Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 125
der als konstant angenommenen Determinanten verschieben. So bewirkt technischer Fortschritt Einsparungen von Produktionsfaktoren und insoweit Steigerungen der Produktivität. Steigende Produktivität ist identisch mit sinkenden Gesamt- und Stückkosten. Bezieht sich die Faktoreinsparung auf den variablen
Faktor, so reduzieren sich auch die Grenzkosten. Veränderungen der Faktorpreise bewirken ebenfalls Verschiebungen von Gesamt- und Stückkosten. Änderungen des Preises des variablen Faktors verändern auch die Grenzkosten. Vergrößerungen der Einsatzmenge des konstanten Faktors bzw. Faktorblocks (z.B.
Nettoinvestitionen) bewirken eine Rechtsverschiebung aller Kostenkurven und
damit eine Erhöhung der Produktionskapazität.
4. Teil: Die Theorie des Angebotes
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse
B. Die Erlös- und Gewinnanalyse
I. Das Unternehmensgleichgewicht bei Gewinnmaximierung
1. Die generelle Gewinnmaximierungsbedingung
Die bisherigen Überlegungen stellten allein auf die Produktions- und Kostensituation der Unternehmung ab. Dabei wurde insbesondere nach den Bedingungen
kostenminimaler Produktion gefragt. Es wurde die Minimalkostenkombination
bzw. das Betriebsoptimum hergeleitet. Es wurde aber auch schon angesprochen,
dass das Kostenoptimum nicht unbedingt identisch mit dem Unternehmensgleichgewicht ist. Als Unternehmensgleichgewicht ist vielmehr diejenige Situation
zu definieren, in welcher die Unternehmung unter den gegebenen Restriktionen
(u. a. Technologie, Kosten, Marktpreis) ihr erklärtes Ziel erreicht. Da als Zielsetzung Gewinnmaximierung unterstellt wird und da der Gewinn als Differenz zwischen Erlösen und Kosten definiert ist, muss nach der Kostenanalyse nunmehr
auf die Absatzmarktsituation des Unternehmens, also auf die Erlöse, näher eingegangen werden. Da die Erlösanalyse wegen der Annahme eines vom Unternehmen nicht beeinflussbaren Marktpreises aber außerordentlich einfach ist, soll sie
unter Einschluss der Kostenanalyse sofort in die Gewinnanalyse weitergeführt
werden.
Die Bedingung für das Gewinnmaximum soll zunächst kurz in algebraischer
Form hergeleitet werden. Wie zuvor gezeigt wurde, sind die Produktionskosten
abhängig von der produzierten Menge qx. Da der Erlös (oder Umsatz) als Produkt aus Menge qx und Preis px definiert ist, ist auch er mengenabhängig. Folglich
gilt
(4.19) G(qx) = R(qx) – K(qx),
d. h. der Gewinn als Differenz zwischen Erlös und Kosten ist ebenfalls mengenabhängig. Die Frage nach dem Gewinnmaximum ist demnach die Frage nach der
gewinnmaximalen Produktions- und Absatzmenge.
Um das Gewinnmaximum zu erhalten, ist von (4.19) die erste Ableitung zu bilden und diese ist gleich Null zu setzen. Die Gewinnmaximierungsbedingung
lautet also
126 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
(4.20)
x x x
dG dR dK
– 0.
dq dq dq
= =
Der Ausdruck dK/dqx umschreibt gemäß (4.17) die Grenzkosten der Unternehmung. Der Ausdruck dR/dqx ist als zusätzlicher Erlös pro zusätzlich verkaufte
Menge, d. h. als Grenzerlös, zu bezeichnen. Demgemäß bildet dG/dqx den zusätzlichen Gewinn pro zusätzliche Menge, den Grenzgewinn. (4.20) kann also
kurz in der Form
(4.20.a) G? = R? – K? = 0
geschrieben werden. Aus (4.20) bzw. (4.20.a) folgt die generelle Gewinnmaximierungsbedingung
(4.21) R? = K?.
Ökonomisch interpretiert bedeutet (4.21), dass für die Unternehmung eine Produktions- und Absatzmengenausdehnung so lange sinnvoll ist, wie der dabei
entstehende Erlöszuwachs den Kostenzuwachs übersteigt. Bringt eine zusätzlich
verkaufte Mengeneinheit eines Gutes beispielsweise einen zusätzlichen Erlös
von 3,50 Euro, entstehen durch ihre Produktion aber nur zusätzliche Kosten
von 3,00 Euro, so ergibt sich eine Gewinnsteigerung von 0,50 Euro. Sind die
zusätzlichen Kosten aber 4,00 Euro, so schrumpft der Gewinn um 0,50 Euro.
Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn die letzte verkaufte Mengeneinheit
keine weitere Gewinnsteigerung mehr auslöst, wenn der Grenzgewinn also
gleich Null ist. Der Grenzgewinn ist gleich Null, wenn Erlös- und Kostensteigerung gerade gleich groß sind, im verwendeten Zahlenbeispiel also dann, wenn
R? = K? = 3,50 Euro sind.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass für die Ermittlung der gewinnmaximalen Menge noch die Bedingung zweiter Ordnung, nämlich
(4.22) G = R – K < 0 bzw.
(4.23) R < K
erfüllt sein muss, d. h. die zweite Ableitung der Gewinnfunktion muss negativ
sein.
2. Das Gewinnmaximum bei nicht beeinflussbarem Marktpreis
Die soeben ermittelte Gewinnmaximierungsbedingung hat generelle Gültigkeit.
Zur Herleitung der Angebotsfunktion (4.4) wurde aber bei allen bisherigen
Überlegungen von der Situation ausgegangen, dass die Unternehmung den Preis
des Gutes X nicht beeinflussen kann, dass dieser Preis für sie also eine gegebene
Größe darstellt. In einer derartigen Situation kann die Unternehmung offenbar
unterschiedliche Mengen zu dem gegebenen Preis verkaufen, so dass ihr Erlös
beim Verkauf einer weiteren Mengeneinheit genau um die Höhe des Preises
steigt. Der Grenzerlös ist also gleich dem Preis. Auch der Erlös pro Stück oder
Stückerlös (r = R/qx) entspricht genau der Höhe des Preises, es gilt also
(4.24) R? = r = px.
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 127
In der speziellen Situation eines nicht beeinflussbaren Marktpreises geht die generelle Gewinnmaximierungsbedingung (4.21) demgemäß in die spezielle Gewinnmaximierungsbedingung
(4.25) px = K?
über. Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn Grenzkosten und Preis übereinstimmen.
Die spezielle Erlös- und Gewinnsituation eines Unternehmens, das den Preis
nicht beeinflussen kann, soll nunmehr mit Hilfe eines einfachen Zahlenbeispiels
verdeutlicht werden. Unter der Annahme, dass der gegebene Preis px = 3,50 beträgt, ergeben sich bei alternativen Mengen qx die entsprechenden Werte für den
Gesamterlös, den Grenzerlös und den Stückerlös (vgl. Tab. 4.5.). Diesen Werten
werden die aus Tab. 4.4. entnommenen Werte der Gesamtkosten, der Grenzkosten und der Stückkosten gegenübergestellt (vgl. ebenfalls Tab. 4.5.).
Es zeigt sich, dass das Gewinnmaximum bei qx = 55 liegt. Bei dieser Menge ist die
Bedingung (4.25) erfüllt. Der bei dieser Menge maximale Gewinn beträgt
63,10 Euro.
Die gewinnmaximale Menge lässt sich nicht nur algebraisch, sondern auch graphisch herleiten. Zu diesem Zweck ist zunächst die dem Zahlenbeispiel entsprechende Erlössituation darzustellen. Bei nicht beeinflussbarem Marktpreis steigt
der Gesamterlös mit steigender Absatzmenge linear an (vgl. Abb. 4.14.a.). Der
dem Preis entsprechende Grenz- und Stückerlös beträgt konstant 3,50 Euro (vgl.
Abb. 4.14.b.).
Tab. 4.5.
qx px R R? r K K? k G
1 3,50 3,50 3,50 3,50
2 3,50 7,– 3,50 3,50
3 3,50 10,50 3,50 3,50
10 3,50 35,– 3,50 3,50 79,– 7,90 – 44,–
20 3,50 70,– 3,50 3,50 85,– 4,25 – 15,–
40 3,50 140,– 3,50 3,50 100,– 2,50 – 40,–
49 3,50 171,50 3,50 3,50 112,70 2,10 2,30 – 58,80
50 3,50 175,– 3,50 3,50 115,– 2,30 2,30 – 60,–
51 3,50 178,50 3,50 3,50 117,42 2,42 2,302 – 61,08
52 3,50 182,– 3,50 3,50 120,– 2,58 2,308 – 62,–
53 3,50 185,50 3,50 3,50 122,80 2,80 2,31 – 62,70
54 3,50 189,– 3,50 3,50 125,90 3,10 2,33 – 63,101)
55 3,50 192,50 3,50 3,50 129,40 3,50 2,35 – 63,101)
56 3,50 196,– 3,50 3,50 134,50 5,10 2,40 – 61,50
60 3,50 210,– 3,50 3,50 160,– 2,67 – 50,–
61 3,50 213,50 3,50 3,50 169,– 9,– 2,77 – 44,50
62 3,50 217,– 3,50 3,50 180,– 11,– 2,90 – 37,–
1) Der maximale Gewinn G = 63,10 bei zwei verschiedenen Mengen und weitere kleine Unstimmigkeiten ergeben sich, weil im Zahlenbeispiel mit endlichen Werten gerechnet sowie aufund abgerundet wurde.
128 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
Abb. 4.14.
In Abb. 4.14. werden nunmehr noch aus Abb. 4.13. die Gesamt-, die Grenz- und
die Stückkosten übernommen. Es zeigt sich, dass die Unternehmung lediglich
zwischen qx1 und qx4 (in diesem Fall an der Kapazitätsgrenze) Gewinn macht,
denn nur in diesem Bereich übersteigen die Erlöse die Kosten (sog. Gewinnlinse).
Der maximale Gewinn liegt bei qx3 = 55. Bei dieser Menge haben die Gesamterlösgerade R und die Gesamtkostenkurve K die gleiche Steigung (dargestellt durch
eine parallel zur R-Linie an die Kostenkurve gezeichnete Tangente H in
Abb. 4.14.a.). Bei dieser Menge sind demnach Grenzerlös (= Preis) und Grenzkosten gleich hoch (vgl. Abb. 4.14.b.).
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 129
Bemerkenswert bezüglich der Lage des Gewinnmaximums ist, dass dieses mit
dem Betriebsoptimum, also dem Stückkostenminimum, nicht übereinstimmt.
Während sich das Gewinnmaximum bei qx3 = 55 befindet, liegt das Betriebsoptimum bei qx2 = 50 (flachster Fahrstrahl F aus dem Ursprung in Abb. 4.14.a.). Ein
gewinnmaximierendes Unternehmen produziert also nicht notwendigerweise mit
den niedrigst möglichen Stückkosten.
Neben dem Gesamtgewinn kann der Abb. 4.14. auch der Gewinn pro Stück
(Stückgewinn) entnommen werden. Der Stückgewinn g ergibt sich als Differenz
zwischen Stückerlös r (gleich Preis) und Stückkosten k bei der gewinnmaximalen
Menge qx3. Er beträgt g = 1,15 Euro (genauer g = 1,1473). Der Gesamtgewinn, der
in Abb. 4.14.a. als Strecke (Differenz zwischen R und K) abgelesen werden kann,
erscheint in Abb. 4.14.b. als schraffierte Fläche G = qx3 · g (im Zahlenbeispiel
55 · 1,1473 = 63,10).
Zu beachten ist, dass die schraffierte Fläche in Abb. 4.14.b. ausschließlich den bei
der Menge qx3 = 55 entstehenden Gesamtgewinn abbildet. Die Grafik darf keinesfalls so interpretiert werden, dass vor qx3, unter Umständen sogar vor qx1
schon entsprechende Gewinne anfallen. Vor qx1 entstehen Verluste, weil die Kosten (Gesamt- wie auch pro Stück) die Erlöse (Gesamt- wie auch pro Stück) übersteigen.
Eine weitere Konsequenz aus der Gewinnmaximierungsbedingung (4.25) ist die
folgende und sie ergibt sich in völliger Analogie zur Situation der Güternachfrage. Bei den Mengeneinheiten qx = 54, 53, 52 usw. entsteht für die Unternehmung
eine günstige Situation. Die jeweiligen Grenzkosten dieser Mengeneinheiten sind
niedriger als der für sie erzielte Preis. Es entsteht die sog. Produzentenrente. Bei
dem jeweiligen Preis des Gutes X ergibt sich also eine Konsumentenrente und
eine Produzentenrente, weil die Nachfrager zum Teil weniger zahlen müssen als
sie zu zahlen bereit wären und die Anbieter zum Teil mehr erhalten als ihnen an
Kostensteigerung entsteht.
II. Die Lage der Angebotskurve
1. Die Grenzkostenkurve als Angebotskurve
Ziel der Theorie des Angebotes ist es, die Lage und den Verlauf der Angebotskurve zu begründen. Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass eine gewinnmaximierende Unternehmung die Bedingung (4.21) bzw. (4.25) zu erfüllen
hat. In einem Zahlenbeispiel wurde gezeigt, dass die Unternehmung beim Preis
px = 3,50 jene Menge anbietet, bei der auch die Grenzkosten K? = 3,50 betragen.
Es ist die Menge qx3 = 55. Die Menge qx3 kann demnach als die gesuchte Angebotsmenge Ax beim Preis px = 3,50 interpretiert werden. Die Angebotsmenge Ax
ergibt sich also im Schnittpunkt der Preisgeraden mit der Grenzkostenkurve. Dieser Schnittpunkt ist demnach ein Punkt der gesuchten Angebotskurve.
Gemäß Bedingung (4.25) sind auch die weiteren Punkte der Grenzkostenkurve
Punkte der Angebotskurve. Steigt der Preis beispielsweise auf px = 5,10, so wird
die Unternehmung die Menge qx = 56 anbieten. Fällt der Preis auf px = 3,10 (2,80;
2,58; 2,42; 2,30), so wird die Unternehmung die Menge qx = 54 (53; 52; 51; 50) an-
130 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
Abb. 4.15.
bieten (vgl. Abb. 4.15.). Die Grenzkostenkurve bildet also die Angebotskurve einer gewinnmaximierenden Unternehmung.
Sie ist es allerdings nicht in ihrer ganzen Länge. Aus Abb. 4.15. kann entnommen
werden, dass das Gewinnmaximum bei fallendem Preis immer näher an das Betriebsoptimum heranrückt. Bei dem Preis px = 2,30 sind Gewinnmaximum und
Betriebsoptimum schließlich identisch. Auf Grund der Gleichheit von Preis und
Stückkosten ist der Gewinn hier allerdings gleich Null. Er ist dennoch der maximale, da bei jeder anderen Menge der Preis die Stückkosten nicht decken würde.
Die Preisgerade ist zur Tangente der Stückkostenkurve (in deren Minimum) geworden. Dies bedeutet andererseits, dass die Unternehmung zu Preisen unterhalb
des Minimums der Stückkosten nicht mehr anbieten kann, da auch die von der
Grenzkostenkurve angegebenen Mengen zu (allerdings jeweils kleinst möglichen)
Verlusten führen. Das Minimum der Stückkostenkurve ist demnach die langfristige Preisuntergrenze der Unternehmung. Die Bezeichnung „langfristige Preisuntergrenze“ gilt deshalb, weil es kurzfristig durchaus Gründe geben kann, zu
Preisen, welche die Kosten nicht vollständig decken, zu verkaufen (beispielsweise
wenn man baldige Preissteigerungen erwartet). Gelegentlich wird das Betriebsminimum als kurzfristige Preisuntergrenze bezeichnet, da dort zumindest die nicht
abwendbaren variablen Stückkosten gedeckt sind. Sogar ein kurzfristiges Unterschreiten des Betriebsminimums ist möglich, wenn die Unternehmung über genügend liquide Mittel verfügt, um die anfallenden Zahlungsverpflichtungen zu
erfüllen. Langfristig gilt jedoch die Aussage, dass die Grenzkostenkurve nur vom
Betriebsoptimum an aufwärts die Angebotskurve einer gewinnmaximierenden
Unternehmung bildet.
Eine maximale Angebotsmenge ergibt sich für die Unternehmung durch die bei
partieller Faktorvariation entstehende Kapazitätsgrenze. Auch wenn der Preis des
Gutes X weit über die bislang angenommenen Werte hinaus steigen würde (etwa
auf 9,–; 11,–; 20,–; 50,–; 100,– Euro usw.), so wäre es der Unternehmung kurzfristig nicht möglich, eine größere als die durch die Kapazitätsgrenze ausgewiesene
Maximalmenge qx4 anzubieten. An der Kapazitätsgrenze verläuft die Angebotskurve also senkrecht nach oben. Damit kann nunmehr endgültig gefolgert wer-
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 131
den: Die Angebotskurve einer gewinnmaximierenden Unternehmung ist die
Grenzkostenkurve vom Betriebsoptimum an aufwärts bis zur Kapazitätsgrenze.
Von diesem Punkt ab verläuft die Angebotskurve senkrecht aufwärts.
Zusammenfassend kann dieser Sachverhalt noch einmal wie folgt interpretiert
werden. Die Unternehmung ist nur dann bereit, zusätzliche Mengen des Gutes zu
verkaufen, wenn der Preis steigt. Die Ursache hierfür liegt im Ertragsgesetz, nach
welchem der Gesamtertrag bei zunehmender Produktionsmenge im relevanten
Bereich nur unterproportional ansteigt, die Gesamtkosten folglich überproportional ansteigen und die Grenzkosten daher steigen. Aus dem ertragsgesetzlichen
Grenzkostenverlauf
(4.17.a) K?= f(qx) mit K > 0 (= steigende Grenzkosten)
und der speziellen Gewinnmaximierungsbedingung px = K? resultiert die steigende Angebotsfunktion
(2.11) Ax = f(px)
Graphisch wird das dadurch ausgedrückt, dass man in Abb. 4.14.b bzw.
Abb. 4.15. an der Ordinate nicht nur die Grenzkosten, sondern auch den Preis
abträgt (die im Gewinnmaximum gleich sein müssen).
Die Herleitung dieses Sachverhaltes lässt sich kurz wie folgt skizzieren (vgl.
Übersicht 4.1.):
(1) Die Grenzkosten K? sind eine Funktion der produzierten Menge qx.
(2) Die Gewinnmaximierungsbedingung lautet K? = px.
(3) Die Angebotsmenge Ax ist eine Funktion des Preises px.
(4) Die Grenzkostenkurve wird zur Angebotskurve.
Übersicht 4.1.
Aus dem ertragsgesetzlichen K? = f (qx) (1)
Grenzkostenverlauf
und der Maximierungsbedingung K? = px (2)
wird die Angebotsfunktion Ax = f(px) (3)
(4)
Damit wird deutlich, dass die Angebotskurve der Unternehmung sich aus Kosten-
überlegungen (genauer: aus Grenzkostenüberlegungen) herleitet. Die im 2. Teil
ausgesprochene Vermutung, dass die Kosten eine maßgebliche Angebotsdeterminante darstellen, hat sich bestätigt. Die Grenzkosten bestimmen Lage und Verlauf
der Angebotskurve. Steigen die Grenzkosten (Verschiebung der K?-Kurve nach
oben), so verschiebt sich die Angebotskurve nach links, fallen sie, so verschiebt
sich die Angebotskurve nach rechts. Auf diese Verschiebungen ist nunmehr genauer einzugehen.
132 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
2. Verschiebungen der Angebotskurve
Es wurde bisher mehrfach daraufhingewiesen, dass Nachfrage- wie auch Angebotskurven der ceteris-paribus-Bedingung unterliegen. So war die Angebotsfunktion in der Form
(4.4) x x x x xA f(p ) mit v , l , T=
auf der Annahme aufgebaut, dass die übrigen Einflussgrößen konstant bleiben.
Die Konstanz der übrigen Einflussgrößen war allerdings in einem Punkt bisher
schon nicht gegeben, da die Unternehmung eine zusätzliche Angebotsmenge zunächst produzieren muss, was bei partieller Faktorvariation den Mehreinsatz des
variablen Faktors (Faktorblocks) voraussetzt. Genau genommen ist (4.4) daher in
der Form
(4.4.a) x x 2 x xA f(p ) mit v , l , T=
zu schreiben. Ändert sich also der Preis px, so passt sich die Unternehmung mit
Mengenänderungen entlang der Grenzkostenkurve an, wobei diese Mengenänderungen durch partielle Faktorvariation entstehen.
Im Folgenden ist zu erörtern, welche Auswirkungen Änderungen der übrigen
Determinanten haben. Wie zuvor angedeutet, sollten sie zu Verschiebungen der
Angebotskurve führen. Eine nähere Analyse zeigt jedoch, dass nicht alle Änderungen der übrigen Determinanten die Grenzkostenkurve verändern. Im Folgenden werden nacheinander Veränderungen der Technik, Veränderungen der Faktorpreise sowie Änderungen der Einsatzmenge des konstanten Faktors diskutiert.
Eine Änderung der Technik im Sinne von technischem Fortschritt bewirkt eine
Mehrproduktion des Gutes X bzw. eine Einsparung von Faktoreinsatzmengen.
Vom bisherigen Zahlenbeispiel ausgehend sei angenommen, dass beim Einsatz
von zwei Mengeneinheiten v1, also Kv = 40, nicht wie bisher qx1 = 40, sondern
qx2 = 60 produzierbar sind (vgl. Abb. 4.16). Es erhöht sich demnach die Faktorproduktivität. Die Erhöhung der Faktorproduktivität lässt sich auch in der Weise
ausdrücken, dass zur Produktion von qx = 40 nicht mehr zwei Mengeneinheiten
des variablen Faktors erforderlich sind, sondern nur noch eine Mengeneinheit.
Damit reduzieren sich die variablen Kosten von Kv1 = 40 auf Kv2 = 20 und die
Gesamtkosten von K1 = 100 auf K2 = 80. Gemäß dem Sinken der Gesamtkosten
reduzieren sich auch die Stückkosten von k1 auf k2. Da die Steigung der neuen Gesamtkostenkurve K2 bei jeder Ausbringungsmenge niedriger ist als zuvor, sinken
auch die Grenzkosten von K1? auf K2?. Da der vom Betriebsoptimum an aufsteigende Ast der Grenzkostenkurve die Angebotskurve darstellt, ist dieses Sinken
der Grenzkosten mit einer Rechtsverschiebung der Angebotskurve gleichzusetzen. Bei jedem beliebigen Preis wird folglich eine größere Menge angeboten.
Darüber hinaus beginnt die Angebotskurve entsprechend niedriger, da das Betriebsoptimum bei niedrigeren Stückkosten liegt als zuvor.
Es ist allerdings zu beachten, dass die beschriebene Rechtsverschiebung der Angebotskurve nur dann eintritt, wenn der technische Fortschritt zu einer Einsparung
des variablen Faktors führt. Kann demgegenüber die Menge qx = 40 nunmehr in
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 133
Abb. 4.16.
der Weise erzeugt werden, dass statt zwei Mengeneinheiten nur noch eine Mengeneinheit des konstanten Faktors erforderlich ist, so reduzieren sich die fixen
Kosten von Kf1 = 60 auf Kf2 = 30. Die Kostenkurve verschiebt sich dann parallel
nach unten (vgl. Abb. 4.17.), sie ändert ihre Steigung aber nicht. Dies bedeutet,
dass die Grenzkosten unverändert bleiben. Da mit sinkenden Gesamtkosten K
aber auch die Stückkosten k zurückgehen, liegt das Betriebsoptimum jetzt niedriger, die Angebotskurve beginnt also bei einem geringeren Preis und bei einer geringeren Menge.
In den beiden bislang erörterten Fällen von technischem Fortschritt ist unterstellt
worden, dass sich jeweils Einsparungen des einen oder des anderen Produktionsfaktors ergeben, dass sich die Produktionsbedingungen aber nicht fundamental
ändern. Insbesondere ist der in der Realität wohl häufige Fall noch nicht erörtert
worden, dass technischer Fortschritt von einem gewissen Mehreinsatz eines Faktors (z. B. Kapital) und einem überproportionalen Mindereinsatz des anderen
Faktors (z. B. Arbeit) begleitet wird. Auf diesen Fall wird etwas später noch
zurückzukommen sein. Außerdem handelte es sich bislang um sog. Verfahrensfortschritt, bei dem das bisherige Produkt X durch ein kostengünstigeres Produktionsverfahren hergestellt wird. Produktfortschritt im Sinne der Produktion
neuer, bisher unbekannter Güter wurde demnach noch nicht erörtert.
Nach Veränderung der Technik sollen Änderungen der Faktorpreise diskutiert
werden. Damit die Abbildungen 4.16. und 4.17. verwendet werden können, soll
134 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
Abb. 4.17.
von einer Senkung der Faktorpreise ausgegangen werden. Sinkt der Preis des variablen Faktors von l11 = 20 auf l12 = 10, so bedeutet dies wiederum, dass die
Produktionsmenge qx = 40 nunmehr mit variablen Kosten Kv2 = 20 statt bisher
Kv1 = 40 bzw. mit Gesamtkosten K2 = 80 statt bisher K1 = 100 erzeugt werden
kann (vgl. Abb. 4.16.). Entsprechend fallen die Stück- und die Grenzkosten. Die
Angebotskurve beginnt weiter unten und sie ist nach rechts verschoben. Die
Preisuntergrenze liegt niedriger. Faktorpreissenkungen haben also kostenmäßig
den gleichen Effekt wie ein Verfahrensfortschritt. Analog führen Erhöhungen des
Preises des variablen Faktors zu einer Linksverschiebung der Angebotskurve. Bei
jedem beliebigen Preis wird dann eine geringere Menge angeboten. Entsprechend
liegt die Preisuntergrenze weiter oben.
Die Verschiebung der Angebotskurve tritt auch bei Faktorpreisänderungen nur
dann ein, wenn sich der Preis des variablen Faktors verändert. Fällt demgegen-
über der Preis des konstanten Faktors von l21 = 30 auf l22 = 15, so reduzieren sich
die fixen Kosten von Kf1 = 60 auf Kf2 = 30. Die Kostenkurve verschiebt sich parallel nach unten und ändert ihre Steigung nicht. Die Stückkosten k sinken, die
Grenzkosten K? bleiben gleich (vgl. Abb. 4.17.). Die Angebotskurve beginnt also
weiter unten, ändert ihre Lage aber nicht. Die Preisuntergrenze ist gesunken.
Auch hier hat die Faktorpreissenkung den gleichen Kosteneffekt wie ein techni-
Kapitel B: Die Erlös- und Gewinnanalyse 135
Abb. 4.18.
scher Fortschritt. Analog bewirken Steigerungen von l2, dass die Angebotskurve
bei einem höheren Preis beginnt, die Preisuntergrenze also höher liegt.
Zum Abschluss ist noch einmal auf Änderungen der Einsatzmenge des konstanten Faktors zurückzukommen. Steigerungen der Einsatzmenge des konstanten
Faktors Kapital (also Nettoinvestitionen) werden vor allem dann vorgenommen,
wenn durch sie eine überproportionale Senkung der Einsatzmenge des variablen
Faktors und damit Kostensenkung bewirkt wird. Eine Kostensenkung tritt aber
nur dann auf, wenn
– bei gegebener Produktionsfunktion steigende Skalenerträge existieren (was bislang ausgeschlossen wurde) oder
– bei Veränderung der Produktionsfunktion Verfahrensfortschritt realisiert wird
(was kurz zuvor diskutiert wurde).
In beiden Fällen führt die Kapazitätserweiterung bei geringen Ausbringungsmengen wegen des höheren Fixkostenblocks zu höheren Gesamt- und Stückkosten.
Ab der Menge qx2 bewirkt die Kapazitätserweiterung jedoch niedrigere Kosten
und auch das neue Betriebsoptimum bei qx3 weist niedrigere Stückkosten auf als
das alte bei qx1. Der flachste Fahrstrahl F2 weist gegenüber F1 eine geringere Steigung auf. Eine die Stückkostenkurven umhüllende Linie kl (sog. langfristige
Stückkostenkurve) weist eine fallende Tendenz auf. Im Übrigen hat sich auch die
Grenzkostenkurve (die Angebotskurve) als Folge der Kapazitätserweiterung nach
rechts verschoben.
Die soeben beschriebene Kapazitätserweiterung bzw. Steigerung der Unternehmensgröße hat den Effekt einer Kostensenkung im entsprechenden Größenbereich und insbesondere im Betriebsoptimum gehabt. Dass ein derartiger Effekt
136 4. Teil: Die Theorie des Angebotes
Abb. 4.19.
eintritt, ist aber keineswegs sicher. In Abb. 4.19. wird der Fall einer Erhöhung der
Unternehmensgröße dargestellt, der nicht zu einer Absenkung des Betriebsoptimums führt. Der flachste Fahrstrahl F an die Gesamtkostenkurven K1 und K2 ist
identisch, und eine die Stückkostenkurven umhüllende Linie kl hat nicht mehr einen fallenden Verlauf wie in Abb. 4.18., sondern verläuft horizontal. Die Erhöhung der Unternehmensgröße hat demgemäß nur einen kapazitätserweiternden,
nicht aber einen produktivitätssteigernden Effekt. Diese Wirkung tritt ein, wenn
– bei gegebener Produktionsfunktion konstante Skalenerträge vorliegen oder
– bei Veränderung der Produktionsfunktion kein Verfahrensfortschritt realisiert
wird.
Im Falle einer gegebenen Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen ist
der Fahrstrahl F identisch mit der Gesamtkostenkurve K bei proportionaler
Faktorvariation (vgl. Abb. 4.10.b.). Die Umhüllungslinie kl ist identisch mit der
Stückkosten- und Grenzkostenkurve bei proportionaler Faktorvariation (vgl.
Abb. 4.10.c.). Sie ist die Abfolge aller Minimalkostenkombinationen. Es zeigt sich
also noch einmal, dass die Betriebsoptima bei partieller Faktorvariation und die
Minimalkostenkombinationen zusammenfallen.
Ob Erhöhungen der Unternehmensgröße einen produktivitätssteigernden Effekt
haben oder nicht, ist für spätere wettbewerbspolitische Überlegungen von außerordentlicher Bedeutung. Sofern Kapazitätserweiterungen keinen produktivitätssteigernden bzw. kostensenkenden Effekt haben, drängt sich aber jetzt schon die
Frage auf, aus welchem Grunde sie dann vorgenommen werden sollten. Zur Beantwortung dieser Frage ist auf frühere Überlegungen (u. a. bereits im 2. Teil) zurückzukommen. Gemäß (2.8) vergleicht die Unternehmensleitung die Gewinne
Kapitel C: Kritik und Erweiterungen der Theorie des Angebotes 137
der X-Produktion mit Gewinnen alternativer W-Produktionen. Wenn sich nun
die Gewinne von alternativen Gütern W reduzieren (z. B. durch Sinken von pw
oder Steigerungen der Kosten Kw), so ist es für die Unternehmung zweckmäßig,
die Produktion dieser Güter W z. B. durch Unterlassung von Ersatzinvestitionen
zu reduzieren und dafür im Bereich der X-Produktion zu investieren. Diese
Überlegung gilt für eine Mehrproduktunternehmung, die sowohl X als auch
W im Produktionsprogramm hat. Im Falle von Einproduktunternehmen werden
W-Produzenten Kapazitäten abbauen und auf dem X-Markt Kapazitäten errichten. Demgemäß verschiebt sich die individuelle Angebotskurve bzw. die Marktangebotskurve beim Gute X nach rechts und beim Alternativgut W nach links.
Auf die näheren Umstände und auf weitere Folgen derartiger Kurvenverschiebungen wird im 6. Teil noch genauer einzugehen sein.
Kapitel C: Kritik und Erweiterungen der Theorie des Angebotes
C. Kritik und Erweiterungen der Theorie des Angebotes
Auch eine Kritik der Theorie des Angebotes in der Gestalt der hier vorgetragenen
traditionellen Marginaltheorie des Angebotes setzt an der Frage an, ob die Theorie ihre Aufgaben als explikative Theorie bzw. als Bedingungstheorie erfüllt. Bevor im Folgenden auf einige Einzelaspekte dieser Frage eingegangen wird, sollen
zwei Vorbemerkungen vorangestellt werden.
Zunächst ist zu konstatieren, dass die Angebotstheorie auf deutlich sichererem
theoretischen Fundament steht als die Nachfragetheorie. Im Gegensatz zu den
dort verwendeten Konzepten des Nutzens, des Grenznutzens und der Indifferenzkurven lassen sich die hier gebräuchlichen Größen Ertrag, Kosten, Erlös, Gewinn präziser definieren und auch messen. Insoweit sind die Grundbedingungen
für die Eignung der Theorie zur Erfüllung ihrer Aufgaben gegeben.
Demgegenüber ist aber zweitens festzustellen, dass die Theorie in der vorgetragenen Form extrem einfach konzipiert ist. Als eine Theorie, welche zum Zwecke der
folgenden volkswirtschaftlichen Analyse von Preisbildung und Allokation lediglich die Grundzüge der Angebotsentscheidungen von Unternehmungen herausarbeiten will, verzichtet sie auf die Analyse zahlreicher betriebswirtschaftlich
relevanter Fragestellungen. So werden beispielsweise die Fragen der Unternehmensorganisation, der Finanzierung und des Marketing überhaupt nicht behandelt. Es wird nicht gefragt, ob die Unternehmung von Eigentümern oder Managern kontrolliert wird, inwieweit Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung
vorliegt, und auch das am Markte angebotene Gut X wird bezüglich seiner genauen Definition, seiner Qualität und seiner Abgrenzung zu den Alternativgütern W nicht weiter analysiert. Auch die Frage der Beschaffung der Produktionsfaktoren geht nur in sehr einfacher Form in die Betrachtung ein, indem unterstellt
wird, dass die Faktorpreise für die Unternehmung gegeben sind. Es versteht sich
von selbst, dass alle diese Sachverhalte im Rahmen genauerer, insbesondere betriebswirtschaftlicher Analysen zu vertiefen sind.
Nachdem also festzuhalten ist, welche Fragestellungen in der vorliegenden Angebotstheorie ausgeklammert bzw. unvollständig berücksichtigt worden sind, ist
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References
Zusammenfassung
Mikroökonomie leicht und verständlich
Dieses Lehrbuch bietet eine verständliche Darstellung eines zentralen Teilgebiets der Ökonomik. Da Inhalt und Aussagewert der Mikroökonomik häufig dadurch unklar bleiben, dass die Studenten zuviel rechnen müssen und dabei nicht mehr genügend zum Denken kommen, wird die Algebra in nur sparsamer Dosierung eingesetzt. Dafür stellt das Buch die grundlegenden Fragestellungen und Modelle umso klarer und lesefreundlicher dar und unterstützt das Lernen mit zahlreichen Kontrollfragen.
* Grundlagen
* Einführung in die Nachfrage- und Angebotstheorie
* Theorie der Nachfrage
* Theorie des Angebots
* Theorie des Marktgleichgewichts
* Theorie der Marktprozesse
Das Lehrbuch beantwortet unter anderem folgende Fragen:
* Warum und in welcher Menge fragen Haushalte bestimmte Güter nach?
* Welche Ziele verfolgen Unternehmen?
* Wann ist ein Marktpreis stabil?
* Welche Marktform ist effizient?
* Fördert Wettbewerb den technischen Fortschritt?
Die Autoren
Prof. Dr. Klaus Herdzina ist Professor an der Universität Hohenheim.
Prof. Dr. Stephan Seiter ist Professor an der ESB Business School an der Hochschule Reutlingen.