Anreizsystem
Betriebliche Anreizsysteme binden Belohnung und Bestrafung an die Leistungsbewertung von Mitarbeitern gemäß
den Unternehmenszielen.
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Der Anreizbegriff
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Um den Anreizbegriff im weiteren Sinne
zu erläutern, ist es hilfreich, ihn in den
Kontext des Motivationsprozesses zu setzen. Am Anfang eines Motivationsprozesses steht ein empfundenes Ungleichgewicht eines Individuums (vgl. Heckhausen, 2006, S. 3). Dieses empfundene
Ungleichgewicht kann ein Bedürfnis auslösen und eine Person durch immanente
Reize in generelle Handlungsbereitschaft
versetzen. Entsteht die Bereitschaft zur
Beseitigung des Ungleichgewichts kann
man von einem Motiv sprechen. Je nach
Situationsgegebenheit wird ein Motiv aktiviert und bis zur Erreichung des Zielzustandes oder eines als befriedigend empfundenen Anspruchsniveaus verfolgt. Die
Aktivierung von Motiven kann durch
Anreize erfolgen. Am Ende des Motivationsprozesses steht die Motivation bewusst zu handeln. Zum Beispiel kann
Durst als Motiv interpretiert werden und
ein Wasserverkaufsstand im Park als Anreiz. Treffen die beiden Elemente aufeinander, kann Motivation zum Kauf einer
Flasche Wasser entstehen (vgl. Rosenstiel,
1999, S. 50). Bewusst gesetzte Anreize zielen auf die Stimulierung von Motiven,
um gewünschtes Verhalten auszulösen.
Im betriebswirtschaftlichen Kontext
kann das Angebot von Aufstiegschancen
(Anreiz) bei Vorhandensein des Motivs,
eine höhere Entlohnung zu erzielen (materielles Motiv) oder sich persönlich weiterentwickeln zu wollen (immaterielles
Motiv), die Leistungsmotivation hervorrufen. Folglich müssen passende Anreize
auf passende Motive treffen, um Motivation für zielgerichtetes Handeln zu erzeugen.
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Der Systembegriff
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Ein System ist eine Menge von Elementen, die in Beziehung zueinander stehen.
Es gibt unterschiedliche Prinzipien der
Systemgestaltung. Anhand des Blackbox-
Prinzips soll erläutert werden, aus welchem Grund im Zusammenhang mit Anreizen im betrieblichen Kontext von
einem Anreizsystem gesprochen wird.
Beim Blackbox-Prinzip werden nur Inputs und Outputs eines Systems erfasst.
Dies dient der Komplexitätsreduktion.
Insofern kann von einem Anreizsystem
gesprochen werden, wenn durch den Input, z. B. Anreize, auf eine nicht notwendigerweise beobachtbare Art Output,
z. B. Erfüllung des Unternehmensziels,
generiert wird. Die Messung des Systemerfolgs kann dementsprechend durch die
Messung des Outputs oder des Verhältnisses von Output und Input erzielt werden.
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Ziele und Funktionen von
betrieblichen Anreizsystemen
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Betriebliche Anreizsysteme haben das
Ziel, Leistungsbereitschaft und Leistungsverhalten von Mitarbeitern im Sinne des
Gesamtunternehmensziels zu beeinflussen. Diese Zielsetzung kann in der Betrachtung von Funktionen von Anreizsystemen konkretisiert werden. Dabei
werden die Motivations-, die Koordinations- und die Personalselektionsfunktion unterschieden (vgl. Küpper, 2008,
S. 84 f., S. 239, S. 457 ff.). Die Motivationsfunktion ist meist die erstgenannte
Funktion von Anreizsystemen. Anreizsysteme sollen gemäß dieser Funktion die
Motivation von Mitarbeitern auf eine
Weise beeinflussen, dass Unternehmensziele besser erreicht werden können.
Folglich stellen Anreizsysteme ein Mittel
zur unternehmenszielgerichteten Beeinflussung von Mitarbeiterverhalten dar. Je
enger der Bezug der Mitarbeitermotivation zu den Unternehmenszielen, desto
höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die
Ziele der Unternehmung erreicht werden. Die Koordinationsfunktion von
Anreizsystemen beinhaltet die Verbesserung der Kooperation von Bereichen und
die Abschwächung von Bereichsegoismen. Aufgrund des gegenseitigen Leistungsaustausches von Unternehmensbereichen und der Festlegung von Verrechnungspreisen, können Erfolge eines Bereiches gleichzeitig Misserfolge eines anderen Bereiches bedeuten. Die Problematik besteht darin, Anreizsysteme auf eine
Weise zu gestalten, die auf den Gesamtunternehmenserfolg abzielt, und dennoch individuelle oder Bereichserfolge
honoriert (vgl. Groves/Loeb, 1979). Desweiteren haben Anreizsysteme das Potenzial die Personalselektion in einer Unternehmung zu erleichtern. Sie können Mechanismen hervorrufen, die die Entscheidung von Bewerbern für oder gegen ein
Unternehmen beeinflussen. Es ist naheliegend, dass Bewerber, die überdurchschnittliche Leistung erbringen, eher leistungsabhängige Bezahlung präferieren,
wohingegen unterdurchschnittliche Bewerber eher fixe Vergütung bevorzugen.
Aufgrund von solchen Zusammenhängen
können aus den Entscheidungen für oder
gegen Vertragsangebote, Rückschlüsse
auf die Eigenschaften von Bewerbern gezogen werden. Allerdings ist zu beachten,
dass bei den Entscheidungen nicht nur
das Leistungsvermögen, sondern auch
andere Präferenzen, wie z. B. Risikopräferenzen, eine Rolle spielen können.
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Elemente von Anreizsystemen
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Gemäß der eingangs aufgestellten Definition sind Unternehmensziele, Leistungsbewertung sowie Belohnungskomponenten relevante Elemente von Anreizsystemen (vgl. Merchant/van der Stede, 2009,
S. 393 ff.). Um ein Anreizsystem festzulegen, muss der erwünschte Zielzustand
klar definiert sein. Des Weiteren sollte in-
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23. Jahrgang 2011, Heft 11
Stiften wirkt.
Z. B. hier im Kinderhospiz Balthasar in Olpe.
„Der Wind erinnert uns an die Lebensfreude der
Kinder. Beide sind unsichtbar und doch überall
zu spüren“, sagt Roswitha Bethe, die mit ihrem
Mann Erich Bethe das Hospiz finanziell unterstützt. Dank ihrer Hilfe können in Deutschlands
erstem Kinderhospiz todkranke Kinder und deren
Familien gemeinsam leben, lachen und trauern.
Die Bethe-Stiftung ist eine von 400 Stiftungen,
die das Deutsche Stiftungszentrum im Stifterverband betreut. Seit 50 Jahren unterstützen wir
Stifterinnen und Stifter bei der Stiftungsgründung
und -verwaltung.
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nerhalb eines Anreizsystems definiert
sein, wie die Leistung eines Mitarbeiters
gemessen wird und nach welchen Kriterien diese Leistung bewertet wird. Es stellt
sich die Frage nach geeigneten Bemessungsgrundlagen. Bemessungsgrundlagen sollten zielkonform, vom Mitarbeiter
beeinflussbar und manipulationsfrei sein
(vgl. Küpper, 2008, S. 269 f.). Schließlich
stellt sich bei der Konzeption eines Anreizsystems die Frage nach der Belohnung für den Mitarbeiter, insofern die
Leistung den gesetzten Zielen entspricht.
Diese Frage ist relativ zu den Präferenzen
und dem individuellen Zielsystem der
Mitarbeiter zu betrachten und schließt
an die obige Diskussion zur Motiv-Anreiz Kompatibilität an. Mögliche Ansätze,
um Anreize zu individualisieren und verschiedene Motive der Belegschaft anzusprechen, bieten Cafeteriasysteme. Bei
diesen können sich die Mitarbeiter aus
einem Pool von Anreizen ihre präferierten Bestandteile auswählen.
Abschließend ergibt sich aus Unternehmenssicht, dass ein Anreizsystem eine
wichtige Steuerungskomponente im Betriebsablauf ist und bei adäquater Ausgestaltung einen Beitrag zur Steigerung von
Effizienz- und Effektivität leisten kann.
Literatur
Groves, T./Loeb, M., Incentives in a divisionalized firm, in: Management Science, 25. Jg.
(1979), H. 3, S. 221–230.
Heckhausen, J., Motivation und Handeln:
Einführung und Überblick, in: Heckhausen,
J./Heckhausen, H. (Hrsg.), Motivation und
Handeln, 3. Aufl., Heidelberg 2006, S. 1–10.
Küpper, H.-U., Controlling: Konzeption, Aufgaben und Instrumente, 5. Aufl., Stuttgart
2008.
Merchant, K. A./van der Stede, W. A., Management control systems: Performance
measurement, evaluation and incentives, 2.
Aufl., Harlow 2009.
Rosenstiel, L. von, Motivationale Grundlagen
von Anreizsystemen, in: Bühler, W. (Hrsg.),
Unternehmenssteuerung und Anzeizsysteme
(Schriftenreihe der Schmalenbach-Gesellschaft), Stuttgart 1999, S. 47–78.
Dipl.-Betriebsw. (FH) Dennis Fehrenbacher,
Stuttgart
616 CONTROLLING-LEXIKON
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Chapter Preview
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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