Unternehmenssteuerung in der
Energiewirtschaft
Christoph Müller und Burkhard Pedell
Christoph Müller ist seit
1. August 2010 Geschäftsführer der EnBW
Trading GmbH, Karlsruhe, und verantwortlich für den Bereich
Risikomanagement.
Davor war er Vorstand
der EnBW Transportnetze AG, Stuttgart.
Gemeinsam mit Prof.
Pedell leitet er den
Arbeitskreis Regulierung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.
Prof. Dr. Burkhard Pedell
ist Inhaber des Lehrstuhls Controlling an
der Universität Stuttgart und Mitherausgeber der Zeitschrift Controlling.
Die EnBW Transportnetze AG und die EnBW Trading GmbH (ETG) sind
100 %ige Tochtergesellschaften des EnBW-Konzerns. Die EnBW Transportnetze AG betreibt ein 380/220-kV-Netz für den Stromtransport mit einer
Stromkreislänge von 3.644 km und ist dabei für die Netzführung, die kommerzielle Netznutzung und das Anlagenmanagement zuständig. Zu ihren
Aufgaben gehören unter anderem die Ermittlung der Netznutzungsentgelte sowie Aufgaben, die sich aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) und dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung, und den
Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKModG) ergeben. Die ETG ist entlang der Wertschöpfungskette Energie die zentrale Schnittstelle zwischen
Erzeugung und Vertrieb. Sie handelt mit Strom, Gas, Kohle und Öl sowie
CO2-Zertifikaten und ist für das integrierte Risikomanagement der marktbezogenen Risiken aller Wertschöpfungsstufen im EnBW-Konzern verantwortlich.
Burkhard Pedell: Herr Müller, Netzindustrien wie die Energiewirtschaft unterliegen vielfältigen regulatorischen Eingriffen – ein Thema, von dem auch viele
andere Industrien zunehmend betroffen
sind. Worin sehen Sie die zentralen Auswirkungen regulatorischer Rahmenbedingungen auf die Unternehmenssteuerung, insbesondere in den unmittelbar
betroffenen Netzgesellschaften?
Christoph Müller: Netzbetreiber in der
Energiewirtschaft sind gewinnorientierte
Kapitalgesellschaften und als solche müssen sie eine Rendite auf ihr Kapital erwirtschaften. Wie in jedem anderen Unternehmen muss das Controlling die Unternehmensführung dabei unterstützen.
Insofern sind regulierte Netzgesellschaften nichts Besonderes. Das Spezielle bei
regulierten Netzunternehmen der Energiewirtschaft ist, dass sich die Erlöse aus
den Kosten und auch der Bilanz bestimmen. Diese Kopplung ist so bei Wettbewerbsunternehmen nicht gegeben und
führt zu anderen Überlegungen in der
Unternehmenssteuerung. Allerdings ist
das keine 1:1-Beziehung, und die Bestrebungen der Politik und der Regulierungsbehörde in Deutschland gingen in den
letzten Jahren dahin, diese Beziehung abzuschwächen und Kosten und Erlöse
möglichst zu entkoppeln. Da die Grundfrage – wie bestimme ich die Erlöse eines
natürlichen Monopolisten – aber nicht
gelöst wurde und wahrscheinlich auch
nicht gelöst werden kann, sind letztlich
nur die Regelwerke rund um die Kopplung der Erlöse an die Kosten um ein
Vielfaches komplexer geworden. Netzunternehmen müssen diese komplexen Regeln berücksichtigen und abbilden. Es
macht zum Beispiel einen Unterschied,
ob ich eine Instandhaltungsmaßnahme
oder eine Investition dieses oder nächstes
Jahr durchführe – nicht nur in meinen
Kosten, sondern auch in meinen Erlösen
und Investitionsrenditen.
Burkhard Pedell: Was bedeutet dies speziell für die Aufgaben und die Organisation von Finanzen und Controlling sowie
Regulierungsmanagement und für die
Zusammenarbeit dieser Funktionsbereiche?
Christoph Müller: Losgelöst von allen
Regulierungsfragen gilt in jedem Unternehmen, dass die Finanz- und Controllingbereiche ein sehr gutes Verständnis
des Geschäftsmodells haben müssen. Zudem müssen die Kernbereiche gut und
eng zusammenarbeiten. In Netzgesellschaften ist das Regulierungsmanagement ein Kernbereich, denn jede Maßnahme des Regulierers verändert die Kosten- und Erlösstruktur – manchmal nur
marginal, manchmal gravierend. Insofern
720 CONTROLLING-DIALOG
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
muss das Regulierungsmanagement bei
seinen Diskussionen mit der Regulierungsbehörde immer über diese wirtschaftlichen Auswirkungen informiert
sein. In der Praxis führt dies dazu, dass
häufig Regulierungsmanagement und
kaufmännische Bereiche gemeinsam die
Verhandlungen führen. Der wirtschaftlich wohl wichtigste Vorgang des Regulierungsmanagements ist die Verhandlung
der Netzerlöse, ein Vorgang, in dem es
insbesondere auf die Aufarbeitung der
Kosten- und Erlössituation ankommt.
Bei allen Netzbetreibern, die ich kenne,
gibt es daher mittlerweile Einheiten, die
sich mit dem „Kaufmännischen Regulierungsmanagement“ beschäftigen.
Burkhard Pedell: In der deutschen Elektrizitätswirtschaft wurde zu Beginn des
Jahres 2009 eine sogenannte Erlösobergrenzenregulierung eingeführt. Diese legt
für mehrere Jahre eine Erlösobergrenze
fest und macht den Netzbetreibern Produktivitätssteigerungsvorgaben. Übertreffen die Netzbetreiber diese Vorgaben,
so können sie dadurch Gewinne erzielen.
Die Netzbetreiber haben dadurch stärkere Anreize, ihre Produktivität zu erhöhen,
als in einem Regulierungssystem, welches
sich bei der Entgeltbestimmung sehr eng
an den Kosten orientiert.
In einer Studie, die mein Lehrstuhl im
vergangenen Jahr bei Unternehmen der
deutschen Elektrizitätswirtschaft durchgeführt hat, hat sich gezeigt, dass die Einführung der Anreizregulierung zu besonders
starken Änderungen in den Bereichen Regulierungsmanagement, Controlling, IT,
Operations und Risikomanagement geführt hat. Können Sie dies vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen bestätigen
und, wenn ja, worin sehen Sie die zentralen Auswirkungen der Einführung einer
Anreizregulierung auf diese Bereiche?
Christoph Müller: Die Einführung der
Anreizregulierung war ja nur der bisher
letzte Schritt von zahlreichen Veränderungen, denen sich die Netzbetreiber seit
der Verabschiedung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes ausgesetzt sahen. Man
darf nicht vergessen, dass mit dem Start
der Arbeiten der Bundesnetzagentur die
Erlöse der Netzbetreiber innerhalb von
zwei Jahren um 20 % bis 30 % zurückgegangen sind. So etwas geht an keinem
Unternehmen spurlos vorbei und hat zu
massiven Anpassungsprozessen geführt.
Den Vorteil der Anreizregulierung sehe
ich darin, dass sich die Unternehmen
jetzt auf einen Regulierungsrahmen einstellen können, der zumindest mal mit
dem Ziel langfristiger Stabilität angelegt
wurde. Nachdem also die letzten Jahre
vor allem das Ziel der Kostenreduzierung
hatten, haben die Netzbetreiber jetzt die
Möglichkeit, ihre Organisation längerfristig auszurichten.
Burkhard Pedell: Unsere Studie hat auch
gezeigt, dass die Einführung einer Anreizregulierung die von den Energieversorgungsunternehmen wahrgenommene
Unsicherheit zum Teil deutlich erhöht
hat; am stärksten hat danach die Unsicherheit hinsichtlich der Erreichbarkeit
zugestandener Nominalrenditen aufgrund von einseitigen Risiken (asymmetrisches Regulierungsrisiko) zugenommen. Worin sehen Sie die zentralen Regulierungsrisiken? Kann das Risikomanagement darauf ausgerichtet werden?
Christoph Müller: Aus meiner Erfahrung ist das Problem der auseinanderfallenden nominalen und effektiven Renditen kein spezielles Problem der Anreizregulierung. Nominal setzt die Bundesnetzagentur bei der Netzentgeltkalkulation
eine Eigenkapitalverzinsung von 9,3 %
an. Die tatsächlichen Renditen liegen tiefer. Das Phänomen hatten wir bereits in
der Kostenregulierung, und die Effekte,
die zum Beispiel mit den Schlagworten
Zweijahresverzug, Verlustenergiekosten,
§ 32 (2) StromNEV bezeichnet sind, traten bereits vor der Anreizregulierung auf.
Was sich in der Studie widerspiegelt, ist
vielleicht auch ganz einfach die Enttäuschung der Netzbetreiber, dass die Anreizregulierung hier keine Änderungen
gebracht und an manchen Stellen das
Problem sogar eher verschärft hat. Enttäuschung deshalb, weil die Anreizregulierung in ihrer einfachen Grundkonzeption Unter- und Überrenditen vorsieht.
Die Anreizregulierung sollte grundsätzlich neben dem Risiko erheblicher Verluste auch die Chance auf zusätzliche Gewinne eröffnen. In der Wahrnehmung
der Netzbetreiber hat die Anreizregulierung jedoch mehr zusätzliche Risiken als
neue Chancen gebracht.
Das zentrale Regulierungsrisiko ist dabei
der politische Gesetzgebungsprozess und
die Regulierungsbehörde, wobei dies
nicht polemisch gemeint ist. Das Kernproblem der regulierten Unternehmen ist
ganz einfach, dass derjenige, der die Regeln macht, nach denen sich die Erlöse
bestimmen und nach denen sich ein
Netzunternehmen ausrichtet, diese auch
ändern kann. Das ist kein unkonkretes
„Phantom-Risiko“, sondern tritt tatsächlich auf: Seit der Setzung der Anreizregulierungsverordnung im Jahr 2008 wurde
sie bereits an vielen Stellen angepasst – in
den allermeisten Fällen mit negativen
wirtschaftlichen Folgen für die Netzbetreiber. Regulierer tun sich mit dieser
grundsätzlichen Risikodefinition in der
Regel schwer, da über den Hebel höherer
Verzinsungsansprüche der Kapitalgeber
dieses Risiko auch immer Kosten und damit höhere Netzentgelte verursacht.
Bei der EnBW sind wir zunehmend dazu
übergegangen, diese Regulierungsrisiken
zusammenfassen. Sie können sich unzählige Gründe und Ansätze für die Bundesnetzagentur ausdenken, die eine Senkung
ihrer Netzentgelte zur Folge haben. Sie
werden nie alle und wahrscheinlich auch
nicht den konkreten Eingriff der Behörde
vorhersehen können, die ja nach eigener
Aussage hier kreativ und innovativ arbeiten will. Regulierungsmanagement ist
hier Risikomanagement.
Burkhard Pedell: Wie wirkt sich die Regulierung auf die Art und Weise aus, wie
Investitionsentscheidungen getroffen
werden? Worin sehen Sie dabei zentrale
Probleme?
Christoph Müller: Zunächst muss man
vielleicht selbstkritisch feststellen, dass
das Energieversorgungsnetz nicht die
einzige Branche ist, die Investitionsentscheidungen unter Unsicherheit treffen
muss. Besonders ist vielleicht die Langlebigkeit der investierten Anlagen von 30,
40, 50 Jahren und mehr, die auch bei der
Investitionsentscheidung zugrunde gelegt
werden. Besonders ist vielleicht weiterhin, dass die Erlöse ganz wesentlich von
einem politischen Entscheidungsprozess
beeinflusst werden. Der stabile politische
Rahmen wird allenthalben beschworen.
Tatsächlich ist aber die Art, wie in
Deutschland Netzentgelte berechnet werden, in den letzten Jahren dreimal, nämlich 1998, 2005 und 2008, grundlegend
geändert worden – von zahlreichen kleinen Änderungen dazwischen ganz abgesehen. Alle gut organisierten Netzbetreiber können mittlerweile Investitionsrenditen unter den diversen Regulierungsregimes rechnen. Auf die Frage, wie die politischen und regulatorischen Unsicherheiten in einer Investitionsrechnung abgebildet werden, hat wahrscheinlich noch
keiner eine Antwort.
Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft 721
22. Jahrgang 2010, Heft 12
Dies wird verschärft durch den Umstand,
dass wir in Deutschland ja immer noch
keinen stabilen gesamtgesellschaftlichen
Konsens über die Zukunft unserer Energieversorgung haben. Die diversen und
zum Teil strittig diskutierten Szenarien
benötigen unterschiedliche Netzinfrastrukturen. Dabei ist es gar nicht wichtig,
ob ein Netzbetreiber an ein Projekt wie
Desertec mit Anbindung an den deutschen Strommarkt glaubt – eine Regierung, die an dieses Projekt glaubt, wird
den Regulierungsrahmen darauf ausrichten, mit entsprechenden Rückwirkungen
auf die Investitionsrenditen des Netzbetreibers.
Die Kombination von langen Lebensdauern, der Erfahrung vielfacher Anpassung
des Regulierungsrahmens und eines fehlenden Konsenses über die Zukunft der
Energieversorgung führt zu einem ungünstigen Klima für Netzinvestitionen.
Aufgefangen werden könnte dies durch
eine höhere Verzinsung, die von der Bundesnetzagentur mit Hinweis auf das stabile Geschäftsmodell abgelehnt wird.
Burkhard Pedell: Hat die Regulierung
Einfluss darauf, welches Instrumentarium zur Fundierung von Investitionsentscheidungen eingesetzt wird?
Christoph Müller: Die Regulierung beeinflusst die Modelle und die Wirkungszusammenhänge, die in den Wirtschaftlichkeitsrechnungen zugrunde gelegt
werden. Aber die Entscheidung selbst
kann sie nicht beeinflussen. Wie will die
Bundesnetzagentur beispielsweise einem
australischen Infrastrukturfonds vorschreiben, welche Modelle er für seine Investitionsrechnung einsetzt? Sie kann
werben, sie kann den Regulierungsrahmen erklären, sie kann versuchen, Vertrauen in den Regulierungsrahmen aufzubauen. Die Entscheidung, ob ein Euro
fließt, liegt beim Kapitalgeber.
Burkhard Pedell: Zu welchen Besonderheiten führt die Regulierung im Rechnungswesen, z. B. hinsichtlich der Verrechnungspreisbestimmung?
Christoph Müller: Im Rechnungswesen
kommen wir zunehmend dahin, neben
HGB, IAS und der Steuerbilanz noch die
Rechnungsvorschriften der Stromnetzentgeltverordnung als weitere Logik mitzuführen. Dies betrifft vor allem das
Sachanlagevermögen, also die Bestimmung der kalkulatorischen Restbuchwerte auf Basis von Anschaffungs- und Herstellungskosten und auf Basis von Tagesneuwerten. Die buchhalterische Trennung des Netzbereichs von den übrigen
Aktivitäten war einmal ein großes Thema, aber mit dem 2005er Energiewirtschaftsgesetz waren bis auf die kleinsten
alle integrierten Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, rechtlich eigenständige Netzbetriebsunternehmen zu
gründen. Ein absehbar weiterhin großes
Thema sind die Verrechnungspreise. Ich
kann verstehen, dass die Regulierungsbehörde misstrauisch ist und sich Verrechnungspreise zwischen dem regulierten
Netzbereich und den übrigen Teilen des
EVU genau anschauen will. Hilfreich wäre hier, wenn die Bundesnetzagentur ihre
Kriterien für die Prüfung der Verrechnungspreise konkretisieren würde. Die
sich hier abzeichnenden Entwicklungen
führen aber dann doch in leicht absurde
Bereiche: Das jetzt umzusetzende 3. Binnenmarktpaket der EU sieht teilweise sogar Verrechnungen zwischen aktienrechtlich verbundenen Netzbetreibern als kritisch an, die beide der Regulierung der
Bundesnetzagentur unterliegen. Hier
können Netzbetreiber nur auf eine pragmatische Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets in die Praxis hoffen.
Burkhard Pedell: Welche wirtschaftlichen Kennzahlen werden zur Steuerung
von Netzbetreibern eingesetzt?
Christoph Müller: Hier unterscheiden
sich Netzbetreiber, glaube ich, nicht wesentlich von anderen Kapitalgesellschaften. Neben den Bilanz- und Erfolgskennzahlen gibt es technische Kennzahlen, die
das Netzgeschäft abbilden. Bei der EnBW
wird im Netzbereich zusätzlich ein gro-
ßer Fokus auf Kennzahlen der Arbeitssicherheit gelegt.
Im Übertragungsnetzbereich haben in
den letzten Jahren Liquiditätskennzahlen
deutlich an Bedeutung gewonnen. Das
Geschäft von Energieversorgungsunternehmen ist von vergleichsweise stabilen
Zahlungsströmen geprägt. Die Übertragungsnetzbetreiber wickeln in Deutschland das ganze Erneuerbare Energien Gesetz ab und diese Tätigkeit überstrahlt
das ganze klassische Netzgeschäft. Um
einmal die Größenordnungen zu nennen: Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber setzen grob zwei Mrd. Euro
im Übertragungsnetzbereich um und
grob 12 Mrd. Euro in der Abwicklung des
EEG. Die zwei Mrd. Euro sind so stabil
wie der Stromverbrauch, die 12 Mrd. Euro schwanken buchstäblich mit dem
Wind.
Burkhard Pedell: Treten durch die Regulierung Verwerfungen in der externen
Rechnungslegung auf, z. B. hinsichtlich
so genannter Regulatory Assets und Liabilities?
Christoph Müller: Es gibt in der Tat einige Sachverhalte aus der deutschen
Netzregulierung, deren sachlich richtige
Abbildung im Rahmen des IAS schwierig
ist. Es kommt regelmäßig vor, dass Netzbetreiber aus den Verordnungen Verpflichtungen haben oder diese mit der
Bundesnetzagentur eingehen, im Rahmen derer wirtschaftliche Sachverhalte
heute mit zukünftigen Einnahmen verrechnet werden. So sieht beispielsweise
die Anreizregulierungsverordnung vor,
dass die Netzbetreiber ein Regulierungskonto führen. Nimmt der Netzbetreiber
mehr oder weniger als die erlaubten Erlöse ein, wird dies mit zukünftigen Netzentgelten verrechnet. Da dies aber Verrechnungen mit zukünftigen Einnahmen
sind, kann ich es im Rahmen von IAS
nicht abbilden. Netzbetreiber haben also
über das Regulierungskonto eindeutig
bestimmbare Forderungen oder Verbindlichkeiten, deren zukünftige Umsetzung behördlich kontrolliert wird, die
aber nicht im Rahmen des IAS bilanziert
werden dürfen. Dies erscheint mir nur
schwer nachvollziehbar, muss ich aber als
Fakt hinnehmen. Es gibt hier Diskussionen, den entsprechenden IAS zu Regulatory Liabilities zu ändern. Ich hoffe, dass
sich diese Änderungen dann auch auf die
deutsche Regulierungssituation anwenden lassen. Ziel muss es aus meiner Sicht
sein, dass der Jahresabschluss eines Netzbetreibers alle wirtschaftlich relevanten
und eindeutig bestimmbaren Sachverhalte abbildet.
Burkhard Pedell: Gibt es bei den internen Anreizsystemen Besonderheiten aufgrund der Regulierung?
Christoph Müller: Auch hier gibt es keinen Grund, warum Netzbetreiber anders
vorgehen sollten als sonst bei Kapitalgesellschaften üblich. Die Anreizregulierung hat hier die Entwicklung zu einer
„normalen“ Vergütungsstruktur eher verstärkt. Eine Besonderheit aus der Regulierung ist, dass der erfolgsabhängige Teil
der Vergütung nicht auf dem Konzernerfolg, sondern nur auf dem Erfolg des
Netzbetreibers beruhen darf.
722 CONTROLLING-DIALOG
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Burkhard Pedell: Der EnBW-Konzern
hat sich auf die Zielsetzung des Umweltschutzes verpflichtet. Welche Rolle spielt
dies für die Unternehmensteuerung in
Konzerngesellschaften?
Christoph Müller: Energieversorgungsunternehmen müssen schon immer auf
die Umweltauswirkungen ihres Handelns
achten. Der Bau eines Kraftwerks beispielsweise oder einer Höchstspannungsleitung stellt einen Eingriff in die Umwelt
dar, und schon seit Jahrzehnten existieren
hier in Deutschland sehr umfangreiche
Gesetze und Vorschriften. Weiterhin sind
Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit bei Energieversorgern unmittelbar gekoppelt. Ein höherer Wirkungsgrad
im Kraftwerk führt zu geringeren Brennstoffkosten und zu geringeren Emissionen. Entsprechend unseren Genehmigungen erfassen und berichten wir bereits unzählige Kennzahlen. Meine Wahrnehmung ist, dass die sich aus den Gesetzen und den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen ergebende Berücksichtigung von Umweltaspekten so tief verwurzelt ist, dass Energieversorger mit der
eher formalen Herangehensweise der
Umweltmanagementsysteme wie zum
Beispiel der ISO 14.001 manchmal
Schwierigkeiten haben. Für die Energieversorger bietet sich hier aber die Chance, mit neuen Impulsen das Umweltmanagement weiterzuentwickeln. Der EnBW
ist es zudem wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier einzubinden.
Burkhard Pedell: Welche drei wesentlichen Herausforderungen sehen Sie auf
die Unternehmenssteuerung, insbesondere bedingt durch die regulatorischen
Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren zukommen?
Christoph Müller: Energiewirtschaft findet immer in einem auch politischen
Umfeld statt. Die Unternehmen erleben
tagtäglich, wie politische Entscheidungen
sowohl im Netz- als auch im Kraftwerksbereich ihr Geschäft beeinflussen und
verändern. In diesem politischen Umfeld
den betriebswirtschaftlichen Fokus zu
wahren und in den betriebswirtschaftlichen Entscheidungen die politischen
Unwägbarkeiten auch vorausschauend zu
berücksichtigen war und ist eine große
Herausforderung für Energieversorgungsunternehmen.
Das Regelwerk des regulatorischen Rahmens wird dabei immer komplexer. Hierbei die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
mitzunehmen ist eine weitere Herausforderung – die Regeln sind völlig abstrakt,
müssen aber glaubhaft und nachvollziehbar kommuniziert werden, um die notwendige Akzeptanz zu finden. Sie können
einem Betriebsrat nicht sagen, dass man
mal über diese oder jene Vereinbarung
diskutieren muss, weil es mit den Indexreihen zur Tagesneuwertkalkulation auf
den Eigenkapital-finanzierten Anteil des
Sachanlagevermögens ein Problem gibt.
Wenn man im Gesamtzusammenhang
der Energiewirtschaft denkt, dann ist der
aktuelle regulatorische Rahmen ja noch
relativ jung. Die Energiewirtschaft hat
110 Jahre im Monopol gelebt und jetzt
etwas mehr als zehn Jahre im Wettbewerb, auch international ist die Wettbewerbserfahrung nicht viel größer. Alle
Energiewirtschaftssysteme sind in einem
Monopolrahmen aufgebaut worden. Der
praktische Beweis, dass sich in einem liberalisierten Umfeld eine Energiewirtschaft dauerhaft und verlässlich halten
kann, steht noch aus – hier sehe ich die
dritte gemeinsame Herausforderung für
Unternehmen, Regulierung und Politik.
Burkhard Pedell: Herr Müller, ich danke
Ihnen sehr herzlich für dieses Gespräch.
Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft 723
22. Jahrgang 2010, Heft 12
Chapter Preview
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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