei diese mit wachsender Zahl
einbezogener, relevanter Variablen realitätsgetreuer abgebildet werden. Gleichzeitig ist im Rahmen einer kritischen Würdigung der analytischen Ansätze jedoch
festzuhalten, dass dadurch der Komplexitätsgrad dieser Modelle erheblich ansteigt
und deren Handhabung wesentlich erschwert wird. Darüber hinaus gehen alle
dargestellten Budgetierungsansätze von übergeordneten Unternehmenszielen (Gewinnmaximierung, Marktanteilssteigerung, Umsatzerhaltung) aus und unterstellen somit eine hohe Reagibilität ökonomischer Zielgrößen auf den Werbeeinsatz.
Wie bereits im Rahmen der Zielformulierung erwähnt, hängt die Veränderung
dieser Größen jedoch nicht in entscheidendem Maße von den ergriffenen Werbemaßnahmen ab. Vielmehr werden sie vom gemeinsamen Einsatz aller Marketinginstrumente beeinflusst, wodurch eine isolierte Ertragszurechnung problematisch
erscheint. Weiterhin lässt sich einem Werbebudget in bestimmter Höhe nicht ohne
weiteres eine bestimmte Werbewirkung zuordnen, da die Reaktionen bei den Zielpersonen in hohem Maße auch von der sachlichen und zeitlichen Verteilung des
Werbebudgets sowie den zu ergreifenden Werbemaßnahmen abhängen. Schließlich ist auf das Informationsproblem hinzuweisen, das immer dann auftritt, wenn
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge empirisch zu fundieren sind. Hier steigt die
Güte, aber auch gleichzeitig die Kosten analytischer Budgetierungsansätze mit
zunehmender Informationstransparenz.
Es ist festzuhalten, dass sich die Frage der Werbebudgetierung letztlich nur im
Rahmen einer Totalanalyse des betrieblichen Geschehens beantworten lässt, die
nicht nur Budgethöhen, sondern auch mögliche Verteilungsalternativen sowie ergreifbare Werbemaßnahmen beinhaltet.
8 Budgetierung in der Kommunikationspolitik308
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
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Kriterien
Verfahren
Ziel
Kurz-/langfristige
Betrachtung
Simultan/
sukzessiv
• Preispolitik
• Produktpolitik
• Distributionspolitik
• Werbequalität
Deterministisch/
stochastisch
Statisch/
dynamisch
Einprodukt-/
Mehrproduktfall
Berücksichtigung
eigener, anderer
absatzpolitischer
Instrumente:
• Werbung
• Budget
• Qualität
• Preispolitik
• Produktpolitik
(X) = implizit enthalten
(–) = entfällt aufgrund empirischer Messungen
(X)1 = nur im Monopolfall
• Vertriebspolitik
Sonstige Rahmenbedingungen
Berücksichtigung
von Konkurrenzaktivitäten
Einperiodisch/
mehrperiodisch
Analytische Verfahren
Klassische Marginalanalyse
Standard
Gewinn Gewinn Absatz
Marktanteil
Marktanteil Umsatz GewinnAbsatz
kurzfristig
kurzfristig
langfristig
kurzfristig
kurzfristig
langfristig
kurzfristig
langfristig
simultan suk-zessiv
sukzessiv
sukzessiv
sukzessiv
sukzessiv
sukzessiv
sukzessiv
einperiodisch
einperiodisch
einperiodisch
einperiodisch
einperiodisch
mehrperiodisch
ein-/mehrperiodisch
mehrperiodisch
Einproduktfall
Einproduktfall
Einproduktfall
Einproduktfall
Einproduktfall
Mehrproduktfall
Einproduktfall
Einproduktfall
X X
X
X
X
X
X
X
–
–
–
deterministisch
deterministisch
deterministisch
deterministisch
deterministisch
stochastisch
stochastisch
deterministisch
statisch statisch
dynamisch statisch
X
X
X
(–) –
–
–
–
(X)1 X
(X) (X)– (X) (–)
(–)
(–)
(–)
(–)
(–)
(–)
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
(X)
(X)
(X)
(X)
– – (–)
(X)(X)
(X)
–– –
– –
(–)
dynamisch
dynamisch
statisch/
dynamisch
dynamisch
Lambin
Dorfman/
Steiner
Weinberg
Vidale/
Wolfe
KuehnLittle Koyck
Schaubild 8-7: Überblick über die analytischen Verfahren zur Werbebudgetierung
8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik 309
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 308
Vahlens Handbücher – Bruhn – Kommunikationspolitik 7. Aufl. Herstellung: Frau Deuringer
25.10.2012 Druckdaten Seite 309
8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik
Der Budgetierung liegen verschiedene Problemstellungen zugrunde, die bei einer
kritischen Würdigung aus Sicht der Wissenschaft und Praxis zu berücksichtigen
sind.
Die einzelnen Kommunikationsinstrumente stehen im Budgetierungswettbewerb
untereinander; es existiert ein Wettbewerb beispielsweise zwischen Mediawerbung
und Verkaufsförderung. Einige Kommunikationsinstrumente hingegen weisen in
der Regel ein relativ konstantes Budget auf, in denen das Budget über Perioden
hinweg fortgeführt wird, z. B. Sponsoring, Messen und Ausstellungen. Diese stehen bei vielen Unternehmen in keinem Wettbewerb zu den anderen Kommunikationsinstrumenten um knappe finanzielle Mittel. Die Methode der Fortschreibung
ist einfach, beinhaltet jedoch z. B. das Problem, dass Kommunikationsinstrumente
auch weiterhin ein hohes Budget zugesprochen bekommen, auch wenn die Bedeutung des Kommunikationsinstrumentes zur Zielerreichung nicht mehr in dem
Maße wie früher gegeben ist. Es ist demnach nicht immer sinnvoll, die Fortschreibungen früherer Budgets zu verfolgen (Steinmann/Schreyögg 2005). Daher prüft
die Methode des Zero-based-Budgeting für jede Periode alle kommunikationspolitischen Aktivitäten und deren benötigten Aufwand an finanziellen Mitteln neu.
Im Folgenden werden weitere zentrale Probleme aufgeführt. Es ist dabei zu beachten, dass die einzelnen Probleme sich gegenseitig beeinflussen und daher nicht
unabhängig voneinander zu betrachten sind. Die Probleme in der Budgetierung
sind in zwei Teilbereiche einzuteilen. Zum einen in Probleme, die bei der Anwendung der Budgetierungsverfahren entstehen und zum anderen in organisatorische
Probleme, die mit dem Prinzip der Budgetierung verbunden sind.
Zunächst treten Probleme auf, die mit der Anwendung der Budgetierungsverfahren direkt oder indirekt zusammenhängen. Hierbei stehen folgende Probleme im
Mittelpunkt (Korndörfer 1966, S. 95 ff.; Kleinert 1981, S. 6 ff.):
• Datenproblem: Die analytischen Budgetierungsverfahren benötigen in ihrer Anwendung eine Vielzahl von quantitativen und qualitativen Daten. Beispielsweise beinhalten dynamische Verfahren aufwändige Zeitreihenanalysen. Dadurch
wird einerseits eine größere Realitätsnähe der Ansätze ermöglicht, anderseits
sind die relevanten Daten in vielen Unternehmen meist nur mit erheblichem
Aufwand zu beschaffen.
• Komplexitätsproblem: Die Komplexität von Budgetierungsansätzen, die unter
anderem durch eine große Datenmenge entsteht, führt zu einer umfangreichen
und schwierigen Handhabung.
• Messproblem: Insbesondere bei analytischen Verfahren besteht der Anspruch,
dass die Zielgrößen und Parameter sachlich, zeitlich und räumlich korrekt gemessen werden. Zudem ist der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang exakt wiederzugeben, wobei beispielsweise die Reagibilität ökonomischer Zielgrößen auf
den Werbeeinsatz zu überprüfen ist.
• Interdependenzproblem: Bei der Planung des Budgets können wechselseitige
Beziehungen auftreten, die die Entscheidungen von Budgethöhe und Kommunikationszielen beeinflussen. Diese erfolgen auf verschiedenen Ebenen; so hat
8.3 Kritische Würdigung der Budgetierungsproblematik
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Beste Kommunikation
Das Handbuch zeigt auf, wie Sie systematisch die verschiedenen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen. Die Schwerpunkte liegen auf folgenden Aspekten:
– Konzeptionelle und theoretische Grundlagen der Kommunikationspolitik
– Entscheidungstatbestände und Planungsprozesse der Kommunikationspolitik
– Integrierte Kommunikation als strategisches Kommunikationskonzept
– Planung von unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten
– Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Kommunikationspolitik.
Neu in der 7. Auflage
Insbesondere alles zum Thema »Social Media« als Kommunikationsmedium wurde wesentlich erweitert. Neue Praxisbeispiele zeigen den »State of the Art« der Kommunikationspolitik.
Der Kommunikations-Turbo für
Studenten, Wissenschaftler und Praktiker im Management, Werbung und Vertrieb.
»Ein Werk, das auf dem Gebiet der Kommunikationspolitik derzeit konkurrenzlos ist.«
In: Studium SS 2011, zur Vorauflage