Internes Kontrollsystem (IKS)
Internes
Überwachungssystem
Kontrollen
Internes
Steuerungssystem
Organisatorische
Sicherungsmaßnahmen
Prozessunabhängige
Überwachungsmaßnahmen
Prozessintegrierte
Überwachungsmaßnahmen
Interne Revision Sonstige
Quelle: In Anlehnung an IDW (Hrsg., 2006), S. 1437
Abb. 1: Differenzierung eines Internen Kontrollsystems
Internes Kontrollsystem (IKS)
Stefan Hübner
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1. Begriff, Aufgaben und
gesetzliche Regelungen zum
Internen Kontrollsystem
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Zahlreiche Unternehmensskandale (z. B.
Enron, WorldCom) in der jüngeren Vergangenheit haben die öffentliche Diskussion um eine verbesserte Überwachung
und Kontrolle von Unternehmen vorangetrieben. Infolgedessen wurde im Jahr
2002 vom US-Kongress der Sarbanes-
Oxley Act (SOX) verabschiedet. Dieser
fordert von allen an US-Börsen notierten
Unternehmen (sowie deren Tochtergesellschaften) u. a. ein wirksames Internes
Kontrollsystem (IKS) für die Finanzberichterstattung (Section 404 SOX). Während der SOX einerseits als Chance für
die Optimierung des IKS begriffen wird,
sind andererseits aber auch Stimmen zu
hören, die ihn als überflüssigen bürokratischen Aufwand deklarieren. Trotz dieser
anhaltenden intensiven Debatte lässt sich
in der Literatur bisher keine durchgehend einheitliche Definition von IKS finden. Große Beachtung findet jedoch die
Definition des Committee of Sponsoring
Organizations of the Treadway Commission (COSO). Gemäß dem international
anerkannten COSO-Framework wird das
IKS als Prozess definiert, für dessen Umsetzung sowohl das Management und der
Aufsichtsrat als auch die Mitarbeiter
eines Unternehmens verantwortlich sind.
Dieser Prozess soll zur Sicherheit im Hinblick auf die Zielerreichung in den drei
folgenden Kategorien beitragen (vgl. CO-
SO (Hrsg., 1992), S. 13; Ruud, T. F., Isufi,
S. und Friebe, P. (2008), S. 939):
Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der
operativen Tätigkeiten (Operations),
Ordnungsmäßigkeit und Verlässlichkeit der Finanzberichterstattung (Financial Reporting) sowie
Befolgung von für das Unternehmen
maßgeblichen Gesetzen und Vorschriften (Compliance).
Im deutschsprachigen Raum wurde der
Begriff „Internes Kontrollsystem“ aus
dem angelsächsischen Term „Internal
Control System“ übersetzt. Es ist jedoch
unzureichend, den englischen Begriff
„Control“ nur mit Kontrolle – verstanden als Maßnahmen zur Aufdeckung unerwünschter Vorgänge – gleichzusetzen.
Vielmehr sind auch Steuerungsaspekte,
also Maßnahmen zur Gestaltung erwünschter Vorgänge, zu berücksichtigen
(vgl. Ruud, T. F., Isufi, S. und Friebe, P.
(2008), S. 938 f.). Dieser Begriffsauffassung folgend lässt sich der Regelungsbereich des IKS in das Interne Steuerungssystem und das Interne Überwachungssystem unterteilen (vgl. Abb. 1).
Während das Interne Steuerungssystem
Maßnahmen zur Steuerung und Gestaltung von Aktivitäten im Unternehmen
darstellt, dient das Interne Überwachungssystem zur Überwachung der Einhaltung dieser Maßnahmen. Im Wesentlichen werden die Aufgaben des Controllings und Risikomanagements unter dem
Begriff Internes Steuerungssystem subsumiert. Das Interne Überwachungssystem
setzt sich aus prozessintegrierten sowie
aus prozessunabhängigen Überwachungsmaßnahmen zusammen. Die prozessintegrierten Überwachungsmaßnahmen lassen sich in Kontrollen und organisatorische Sicherungsmaßnahmen unterteilen.
Kontrollen stellen in dem jeweiligen Prozess integrierte Maßnahmen zur Verhinderung und Aufdeckung von Fehlern dar
(z. B. Soll/Ist-Vergleiche, Plausibilitätsprüfungen in der Software), während die organisatorischen Sicherungsmaßnahmen
durch laufende, automatische und manuelle Einrichtungen zur Fehlerverhinderung erfolgen, die sowohl in der Aufbauals auch in der Ablauforganisation eines
Unternehmens eingegliedert sind (z. B.
Funktions- und Aufgabentrennung, Zugriffsbeschränkungen im IT-Bereich).
Zu den prozessunabhängigen Überwachungsmaßnahmen zählt in erster Linie
die Interne Revision, welche von prozessunabhängigen Personen des Unternehmens zur Überprüfung und Beurteilung
von Strukturen und Aktivitäten durchgeführt wird. Darüber hinaus können sonstige prozessunabhängige Überwachungsmaßnahmen festgelegt sein, z. B. in Form
von High-level controls, die mit besonderem Auftrag der gesetzlichen Vertreter
oder durch diese selbst vorgenommen
werden (vgl. Heese, K. und Ossadnik, W.
276 CONTROLLING-COMPACT
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
5) Monitoring
4) Information and Communication
3) Control Activities
2) Risk Assessment
1) Control Environment
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x-Ebene: Ziele der Organisation
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Quelle: In Anlehnung an Westhausen, H.-U. (2005), S. 99
Abb. 2: COSO-Würfel
(2008), S. 325 f.; IDW (Hrsg., 2006),
S. 1437).
Die Pflicht zur Implementierung eines
IKS kann in Deutschland, neben der sich
für an US-Börsen gelistete Unternehmen
aus dem SOX ergebenden Verpflichtung,
aus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen abgeleitet werden. Das Institut
der Wirtschaftsprüfer (IDW) interpretiert
die allgemeine Leitungspflicht (§ 76
Abs. 1 AktG) und die Sorgfaltspflicht des
Vorstandes (§ 93 Abs.1 AktG) dahingehend, dass die Unternehmen zur Einrichtung eines IKS, das Fehlentwicklungen
aufdecken und die Grundlage für entgegensteuernde Maßnahmen bieten kann,
verpflichtet sind. Des Weiteren fordert
das Aktiengesetz nach einer Änderung
durch das Gesetz zur Kontrolle und
Transparenz im Unternehmensbereich
(KonTraG) explizit, dass „geeignete Maßnahmen zu treffen [sind], insbesondere
ein Überwachungssystem einzurichten
[ist], damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh
erkannt werden [können]“ (§ 91 Abs. 2
AktG).
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2. Ausgestaltung eines Internen
Kontrollsystems (COSO-Würfel)
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Mit dem COSO-Framework wurde für
die Unternehmen eine Empfehlung für
die Ausgestaltung, Verwendung, Überwachung und Beurteilung des IKS geschaffen, die zwar de jure nicht verbindlich ist,
sich aber de facto auf breiter Front etabliert hat. Der COSO-Würfel (vgl. Abb. 2)
verdeutlicht den mehrdimensionalen
Aufbau eines IKS und zeigt auf, dass ein
IKS durch die Ausprägung verschiedener
Kontrollelemente (z-Ebene) bestimmt
ist. Die drei bereits genannten Kernziele
(x-Ebene) Operations, Financial Reporting und Compliance einer jeden Organisation werden auf die jeweiligen Ziele der
einzelnen Organisationseinheiten und
Prozesse (y-Ebene) heruntergebrochen.
Aufgabe bzw. Ziel der fünf zueinander in
Beziehung stehenden Kontrollelemente
ist es, die Erreichung dieser Organisationsziele angemessen sicherzustellen
(vgl. Westhausen, H.-U., (2005), S. 98 f.;
IDW (Hrsg., 2006), S. 1438 f.).
Das Steuerungs- und Kontrollumfeld
(Control Environment) stellt das Fundament für die anderen vier Elemente dar.
Dieses Kontrollelement wird u. a. bestimmt durch die existierenden Corporate Governance- und Ethik-Regelungen,
den Führungsstil des Managements, die
Bedeutung der fachlichen Kompetenz im
Unternehmen sowie die Zuordnung von
Weisungsrechten und Verantwortung. Insofern beeinflusst das Steuerungs- und
Kontrollumfeld die Unternehmenskultur,
das Betriebsklima, die Struktur der operativen Tätigkeiten sowie den Umgang
mit Risiken. Daher kommt dem Steuerungs- und Kontrollumfeld eine wesentliche Bedeutung beim Aufbau von Verantwortungs- und Kontrollbewusstsein
der Mitarbeiter zu. Ein günstiges Steuerungs- und Kontrollumfeld bildet somit
die Voraussetzung (nicht aber die Gewährleistung) für die angemessene Wirksamkeit des IKS, während ein ungünstiges Umfeld hingegen dazu führen kann,
dass die Mitarbeiter die dem IKS zugrunde liegenden Regelungen nicht oder nur
der Form halber anwenden.
Im Zuge der Globalisierung, die durch
eine zunehmende Verflechtung der einzelnen nationalen Märkte geprägt ist, haben sich die rechtlichen, wirtschaftlichen
sowie kulturellen Rahmenbedingungen
im Unternehmensumfeld verändert und
die Unternehmen stehen einem erhöhten
Wettbewerbsdruck gegenüber. Infolgedessen sehen sich die Unternehmen auch
mit zunehmenden Risiken konfrontiert.
Um eine Beurteilung bzw. Bewertung
von Risiken (Risk Assessment) vornehmen zu können, müssen zunächst Ziele
definiert werden. Die Umsetzung dieser
Unternehmensziele kann durch die vorhandenen Risiken negativ beeinflusst
werden. Daher ist es notwendig, im Zuge
einer laufenden Risikobeurteilung die Risiken systematisch zu identifizieren sowie
im Hinblick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und ihre Wirkung im Falle des
Eintretens zu analysieren. Auf Basis einer
solchen Risikobeurteilung kann die Unternehmensleitung sodann Entscheidungen in Bezug auf den Umgang mit den jeweils identifizierten Risiken treffen.
Durch entsprechende Steuerungs- und
Kontrollaktivitäten (Control Activities)
soll erreicht werden, dass die vom Management angeordneten Maßnahmen
zur Identifikation von und zum Umgang
mit Risiken verstanden und umgesetzt
werden, um die Erreichung der Organisations- und Prozessziele sicherzustellen.
Internes Kontrollsystem (IKS) 277
21. Jahrgang 2009, Heft 4/5
Hierbei kommt sowohl der Steuerungsals auch der Kontrollgedanke des IKS zur
Geltung. Steuerungsaspekte werden durch
lenkende und präventive Maßnahmen
abgedeckt. Die lenkenden Maßnahmen
sind darauf ausgerichtet, ein erwünschtes
Verhalten hervorzurufen, während durch
die präventiven Maßnahmen ein unerwünschtes Verhalten vermieden werden
soll. Der Kontrollgedanke des IKS wird
durch die aufdeckenden Maßnahmen
unterstrichen. Diese dienen der Feststellung von vorhandenen Fehlern und der
Einleitung von entsprechenden korrektiven Maßnahmen.
Um die Wirksamkeit der Steuerungsund Kontrollmaßnahmen zu gewährleisten, ist eine ausgeprägte Information
und Kommunikation (Information and
Communication) im Unternehmen unerlässlich. Hierfür müssen die entsprechend benötigten Informationen identifiziert, aufbereitet und so kommuniziert
werden, dass sie für die Mitarbeiter bzw.
Entscheider zeitnah, aktuell und zuverlässig zur Verfügung stehen. Nur dann ist
es den Mitarbeitern bzw. Entscheidern
möglich, ihre Steuerungs- und Kontrollaufgaben im Unternehmen in gewünschter Form wahrzunehmen. Dies impliziert
jedoch auch, dass es für eine effektive Information und Kommunikation eines
zugänglichen und vertrauensvollen Umgangs zwischen Mitarbeitern und Management bedarf.
Die kontinuierliche Überwachung (Monitoring) bildet das letzte Element des
IKS. Da sich das IKS eines Unternehmens
z. B. durch Ressourcenrestriktionen oder
Personalwechsel mit der Zeit verändert,
besteht die Notwendigkeit, dessen Wirksamkeit durch die Mitarbeiter des Unternehmens laufend zu überwachen und zu
beurteilen. Im Rahmen dieses Überwachungsprozesses ist durch das Management sicherzustellen, dass festgestellte
Mängel behoben werden. (Zu den einzelnen Kontrollelementen: vgl. Westhausen,
H.-U. (2005), S. 99; Ruud, T. F., Isufi, S.
und Friebe, P. (2008), S. 939 f.; IDW
(Hrsg., 2006), S. 1438 f.; Heese, K. und
Ossadnik, W. (2008), S. 329 f.)
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3. Aktuelle Entwicklungen
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Im Mai 2006 wurde von der Europäischen Kommission die 8. EU-Richtlinie
verabschiedet, die gemäß der Richtlinienvorgabe bis zum 29. Juni 2008 in nationales Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden musste. Im Kontext des IKS steht insbesondere der Artikel 41 der Richtlinie im Fokus, welcher
von kapitalmarktorientierten Unternehmen die Einrichtung eines Prüfungsausschusses fordert und als dessen Aufgabe
u. a. die Überwachung der Wirksamkeit
des IKS definiert. Insofern besteht bereits
heute für zahlreiche Unternehmen aktueller Handlungsbedarf.
Eine weitere Herausforderung durch die
8. EU-Richtlinie ergibt sich für Unternehmen, die an Standorten in mehreren
EU-Ländern operieren. Durch Spielräume bei der Umsetzung der Richtlinie in
nationales Recht wird es zu unterschiedlichen Auslegungen in den einzelnen
Ländern kommen. Dies wird – auch um
drohenden Sanktionen wegen Gesetzesverstößen entgegen zu wirken – im Bereich Compliance eine verstärkte Steuerung und Überwachung erforderlich machen.
Literatur
COSO (Hrsg.), Internal Control – Integrated
Framework, Jersey City/New Jersey 1992.
Heese, K. und Ossadnik, W., Prüfung des
rechnungslegungsbezogenen Internen Kontrollsystems, in: Freidank, C.-C. und Peemöller, V. H. (Hrsg.), Corporate Governance und
Interne Revision – Handbuch für die Neuausrichtung des Internal Auditings, Berlin
2008, S. 323–350.
IDW (Hrsg.), IDW Prüfungsstandard: Feststellung und Beurteilung von Fehlerrisiken
und Reaktionen des Abschlussprüfers auf die
beurteilten Fehlerrisiken (IDW PS 261), in:
Die Wirtschaftsprüfung, 59. Jg. (2006), H. 22,
S. 1433–1445.
Ruud, T. F., Isufi, S. und Friebe. P., Pflicht zur
Prüfung der Existenz des Internen Kontrollsystems – Bestandsaufnahme zur Steuerung
und Kontrolle mittelgrosser Unternehmen in
der Schweiz, in: Der Schweizer Treuhänder,
82. Jg. (2008), H. 11, S. 938–942.
Westhausen, H.-U., Das COSO-Modell: bisher nur eine Randerscheinung in Deutschland?, in: ZIR, 40. Jg. (2005), H. 3, S. 98–103.
Dipl.-Kfm. techn. Stefan Hübner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl
Controlling an der Universität Stuttgart.
278 CONTROLLING-COMPACT
CONTROLLING – ZEITSCHRIFT FÜR ERFOLGSORIENTIERTE UNTERNEHMENSSTEUERUNG
Chapter Preview
References
Abstract
Month by month, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung publishes peer-reviewed, applied research contributions for business management, accounting and reporting. Key elements of succesful corporate controlling are presented in an analytic, well-structured manner.
Language: German.
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Zusammenfassung
Die Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung liefert Monat für Monat fundierte und anwendungsorientierte Fachbeiträge für das Management sowie das Finanz- und Rechnungswesen in Unternehmen. Klar gegliedert und strukturiert werden für alle Controlling-Bereiche die Faktoren für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung aufgezeigt.
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