Zielsetzung
Entscheidungssystem
Kommunikation
Informationssystem
Steuerung
Abb. 1: Green Controlling-Zyklus (vgl. Faßbender-Wynands/Seuring, 2001, S. 150)
Green Controlling
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Das Controlling muss sich
ökologischen Fragen stellen
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Der betriebliche Umweltschutz hat sich
vielfach von einer Pflichtaufgabe zur
Quelle wirtschaftlichen Erfolgs gewandelt.
Kostensenkungen durch effizienten Materialeinsatz, Befriedigung der Nachfrage
nach ökologischen Produkten oder der
Zugang zu Kapital durch spezielle Grüne
Kapitalgeber sind unter anderem Motive
zum ökologisch orientierten Wirtschaften
(vgl. Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt, 2001, S. 6 ff.).
Deshalb kommunizieren Unternehmen
ihre Umweltschutzaktivitäten explizit,
wie unter anderem das Beispiel der „Go-
Green“-Initiative von Deutsche Post DHL
zeigt. Für die Beachtung ökologischer Aspekte wird häufig der Begriff Grün (bzw.
Green) verwendet und dementsprechend
von einem Grünen Unternehmen oder
von Grünen Produkten gesprochen.
Fehlentscheidungen im Umweltbereich
sind häufig von strategischer Bedeutung,
weil sie langfristige Konsequenzen (z. B.
Imageverlust) haben und ex post nicht
oder nur mit hohem Aufwand zu korrigieren sind. Deshalb sind ökologische Aspekte in allen Managementebenen und
Funktionen des Unternehmens einzubinden. Aufgrund der hohen Bedeutung der
Umweltthematik für das Management
muss sich auch das Controlling als Unterstützungsfunktion der Unternehmensführung mit ökologischen Fragestellungen befassen (vgl. Albrecht, 2007, S. 99 ff.
sowie Bundesumweltministerium und
Umweltbundesamt, 2001, S. 21).
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Begriffsbestimmung
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Für die Betrachtung umweltrelevanter
Fragestellungen im Controlling existieren
unterschiedliche Begrifflichkeiten wie
Umwelt-Controlling, Öko-Controlling
oder Umweltschutz-Controlling (vgl.
Albrecht, 2007, S. 81 sowie Faßbender-
Wynands/Seuring, 2001, S. 140). Die Bezeichnung Green Controlling beschreibt
denselben Sachverhalt, stellt den Bezug
zu den mit dem Attribut Grün versehenen Maßnahmen jedoch deutlicher heraus und ist analog zu Begriffen wie
Green IT oder Green Purchasing zu sehen.
Unter Green Controlling ist ein Teilsystem des Controllings zu verstehen, das
die Koordinationsfunktion um ökologische Aspekte erweitert. Die systembildende Koordination schafft dabei eine ökologische Gebilde- und Prozessstruktur und
die systemkoppelnde Koordination sorgt
für eine Verbindung der ökologischen
Planung, Steuerung, Kontrolle und Informationsversorgung (vgl. Beuermann et
al., 1995, S. 339 sowie Faßbender-Wynands/Seuring, 2001, S. 140).
Es lassen sich drei Ansätze im Green
Controlling identifizieren, die jeweils
einen spezifischen Fokus zugrunde legen:
Der ökonomische Ansatz bezieht sich
auf die monetären Konsequenzen von
Umweltschutzmaßnahmen und orientiert sich damit an der Perspektive des
finanziellen Controllings.
Der ökologisch orientierte Ansatz
stützt sich auf umweltorientierte Konzepte (z. B. Öko-Bilanzen) und bewertet die Konsequenzen der Unternehmenstätigkeit in Einheiten der Umweltbelastung.
Der ökonomisch-ökologisch integrierte Ansatz bildet sowohl die finanziellen
als auch die ökologischen Konsequenzen ab und verbindet damit die zuvor
genannten Ansätze. Dadurch können
Effizienzgrößen der Form Umweltbelastung pro ökonomische Werteinheit
gebildet werden (vgl. Faßbender-Wynands/Seuring, 2001, S. 140 f.).
Die Aufgabenabgrenzung lässt sich allerdings nicht vollständig von der organisatorischen Verankerung trennen, wobei
zwei unterschiedliche Strömungen existieren. Zum einen wird Green Controlling als Teilbereich des betrieblichen Umweltmanagements gesehen (vgl. u. a.
Neuhaus, 2008, S. 246) und zum anderen
als zentrale Steuerungs- und Koordinationsinstanz für ökologische Aspekte im
gesamten Unternehmen (vgl. u. a. Albrecht, 2007, S. 102 ff. sowie Beuermann et
al., 1995, S. 336).
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Green Controlling-Zyklus
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Ein wichtiger Bestandteil in der Umsetzung des Green Controllings ist der ökologieorientierte Controllingkreislauf (vgl.
Abb. 1). Dieser idealtypische Ablauf ist
nicht immer gegeben und zudem können
sich Bestandteile gegenseitig beeinflussen, die nicht aufeinander folgen.
Der Ausgangspunkt des Zyklus ist die
Festlegung ökologischer Ziele, wobei die
Erwartungen der für das Unternehmen
relevanten Anspruchsgruppen einzubeziehen sind, da sie den Maßstab für die
Umweltverträglichkeit der Unternehmensaktivitäten bestimmen. Diese relative Beurteilung ist notwendig, weil es kein
absolutes Maß für die ökologische Verträglichkeit gibt. Aufgrund des Wandels
gesellschaftlicher Ansprüche sind außer
478 CONTROLLING-LEXIKON
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
den derzeitigen auch die zukünftigen Ansprüche zu erfassen bzw. zu antizipieren
(vgl. hierzu und im Folgenden Faßbender-Wynands/Seuring, 2001, S. 150 ff.,
Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt, 2001, S. 23 ff. sowie Albrecht,
2007, S. 128 ff.). Eine Rückkopplung zu
den Zielen findet statt, wenn sich aus
dem Kreislauf heraus ein Anpassungsbedarf ergibt.
Im Informationssystem sind sowohl die
finanziellen als auch die ökologischen
Folgen der Umwelteinwirkung des Unternehmens abzubilden. Die ökologischen
Wirkungen sind über die Stoff- und
Energieströme zwischen dem System Unternehmen und der natürlichen Umwelt
zu erfassen. Darüber hinaus ist die Bereitstellung von Informationen zur Beurteilung der Umweltwirkung der identifizierten Stoff- und Energieströme von hoher Bedeutung.
Die ökologischen Sachverhalte können
aufgrund ihrer hohen Komplexität nur
begrenzt im Informationssystem abgebildet werden. Dem Management steht somit lediglich eine unvollständige Informationsbasis zur Verfügung. Deshalb
sind die gesammelten Umweltdaten empfängergerecht aufzubereiten, um den verantwortlichen Managern eine adäquate
Basis zur Entscheidungsfindung bereitzustellen.
Im Rahmen der Steuerung steht die Integration der ökologischen Aspekte in die
täglichen Entscheidungen des Managements im Fokus. Das Green Controlling
liefert Informationen über den Zielerreichungsgrad umweltschutzorientierter
Handlungen. Dadurch sollen die verantwortlichen Manager zu notwendigen Anpassungsmaßnahmen angeleitet werden.
Die ökologisch relevanten Unternehmensaktivitäten sowie der Erreichungsgrad ökologischer Ziele sind gegenüber
den identifizierten relevanten Anspruchsgruppen zu kommunizieren. Besondere
Bedeutung hat hierbei die Kommunikation gegenüber externen Stakeholdern.
Das Reporting orientiert sich dabei an
den Informationsbedürfnissen der jeweiligen Anspruchsgruppen, um eine adäquate Versorgung sicherzustellen. Die
notwendigen Daten zur externen Kommunikation sind, wie die internen Umweltdaten, vom Green Controlling zur
Verfügung zu stellen.
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Herausforderungen
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Im Green Controlling werden nicht-monetäre mengenorientierte Instrumente
(z. B. Öko-Bilanzen oder Stoffflusskennzahlen) verwendet, die wenige Anknüpfungspunkte zur konventionellen kostenorientierten Perspektive des finanziellen
Controllings besitzen. Zudem weisen die
umweltrelevanten Daten unterschiedliche Einheiten auf, sodass eine Verdichtung in wenige aggregierte Größen nicht
möglich ist, weswegen ein hohes Volumen an ökologischen Daten verarbeitet
werden muss (vgl. hierzu und im Folgenden Neuhaus, 2008, S. 249 f.).
Eine weitere zentrale Herausforderung
stellen externe Effekte dar. Dies sind negative Konsequenzen der Umweltverschmutzung für die Gesellschaft, durch
die dem verursachenden Unternehmen
keine internen Kosten entstehen. Hierbei
stellt sich die Frage, ob die damit verbundenen externen Kosten in den Instrumenten des Green Controllings einbezogen werden oder nicht, da sie die Alternativenwahl einer Entscheidung beeinflussen, jedoch keine direkte Kostenwirkung
für das Unternehmen haben. Darüber hinaus ist die Monetarisierung externer Effekte ein Problem, das bislang nicht hinreichend gelöst ist.
Der relative Bewertungsmaßstab der
Umweltverträglichkeit ist aus Unternehmenssicht ebenfalls problematisch. Die
ökologischen Ansprüche der Gesellschaft
sind starken Veränderungen unterworfen, womit sich die Beurteilung der Umweltverträglichkeit der Unternehmenstätigkeit rasch wandeln und hohen Handlungsdruck erzeugen kann, um die neuen
Ansprüche erfüllen zu können. Deshalb
ist es notwendig, dass im Green Controlling zukünftige Entwicklungen antizipiert werden (vgl. Neuhaus, 2008, S. 249
sowie Bundesumweltministerium und
Umweltbundesamt, 2001, S. 24).
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Fazit
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Die Notwendigkeit eines umweltverträglichenWirtschaftens hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Zahlreiche Unternehmen haben dies erkannt und befassen sich intensiv mit dieser Thematik.
Um die unterschiedlichen Umweltaktivitäten eines Unternehmens koordinieren
zu können, bedarf es eines systematischen Green Controllings, welches die
Konzepte des finanziellen Controllings
um ökologische Aspekte erweitert bzw.
auf spezifische ökologische Fragestellungen anwendet. Hieraus entstehen neue
Herausforderungen, denen sich das Controlling in den nächsten Jahren intensiv
widmen muss.
Literatur
Albrecht, T., Wertorientiertes Umweltmanagement: der Beitrag des Öko-Controlling,
Lohmar 2007.
Beuermann, G.,Halfmann, M., Böhm, M.
(1995), Ökologieorientiertes Controlling (I),
in: Das Wirtschaftsstudium, 24. Jg., 1995,
H. 4, S. 335–343.
Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt, Handbuch Umweltcontrolling,
München 2001.
Faßbender-Wynands, E., Seuring, S. A.,
Grundlagen des Umweltcontrolling – Aufgaben, Instrumente, Organisation, in: Baumast,
A., Pape, J. (Hrsg.), Betriebliches Umweltmanagement, Stuttgart 2001, S. 139–153.
Neuhaus, D., Öko-Controlling – Umweltorientierte Unternehmensführung und ökologische Risikovorsorge, in: ZfCM, 52. Jg., 2008,
H. 4, S. 246–250.
Dipl.-Kfm. techn. Alexander Stehle
Green Controlling 479
23. Jahrgang 2011, Heft 8/9
Chapter Preview
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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