Abb. 1: Beispiele für Ursachen der Informationslast (vgl. Epper/Mengis, 2004)
Informationslast im internen
Berichtswesen
Peter Gordon Rötzel
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1. Relevanz der Informationslast
für das Controlling
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Die Anzahl an Informationen, die über
das innerbetriebliche Berichtswesen sowie über Managementinformationssysteme verfügbar sind, steigt seit Jahren sehr
stark an (vgl. Lohr, 2007). Dies bedeutet,
dass Entscheidungsträger im gleichen
Zeitraum stetig mehr Informationen selektieren, analysieren und auf Basis dieser
Analyse ihre Entscheidungen treffen
müssen. Wenn aus einer Informationslast
eine Informationsüberlast (Information
Overload) wird, kann dies negative Auswirkungen auf die Entscheidungsqualität
sowie auf andere Bereiche des Arbeitslebens haben. So kann eine Informations-
überlast ein höheres Stressniveau und
eine höhere Toleranz gegenüber Fehlern
erzeugen oder sie führt im Extremfall zu
einer Unfähigkeit, überhaupt eine Entscheidung zu fällen (vgl. Eppler/Mengis,
2004). Die Kosten, die mit den Auswirkungen von Informationsüberlastungen
verbunden sind, wurden von Lohr (2007)
für die weltweite Wirtschaft auf 650 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt.
Die Meta-Studie von Eppler/Mengis
(2004) zeigt, dass die Informationsüberlastung primär von Instrumenten und
Informationssystemen des Controllings
abhängt. Insbesondere ist der leichte, aufwandsarme Zugang zu mehr Informationen über bedienungsfreundliche und
schnelle Managementinformationssysteme für das Anwachsen des „Data Smogs“
verantwortlich (vgl. Shenk, 1997). Gegenstand des vorliegenden Beitrages ist es,
eine Übersicht über die Entstehung von
Informationslast, die Auswirkungen und
die möglichen Gegenmaßnahmen zu geben.
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2. Entstehung von Informationslast in Unternehmen
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In der heutigen „Information Society“
sind die Möglichkeiten, die Informationslast bewusst und unbewusst zu steigern, vielfältig (vgl. Edmunds/Morris,
2000). Treiber der Informationslast im
internen Berichtswesen im Unternehmen
sind zum einen die deutlich gestiegenen
Anforderungen an Entscheidungsträger,
möglichst viele Faktoren (z. B. Marktdaten, Trendanalysen) in ihre Entscheidungen einzubeziehen (vgl. Eppler/Mengis,
2004). Neben analytischen Gesichtspunkten führt zum anderen auch die zunehmende Globalisierung und Dezentralisierung zu erhöhtem Abstimmungsaufwand
und zu einer intensiveren Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen
im Unternehmen.
Die Entstehung von Informationslast
lässt sich in fünf Ursachendimensionen
gliedern: Persönliche Faktoren, Informationseigenschaften, Aufgabenspezifika,
Organisationsdesign und Informationstechnologie (IT). Damit wird deutlich,
dass die Verursachung von erhöhter Informationslast keine reine IT-Problematik ist, sondern auch die Unternehmensfunktionen Personal und Organisation
mit einschließt (vgl. Abb. 1).
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3. Auswirkungen von
Informationslast
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Bis zu einem gewissen Niveau wirkt sich
die Informationslast für Entscheidungsträger positiv auf die Entscheidungsqualität aus (L*). Auf diesem Niveau ist die
Entscheidungsqualität am höchsten (E*).
Wird jedoch die Informationlast weiter
erhöht, so wandelt sich der positive Einfluss ins Negative. Dies ist darin begründet, dass Menschen nur eine begrenzte
kognitive Kapazität haben. Wenn diese
überschritten wird, können nicht mehr
alle relevanten Informationen in den
Entscheidungsprozess einfließen. Die
Überlastung mit Informationen hat somit einen negativen Einfluss auf die Entscheidungsqualität. Dieser Effekt wird
noch verstärkt, wenn die Entscheidung
unter Zeitdruck stattfindet. Die negativen
Auswirkungen treten nicht nur bei Investitionsentscheidungen auf, sondern auch
bei Budgetierung, Projektmanagement
oder Risikomanagement.
Dieses Phänomen bezeichnet man als Informationsüberlast oder auch Information Overload (vgl. Abb. 2).
Das Überschreiten eines kritischen Niveaus der Informationslast führt zu negativen Auswirkungen auf Informationsaufnahme und -weitergabe sowie auf
Motivation und Entscheidungsqualität.
Wenn zu viele Informationen vorliegen,
so wird es für Entscheidungsträger zunehmend schwieriger, aus den vorliegenden Informationen die für sie relevanten
Informationen herauszufiltern. Auch die
Suche nach weiteren Informationen, die
566 CONTROLLING-COMPACT
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
L* Informationslast
E
n
ts
ch
e
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g
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u
a
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E*
Informationsüberlast
Abb. 2: Zusammenhang zwischen Informationslast und Entscheidungsqualität
für die zu treffende Entscheidung relevant sind, aber noch nicht vorliegen, wird
erschwert. Im Extremfall mündet eine
Überlastung mit Informationen in einer
Unfähigkeit, überhaupt eine Entscheidung zu treffen, der sogenannten „paralysis by analysis“ (vgl. Edmunds/Morris,
2000).
Darüber hinaus führt ein Information
Overload oftmals auch zu einem deutlichen Anstieg des vom Entscheidungsträger empfundenen Stressniveaus seiner
Tätigkeit. Weitere Aspekte sind ansteigende Demotivation, größere Toleranz
gegenüber Fehlern sowie das stärkere
Empfinden von Perspektivlosigkeit (vgl.
Epper/Mengis, 2004).
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4. Maßnahmen zur Reduktion von
Informationsüberlast
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Die in der Literatur untersuchten möglichen Gegenmaßnahmen zielen entweder gezielt auf die Information, den Entscheidungsträger oder das Organisationsdesign ab. So zeigen Studien hinsichtlich
der Darstellung und Aufbereitung von
Informationen für Entscheidungsträger,
dass eine möglichst einfache Darstellung
über Diagramme und aggregierte Kennzahlen zur Reduktion der Informations-
überlast beitragen (vgl. Shenk, 1997). Jedoch kann eine zu hohe Zufriedenheit
mit dem Managementinformationssystem dazu führen, dass deutlich mehr Informationen gesucht und miteinbezogen
werden und die Informationslast wiederum ansteigt. Dies ist vor allem darin begründet, dass ein sehr leichter Zugang zu
weiteren Informationen Entscheidungsträger dazu verleitet, immer mehr Informationen berücksichtigen zu wollen (vgl.
Rötzel/Fehrenbacher, 2014).
Stellt man den Entscheidungsträger
selbst in den Fokus, so sind vor allem Erfahrung und Routine mit der Aufgabe sowie Schulungen im Informationsmanagement hilfreich bei der Reduktion
von Informationsüberlast. Das Setzen
von Prioritäten und die Festlegung ex ante, wie lange man nach Informationen
sucht, zeigen eine deutliche Entlastung
bei den Auswirkungen von Informations-
überlast (vgl. Bawden/Robinson, 2009).
Aus Sicht des Organisationsdesigns wird
deutlich, dass eine zu starke Matrixorganisation und interdisziplinäre Arbeit die
Informationslast eher erhöhen als verringern. Eine stärkere Standardisierung von
Berichten und eine höhere Priorisierung
von Informationsbedarf durch das Top
Management wirkt hingegen deutlich reduzierend auf die Informationsüberlast
(vgl. Bawden/Robinson, 2009; Edmuns/
Morris, 2000; Eppler/Mengis, 2004).
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5. Fazit
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Informationslast ist in der heutigen „Information Society“ ein wesentlicher Faktor bei Entscheidungen im Unternehmensalltag. Neben den vielen Vorteilen
der Weiterentwicklung von Managementinformationssystemen und der stetig höheren Verfügbarkeit von Informationen ist allerdings auch die Entwicklung zu betrachten, dass immer mehr
Entscheidungsträger zu viele Informationen erhalten (vgl. Lohr, 2007). Quellen
dieser Informationsüberlast sind das interne Berichtswesen und die schnelle und
aufwandsarme Verfügbarkeit von Informationen über Managementinformationssysteme. Darüber hinaus ist die Herausforderung, auch für das Controlling,
Entscheidungsträgern im Unternehmen
einen optimalen Umfang an Informationen zur Verfügung zu stellen, keine reine
IT-Problematik, sondern betrifft sehr
stark auch die Bereiche Personalwesen
und Organisation. Daher sollte das Controlling in seiner Koordinationsfunktion
auch Personalwesen und Organisation
berücksichtigen.
Literatur
Bawden, D./Robinson, L., The dark side of
information: overload, anxiety and other
paradoxes and pathologies, in: Journal of
Information Science, 35. Jg. (2009), H. 2,
S. 180–191.
Edmunds, A./Morris, A., The problem of
information overload in business organizations: A review on the literature, in: International Journal of Information Management,
20. Jg. (2000), H. 1, S. 17–28.
Eppler, M. J./Mengis, J., The Concept of Information Overload: A Review of Literature
from Organization Science, Accounting,
Marketing, MIS, and Related Disciplines, in:
The Information Society, 20. Jg. (2004), H. 5,
S. 325–344.
Lohr, S., Is Information Overload a $650 Billion Drag on the Economy, in: The New York
Times, 20.12.2007.
Rötzel, P. G./Fehrenbacher, D. D., More
Strings Attached: On the Role of Information Overload in IS Success, Fifth International Symposium on Accounting Information
Systems, Melbourne 2014.
Shenk, D., Data smog: Surviving the information glut, London 1997.
Dr. Peter Gordon Rötzel, LL.M., ist Akademischer Rat und Habilitand am Lehrstuhl Controlling der Universität Stuttgart.
Informationslast im internen Berichtswesen 567
26. Jahrgang 2014, Heft 10
Zusammenfassung
Informationslast ist in der heutigen „Information Society“ ein wesentlicher Faktor bei Entscheidungen im Unternehmensalltag. Neben den vielen Vorteilen der Weiterentwicklung von Managementinformationssystemen und der stetig höheren Verfügbarkeit von Informationen ist allerdings auch die Entwicklung zu betrachten, dass immer mehr Entscheidungsträger zu viele Informationen erhalten (vgl. Lohr, 2007). Quellen dieser Informationsüberlast sind das interne Berichtswesen und die schnelle und aufwandsarme Verfügbarkeit von Informationen über Managementinformationssysteme. Darüber hinaus ist die Herausforderung, auch für das Controlling, Entscheidungsträgern im Unternehmen einen optimalen Umfang an Informationen zur Verfügung zu stellen, keine reine IT-Problematik, sondern betrifft sehr stark auch die Bereiche Personalwesen und Organisation. Daher sollte das Controlling in seiner Koordinationsfunktion auch Personalwesen und Organisation berücksichtigen.
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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