100 4 Die Grundlagen der Buchungstechnik
4.5 Zusammenfassende Übersicht über die Beziehungen der einzelnen
Konten und Buchungssätze zur Schlussbilanz
4.5.1 Die Beziehungen der einzelnen Konten zur Schlussbilanz
Die bisher angesprochenen Kontenarten lassen sich wie folgt charakterisieren: Übersicht über die Beziehungen der einzelnen Konten
Kontenart Aufgabe Kontenabschluss
Eröffnungsbilanzkonto
Technisches Hilfsmittel (Buchführungshilfe)
zur Buchung der Endbestände des vorangegangenen Geschäftsjahrs als Anfangsbestände der Bestandskonten des laufenden
Geschäftsjahrs (wird häufig weggelassen)
Jeweiliges
Bestandskonto
Aktivische
Bestandskonten
Erfassung der Bestandsveränderungen bei den
einzelnen Vermögenswerten (Mittelverwendung)
Schlussbilanzkonto
Passivische
Bestandskonten
Erfassung der Bestandsveränderungen bei den
einzelnen Kapitalbestandteilen (Mittelherkunft)
Schlussbilanzkonto
Eigenkapitalkonto Passivisches Bestandskonto, das die Entwicklung des Reinvermögens durch Erfassung
des betrieblichen Erfolgs und sonstiger Vorgänge, die zu Vermögensveränderungen
führen (Entnahmen und Einlagen), darstellt
Schlussbilanzkonto
Aufwandskonten Erfassung der Beträge nach Aufwandsarten,
die zu einer Eigenkapitalminderung führen
(negative Erfolgsbeiträge)
Gewinn- und
Verlustkonto
Ertragskonten Erfassung der Beträge nach Ertragsarten, die
zu einer Eigenkapitalvergrößerung führen
(positive Erfolgsbeiträge)
Gewinn- und
Verlustkonto
Gemischte
Erfolgskonten
Erfassung von Beständen und Erfolgsbeiträgen, wobei eine Inventur (zur Ermittlung
der Endbestände) notwendige Voraussetzung
ist
Gewinn- und
Verlustkonto und
Schlussbilanzkonto
Gewinn- und
Verlustkonto
Erfassung der Salden der einzelnen Aufwands- und Ertragskonten (unter Angabe
der Aufwands- und Ertragsarten)
Eigenkapitalkonto
Gewinn- und
Verlust-
Rechnung
Zusammenfassung der Positionen des GuV-
Kontos und Umgliederung entsprechend den
gesetzlichen Vorschriften
–
Privatkonto Erfassung der Privatentnahmen und Privateinlagen des Unternehmers
Eigenkapitalkonto
4.5 Übersicht über die Beziehungen der einzelnen Konten 101
Schlussbilanzkonto
Erfassung der aktiven und passiven Endbestände; somit Darstellung des Vermögens
und Kapitals (mit dem Eigenkapital als Reinvermögensgröße)
(wird ohne Buchungssätze in
die Schlussbilanz
transformiert)
Schlussbilanz Zusammenfassung der Positionen des
Schlussbilanzkontos und Umgliederung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften
(Grundlage für
Anfangsbestände
der Bestandskonten des folgenden
Geschäftsjahrs)
Die Zusammenhänge zwischen diesen Kontenarten zeigt die folgende Übersicht:
S Schlussbilanzkonto H
Sonstige Passivpositionen
Aktivpositionen
Eigenkapital
Schlussbilanz
(Vorjahr)Aktiva Passiva
Aktivpositionen Sonstige
Passivpositionen
Eigenkapital
Aktivpositionen
Eigenkapital
EröffnungsbilanzkontoS H
Sonstige Passivpositionen
Aufwendungen
Erträge
Gewinn
S GuV-Konto H
S Aufwandskonten H
Aufwendungen Saldo
S Ertragskonten H
Saldo Erträge
S Privat H
Privatentnahmen
Privateinlagen
Saldo
S Eigenkapital H
Privat
Saldo
(Endbestand)
Anfangsbestand
GuV-Konto
(Gewinn)
Umgliederung
Umgliederung
Schlussbilanz
GuV-Rechnung
Aktivische
Bestandskonten HS
Abgänge
Zugänge
Anfangsbestand
Saldo
(Endbestand)
S Sonstige passivischeBestandskonten H
Abgänge
Saldo
(Endbestand)
Anfangsbestand
Zugänge
102 4 Die Grundlagen der Buchungstechnik
4.5.2 Die Beziehungen der Buchungssätze zur Schlussbilanz
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass sich alle Geschäftsvorfälle auf vier Typen
von Buchungsfällen zurückführen lassen.153 Es sind dies:
(1) Der Aktivtausch: Er führt zu einer Veränderung der Vermögensstruktur bei
konstantem Gesamtvermögen und damit auch Gesamtkapital sowie bei unveränderter
Kapitalstruktur. Die Bilanzsumme verändert sich also nicht. Der Zugang auf einem
Vermögenskonto (aktivisches Bestandskonto) entspricht dem Abgang auf einem
anderen Vermögenskonto.
Beispiel:
Geschäftsvorfälle:
(1) Bezahlung einer Forderung von 500 € durch den Kunden A auf das
Bankkonto.
(2) Abheben des Betrags von 500 € vom Bankkonto und Zuführung in die
Kasse.
Buchungssätze:
(1) Bank an Forderungen 500,––
(2) Kasse an Bank 500,––
Kontengestaltung:
Durch den ersten Geschäftsvorfall erhöht sich der Bestand auf dem Bankkonto
um 500 €, der Bestand des Forderungskontos vermindert sich um 500 €. Entsprechend erhöht sich durch den zweiten Geschäftsvorfall der Kassenbestand,
während sich der Bankbestand um den gleichen Betrag vermindert.
(2) Der Passivtausch: Er führt zu einer Veränderung der Kapitalstruktur bei konstantem
Gesamtkapital und damit auch Gesamtvermögen sowie bei unveränderter Vermögensstruktur. Die Bilanzsumme verändert sich auch hier nicht. Der Zugang auf einem
Kapitalkonto (passivisches Bestandskonto) entspricht dem Abgang auf einem anderen
Kapitalkonto (Umfinanzierung).
Beispiel:
Geschäftsvorfälle:
(1) Umwandlung eines kurzfristigen in ein langfristiges Darlehen in Höhe
von 10.000 €.
153 Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird immer nur davon gesprochen, dass sich jeweils ein Konto ändert. Selbstverständlich können sich auch – wie immer bei zusammengesetzten
Buchungssätzen – mehrere Konten ändern, wenn die Voraussetzung erfüllt bleibt, dass die Sollsumme
gleich der Habensumme ist.
4.5 Übersicht über die Beziehungen der einzelnen Konten 103
(2) Umwandlung eines langfristigen Darlehens von 50.000 € in eine Beteiligung.
Buchungssätze:
(1) Kurzfristige Darlehensverbindlichkeiten an Langfristige Darlehensverbindlichkeiten 10.000,––
(2) Langfristige Darlehensverbindlichkeiten an Eigenkapital 50.000,––
Kontengestaltung:
Durch den ersten Geschäftsvorfall haben sich die langfristigen Darlehen um
10.000 € vergrößert, die kurzfristigen um 10.000 € verringert. Im zweiten Fall
erhöht sich das Eigenkapital um 50.000 €, der Bestand an langfristigen Darlehen vermindert sich entsprechend um den gleichen Betrag.
(3) Die Bilanzverlängerung: Aktiv- und Passivseite erhöhen sich durch Zunahme des
Gesamtvermögens und Gesamtkapitals um den gleichen Betrag. Dem Zugang auf
einem Vermögenskonto (aktivisches Bestandskonto) entspricht ein Zugang auf einem
Kapitalkonto (passivisches Bestandskonto) in gleicher Höhe. Die Bilanzsumme nimmt
entsprechend zu.
Beispiel:
Geschäftsvorfälle:
(1) Kauf einer Maschine zu Anschaffungskosten von 15.000 € durch Inanspruchnahme eines Lieferantenkredits (Kauf einer Maschine auf Ziel).
(2) Aufnahme eines langfristigen Darlehens von 4.000 € bei Zugang auf
dem Bankkonto.
Buchungssätze:
(1) Maschinen an Lieferantenverbindlichkeiten 15.000,––
(2) Bank an Langfristige Darlehensverbindlichkeiten 4.000,––
Kontengestaltung:
Durch den ersten Geschäftsvorfall erhöht sich einerseits der Maschinenbestand
um 15.000 € und andererseits der Bestand an Lieferantenverbindlichkeiten. Der
zweite Geschäftsvorfall führt zu Bestandsvergrößerungen beim Bankkonto und
beim langfristigen Darlehenskonto um jeweils 4.000 €.
104 4 Die Grundlagen der Buchungstechnik
(4) Die Bilanzverkürzung: Aktiv- und Passivseite vermindern sich durch Abnahme des
Gesamtvermögens und Gesamtkapitals um den gleichen Betrag. Einem Abgang auf
einem Vermögenskonto (aktivisches Bestandskonto) entspricht ein Abgang auf einem
Kapitalkonto (passivisches Bestandskonto) in gleicher Höhe. Die Bilanzsumme nimmt
entsprechend ab.
Beispiel:
Geschäftsvorfälle:
(1) Begleichung einer Lieferantenverbindlichkeit von 3.000 € aus der Kasse
(Barzahlung).
(2) Rückzahlung eines kurzfristigen Darlehens in Höhe von 8.000 € durch
Banküberweisung.
Buchungssätze:
(1) Lieferantenverbindlichkeiten an Kasse 3.000,––
(2) Kurzfristige Darlehensverbindlichkeiten an Bank 8.000,––
Kontengestaltung:
Durch den ersten Geschäftsvorfall nimmt der Bestand des Lieferantenverbindlichkeitenkontos sowie des Kassekontos um je 3.000 €, durch den zweiten Geschäftsvorfall der des kurzfristigen Darlehenskontos und des Bankkontos um
jeweils 8.000 € ab.
Bei allen bisher aufgezeigten Geschäftsvorfällen handelt es sich um erfolgsunwirksame
Geschäftsvorfälle. Erfolgswirksame Geschäftsvorfälle führen – wie auch Privateinlagen
und -entnahmen – zu einer Bilanzverlängerung (Erträge) oder zu einer Bilanzverkürzung
(Aufwendungen), da sich das Eigenkapitalkonto entsprechend vergrößert oder verringert.
Außerdem können sie auch zu einem Passivtausch führen, wenn z. B. eine überhöhte Rückstellung erfolgswirksam aufgelöst wird, so dass aus Fremdkapital Eigenkapital wird (Beispiel: eine Rückstellung für einen schwebenden Prozess wird nicht mehr benötigt, nachdem
der Prozess gewonnen wurde).
4.5 Übersicht über die Beziehungen der einzelnen Konten 105
Beispiel:
Geschäftsvorfälle:
(1) Mietauszahlung über das Bankkonto in Höhe von 3.000 €.
(2) Lohnzahlung über das Bankkonto in Höhe von 2.000 €.
(3) Zinseingang über das Bankkonto in Höhe von 5.000 €.
(4) Mieteinzahlung über die Kasse in Höhe von 1.000 €.
Buchungssätze:
(1) Mietaufwand an Bank 3.000,––
(2) Löhne an Bank 2.000,––
(3) Bank an Zinserträge 5.000,––
(4) Kasse an Mieterträge 1.000,––
Kontengestaltung:
Bei den ersten beiden Geschäftsvorfällen vermindert sich jeweils ein Zahlungskonto
sowie – durch die im Endeffekt erfolgende Zuordnung der Aufwendungen zum Eigenkapitalkonto – das Eigenkapitalkonto. Bei den beiden letzten Geschäftsvorfällen
erhöht sich jeweils ein Zahlungskonto sowie das Eigenkapitalkonto in Höhe des jeweiligen Ertrags.
5 Die buchtechnische Behandlung der wichtigsten
Geschäftsvorfälle bei Handels- und Industriebetrieben
5.1 Die buchtechnische Erfassung des Warenverkehrs
5.1.1 Die grundsätzliche Verbuchung des Warenverkehrs
Wie oben bereits dargestellt,154 ist die Führung eines gemischten Warenkontos, das eine
Mischung von Bestands- und Erfolgskonto ist, unzweckmäßig, weil der sich beim Abschluss
ergebende Saldo in eine Bestandsgröße (den durch Inventur ermittelten Endbestand, der in
die Schlussbilanz eingeht) und in eine Erfolgsgröße (den beim Verkauf erzielten Erfolg, der
ins Gewinn- und Verlust-Konto übertragen wird) zerlegt werden muss. Auf die Höhe des
ausgewiesenen Erfolgs hat es allerdings keinen Einfluss, ob von einem getrennten oder
einem gemischten Warenkonto ausgegangen wird. In den folgenden Ausführungen wird
eine buchhalterische Trennung des Warenverkehrs in die Bereiche des Wareneinkaufs
und des Warenverkaufs durchgeführt. Damit wird der in der Praxis ausgeprägten
organisatorischen Trennung in Ein- und Verkauf gefolgt. Die buchtechnische Erfassung des Warenverkehrs
5.1.1.1 Das inventurabhängige Verbuchungsverfahren
Zunächst wird der Fall betrachtet, dass zur Feststellung des Wareneinsatzes eine Inventur
erforderlich ist (inventurabhängiges Verbuchungsverfahren). Das Wareneinkaufskonto
enthält im Soll erstens den Anfangsbestand, d. h. den in der Schlussbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahrs ausgewiesenen Endbestand. Zweitens werden alle Warenzugänge mit ihren Anschaffungskosten im Soll verbucht. Auf der Habenseite werden
Warenrücksendungen (Retouren) und Gutschriften (nachträgliche Preisnachlässe ohne
erneute Warenrücklieferung) als Bestandsminderung erfasst. Entnimmt ein Unternehmer
(Einzelunternehmer, Gesellschafter) Waren für seinen privaten Verbrauch, dann liegt ebenso
wie bei der Entnahme von Zahlungsmitteln eine Privatentnahme vor. Derartige Privatentnahmen werden in der Regel zu Einkaufspreisen bewertet und auf der Habenseite des
Wareneinkaufskontos verbucht.155 Sie können allerdings auch „wie ein normaler Warenverkauf“ im Warenverkaufskonto ausgewiesen werden.156 Nach der Verbuchung dieser Geschäftsvorfälle wird beim Jahresabschluss mit Hilfe der Inventur der Endbestand an Waren
festgestellt. Als Saldo ergibt sich der Wareneinsatz, d. h. der Betrag, der aufgewendet
wurde, damit Warenverkäufe getätigt werden konnten. Schematisch lässt sich das Wareneinkaufskonto, in dem alle Größen zu Einkaufspreisen bewertet sind, wie folgt darstellen:
Buchtechnische Behandlung der wichtigsten Geschäftsvorfälle
154 Vgl. S. 89 ff.
155 Vgl. in diesem Sinne z. B. Eisele, W., Knobloch, A. P., Technik des betrieblichen Rechnungswesens. Buchführung – Kostenrechnung – Sonderbilanzen, 8. Aufl., München 2011, S. 122 und Hardt,
R., Wir lernen Buchführung, 7. Aufl., Wiesbaden 1974, S. 31 f.; vgl. dazu ausführlich S. 144 ff.
156 So Heinhold, M., Buchführung in Fallbeispielen, a. a. O., S. 83.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Der Klassiker zur Buchführung und Bilanztechnik.
Der Wöhe/Kußmaul zur Buchführung und Bilanztechnik
führt fundiert in das System der doppelten Buchführung und in die Technik der Erstellung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluss) ein.
Schwerpunkte sind die verrechnungstechnischen Grundlagen, die buchtechnische Behandlung der wichtigsten Geschäftsvorfälle bei Handels- und Industriebetrieben sowie die Technik der Aufstellung des Jahresabschlusses. Zusätzlich bietet das Werk einen fundierten Überblick über die gesetzlichen Vorschriften zur Führung von Büchern und zur Aufstellung des Jahresabschlusses sowie über die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung.
Die 8. Auflage
berücksichtigt die Änderungen durch die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte sowie die Modifikationen bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Leser finden zudem unter www.kussmaul.woehe-portal.de einen auf das Buch abgestimmten Multiple-Choice-Test.