Neuroeconomics
Neuromarketing
PsychologieNeurowissenschaften
Ökonomie & Betriebswirtschaftslehre
Hirnforschung
Biologie Medizin (Neurologie)
MarketingVerhaltensökonomie
Abb. 1: Die interdisziplinären Forschungsfelder Neuroeconomics bzw. Neuromarketing (in Anlehnung an Zimmermann, 2006)
Neuroeconomics
Claudia R. Schneider
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Kennzeichnung
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Bei Neuroeconomics handelt es sich um
ein interdisziplinäres Forschungsgebiet,
welches die Neurowissenschaften, also
die Lehre von Aufbau, Funktionsweise
und Leistung von Nervensystemen, wie
dem menschlichen Gehirn, und die Ökonomie miteinander verbindet. Zudem
fließen Erkenntnisse und Ansätze aus der
Psychologie mit ein (vgl. Abb. 1).
Das Gehirn als zentrale Instanz, das für
sämtliche Prozesse im menschlichen Körper verantwortlich ist (wie z. B. Gedanken, Gefühle, Wahrnehmung oder Erinnerung) sowie Entscheidungen und Verhalten hervorbringt, steht dabei im Mittelpunkt. Daher verspricht eine Erforschung des Gehirns und seiner Prozesse,
den Menschen und sein Verhalten zu verstehen, um ökonomische Theorien zu erweitern und menschliches (Entscheidungs-)Verhalten darin wirklichkeitsgetreuer abbilden zu können (vgl. Camerer,
2007; Glimcher et al., 2009).
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Entwicklung und Zielsetzung
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Als Disziplin entstand Neuroeconomics
Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Einflüsse aus der Verhaltensökonomie
trugen stark zur Entwicklung bei. Es hatte
sich gezeigt, dass die klassische Sichtweise
des homo oeconomicus, also des rational
und überlegt entscheidenden Menschen,
das empirische Verhalten in zahlreichen
ökonomischen Zusammenhängen nicht
zufriedenstellend erklären kann, da zahlreiche, vom Gehirn gesteuerte Faktoren
wie Emotionen, Willenskraft, Erfahrung,
Gewohnheit, Wahrnehmung oder Einstellung Entscheidungsverhalten stark beeinflussen (vgl. Damasio, 2009). Diese Faktoren werden von klassischen ökonomischen Modellen nicht beschrieben und
wurden bisher aus ökonomischen Theorien weitestgehend ausgeklammert. Indem
man das Gehirn nun in die ökonomische
Betrachtungsweise integriert, soll die
„Black Box“ des menschlichen Entscheidungsverhaltens geöffnet und Einflussfaktoren erfassbar gemacht werden.
Konkret werden die neurobiologischen
Fundamente ökonomischer Entscheidungen untersucht, indem Erkenntnisse
der Verhaltensökonomie mit dem mechanistischen, erklärenden Potenzial der
Neurowissenschaften kombiniert werden.
Dies soll zu einer algorithmischen Beschreibung des menschlichen Entscheidungsmechanismus führen, um zu verstehen, wie spezifische neuronale Korrelate subsequentes Wahlverhalten abbilden
(vgl. Knutson et al., 2009), also um die
„neurologischen Grundlagen ökonomischen Verhaltens“ zu finden.
Das Ziel der Disziplin ist es, zu verstehen,
wie das Gehirn Entscheidungen und Verhalten hervorbringt und dieses Wissen zu
nutzen, um validere Modelle für die ökonomische Theorie formulieren zu können (vgl. Camerer, 2007; Glimcher et al.,
2009).
In den letzten 10 Jahren hat sich Neuroeconomics zu einem wachsenden Forschungszweig in der Ökonomie entwickelt, was einen beträchtlichen Anstieg
der Publikationen im Bereich Entscheidungsverhalten zur Folge hatte. Beeindruckende Fortschritte in Bezug auf das
Verständnis menschlichen Entscheidungsverhaltens wurden bereits erzielt
(vgl. Bernheim, 2009; Hain et al., 2007).
Daniel Kahneman, Nobelpreisträger für
Ökonomie, spricht vom „sky-rocketing
takeoff of neuroeconomics” (Kahneman,
2009, S. 523).
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Betriebswirtschaftlicher
Anwendungsbereich:
Neuromarketing
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Die Ansätze der Neuroeconomics brachten mit dem Neuromarketing ein anwendungsbezogenes betriebswirtschaftliches
Forschungsfeld hervor. Inzwischen ist die
neurowissenschaftliche Betrachtungsweise auch in anderen Bereichen der Betriebswirtschaft anzufinden, z. B. Neurofinance. Jedoch finden sich bislang im
32 CONTROLLING-COMPACT
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Neuromarketing die meisten betriebswirtschaftlich relevanten Studien. Daher
wurde für den vorliegenden Artikel das
Neuromarketing als betriebswirtschaftlicher Anwendungsbereich ausgewählt.
Das Potenzial des Neuromarketing besteht darin, im Gehirn ablaufende Konsumentenreaktionen auf Marketing-Stimuli messbar zu machen. Damit soll die
traditionelle Markt- und Konsumentenverhaltensforschung verbessert werden
und Bereiche wie Produktentwicklung
und -kommunikation, Werbung, Absatzförderung oder Preisbildung vorangetrieben und effektiver gestaltet werden (vgl.
Zimmermann, 2006).
Das Neuromarketing macht es möglich,
Schlüsse darauf zu ziehen, wie zum Beispiel eine Marke das menschliche Denken
und Handeln beeinflusst, welche Rolle sie
für die letztliche Kaufentscheidung spielt
und wie sie wahrgenommen wird. Damit
soll es möglich werden, Konsumentenverhalten zu verstehen und vorherzusagen (vgl. Zimmermann, 2006).
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Methoden – Potenziale und
Limitationen
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Neuroeconomics sowie Neuromarketing-
Forschung bedienen sich einer Vielzahl
an Methoden aus ihren interdisziplinären
Feldern. Neben psychologischen Untersuchungen sind es vor allem die neurowissenschaftlichen Verfahren, die Anwendung finden, wie EEG (Elektroencephalographie), MEG (Magnetencephalographie), TMS (Transkranielle magnetische
Stimulation), oder bildgebende Verfahren
wie fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) und PET (Positronen
Emissions Tomographie).
Allen voran hat sich die funktionelle Magnetresonanztomographie (auch bezeichnet als funktionelle Kernspinntomographie) zur populärsten Methode
entwickelt. fMRT vermag einen funktionellen, also hoch zeitauflösenden, Blick
in das menschliche Gehirn zu geben. Dadurch können Prozesse im Gehirn, z. B.
während der Proband eine Aufgabe löst,
sich Werbebotschaften anschaut oder
eine Entscheidung ausführen muss, in
„Echtzeit“ beobachtet werden.
Jedoch ist die Methode sehr komplex und
die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren. fMRT ist eine indirekte Methode, da nicht Hirnaktivität per se gemessen wird, sondern die Veränderung des
Sauerstoffgehalts im Blut, welcher sich
lokal, je nach Aktivität des jeweiligen
Areals, ändert. Dieses meist verwendete
Signal oder die „Einheit“, in der Hirnaktivität gemessen wird, wird als BOLD-Signal (Blood Oxygen Level Dependent)
bezeichnet (vgl. Logothetis et al., 2001).
Abgesehen vom indirekten Charakter der
Messung neuronaler Aktivität bestehen
auch in der räumlichen Auflösung Limitationen. Gemessen wird in „Voxeln“,
kleinen drei-dimensionalen Würfeln. Bis
dato beträgt die minimale Größe eines
Voxels 1mm3. Auf einer solchen Fläche
befinden sich tausende Neurone. Deren
unterschiedliche Aktivierung kann nicht
erfasst werden.
Zudem besteht eine zeitliche Verzögerung zwischen neuronaler Aktivität und
Veränderung des Sauerstoffgehalts an
entsprechender Stelle. Dies muss im Versuchsprotokoll sowie im statistischen
Modell mit berücksichtigt werden.
Die Verarbeitung der Rohdaten und anschließende statistische Analysen sowie
Inferenzen sind hoch komplex und immer noch gibt es kein „best practice“ in
der neurowissenschaftlichen Forschung.
So kann es schnell vorkommen, dass sich
„false positives“, das heißt Aktivierungen,
die keine sind, ergeben.
Es ist wichtig, sich der Limitationen der
Methode bewusst zu sein, um Neuroeconomics und Neuromarketing-Studien
besser verstehen, Ergebnisse einordnen
und gegebenenfalls Experimentansätze
im eigenen Unternehmen besser evaluieren zu können.
Abgesehen von methodischen Limitationen stehen dem Neuromarketing in Bezug auf seine Anwendung im Unternehmensbereich zusätzlich noch hohe Kosten sowie kritische Stimmen aus dem
Feld der Neuroethik entgegen. Hier geht
es vor allem um Bedenken bezüglich der
Erforschung von Gedanken, was schlussendlich zu einem „gläsernen Konsumenten“ führen könnte (vgl. Zimmermann,
2006).
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Neuromarketing-Studien
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Im Neuromarketing und im Bereich
Neuroeconomics insgesamt gibt es eine
breit angelegte Forschung zahlreicher Akteure. Universitäten und Institute forschen an der Entschlüsselung genereller
Mechanismen. Zudem engagieren sich
Unternehmen in Kooperationsprojekten
mit Universitäten und Instituten. Des
Weiteren gibt es Neuromarketing-Dienstleistungsunternehmen oder -Beratungen,
die Studien zu anwendungsbezogenen
Themen durchführen, z. B. Evaluation
von Werbemaßnahmen (Neuroadvertising) oder Preisbildung (Neuropricing).
Insbesondere Neuropricing-Studien können Beiträge für die Steuerung von Produktpreisen bieten und so das Preismanagement unterstützen.
Abb. 2 gibt einen Überblick über Neuromarketing-Studien und deren Erkenntnisse. Eine der bekanntesten Neuromarketing-Studien von Erk et al. (2002) beleuchtet den neuronalen Effekt verschiedener Autotypen in Bezug auf Attraktivität. Die fMRT Daten zeigen, dass Sportwagen Belohnungszentren des Gehirns,
die in Zusammenhang mit sozialer Dominanz, Selbstwertgefühl und Reichtum
stehen, ansprechen. Diese Aktivierung ist
für Kleinwagen signifikant geringer im
Vergleich zu Sportwagen. Die Studie ist
wegweisend, da sie positiven Affekt und
Präferenz unabhängig von Eigenaussagen
der Probanden (die nicht den wahren
Gefühlen entsprechen könnten) zeigen
kann.
Die wohl bekannteste Neuromarketing-
Studie wurde 2004 von McClure et al.
durchgeführt. Sie ging unter dem Namen
„Cola-Pepsi Taste Challenge“ in die Neuromarketing Literatur ein. In einem
„blind taste test“ war Pepsi Cola im Vergleich zu Coca Cola von den meisten Probanden präferiert worden. Als die Marke
gezeigt wurde, drehten sich die Präferenzen zugunsten Coca Cola um. Die Frage
ist, warum sich Coca Cola besser verkauft,
wenn Pepsi Cola doch besser schmeckt?
McClure et al. (2004) beobachteten nun
während des Geschmackstests die Hirnaktivität mithilfe von fMRT. Im blind taste test wurde ersichtlich, dass beide Getränke Aktivität in Belohnungsarealen
hervorrufen, jedoch mehr Aktivität für
Pepsi Cola versus Coca Cola. Mit der Bekanntgabe der Marken zeigten diejenigen
Probanden, die aussagten, Coca Cola zu
präferieren, eine zusätzliche Aktivierung
in frontalen Hirnarealen, die für höhere
kognitive Prozesse verantwortlich sind.
Zusätzliche Erinnerungen, Gefühle und
Assoziationen mit der Marke Coca Cola
Neuroeconomics 33
25. Jahrgang 2013, Heft 1
Forschungsgruppe Jahr Studienfrage Ergebnisse
Ambler, T./Ioannides, A./Rose, S.,
Brands on the Brain: Neuro-Images of
Advertising, in: Business Strategy
Review, 11. Jg. (2000), H. 3, S. 17-30.
2000 Welche Form von Werbung
(rational vs. emotional) wird
am effektivsten im Gedächtnis gespeichert und ist am
besten abrufbar?
Emotionale Werbung wird effektiver im
Gedächtnis gespeichert und kann dadurch besser und länger abgerufen
werden als rein rationale Inhalte.
Rossiter, J. R./Silberstein, R. B./Harris,
P. G./Nield, G., Brain-Imaging Detection
of Visual Scene Encoding in Long-term
Memory for TV Commercials, in: Journal
of Advertising Research, 41. Jg. (2001),
H. 2, S. 13-21.
2001 Kann anhand neuronaler
Aktivierungsmuster bestimmt
werden, wie gut Werbebotschaften im Gedächtnis abrufbar sind?
Schnelle Reaktionen im präfrontalen
Kortex der linken Hemisphäre führen zu
signifikant höheren Abrufraten.
Erk, S./Spitzer, M./Wunderlich,
A.P./Galley, L./Walter, H., Cultural Objects Modulate Reward Circuitry, in: NeuroReport, 13. Jg. (2002), H. 18, S. 2499-
2503.
2002 Repräsentieren neuronale
Korrelate bewusst ausgesagte Produktattraktivität?
Produkte, die Reichtum und Status
symbolisieren, führen zu erhöhter Aktivität in Belohnungs- und Selbstbewusstseinszentren des Gehirns (z.B. nucleus
accumbens).
Ambler, T./Braeutigam, S./Stins, J./Rose,
S./Swithenby, S., Salience and Choice:
Neural Correlates of Shopping Decisions, in: Psychology & Marketing, 21. Jg.
(2004), H. 4, S. 247-266.
2004 Welche Rolle spielen Marken
für den Kaufentscheidungsprozess?
Markenstärke (Popularität) und Entscheidungsschnelligkeit sind invers
korreliert.
McClure, S. M./Li, J./Tomlin, D./Cypert,
K. S./Montague, L./Montague, P. R.,
Neural Correlates of Behavioral Preference for Culturally Familiar Drinks, in:
Neuron, 44. Jg. (2004), H. 2, S. 379-387.
2004 Wie beeinflusst der Faktor
Marke die Geschmackswahrnehmung von sensorisch
ähnlichen Produkten?
Offengelegte Markeninformation führt,
abgesehen von Aktivität in Geschmackszentren (Belohnungszentren),
zu Hirnaktivität in Regionen, die mit höheren kognitiven Funktionen assoziiert
sind. Eine starke Marke besitzt die Fähigkeit, wahrgenommene Geschmackspräferenzen neuronal zu überwiegen.
Weis, S./Hoppe, C./Weber, B./Baumann,
A./Fernandez, G./Elger, C., Warum sind
Prominente in der Werbung so wirkungsvoll? Eine funktionelle MRT Studie,
in: NeuroPsychoEconomics, 1. Jg.
(2006), H. 1, S. 7-17.
2006 Welcher ist der effektivste
Weg, Information im Gehirn
zu verankern? Wie beeinflusst die Verwendung von
Gesichtern vs. Logos und die
Bekanntheit das Abspeichern
und Abrufen von Werbebotschaften im Gehirn?
Das Abspeichern und Abrufen von Inhalten mit Gesichtern ist generell effektiver als von Inhalten mit Logos; dieser
Effekt ist noch höher bei bekannten
Gesichtern.
Yoon, C./Gutchess, A. H./Feinberg,
F./Polk, T. A., A Functional Magnetic
Resonance Imaging Study of Neural
Dissociations Between Brand and Person Judgments, in: Journal of Consumer
Behavior, 33. Jg. (2006), H. 1, S. 31-40.
2006 Gibt es Parallelen zwischen
menschlicher Persönlichkeit
und Markenpersönlichkeit?
Marken- und menschliche Persönlichkeit
werden anders im Gehirn verarbeitet.
Markenpersönlichkeit wird in Arealen, die
mit Objekterkennung assoziiert sind,
prozessiert, während menschliche Persönlichkeit in Arealen, die mit der Integration von Belohnung in Entscheidungsfindung verknüpft sind, prozessiert wird.
Plassmann, H./O’Doherty, J./Shiv,
B./Rangel, A., Marketing Actions can
Modulate Neural Representations of
Experienced Pleasantness, in: PNAS,
105. Jg. (2008), H. 3, S. 1050-1054.
2008 Können Marketingmaßnahmen (Preisbildung) neuronale
Repräsentationen positiver
Geschmackswahrnehmung
modulieren?
Höhere Weinpreise führen zu gesteigerter positiver Geschmackswahrnehmung;
wie auch erhöhter Aktivierung in entsprechenden Hirnarealen; obwohl einige der Weine de facto die gleichen
waren.
Abb. 2: Ausgewählte Neuromarketing-Studien und deren Erkenntnisse im Überblick
wiegen den besseren Geschmack von
Pepsi Cola auf. Für das Gehirn ist es also
wichtiger, was es über Coca Cola weiß, als
wie Pepsi Cola schmeckt. Die beschriebenen Studien bieten Ansatzpunkte für das
Markencontrolling, etwa um Markenstärke und -beliebtheit zu testen.
Eine weitere Studie von Plassmann et al.
(2008) ist interessant für das Preiscontrolling. Sie befasst sich mit dem Einfluss
von Preisen auf subjektive Geschmackswahrnehmung sowie neuronale Repräsentationen erlebten geschmacklichen
Wohlbefindens. Im fMRT-Scanner lie-
34 CONTROLLING-COMPACT
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
gend testeten Probanden fünf verschiedene Rotweine, deren Preis jeweils mit angegeben wurde. Jedoch waren es in Wirklichkeit nur drei verschiedene Weine.
Zwei wurden jeweils doppelt gegeben,
einmal teurer als der eigentliche Preis
(5 $ Wein, als 45 $ ausgegeben) und einmal billiger (90 $ Wein, als 10 $ Wein
ausgegeben). Die Probanden sollten lediglich eine Aussage darüber treffen, wie
gut ihnen die jeweiligen Weine schmeckten. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Anstieg im Weinpreis sowohl mit Probandenaussagen in Bezug auf subjektive, positive Geschmackswahrnehmung wie
auch mit Hirnaktivität in Arealen, die für
Wohlbefinden kodieren, korreliert.
Andere, stärker von der neurowissenschaftlichen Seite getriebene Studien befassen sich mit Themen wie „Choice
Overload“, Überforderung durch die
Menge an Alternativen (vgl. Reutskaja/
Hogarth, 2009), oder dem Einfluss von
Entscheidungsschwierigkeit (vgl. Schneider/Lindner, 2010). Solche Studien können auch auf innerbetriebliche Fragestellungen angewendet werden. Entscheidungsverhalten in verschiedenen Schwierigkeitskontexten und Einflussvariablen
besser zu verstehen, kann einen nächsten
Schritt im Bereich der Neuroeconomics
darstellen. Hochrelevant sind solche Fragestellungen auch für das Berichtswesen.
Weiterführend könnten Informationsbereitstellung und Informationsverarbeitung von Berichten neurowissenschaftlich untersucht werden, um die Koordination im unternehmensinternen Informationssystem zu verbessern. Solche Studien könnten dazu beitragen, Informationsüberflutung von Managern zu verhindern. Einen weiteren möglichen Anwendungsbereich stellt die Gestaltung
von Anreizsystemen dar.
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Fazit
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Neuroeconomics beziehungsweise Neuromarketing stellen aufstrebende Forschungsfelder dar, die zu bedeutenden interdisziplinären Synergien zwischen Ökonomie, Marketing, Neurowissenschaften
und Psychologie, in Bezug auf die Entschlüsselung menschlichen (Entscheidungs-)Verhaltens führen. Damit sind es
vielversprechende Forschungsfelder, die
helfen werden, den Menschen und sein
Verhalten in ökonomischer Hinsicht und
als handelnde Instanz im betriebswirtschaftlichen Kontext zu verstehen.
Limitationen in dem Forschungsfeld ergeben sich aus den hohen Kosten der Methoden, fehlenden „best practice“ Ansätzen und ethischen Bedenken.
Zudem beschäftigen sich Studien oft mit
einzelnen Prozessen und Regionen, aber
das Gesamtbild, wie es zu Entscheidungen kommt, ist immer noch unklar. Trotz
vieler Studien und zahlreicher Erkenntnisse sind noch viele Fragen offen und
insbesondere ist der Controlling-spezifische Anwendungsbezug noch schwach
ausgeprägt.
Man kann allerdings davon ausgehen,
dass die Weiterentwicklung von Techniken, Methoden und Möglichkeiten die
Neuroforschung weiter verbessern und
vorantreiben wird. Es wird erhofft, dass
sich daraus in Zukunft Erkenntnisse ergeben, die auch von Unternehmen in der
betriebswirtschaftlichen Praxis und im
Controlling im Speziellen eingesetzt werden können. Beispielsweise könnten Verhaltenswirkungen im Kontrollsystem bezüglich Eigen- und Fremdkontrolle mit
neurowissenschaftlichen Methoden besser verstanden werden. Insgesamt wäre
eine Forschungsbewegung im Querschnittsbereich Neurocontrolling wünschenswert.
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Chapter Preview
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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